Das Amt Steuerwald war ein historisches Verwaltungsgebiet des Hochstifts Hildesheim bzw. des Königreichs Hannover.

Geschichte

Das Amt geht auf die gleichnamige, um 1310/13 errichtete Bischofsburg Steuerwald zurück und diente bis zur Säkularisation des Hochstifts zur Versorgung der Residenz, weshalb es auch meist durch bischöfliche Amtmänner verwaltet wurde und nicht verpfändet war. Das Amt Steuerwald war mit der Hauptstadt Hildesheim und der Anzahl der Gemeinden das wichtigste Amt im Hochstift Hildesheim, und auch eines der größten. Erst im 16. Jahrhundert gelangte es in die Hände adeliger Gläubiger (zuletzt Rudolf von Rauschenplat). Bischof Friedrich von Schleswig-Holstein gelang 1554 mit finanzieller Beihilfe seiner Brüder die Einlösung des Amts. Als nach seinem Tod (1556) der katholische Stiftsdechant Burchard von Oberg zum neuen Bischof gewählt wurde, behielt Friedrichs Bruder Adolf I. von Schleswig-Holstein das Amt unter seiner Kontrolle. 1562 führte er für die Ämter Steuerwald und Peine eine reformatorische Kirchenordnung ein. Erst im Frühjahr 1564 konnte Bischof Burchard das Amt erneut einlösen und begann mit der Durchführung der Gegenreformation, die fast das gesamte Amtsgebiet wieder dem katholischen Bekenntnis zuführte. Die Gemeinden Barnten und Giften dagegen blieben lutherisch.

1802 wurde das Amt mit dem Hochstift Hildesheim preußisch, 1807 kam es unter französisch-westphälische Herrschaft. Nach der Angliederung an das Königreich Hannover (1815) wurde es im alten Umfang restituiert, jedoch schon 1823 mit es dem Amt Marienburg zum Amt Steuerwald-Marienburg vereinigt. Zugleich wurde die Vogtei Nettlingen mit Ausnahme des Dorfs Wendhausen abgetrennt und dem Amt Steinbrück zugelegt. 1844 wurde das Amt mit dem Amt Hildesheim vereinigt.

Gemeinden

Die folgende Tabelle listet alle Gemeinden auf, die dem Amt Steuerwald bis 1807 angehört haben und ihre Gemeindezugehörigkeit heute. Dazu zählten eine Stadt, Dörfer und Weiler, aber ggf. auch Einzelhäuser und ähnliche Liegenschaften, wenn sie im zu Grunde liegenden Verzeichnis genannt sind. In Spalte 2 ist, mit Ausnahme von Moritzberg, die Anzahl aller Haushalte im Jahre 1760 verzeichnet, und zwar Freie Häuser, Vollhöfe, Halbspännerhöfe, Viertelspännerhöfe, Großköthnerhöfe, Kleinköthnerhöfe und Brinksitzer zusammengenommen (im Original jeweils einzeln aufgeführt). Moritzberg, obwohl Teil des Hochstifts und des Amtes Steuerwald, war autonomer Besitz des Mauritius-Stifts und darum abgabenfrei; es verweigerte 1760 wegen seiner Autonomierechte die Zählung der Haushalte. Die Stadt Hildesheim war 1760 untergliedert nach Altstadt (1.401 Haushalte), Neustadt (522 Haushalte) und Immunitätsdistrikt (90 freie Häuser). Trotz der anderslautenden Bemerkung 1760 war Hildesheim nie wirkliche Freie Reichsstadt. In Spalte 3 ist die Einwohnerzahl im Jahr 1910 verzeichnet, in Spalte 4 die heutige Gemeindezugehörigkeit, in Spalte 5 Anmerkungen, die zumeist auf den Anmerkungen im Original 1760 bei Büsche beruhen. 1910 zählten die Gemeinden des alten Amtes Steuerwalds etwa zu gleichen Teilen zum Landkreis Hildesheim und zum Landkreis Marienburg, die beide ihren Sitz in der kreisfreien Stadt Hildesheim hatten.

AltgemeindeHaushalte1910heuteAnmerkung (Original 1760 in kursiv)
Achtum-Uppen21539HildesheimAchtum und Ulpen, Junkerndorf, ist eine Gemeinde
Ahrbergen69829GiesenDorf, darin ein adlig freier Hof
Ahstedt48441SchellertenDorf, darin eine Windmühle
Barnten32432NordstemmenDorf
Bavenstedt25434HildesheimDorf, darin ein freier Hof
Bettmar22405SchellertenDorf, darin ein freier Hof
Dingelbe76975SchellertenDingelve, Dorf, darin ein adlig freier Hof , 1 Wassermühle, 1 Windmühle
Dinklar78942SchellertenDorf
Drispenstedt16657HildesheimDorf, darin ein freier Hof
Einum34423HildesheimEinumb, Dorf, darin ein freier Meyerhof
Emmerke56690GiesenDorf, darin ein freier Hof
Farmsen16194SchellertenFarmesen, Dorf, darin eine Windmühle und ein Krughof
Giften28382SarstedtDorf
Groß Escherde29382NordstemmenDorf
Groß Förste37354GiesenDorf, dabei eine Wassermühle
Groß Giesen38590GiesenDorf
Harsum1172.023HarsumDorf, darin ein freier Hof und adelig Gericht
Hildesheim2.01350.239HildesheimKaiserliche freye Reichs-Stadt
Himmelsthür501.721HildesheimDorf, darin zwei freie Höfe
Kemme36386SchellertenDorf
Klein Algermissen53850AlgermissenDorf, darin eine Windmühle
Klein Escherde24271NordstemmenDorf
Klein Förste32328HarsumDorf
Klein Giesen26463GiesenDorf, dabei eine Wassermühle
Lademühle2-Hildesheimzählte ab 1807 zu Himmelsthür eine Mühle, ein Oekonomiehof
Moritzberg-4.575HildesheimSt. Mauritii, Berg-Flecken, ein weltliches Collegiatstift
Nettlingen87932SöhldeDorf, darin ein adliges Haus, drei Mühlen, 1910 Nettlingen-Helmersen
Ottbergen54805SchellertenDorf, dabei eine Wassermühle
Rautenberg36399HarsumDorf, nördlich gelegene Exklave
Schellerten52959SchellertenSchelverten, Dorf, dabei eine Windmühle
Sorsum57741HildesheimDorf, darin zwei freie Höfe
Steuerwald4202HildesheimBurg Steuerwald, Amtshaus: dabey ein Zollhaus, 2 Oeconomische Höfe, 1 Mühle, 1 Wirtshaus
Sulta1-HildesheimZur Sulta oder Kloster St. Bartholomäi, Augustiner-Chorherren-Kloster
Wendhusen25375SchellertenDorf, darin ein freier Hof und eine Wassermühle
Wöhle43384SchellertenDorf

