Druckjob
Der Druckjob (dt. Pressauftrag) ist eine objektophile Sexualpraktik, die im Wesentlichen einen Druckerpatronenkalibrierungstest zum Lustgewinn beschreibt. Der aktive Part gibt dabei dem Objekt seiner Begierde Befehle und bringt es dazu, mit seinem Kopf Farbe auf einem Blatt Papier zu verteilen. Er sieht dabei dem ausfahrenden Papierstück liebevoll zu und streichelt das Gerät ab und an zärtlich. Ein Druckjob kann mehrere Stunden dauern, je nachdem wie kompliziert das Gerät ist, auf dem der Objektophile herumdruckt. Längere Jobs werden aber meist von beiden Partnern durch Pausen unterbrochen, in denen der aktive Part seinem Bürofreund einen neuen fetten Stoß reinschiebt. Wie alle objektophilen Praktiken hat der Druckjob ein Kapitel im Kramasutra, dem großen Liebeslexikon für Objektsexuelle.
Herkommen
Heute ist es ganz normal, in Paris Menschen mit heruntergelassener Hose den Eifelturm ablecken zu sehen. Hunde knurren sie in die Flucht und bei arktischen Temperaturen positionieren sie vorsichtig Socken auf dem Stahl, im guten Glauben daran, dass das Fundament ihrer Partnerschaft dadurch an Wärme gewinnt.
Doch das war nicht immer so. Früher waren sie traurige Eleven in Außenseiterrollen, die ihre erste Beziehung mit der Schulbank führten, deren Oberflächen sie mehr oder weniger freiwillig mit der Wange erkundeten. Die Verwachsung mit der eigenen Identität manifestierte sich im zärtlichen Streicheln über die Generationen alten Kaugummihügel an der Unterseite und verspielt wurde das ein oder andere Herz in die imprägnierte Kunststoffoberfläche gekratzt und im Zeichen rebellischer Liebe ein blauer Brief für die Eltern in Kauf genommen. Meistens waren es Jungen, die irgendwann merkten, dass sie bei der guten Freundin von nebenan einfach nicht zum Drucker kamen.
Doch dann kam der erste Streit, ein Baumarktkatalog o.ä. lugte aus dem Schulranzen und die Sitzbank musste einsehen, dass es viele andere neben ihr gab, bequemere, mit Massagefunktionen, Getränkehalter und ausfahrbaren Menüklapptischen. Spätestens da begaben sich Objektophile auf die Suche nach sich selbst und wollten nicht mehr das Ding an sich erforschen. Sie durchbrachen das Tabu ihrer sexuellen Neigungen, rannten auf die Straßen, schlabberten Ampeln und Stromverteilerhäuschen ab und machten auf dem Spielplatz mit Schaukeln und Rutschen Dinge, die nur noch entfernt an kindliches Spiel erinnerten. Material Girl von Madonna wurde zu ihrer Hymne. Einige entdeckten dann, dass sie sich erst mit einem 3 D-Drucker so richtig ausdrucken konnten. Die virtuelle Welt tat ihr übriges, das Gefühl der Macht über so ein prächtiges und präzises Gerät im anonymen Raum der Netzwerkumgebung ließ das Herz höher schlagen. Von da war es meistens nur noch ein kleiner Schritt zum ersten orgasmatischen Rezeptdruck für Mutters Backstube.
Der Drucker
Früher, während der neuen Sachlichkeit, fingen Objektophile schon beim Kartoffeldruck an, zu lechzen. Viel kaltes, totes Objekt brauchte es also nicht, um die nüchternen Formfetischisten in leidenschaftslose Wallung zu bringen. Später, als es möglich war, sich mit dem Drucker über ein spezielles Kabel in die virtuelle Welt zu flüchten, standardisierten sich die Ansprüche des Kundenkreises natürlich, weil sich einzelne Druckjober über die Chatfunktion bei Microsoft-Backgammon zu den neuesten Entwicklungen auf dem Markt ständig austauschten.
