Ursprüngliche Akkumulation
Ursprüngliche Akkumulation ist ein Begriff der klassischen Nationalökonomie, der insbesondere aufgrund der Verwendung durch Karl Marx in seinem Werk Das Kapital Gegenstand wissenschaftlicher Debatten wurde. Im 24. Kapitel des Kapitals mit dem Titel „Die sogenannte ursprüngliche Akkumulation“ kritisiert Marx in teils ironischer Form zeitgenössische Konzepte einer Akkumulation, die der kapitalistischen Produktionsweise vorangegangen sei. Da diese das Vorhandensein zweier Gruppen von Warenbesitzern voraussetzt (einerseits Eigentümer von Geld, Produktions- und Lebensmitteln, die diese durch Ankauf fremder Arbeitskraft verwerten; andererseits lohnabhängige Arbeiter, die ihre Arbeitskraft an Erstere veräußern), bedurfte es auch einer Erklärung über die Entstehung dieser zwei Gruppen. In der klassischen Ökonomie wurde dies unter dem Begriff der ursprünglichen Akkumulation diskutiert, einer auf eigener Arbeit und Sparsamkeit beruhenden Aneignung von Geld und Produktionsmitteln. Diese sei laut dem entsprechenden Kapitel im Kapital jedoch nichts anderes „als der Scheidungsprozess des Arbeiters vom Eigentum an seinen Arbeitsbedingungen, ein Prozeß, der einerseits die gesellschaftlichen Lebens- und Produktionsmittel in Kapital verwandelt, andrerseits die unmittelbaren Produzenten in Lohnarbeiter. Die sogenannte ursprüngliche Akkumulation ist also nichts als der historische Scheidungsprozeß von Produzent und Produktionsmittel. Er erscheint als „ursprünglich„, weil er die Vorgeschichte des Kapitals und der ihm entsprechenden Produktionsweise bildet.“. Dieser Prozess gründe auf einer mit politischen und ökonomischen Mitteln durchgesetzten gewaltsamen Enteignung der „unmittelbaren Produzenten“.
Rezeptionsgeschichtlich fällt die Auseinandersetzung mit dem Ansatz unterschiedlich aus. In marxistischen Diskussionen wurde oftmals die Frage diskutiert, ob die ursprüngliche Akkumulation eine historische Phase oder ein kontinuierlicher Prozess sei, ebenso wurden Auseinandersetzungen hinsichtlich der Entwicklung Russlands geführt und methodisch-theoretische Fragestellungen diskutiert. Beispielsweise hat Joseph Schumpeter kritisiert, dass Marx’ Ansatz nicht erklären könne, wie bestimmte Gruppen dazu befähigt waren, Enteignungsprozesse durchzuführen. Ebenfalls verkenne Marx die Rolle von überdurchschnittlicher Energie und Intelligenz zur Begründung von wirtschaftlichem Erfolg.
Neben Marx’ Ansatz der historischen Werdung des Kapitalismus übten insbesondere die Theorien Max Webers und Werner Sombarts einen prägenden Einfluss auf entsprechende Überlegungen aus.