Kugelhahn
Der Kugelhahn ist ein männlicher Hahn mit durchlöcherten Kugeln. Kugelhähne haben zwar eine gewisse Leitungsfunktion den Hühnern gegenüber, sind aber der durchbohrten Kugeln wegen nicht mehr zur Fortpflanzung geeignet. Ähnlich dem Kastrationseffekt bei Hunden oder Katern gelten sie dadurch als gelassener und genügsamer. Man kann sagen, sie schieben eine ruhige Kugel. Daher werden sie auch als Kugelschieber bezeichnet. Meist werden sie als Absperrhähne eingesetzt. Sie sperren einen Bereich des Hühnerhofes ab, auf den unerwünschte Besucher oder Nebenbuhler vorübergehend keinen Zutritt haben sollen, weil die richtigen Hähne gerade mal genüsslich ihre Hühner treten wollen.
Eleganz
Charakteristisch für einen Absperrhahn ist das vollständige Schließen des Hofbereiches mit einer einzigen eleganten Drehung von exakt 90° im Gegensatz beispielsweise zu Hofhunden, die dazu wild umherspringen. Diese beeindruckende Bewegung, bei der so ein Kugelhahn - einem Schlagbaum gleich - seine zumeist weiß gefiederten Flügel dem Eindringling quer in den Weg stellt, macht den abgesperrten Bereich absolut dicht. So ruhig sein Wesen auch sein mag, so ernst nimmt der Absperrhahn seine Aufgabe: Er wird zur Furie, wenn jemand an seiner Autorität zweifelt und sich an ihm vorbei mogeln will. Da schwillt ihm der Kamm, da bekommt er einen richtig dicken Hals. Und weil sie als Absperrhähne ja im Grunde im Grenzschutz tätig sind, wird ihre Halsdicke natürlich in Zoll gemessen.
Halber Hahn
Manchmal ist auch die unkorrekte Bezeichnung „Halber Hahn“ zu finden, wobei dies eigentlich ein halbes zubereitetes Grillhähnchen oder Broiler meint. Davon abgesehen wird es heute in einer gewissen Öffentlichkeit als diskriminierend angesehen, Lebewesen ihrer nicht vorhandenen Zeugungskraft wegen die Hälfte oder auch nur irgendeinen Teil ihrer Wertschätzung in Abrede zu stellen. Der Hahn bleibt also männlich, auch wenn er keine Eier befruchten kann.
Molchfähigkeit
Kugelhähne haben den großen Vorteil, molchfähig zu sein. Aufgrund eines bei ihnen nicht mehr produzierten Hormons fehlt ihnen die bei normalen Hähnen übliche Abneigung gegenüber den glibberigen Krabbeltieren. Somit stellen die Kugelhähne, die meist etwas kleiner sind als andere Hähne dem Rest der Population gegenüber keine Fressfeinde dar. Sie fressen die Molche, die alle anderen Hühner und Hähne verschmähen. So fressen sie den anderen keine Regenwürmer weg - eine Win-win-Situation. Darüber hinaus haben die Molche für den Organismus der Kugelhähne eine reinigende Wirkung, weil ihr Genuss großen Durst erzeugt, den die Hähne dann mit viel Wasser stillen. Wenn sie dann total mit Wasser abgefüllt sind, hängen sie gerne mit dem Schnabel zur Seite an einer Wand und genießen ganz in ruhe das Gefühl, ein Rohr hinten drin stecken zu haben.
Dichtfähigkeit
Aufgrund ihres anatomisch stark eingeschränkten Interesses für das weibliche Geschlecht entwickeln Kugelhähne häufig einen gewissen Hang zur Dichtung. Der Drang, schöne Lieder zu krähen, ist trotz des entfallenen Imponierdruckes extrem ausgeprägt. Der sogenannte Mediumdruck, ein Druck, der jedem Hahn zueigen ist, entwickelt sich durch ein Mehr an Übung und Hingabe bei Kugelhähnen besonders heftig. Die Zeit, die wegen ausfallender Begattungsaktivitäten anfällt, nutzen die poetisch talentierten Tiere gerne, um an ihren Kräharien zu feilen. Dabei tritt gelegentlich wahre Dichtkunst zutage.
Todträume
Die schmerzhafte Erfahrung, die Kugelhähne durchleben mussten als ihre Kugeln durchbohrt wurden, löst bei den meisten ein Trauma aus. Häufig leiden die Tiere dann unter sogenannten Todträumen - Angstträume mit einem lebensbedrohlichen Gefühl. Das macht sie zu nachtaktiven Wachhähnen, die tagsüber oft sehr melancholisch sein können. Das wirkt sich zum Teil ebenfalls auf die Stimmung ihres Gesanges aus. Am schönsten klingen russische Kugelhähne am Sonntag vormittags im November - besonders bei Neuschnee.