Für den Drucker gilt heute, dass er zum Job passen muss. In diversen Webforen gehen zwar dubiose Tipps um, wo vom rasierten Druckkopf bis zum dreifach ausfahrbaren Papierstapelaufnehmer alles dabei ist. Übertreibende Lüstlinge nehmen sogar verklemmte Druckköpfe dafür in Kauf, dass meist recht schmucklose Druckerband durch ein Fishnet raffinierter zu gestalten.
Selbstverständlich soll es immer ein mächtiges Gerät sein, je lauter es ist und je mehr es bebt, desto besser. So wirkt die Zähmung durch den Druckjobber gleich manifester. Marken wie Lecksma, Canone, HuPe oder Brother (für die familiär veranlagten) haben sich darauf spezialisiert.
Das ersehnte Druckobjekt ist oft nur Mittel zum Zweck, Motive sind ohnehin eher selten, der Kenner berauscht sich am Rattern des Testlaufs, am Knacken der Rädchen beim Patronenreinigen und am Ächzen des Innenraums während der Druckkopfausrichtung. Selbst ob schwarz-weiß oder farbig gedruckt wird, ist gleich und oftmals reine Geschmackssache. Während der spießige Bürotyp einen anwenderbezogenen Missionarsdruck vorzieht, ist der extrovertierte Splatterjunkie erst nach dem Druckkakie zufrieden, bei dem die bunte Tinte von allen Seiten auf ein einziges Blatt spritzt.
Was natürlich überall geschätzt wird, sind Sauberkeit und Hygiene. Drucker merken, wenn sie geliebt und bevorzugt werden und benutzt sie der Objektophile lange Zeit nicht, kommt es zu einem Papierstau. Ein guter Objektophiler desinfiziert den Drucker zudem nach dem Job und bringt das dicke Teil anschließend auf Hochglanz. Farbbevorzuger verwenden nur Originalpatronen, weil die sicher und gefühlsecht sind. Daran sollte man denken, wenn sich das nächste Mal im Laden darüber beschwert, dass die einzelne HuPe-Patrone 80 Euro ohne Verpackung kostet.
Der Objektophile
Kaum hat der Auftrag die zitternde Hand des Druckjobbers verlassen, zuckt er unweigerlich vor dem Baustellenlärm der Druckvorbereitung zusammen. Der Akt ist meist recht banal, denn das Papier kommt ja immer zum gleichen Ende raus. Die zeremonielle Begleitung des Drucks variiert jedoch je nach Libido. Der sanfte streichelt den Drucker geduldig bis der letzte Tropfen auf dem Papier gelandet ist, der ungestüme zieht am kaum aufgerichteten, halb gedruckten Papier bis der Drucker schließlich sanft von selbst nachgibt. Ein anderer stöhnt laut beim Ausdrucken, am besten noch, wenn er dicke, trockene Steuererklärungen unter den spritzigen Tintendüsen durchjagen kann.
Vor lauter Lust begehen manche Objektophile einen wahren Ausdruckstanz und sinken danach erschöpft in die Stapel aus blau-gelb-rot schraffierten Testdrucken. Viele beäugen die fertigen Seiten, streichen über die feinen Erhebungen der Tinte auf dem Papier, riechen und kosten die Tinte, erfahren sie, erfahren schließlich auch vom unheilbaren Tumor, den das viele Züngeln mit der bleihaltigen Farbe hervorgerufen hat. Aber was tut man nicht alles für die Liebe?
