Anna Langfus (geboren 2. Januar 1920 in Lublin, Polen als Anna-Regina Szternfinkiel; gestorben 12. Mai 1966 in Paris) war eine polnisch-französische Schriftstellerin.

Leben

Sie wurde als Tochter einer assimilierten jüdischen Familie geboren. Bereits im Alter von 15 Jahren veröffentlichte sie in polnischen Zeitschriften Kurzgeschichten. Mit dem wachsenden Antisemitismus in Polen war ihr seit 1937 der Zugang zur Universität verwehrt. Sie ging nach dem Abitur zusammen mit ihrem Ehemann Jakob Reis an die Polytechnische Hochschule in Verviers (Belgien) und studierte dort Mathematik. Bei dem deutschen Kriegsausbruch 1939 befand sich das Paar in den Ferien in Polen und wurde fortan im Zuge der Repressionen der deutschen Besatzer gegen die jüdische Bevölkerung den schlimmsten Verfolgungen ausgesetzt. Beide wurden in das Ghetto von Lublin deportiert. Eine Flucht scheiterte. Szternfinkiel und ihr Mann wurden als russische Spione verdächtigt und gefoltert. Später wurde ihr Ehemann ebenso wie ihre Eltern ermordet. Sie floh erneut und schloss sich der polnischen Heimatarmee an, wobei sie selbst dort ihre jüdische Herkunft verschweigen musste.

Nach dem Einmarsch der Roten Armee Anfang 1945 kehrte sie nach Lublin zurück und war dort aber nicht willkommen. 1946 verließ sie Polen und ließ sich in Frankreich nieder, wo sie zunächst in einem Waisenhaus arbeitete und später als Mathematiklehrerin in Rueil-Malmaison tätig war. Sie heiratete Aron Langfus (1911-1990), den sie bereits aus Polen kannte. Das Paar bekam eine Tochter - Maria. In ihrer neuen Heimat engagierte sie sich kulturell und nahm an den Aktivitäten verschiedener jüdischer Institutionen teil. Sie trat der Gruppe Französisches Judentum bei, mit der sie nach Israel fuhr und unter anderem die Holocaust-Gedenkstätte von Yad Vashem in Jerusalem besuchte.

Als eine der ersten jüdischen und weiblichen Überlebenden der Shoa begann sie in französischer Sprache ihre literarische Arbeit über ihre Erfahrungen von Verfolgung, Ermordung und Überleben. In Frankreich entstanden bis zu ihrem frühen Tod drei Romane sowie mindestens zwei Theaterstücke und mehrere Hörspiele. Anna Langfus starb überraschend im Alter von 46 Jahren. Sie wurde auf dem jüdischen Friedhof in Bagneux begraben.

Auszeichnungen

Werke

  • Les Lepreux Dt.: Die Leprösen. Theaterstück, 1952 (Uraufführung 1956; Regie Sascha Pitoeff)
  • Amos ou les fausses esperances. Dt.: Amos oder die falschen Hoffnungen. Theaterstück. Uraufführung 1963 in Brüssel
  • Salz und Schwefel. (Le sel et le soufre) Übers. Martha Johanna Hofmann. Lucas Cranach, München 1964
  • Gepäck aus Sand. (Les bagages de sable) Übers. Yvonne Meier-Haas. Piper, München 1964
  • Saute, Barbara Gallimard, Paris 1966 (nur franz. verlegt)
  • Der letzte Zeuge Hörspiel. Hessischer Rundfunk 1966 (Regie: Fränze Roloff)
  • Guide juif de France von Roger Berg, unter Mitarb. von Anna Langfus. Edition Migdal

Literatur

  • Joe Friedemann: Langages du désastre. Robert Antelme, Anna Langfus, André Schwarz-Bart, Jorge Semprun, Elie Wiesel. Nizet, Saint-Genouph 2007, ISBN 9782707812964 (französisch).
  • Erwin Miedtke: Anna Langfus (1920–1966) – eine europäische Autorin. In: europäische erziehung, 1-2008, S. 16–19
  • Judith Klein: Literatur und Genozid : Darstellungen der nationalsozialistischen Massenvernichtung in der französischen Literatur. Wien : Böhlau, 1992, S. 108–126
Commons: Anna Langfus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Christian Schmidt-Häuer: Wie es zum Antisemitismus in Polen kam. In: Die Zeit, Nr. 6/2005 – Dossier.
  2. Martin Gilbert: The Routledge Atlas of the Holocaust, S. 21, s.: https://books.google.de/books?id=PnE6TXjt4hkC&pg=PA21#v=onepage&q&f=false
  3. Anna Langfus. (Memento des Originals vom 26. August 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Ośrodek Brama Grodzka – Teatr NN.
  4. https://www.landrucimetieres.fr/spip/spip.php?article5227
  5. 2008_1_Europaeische Erziehung.pdf
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.