Klassifikation nach ICD-10
C44.5 Sonstige bösartige Neubildungen der Haut
Haut des Rumpfes; Anus: Haut, Rand(-Gebiet); Haut der Brustdrüse; Perianalhaut
ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Das Analrandkarzinom (engl. carcinoma of the anal margin oder carcinoma of the perianal area) ist ein Hautkarzinom mit vorwiegend flächiger und ulzeröser Ausbreitung. Es gehört zusammen mit dem Analkanalkarzinom zu den Analkarzinomen. Das Analrandkarzinom entsteht meist aus einer perianalen intraepithelialen Neoplasie (PAIN, eine Gewebeneubildung innerhalb der den Anus umgebenden Epithelzellen (eine Präkanzerose)). Die Erkrankung ist relativ selten.

Definition und Beschreibung

Analrandkarzinome werden als maligne Tumoren definiert, die unterhalb (distal) der Linea anocutanea und 5 cm in deren Umkreis entstehen. Maligne Tumoren, die proximal (oberhalb, in oraler Richtung) der Linea anocutanea und unterhalb der Linea dentata liegen, sind definitionsgemäß Analkanalkarzinome.

In den meisten Fällen handelt es sich um Plattenepithelkarzinome, die auch als Spinaliome oder Stachelzellkarzinome bezeichnet werden. Wesentlich seltener sind Adenokarzinome. Analrandkarzinome wachsen relativ langsam und metastasieren bevorzugt in Lymphknoten der Leistenregion. Fernmetastasen sind eher selten und betreffen im Wesentlichen Leber und Lunge.

Häufigkeit

Etwa jedes fünfte Analkarzinom ist ein Analrandkarzinom. Männer und Frauen sind gleich häufig betroffen. Der Altersgipfel liegt zwischen dem 60. und 70. Lebensjahr. Etwa 0,2 bis 0,4 % aller gastrointestinalen Karzinome sind Analrandkarzinome. Die Inzidenz liegt bei etwa 0,2 pro 100.000 Einwohner und Jahr.

Ursachen

Die genaue Ätiologie des Analrandkarzinoms ist unklar. Bedeutende Risikofaktoren sind vorgeschädigte Bereiche der Perianalhaut. Dazu gehören chronische Entzündungen, wie beispielsweise Morbus Crohn und Infektionen mit Humanen Papillomviren (HPV), speziell mit den krebserregenden Hoch-Risiko-Typen 16, 18 und 58. Entsprechend können Feigwarzen (Condylomata acuminata), die durch die HPV-Hoch-Risiko-Typen entstehen, der Ausgangspunkt für die Entartung des Plattenepithels sein. Auch eine Knötchenflechte (Lichen ruber planus) eine Acne inversa, und ein Lichen sclerosus, sowie Infektionen mit dem Herpes-simplex-Virus Typ 2 können den Boden für die Entstehung eines Analrandkarzinoms bilden. Ein weiterer bedeutender Risikofaktor ist eine Immunsuppression, beispielsweise nach einer Organtransplantation, oder bei immuninkompetenten HIV-positiven Patienten

Symptomatik und Diagnose

In der Vorstufe der perianalen intraepithelialen Neoplasie (PAIN, der Begriff Präkanzerose gilt als veraltet) liegen ekzemartige Hautveränderungen vor. Ein sich daraus entwickelndes Analrandkarzinom präsentiert sich als warzenartiger (verruköser) hautfarbener bis rötlicher Knoten, der von derber, seltener glatter Morphologie ist. Das Karzinom breitet sich über Monate und Jahre peripher und in die Tiefe aus. Dabei kann es tiefer liegende Gewebe und Organe infiltrieren. Mit dem Beginn der Geschwürbildung (Exulzeration) stellen sich bei den Patienten Juckreiz, Nässen, Blutungen und Schmerzen ein.

