Attavante degli Attavanti (auch Gabriello di Vante oder Marco Attavánte; * 1452 in Castelfiorentino; † um 1525 in Florenz) war ein italienischer Maler.
Familie
Attavante war der zweite Sohn von sechs Kindern der Monna Bartola, einer Tochter des Pfarrers Messer Stoldo de’ Rossi von Castelfiorentino und des Gabriello di Vante († 1481), der vermutlich dem vornehmen Florentiner Adelsgeschlecht Attavanti angehörte. Nach dem Tod seines Vaters 1481 erbte Attavante ein Drittel des väterlichen Hause in Castelfiorentino und einen kleinen Bauernhof in Pisangoli. In Florenz bewohnte er seit 1491 sein eigenes Haus in der Via Fiesolana und besaß zudem in Santa Maria a Montici in der Umgebung der Stadt ein zweites Haus mit Garten.
Attavante war zweimal verheiratet:
- von 1490 bis 1494 mit Violante, Tochter des Florentiners Niccolò Berardi, die in Spanien geboren wurde.
- von 1495 bis zu seinem Tode mit Maria, Tochter des Fellgerbers Tom[m]aso Uberti, die ihm eine Mitgift von 180 „fiorini di sugello“ einbrachte
Von den sechs Söhnen aus zweiter Ehe überlebte ihn nur Francesco, mit dem um 1550 der florentinische Zweig der Familie ausstarb.
Künstlerisches Wirken
Nach der Meinung des Kunsthistorikers Gaetano Milanesi, aber auch in anderen Quellen, könnte der Miniaturist Francesco di Antonio del Chierico sein Lehrmeister gewesen sein, was jedoch nach Ansicht von Paolo D’Ancona eher unwahrscheinlich ist.
Er war seit 1476 in der Ausführung von Miniaturmalereien in Bibeln, Meß- und Evangelienbüchern, Antiphonarien und Handschriften von Werken antiker Autoren für den Herzog von Urbino Federico da Montefeltro, für die Mediceer, den Dom von Florenz und besonders für König Matthias Corvinus von Ungarn tätig, wobei die 19 ihm von Milanesi zugeschriebenen Corvinacodizes nicht sicher von ihm stammen. Die von Attavante in den Jahren 1483 und 1484 ausgeführte Missale für Thomas I. James, den Bischof von Dol, die lange Zeit als verschollen galt, soll 1882 entdeckt und als Le missel de Thomas James, évêque de Dol eines der Cimelien der Kathedrale von Lyon sein.
Er komponierte seine Randverzierungen, Kopfleisten, Initialen etc. mit einem großen Aufwand von Phantasie und Geschmack im Geiste der Frührenaissance und gab ihnen durch Einfügung von Nachbildungen antiker Gemmen, Büsten, Statuen, Edelsteine und von allerlei Tiergestalten einen großen malerischen und stofflichen Reiz. Auffallend sind die vier in den Ecken angeordneten Porträtbildnisse. Seine Hauptwerke sind:
- Johannes Chrysostomos: Homilien über den ersten Brief an Timoteum
- Johannes Chrysostomos: Homilien über den Korintherbrief (ehemals in der kaiserlichen Bibliothek zu Sankt Petersburg)
- Psalmcommentar des hl. Augustinus
- Commentar des hl. Athanasius über die Römerbriefe
- Brevier des Graner Erzbischofs
- Meßbuch in der Bibliothek zu Brüssel (um 1485/87)
- Commentar des hl. Hieronymus zum Ezechiel (1485–1490)
- Briefe des hl. Augustinus (1485–1490)
- Breviarium in Psalmos des hl. Hieronymus (signiert und datiert 1488)
- Handschrift des Martianus Capella (Markusbibliothek in Venedig 1889)
- Bibel in der Bibliothek des Vatikans
- Bibel von sieben Bänden im Kloster Belem in Portugal
- Domenico Calderini: Comentaria in Juvenalem (Signiert mit „Attavantes de florentia pinsit“)
Auch werden ihm drei Handschriften der Hamiltonschen Sammlung in Berlin zugeschrieben.
Literatur
- Attavánte, Marco. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Band 2, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig/Wien 1885–1892, S. 27. (Hier unter dem Namen Marco Attavánte und als Geburtsort Florenz und lebte noch 1508).
- Attavante, Marco. In: Hans Wolfgang Singer (Hrsg.): Allgemeines Künstler-Lexicon. Leben und Werke der berühmtesten bildenden Künstler. Vorbereitet von Hermann Alexander Müller. 5. unveränderte Auflage. Band 1: Aachen–Fyt. Literarische Anstalt, Rütten & Loening, Frankfurt a. M. 1921, S. 45 (Textarchiv – Internet Archive – Hier unter dem Namen Marco Attavante und „geb. 1452 in Florenz, noch bis 1511 das. thätig“).
- Attavante di Gabriello di Vante di Francesco di Bartolo. In: Ulrich Thieme, Felix Becker (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Band 2: Antonio da Monza–Bassan. Wilhelm Engelmann, Leipzig 1908, S. 214–216 (Textarchiv – Internet Archive – Hier ist vermerkt: „Das Todesjahr des Künstlers läßt sich nicht mit Sicherheit angeben; jedenfalls wird er nach 1517 nicht mehr als lebend erwähnt“).
- Paolo D’Ancona: Attavanti, Attavante degli. In: Enciclopedia Italiana. 1930 (treccani.it).
- Léopold Delisle: Le Missel de Thomas James Évêque de Dol. In: Bibliothèque de l’École des chartes. Band 43, 1882, ISSN 0373-6237, S. 311–315, JSTOR:43000308.
- Renata Cipriani: Attavanti, Attavante. In: Alberto M. Ghisalberti (Hrsg.): Dizionario Biografico degli Italiani (DBI). Band 4: Arconati–Bacaredda. Istituto della Enciclopedia Italiana, Rom 1962.
Weblinks
- Einzelblattansicht aus der Werkstatt des Attavante degli Attavanti: Initiale P archive.org
Einzelnachweise
- ↑ Attavanti, Attavante degli. In: Enciclopedia on line (treccani.it; italienisch Allievo di Francesco d’Antonio del Chierico ‚Schüler von Francesco d’Antonio del Chierico‘).
- ↑ Attavante di Gabriello di Vante di Francesco di Bartolo. In: Ulrich Thieme, Felix Becker (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Band 2: Antonio da Monza–Bassan. Wilhelm Engelmann, Leipzig 1908, S. 214 (Textarchiv – Internet Archive).
- ↑ John Henry Middleton: Illuminated manuscripts in classical and mediaeval times: their art and their technique. University Press, Cambridge 1892, S. 194–196 (Textarchiv – Internet Archive).
- ↑ Henry Joly: Le Missel d’Attavante pour Thomas James, évêque de Dol. Lyon 1931, OCLC 562007474.
- ↑ Cornelius von Fabriczy: Gaetano Milanesi, Di Attavante degli Attavanti, miniatore. … In: Repertorium für Kunstwissenschaft. Band 19. W. Spemann, Berlin / Stuttgart 1896, S. 68–70 (Textarchiv – Internet Archive).
- ↑ Tobias Biehler: Über Miniaturmalereien: mit Angaben vieler Künstler und Hofbibliotheken welche interssante Manuscripte mit Miniaturen besitzen. Typografisch-literarisch-artistischen Anstalt, Wien 1861, S. 138 (Textarchiv – Internet Archive).
- 1 2 Katalog der Miniaturen Ausstellung. Selbstverlag, 1902 (Textarchiv – Internet Archive).