Das Amt setzte sich zuletzt aus der Hausvogtei und zwei Amtsvogteien zusammen. Sie umfassten (1823) folgende Gemeinden und Wohnplätze:

  • Hausvogtei: Barnten, Emmerke, Groß und Klein Escherde, Giften, Groß und Klein Giesen, Himmelsthür und Sorsum, Domäne Steuerwald, die Höfe Entenfang, Lademühle und Posthof.
  • Erste Amtsvogtei: Achtum mit Uppen, Ahrbergen, Bavenstedt, Bettmar, Dinklar, Drispenstedt, Einum, Groß und Klein Förste, Kemme sowie das Wirtshaus Bierbrock
  • Zweite Amtsvogtei: Ahstedt, Dingelbe, Ottbergen, Schellerten, Wendhausen und Wöhle.

Drosten und Amtmänner

Drosten

  • 1581–1583: Asche von Holle

  • 1697–1722: Franz Johann Rudolf von Wobersnow
  • 1722–1758: Ingnatius Franz Friedrich von Weichs
  • 1758–1768: Franz Stephan von Weichs
  • 1768–1802: Ludwig Benedikt von Gemmingen

Amtmänner

  • -1563: Matthias Schilling
  • 1564–1580: Heinrich Braunschweig
  • 1580–1593: Jobst Hadeler
  • 1593–1598: Eberhard von Essen
  • 1598–1604: Heinrich Borgentreich
  • 1604–1609: Heinrich Gellern
  • 1609–1626: Johann Flöckher
  • 1627–1634: Sievert Heister
  • 1634–1643: Ludolf Behling
  • 1643–1649: Sievert Heister
  • 1649–1662: Johannes Bucholtz
  • 1662–1697: Johann Gottfried Buchholtz
  • 1697–1713: Johann Friedrich Nicolartz
  • 1713–1724: Joachim Heinrich (von) Hermanni
  • 1725–1733: Johann Heinrich Cordes
  • 1733–1757: Johann Ferdinand von Fumetti
  • 1758–1766: Franz Anton Weber
  • 1766–1780: Caspar Engelbert Tils
  • 1780–1802: Franz Joseph Schnurbusch
  • 1802–1806: Wilhelm Max Zeppenfeldt
  • 1806–1813: Wilhelm Pfingsthorn
  • 1815–1817: Arnold Busch, tit. Amtmann (auftragsweise)
  • 1818–1844: Joseph Max Grebe, Amtmann

Literatur

  • Iselin Gundermann, Walther Hubatsch: Grundriß zur deutschen Verwaltungsgeschichte 1815–1945. Reihe A: Preußen, Band 10: Hannover. Marburg (Lahn) 1981
  • Manfred Hamann: Übersicht über die Bestände des Niedersächsischen Hauptstaatsarchivs in Hannover. Dritter Band: Mittel- und Unterbehörden in den Landdrostei- bzw. Regierungsbezirken Hannover, Hildesheim und Lüneburg bis 1945. Göttingen 1983, S. 300f.
  • Thomas Klingebiel: Ein Stand für sich? Lokale Amtsträger in der frühen Neuzeit. Untersuchungen zur Staatsbildung und Gesellschaftsentwicklung im Hochstift Hildesheim und im älteren Fürstentum Wolfenbüttel. Hannover 2002, S. 697–709.

Einzelnachweise

  1. Anneliese Sprengler-Ruppenthal: Die evangelischen KIirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts. 2. Halbband, 1. Teil: Niedersachsen: Die außerwelfischen Lande. Tübingen 1980, S. 760
  2. Häuser-, Vorspann- und Schatzungs-Castratum vom Stift Hildesheim, geschrieben um 1760. In: Magazin für die neue Historie und Geographie, angelegt von Anton Friedrich Büsching, Halle 1783: p. 475–525. Abgerufen am 18. Juli 2020.
  3. Kreise in der Provinz Hannover Stand 1. 1. 1945. In: territorial.de. Abgerufen am 18. Juli 2020.
  4. Ulrich Schubert: Gemeindeverzeichnis Deutschland 1900 – Landkreis Hildesheim. Angaben vom 1. Dezember 1910. In: gemeindeverzeichnis.de. 3. Februar 2019, abgerufen am 17. Juli 2020.
  5. Michael Rademacher: Preußische Provinz Hannover, Regierungsbezirk Hildesheim. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com. Abgerufen am 18. Juli 2020.
  6. W. Ubbelohde: Statistisches Repertorium über das Königreich Hannover. Hannover 1823, S. 10
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