Viele Objektophile möchten beim eigentlichen Druckjob ungestört sein, weswegen ein Großteil der Akte zu Hause auf dem bekannten und gut investierten Heimgerät abläuft. Doch natürlich waren und sind Druckjobs auch käuflich. Ein Druckjob von einem Fremden kostet in der Regel 30 Euro und ist zeitlich begrenzt, denn andere wollen auf dem besudelten Gerät auch noch ausdrucken, z.B. ihre Magisterarbeit. Häufig sind sie in Druckshops festinstalliert, wo man sich das Gerät aussuchen kann, mit dem es am besten geht. In den letzten Jahren hat sich aber das Niveau in der Szene durch viele bulgarische Billigdruckjobber verschlechtert, die gefälschte Patronen einsetzen und es den Drucker ohne Papierabdeckung machen lassen. Wer den Kick sucht, holt sich den schnellen Druck vom Straßenrand. Doch mit Blick auf die armen, ungewarteten Geräte, die dort stundenlang in der Kälte stehen, unter Düsenschwäche leiden und manchmal gerade ein bisschen einlagiges Recyclepapier im Ausgabefach haben, sollte man im Sinn der Humanität eigentlich vom Druck ablassen können.
Warum liegt da überhaupt Papier rum?
Konservative Druckerverbände und Politiker sehen in der Popularisierung von Druckjobs eine große Gefahr, v.a. weil durch die explizite Zurschaustellung von auslaufender Tinte unwirtschaftliche Verschwendungssucht kultiviert werden könnte. Zudem seien die Gefahren von Laserdruckern erst durch Langzeitstudien festzustellen. Grünenpolitiker äußerten Bedenken, dass das Lecken an der Tinte Vorbild für Sodomiten sein könnte und beschworen Schreckensszenarien herauf, in denen kleine Kinder in Wasserspaß-Aquarienwelten von tintenfischreitenden Exhibitionisten traumatisiert werden, die in Zeitlupe im großen Schaubecken an den Besuchern vorüberziehen.
Nichtsdestotrotz oder gerade wegen der verbotenen Lust nach großen Geräten hat sich eine immer weiter wachsende Szene gebildet, die in abgedunkelten Kopierräumen der exzessiven Papierausgabe nachgeht. Nicht selten schicken sie dort in freudiger Ektase eingescannte Busen und Ärsche in die Presse und sehen sabbernd dabei zu, wie die leblosen Abbildungen ihrer Geschlechtsmerkmale in klebrige Farbwalzen gepresst werden, jeden frischen Druck jauchzend als ein Fest der Gelüste begehend. Mittlerweile gibt es einen regen Schwarzmarkt für indizierte Druckjobpornos. Klassiker wie „Auftrag 000x36Pslxma458202000879“ oder „Multifunktionsgerätebums auf der Rödelalm“ waren noch harmlose Vorreiter einer streamingdienstbasierten Amateurfilmindustrie, die auch vor Fetischismen und Grenzüberschreitung wie exzessivem Stapeldruck oder dem Einzug durchs hintere Fach nicht mehr Halt macht. Das druckt sich der Endverbraucher schließlich stilecht Screenshot für Screenshot aus. Nichts törnt nämlich Druckaffine so sehr an, wie andere Druckende beim Drucken ausgedruckt zu sehen. Manche sind sogar per Fax live dabei.
Die fortschreitende Verbreitung von Portalen wie YouPrint sorgt dafür, dass immer mehr dieser expliziten Ausschnitte auf Heimrechnern zu finden sind. Meistens schauen sie die Jugendlichen ohne Toner, damit die Eltern die Sauerei nicht entdecken. Erst wenn das Zimmer voller verklebter A4-Blätter ist und die Tochter mit einer blauen Zunge am Frühstückstisch sitzt, kann die Aufklärung über ein kontrastreiches, gesellschaftliches Thema beginnen. Immerhin, viele Eltern wollen, dass ihr Kind zu Hause druckt, wenn es diese Neigung hat, weil sie befürchten, dass es seine Lust sonst in öffentlichen Druckereien, in Hinterzimmern von Druckshops oder gar am Tintenstrich ausleben könnte. Viele trösten sich damit, dass die Objektophilie ihrer Angehörigen wenigstens eine Kernkompetenz einer normalen heterosexuellen Partnerschaft fördert: Lügen wie gedruckt.