Area denial artillery munition (ADAM) (auf deutsch in etwa: Artilleriemunition für Gebietssperre) ist ein US-amerikanisches System zur Verlegung von Antipersonenminen als Streumunition. Die Munition wurde innerhalb des Streuminenprogramms Family of Scatterable Mines (FASCAM) entwickelt. Die mit gewöhnlichen Kaliber 155 mm Artilleriegeschützen verschossenen Geschosse enthalten jeweils 36 Antipersonenminen. Die Minen können bis zu 17 km weit verschossen werden. Der Zweck der ADAM-Minen ist es, ein bestimmtes Gebiet, auch hinter feindlichen Linien, für den Durchmarsch des Gegners für eine relativ kurze Zeit zu sperren. Nach dem Ablauf dieser Zeit zerstören sich die Minen von selber.
ADAM wird von der U.S. Army und dem U.S. Marine Corps verwendet.
Geschichte
Im Januar 1973 wurde Honeywell von der United States Army beauftragt, die ADAM zur entwickeln und zu produzieren. Davor entwickelte Honeywell die Honeywell die „Wide Area Anti-Personnel Mine“ (WAAPM), bw. BLU-42. Honeywell baute darauf auf. Die WAAPM war ebenfalls eine Streumine, die allerdings mit einem Flugzeug ausgebracht wurde. Da Flugzeuge im Vietnamkrieg gefährdet waren, wollte das US-Militär Streuminen, die mittels Artilleriegeschützen fernverlegt werden konnten. Einen Forschungsauftrag dafür bekam Honeywell im Dezember 1971.
ADAM wurde zeitgleich mit dem Streuminensystem für Panzerabwehrminen Remote Anti-Armor Mine System (RAAMS) innerhalb des Streuminenprogramms Family of Scatterable Mines (FASCAM) entwickelt und 1982 eingeführt. Die ADAM-Personenminen sind dafür ausgelegt, zusammen mit RAAMS-Panzerabwehrminen verlegt zu werden. Werden sie zusammen verlegt, dann verhindern die ADAM-Minen eine schnelle Räumung der RAAMS-Panzerabwehrminen durch gegnerische Truppen.
Die USA verkauften in den Jahren 1986–1989 über 30.000 ADAM-Minen an Südkorea.
Eine Anzahl von ADAM-Minen wurde als M86 Pursuit Deterrent Munition (PDM) umgestaltet und 1991 bei US-amerikanischen Spezialeinheiten eingeführt.
Zwar sind die USA im Jahre 1997 der Ottawa-Konvention gegen Antipersonenminen nicht beigetreten, trotzdem verabschiedeten die USA interne Richtlinien, wonach die meisten Antipersonenminen verboten sind. Das interne Verbot traf auch die ADAM-Mine, welche in der Regel mit RAAMS kombiniert verlegt werden. Dieses führte zur geplanten Remote Area Denial Artillery Munition (RADAM), wobei RAAMS/ADAM Minen gemeinsam in einer Geschosshülle verpackt werden sollten.
Im Jahre 1990 hatte das US-Militär über 4,4 Million ADAM-Minen im Bestand. Dieser war 2002 auf über 8 Millionen ADAM-Minen in etwa 232.000 Projektilen angewachsen.
Ab 2014 begannen die USA die ADAM-Bestände zu zerstören.
Technik
Die ADAM-Projektile werden von gewöhnlichen 155-mm-Artilleriegeschützen wie Panzerhaubitze M109 oder Haubitze M198 bis etwa 17 km weit verschossen. Wie bei der 155 mm NATO-Munition üblich, sind die ADAM-Geschosse nicht patroniert, d. h. das Geschoss ist getrennt von der Treibladung. Die ADAM-Minen sind keilförmig, damit sie zu Zylindern zusammengelegt in mehreren Lagen effizient in ein 155-mm-Artilleriegeschoss passen. So passen 36 ADAM-Minen in ein Geschoss. Vor dem Abschuss werden die ADAM-Geschosse mit einem M577 mechanischen Zeitzünder versehen und eine entsprechende Zeit wird eingestellt. Das Abfeuern aus dem Geschütz initiiert den Zeitzünder. Im Flug und nach der eingestellten Zeit lässt der Zeitzünder die Ausstoßladung explodieren. Die Ausstoßladung befindet sich in der Geschossspitze, die ADAM-Minen werden der Geschosshülle über den Geschossboden herausgedrückt.
Die Minen werden in einer Höhe von etwa 600 m über dem Zielgebiet ausgestoßen. Da die ADAM-Minen über keinen Mechanismus (z. B. Fallschirm) verfügen der ihren Fall bremst, sollten sie nicht über harten Oberflächen z. B. Straße oder Landebahn verlegt werden. Ein harter Aufschlag kann die Mine beschädigen.
