Verfassungsreferendum in der Türkei 2017
In einem Verfassungsreferendum wurde in der Türkei am 16. April 2017 von den Wählern das 18 Punkte umfassende verfassungsändernde Gesetz Nr. 6771 angenommen und damit insgesamt 69 Artikel der Verfassung abgeändert. Die Änderungen betreffend die neue verfassungsrechtliche Stellung des Präsidenten und seine Befugnisse sind mit den Wahlen im Juni 2018 in Kraft getreten.
Referendum 2017 | |
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51,41 % | 48,59 % |
Ja | Nein |
Die Exekutivbefugnisse wurden in der Hand des Präsidenten gebündelt und sein Einfluss auf die Justiz erweitert. Die Vorschläge zur Verfassungsänderung wurden in zwei Lesungen von einer nach Art. 175 Abs. 1 S. 3 der Verfassung erforderlichen Mehrheit von drei Fünfteln der Gesamtzahl der Parlamentsmitglieder aus der regierenden Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung (AKP) und der rechtsextremen Partei der Nationalistischen Bewegung (MHP) angenommen, während zwei Oppositionsparteien, die Republikanische Volkspartei (CHP) und die vorwiegend die kurdische Minderheit repräsentierende Demokratische Partei der Völker (HDP) dagegen stimmten; zwölf Abgeordnete der HDP, darunter ihr gesamtes Führungspersonal, waren inhaftiert. Da eine Dreifünftelmehrheit, aber keine Zweidrittelmehrheit erreicht wurde, war eine Volksabstimmung erforderlich.
International wurden die Wahlkampfauftritte türkischer Politiker im Ausland kritisiert. Die Venedig-Kommission des Europarates warnte im Vorfeld bereits vor einem „persönlichen Regime“ und sprach von der Gefahr des Abgleitens in ein autoritäres System. Die vorgeschlagenen Änderungen würden nicht dem Modell eines demokratischen Präsidialsystems folgen. Zudem beklagten OSZE-Wahlbeobachter u. a. die Inhaftierungen von zahlreichen Journalisten und Oppositionellen sowie Einschüchterungen und Drohungen gegen das „Nein-Lager“.
Bereits am Wahlabend sprach die Opposition (CHP, HDP, (ehemalige) Teile der MHP) von Wahlbetrug und verwies auf die Entscheidung des Hohen Wahlausschusses, Stimmzettel und Umschläge ohne amtlichen Stempel für gültig zu erklären. Dabei soll es sich um bis zu drei Millionen „zusätzliche Stimmen pro Evet“ (Evet = Ja) handeln. Dass die Wahl durch Wahlbetrug entschieden wurde, legen Forschungsergebnisse von Wiener Statistikern vom Complexity Science Hub Vienna nahe.