Festivalbändchen
Das Festivalbändchen ist der letzte Widerstand gegen die Einsicht, dass die drei oder vier Tage Festival, Feiern und Faulheit nun endgültig vorbei sind. Nebenbei dient es zum Angeben und Posen für alle die, die es zu affig finden, sich Konzertkarten auf die Stirn zu kleben.
Das Festivalbändchen
Wer sein Sparkonto plündert, um eines der zahlreichen Festivals der Republik zu besuchen, der bekommt am ersten Tag erst mal ein Bändchen um den Arm gelegt. Kein Billig-Saufbändchen, die man für 5 Euro zu 50 Stück im Supermarkt bekommt, sondern ein kleines Kunstwerk. Ein Festivalbändchen muss mindestens dreifarbig sein, und mindestens einmal den Namen des Festivals und die aller Sponsoren eingearbeitet haben. Es ist dabei jedes Mal unglaublich, wie viele Gestaltungsmöglichkeiten ein maximal anderthalb Zentimeter breites Bändchen bietet.
Jedes Jahr für die Massen neu konzipiert, wird dieses Kleinod der Kleinkunst jedem Besucher angelegt, und auch nach Ablauf der drei Tage nicht abgenommen. Egal wie viel Schlamm, Schweiß, Blut oder sonstige Sekrete es bis dato abbekommt, und unabhängig davon, wie viele Bandwürmer bereits darin brüten.
... am Arm
Die ausgefeilte Ornamentik wird natürlich dadurch zerstört, wenn nicht nach dem dreitägigen Nahkampf vor der Bühne, so zumindest nach der 100ten Dusche. Umstritten bleibt dabei, ob der kunstvollen Gestaltung der Bändchen zuliebe während des Festivals weitgehend auf das Duschen verzichtet wird.
Wie einen Ehering am Festivalhändchen trägt man sein Festivalbändchen also als Zeichen ewiger Treue. Rechts oder links am Arm montiert begleitet das Bändchen seinen Träger durch die Aufs und Abs des Lebens. Kaum ein Bändchen, das nicht schon mindestens eine Trennung, einen Seitensprung, einen Vollrausch oder ein weiteres Festival miterlebt hat. Im Gegensatz zum Ehering vertragen sich nämlich auch Bändchen verschiedener Festivals, nein, ganz im Gegenteil, erst kombiniert mit anderen Bändchen ergibt sich am Arm des Besitzers ein individuelles Gesamtkunstwerk, das nicht selten den halben Unterarm bedeckt und ihn als angenehmen Nebeneffekt auch vor Sonnenbrand bewahrt.
Ein Bändchen lässt sich zwar abnehmen, aber dann endgültig, für immer. Tabula rasa. Bänderriss. Karriereaus. Dann wird aus dem wertvollen Armband ein dreckiger, durchgeschnittener Fetzen schnöden Stoffs. Das Band der Ehe kann man brechen. Das zu seinem Festival nicht. Besonders interessant wird das natürlich bei Vorstellungsgesprächen, wo man das Bändchen wegen seiner dezenten Metallklammer natürlich auch durch den Anzug hindurch sieht. Es beweist aber die bemerkenswerte Offenheit des Bewerbers: Der Personalchef weiß von vornherein bei drei Rock-am-Ring-Bändchen, dass er den Bewerber jedes Jahr Anfang Juni nicht einplanen muss. Und dass er zu dieser Zeit sicherlich lange krank ist, wenn er keinen Urlaub bekommt. Das ist selten ehrlich für Vorstellungsgespräche.
Trivia
Erwartungsgemäß trägt der Autor dieses Artikels tagtäglich ein Festivalbändchen mit sich herum.