Kurz nach dem Aufschlag auf dem Boden, die Entsicherungszeit ist je nach Modell verschieden, werden bis zu sieben Stolperdrähte bis zu 6 m weit ausgestoßen. Die ADAM-Mine ist eine Springmine, das Gesamtgewicht Mine beträgt 540 g. Der Körper der Mine besteht aus Gießharz. Dabei enthält eine ADAM-Mine eine kleine Menge (0,15 % bzw. 0,7 g) abgereichertes Uran, ist aber keine Uranmunition. Durch das Uran härtet das Harz schneller und bei niedrigerer Temperatur (< 70 °C) aus. Diese Eigenschaften sind notwendig um die elektronischen Komponenten während der Produktion zu schützen. In der Mine ist eine Hohlkugel aus Metall verbaut. Diese ist mit 21 g Composition A5 als Hauptsprengladung gefüllt. Egal in welcher Position die Mine zur Ruhe kommt, der Flüssigsprengstoff der Treibladung positioniert sich immer unterhalb der Metallkugel, so dass diese bei Detonation immer nach oben herausgeschleudert wird. Wenn die Mine bewegt wird, oder ein Stolperdraht eine Zugspannung von etwa 400 g erfährt, dann detoniert zuerst die Treibladung und schleudert die Metallkugel mit der Hauptsprengladung 0,6 bis 2,4 m in die Höhe. Erst dann detoniert die Hauptsprengladung in der Metallkugel und verteilt etwa 600 Splitter. Der tödliche Radius beträgt 6 bis 10 m.
Sollten die ADAM-Minen nicht ausgelöst worden sein, zerstörten sich die Minen je nach Modell nach 4 oder 48 Stunden selbst. Die Zeit bis zur Selbstzerstörung wird beim Produktionsprozess bestimmt und kann dann nicht mehr verändert werden. Die Minen zerstören sich auch selber, wenn z. B. die Batteriespannung zu sehr absinkt und so die Funktionsfähigkeit nicht aufrechterhalten werden kann.
Geschoss | Mine | Zeit bis Entsicherung | Zeit bis Selbstzerstörung |
---|---|---|---|
M692 | M72 | 2 min | 48 h |
M731 | M67 | 2 min | 4 h |
M7692A1 | M72 | 45 s | 48 h |
M731A1 | M67 | 45 s | 4 h |
Einzelnachweise
- 1 2 Marine Corps Warfighting Publication (MCWP) 3-17, Department of the Navy, Februar 2000, Appendix A: FASCAM Characteristics
- 1 2 FM 20-32 Mine/Countermine Operations Headquarters, United States Department of the Army, Februar 2004, "3-11" bis "3-13"
- ↑ Who is Honeywell?, 1973 Verleger: Clergy and Laymen Concerned; National Action/Research on the Military Industrial Complex, Seite 6–7
- ↑ Department of the Army Historical Summary, Band 972, United States Army Center of Military History, 1980, S. 237–238
- ↑ Remote Anti-Armor Munition (RAAM), GlobalSecurity.org
- ↑ Landmine Monitor Report 2002, Verlag Human Rights Watch, 2002, ISBN 978-1-56432-277-7, S. 681
- ↑ M86 Pursuit Deterrent Munition (PDM)
- ↑ Brian M. Green, John M. Gallagher: Reviewing The Army's Mine, Countermine, Nonlethal Weapons, and Demining Programs., in: "Army RD & A Bulletin", Januar-Februar 1999, S. 46
- ↑ M1023 Remote Area Denial Artillery Munition (RADAM), GlobalSecurity.org
- ↑ Information on U.S. Use of Land Mines in the Persian Gulf War, Government Accountability Office, September 2002, S. 7, 39
- ↑ Munitions Cryofracture Demil Facility for the Area Denial Artillery Munition (ADAM) 155MM Projectile, 2015, United States Army Research Development and Engineering Command
- ↑ M67 / M72 Area Denial Anti-personnel Mine (ADAM), GlobalSecurity.org
- ↑ John Pike: M67 / M72 Area Denial Anti-personnel Mine (ADAM), Federation of American Scientists, 21. Januar 1999
- 1 2 John Pike: Family of Scatterable Mines – FASCAM, Federation of American Scientists, 19. Februar 2000
- ↑ TM 43-0001-28 Technical Manual Army Ammunition Data Sheets, United States Army, April 1994, S. "3-143"
- ↑ David Hambling: The Creation of ADAM, the Insidious Radioactive Cluster Mine 7. April 2016, Popular Mechanics