Wiederbetätigung

Wiederbetätigung ist eine schmeichelhafte Bezeichnung für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (=ABM) für Langzeitarbeitslose (=LZAL). Im Zuge der Hartz IV-Reform wurden zahlreiche Wiedereingliederungsmaßnahmen (=WGM) erfunden, die die früheren ABM ersetzten.

Theorie

Bei der Wiederbetätigung handelte es sich um sinnentleerte Tätigkeiten oder um ein Bewerbungstraining. Bei den sinnentleerten Betätigungen konnte es sich zum Beispiel um das Abschleifen veralteter Schulmöbel handeln. Hier wurde vom Arbeitsvermittler (=AV) der gemeinnützige Aspekt dieser Zwangsarbeit hervorgehoben, um sich nicht in den Verdacht des Jobkillers zu bringen. Beim Bewerbungstraining handelte es sich um eine überwiegend sportliche Betätigung, die darin bestand, dass die LZAL in den frühen Morgenstunden endlos lange Wegstrecken zu neu geschaffenen Bildungseinrichtungen zurückzulegen hatten, wo ehemals arbeitslose Sozialarbeiter oder Psychologen als Dozenten getarnt ihre Familienprobleme in Großgruppentherapien mit den LZAL zu lösen versuchten.

Praxis

Im Zuge der Zusammenlegung von Sozial- und Arbeitsamt wurden nicht etwa, - wie sonst bei Fusionen in der Industrie und Wirtschaft üblich -, Mitarbeiter der staatlichen Institutionen entlassen, sondern neue bürokratische Abteilungen zur Verwaltung der Arbeitslosigkeit geschaffen. Dadurch war es möglich, zahlreichen Soziologen, Pädagogen, Krankenschwestern, usw. eine Wiederbetätigung in einem vermeintlich sozialem Arbeitsfeld in sogenannten Arbeitsgemeinschaften zu bieten. Da diese Art von ABM jedoch zwar staatlich verordnet, aber von keiner staatlichen Institution bezahlt werden wollte, stritten die Kommunen und der Bund ewig lang darum, wer die Kosten zu tragen habe. In dieser Phase wurden für die Wiederbetätigungen der eigenen Mitarbeiter zahlreiche Zeitarbeitsverträge abgeschlossen, prekäre Arbeitsverhältnisse genehmigt und eine flächendeckend uneinheitliche und ungerechte Bezahlung festgeschrieben.

System

Heute kann man davon ausgehen, dass diese Phase der sogenannten Reform mit einem ausgeklügeltem System Schritt für Schritt in die Praxis umgesetzt wurde, um den wahren Notleidenden eine Spezies von AVs gegenüber zu setzen, die selbst von Existenznöten, Neid und Ellenbogendenken durchdrungen war, um in offiziellen Pressemeldungen die Breite Masse von Arbeitslosen ohne Widerspruch als Sozialschmarotzer beschimpfen zu können. Im Gegenteil: Diese Propaganda unterstützte die systematische Einsparung von öffentlichen Mitteln, indem die zur Wiederbetätigung genötigten AVs den schwer vermittelbaren LZALs bei jedem kleinen Verstoß gegen immer neue Verwaltungsvorschriften die finanzielle Unterstützung kürzten. Die eingesparten Mittel konnten so für die Bezahlung der Gehälter der neu geschaffenen Behörden eingesetzt werden.

Ausblick

Der Begriff Wiederbetätigung war bis Mitte 2007 ein Unwort und als solches im Amtsdeutsch nur als geheime Bezeichnung für den internen Gebrauch bestimmt gewesen. Als Wiederbetätigung galt jede Art von Maßnahme, die dazu führen konnte, die Arbeitslosenstatistik zu manipulieren. Für ein tatsächliches Arbeitsverhältnis fand dieser Begriff überhaupt keine Verwendung. Da die Situation auf dem Arbeitsmarkt sich seit Anfang 2007 zunehmend entschärft, wird der Begriff Wiederbetätigung endgültig unter Verschlusssache genommen, aus allen Duden und Lexikas entfernt werden und in Vergessenheit geraten.

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