Der behandelnde Arzt, meist ein Dermatologe oder Proktologe, führt in der Regel eine genaue Inspektion und Palpation des Anus durch. Mit Hilfe der Entnahme einer kleinen Gewebemenge kann die Verdachtsdiagnose histologisch abgesichert werden. Für die Behandlung des Tumors ist die Kenntnis seines Ausbreitungsgrades (Klassifikation) und seiner Dicke notwendig. Mit Hilfe der Gewebeprobe kann der Differenzierungsgrad (Grading) des Tumors bestimmt werden. Hat der Tumor eine Dicke von 2 cm überschritten, so wird eine Ultraschalluntersuchung der Lymphknoten in der Leistengegend (inguinale Lymphknotensonografie) empfohlen. Damit kann festgestellt werden, ob der Tumor Metastasen in den Lymphknoten gebildet hat. Bei Tumoren der Klasse 4 werden meist bildgebende Verfahren wie Magnetresonanztomographie oder Computertomographie eingesetzt, um mögliche Fernmetastasen aufzuspüren.

Bei der Differentialdiagnose sind Basaliome, anorektale Melanome, Keratoakanthome, Warzen und nach außen wachsende Analkanalkarzinome zu unterscheiden.

Klassifikation

Die TNM-Klassifikation des Analrandkarzinoms:

Klassifikation Beschreibung
Tis Carcinoma in situ
T1 Tumor 2 cm oder weniger in der größten Ausdehnung
T2 Tumor mehr als 2 cm aber nicht mehr als 5 cm in größter Ausdehnung
T3 Tumor mehr als 5 cm in größter Ausdehnung
T4 Tumor jeder Größe mit Infiltration benachbarter Organe (der Befall der Sphinktermuskulatur allein wird nicht als T4 klassifiziert)
N0 keine Lymphknotenmetastasen
N1–N3 regionäre Lymphknotenmetastasen
M0 kein Nachweis von Fernmetastasen
M1 Nachweis von Fernmetastasen

Therapie

Wenn die Ergebnisse der histologischen und gegebenenfalls bildgebenden Untersuchungen vorliegen, das Ausmaß und die Differenzierung des Analrandkarzinoms somit bekannt sind, kann – abhängig vom Diagnoseergebnis – die Behandlung erfolgen. Das vollständige Herausschneiden des Tumors (Exzision) ist beim Analrandkarzinom die Methode der Wahl und Standardtherapie. Der Exzisionsrand muss dabei histologisch betrachtet tumorfrei sein. Bei der Entfernung des Karzinoms wird daher meist ein Sicherheitsabstand von 1 cm eingehalten. Ein Ziel der Operation ist es, die Stuhlkontinenz des Patienten zu erhalten. Ist dieses Ziel durch operative Maßnahmen gefährdet, so kann alternativ eine Strahlentherapie erfolgen. In vielen Fällen kann die bei der Exzision entstehende Wunde offen bleiben oder direkt vernäht werden. Eine Lappenplastik ist daher meist nicht notwendig.

Zusätzlich zur chirurgischen Entfernung kann die photodynamische Therapie (PDT) angewendet werden. Die PDT kann auch zur Behandlung von perianalen intraepithelialen Neoplasien (Präkanzerosen) eingesetzt werden.

Sind die regionären Lymphknoten befallen, so wird in den meisten Fällen eine radikale Lymphadenektomie (operative Entfernung der betroffenen Lymphknoten) durchgeführt. Unter Umständen können strahlentherapeutische Maßnahmen erfolgen.

Analrandkarzinome der Klasse T3, die den Schließmuskelapparat infiltriert haben, oder der Klasse T4 (Befall anderer Organe) werden meist wie ein Analkanalkarzinom behandelt.

Prognose

Aufgrund der geringen Häufigkeit der Erkrankung finden sich in der Literatur keine zuverlässigen Daten bezüglich Letalität und Überlebensrate. Wie bei den meisten Krebserkrankungen hängt die Prognose von den Faktoren Tumorgröße, Primär- oder Rezidivtumor, Ausbreitungsstadium, histologische Differenzierung und Immunstatus ab.

Weiterführende Literatur

Einzelnachweise

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