August Kerem (* 19. Septemberjul. / 1. Oktober 1889greg. auf dem Gutshof Mähkli, Landgemeinde Karula, Gouvernement Livland; † 28. Mai 1942 bei Soswa, Oblast Swerdlowsk, Sowjetunion) war ein estnischer Politiker.

Frühe Jahre

August Kerem schloss 1916 sein Studium als Agrarökonom am Polytechnischen Institut in der livländischen Hauptstadt Riga ab. Er nahm als Soldat am Ersten Weltkrieg teil. Anschließend kämpfte Kerem im Estnischen Freiheitskrieg (1918–1920) gegen Sowjetrussland.

Politik

Im jungen estnischen Staat stieg Kerem schnell in der Politik auf. 1919/20 war er Abteilungsleiter im neugegründeten Landwirtschaftsministerium der Republik Estland. Großen Anteil hatte Kerem an der Umsetzung der 1919 beschlossenen radikalen Landreform. Sie enteignete den Großgrundbesitz der Deutschbalten und verteilte Grund und Boden an die estnischen Kleinbauern. Die Umverteilung schuf die Grundlagen für den noch weitgehend agrarisch geprägten estnischen Staat der Zwischenkriegszeit.

Kerem schloss sich der Estnischen Volkspartei (Eesti Rahvaerakond) an. Sie stand wertekonservativ-nationalen Ideen nahe. Ein volksnaher estnischer Patriotismus sollten die Trennung der Gesellschaft in soziale Schichten überwinden. Seine Partei stand für die Festigung der Demokratie und des Rechtsstaats nach westlichem Muster. Sie trat trotz einer konservativen Grundhaltung für eine soziale Marktwirtschaft unter liberalen Vorzeichen ein. Ihre Anhängerschaft bestand größtenteils aus Intellektuellen, dem gebildeten städtischen Bürgertum, aber auch eines Teils der Landwirte. Die Partei war vor allem im Süden Estlands stark.

Kerem gehörte in der Zwischenkriegszeit allen fünf Legislaturperioden des demokratisch gewählten estnischen Parlaments (Riigikogu) der Zwischenkriegszeit an. Er war mehrfacher Minister und gehörte insgesamt zwölf estnischen Kabinetten an:

Kabinett Ressort Amtszeit Partei
Tõnisson I Landwirtschaftsminister 30.07.1920–26.10.1920 ER
Päts II Landwirtschaftsminister 02.08.1923–26.03.1924 ER
Akel I Landwirtschaftsminister 26.03.1924–16.12.1924 ER
Jaakson I Landwirtschaftsminister 16.12.1924–15.12.1924 ER
Teemant II Verkehrsminister 23.07.1926–04.03.1927 ER
Teemant III Verkehrsminister 04.03.1927–09.12.1927 ER
Tõnisson III Verkehrsminister 09.12.1927–04.12.1928 ER
Strandman II Landwirtschaftsminister 09.07.1929–12.02.1931 ER
Päts III Verteidigungsminister 12.02.1931–19.02.1932 ER
Teemant IV Verteidigungsminister 19.02.1932–19.07.1932 RKE
Einbund I Verteidigungsminister 19.07.1932–01.11.1932 RKE
Tõnisson IV Verteidigungsminister 18.05.1933–21.10.1933 RKE

Im Zusammenhang mit dem Verkauf der estnischen Zerstörer Lennuk und Vambola an Peru 1933 wurde Verteidigungsminister Kerem im Januar 1934 der Korruption beschuldigt und gemeinsam mit dem Chef des Generalstabs, Generalmajor Juhan Tõrvand (1883–1942), durch Generalstaatsanwalt Richard Räägo (1893–1941) angeklagt. Der Staatsgerichtshof (Riigikohus) sprach beide am 9. Dezember 1934 von allen Vorwürfen frei. Bis heute ist ungeklärt, ob Kerem zu Recht Unregelmäßigkeiten bei der Abwicklung des Rüstungsgeschäfts zur Last gelegt wurde oder ob es sich bei den Vorwürfen um eine gezielte Kampagne seiner politischen Gegner Konstantin Päts und Johan Laidoner handelte.

Wirtschaft

Mit seinem Ausscheiden aus der aktiven Politik 1933/34 ging Kerem in die freie Wirtschaft. Von 1933 bis 1940 war er Direktor des 1926 gegründeten größten estnischen Busunternehmens OÜ Mootor. 1939/40 war Kerem außerdem geschäftsführender Direktor des neugegründeten estnischen Flugunternehmens AS Ago.

Tod

Im Sommer 1940 besetzte die Rote Armee die baltischen Staaten. Die sowjetischen Behörden verhafteten Kerem am 4. Juni 1941 und brachten ihn ins Innere der Sowjetunion. Im Mai 1942 wurde er im „Besserungs- und Arbeitslager“ Sewurallag (offiziell Северо-Уральский исправительно-трудовой лагерь) in der Oblast Swerdlowsk hingerichtet.

Privatleben

August Kerem war der ältere Bruder des evangelisch-lutherischen Geistlichen Arnold Aleksander Kerem (1893–1942).

August Kerem war mit Eva Kerem verheiratet und hatte drei Kinder.

Literatur

  • Eesti elulood. Tallinn: Eesti entsüklopeediakirjastus 2000 (= Eesti Entsüklopeedia 14) ISBN 9985-70-064-3, S. 153

Einzelnachweise

  1. ab Januar 1932 Nationale Zentrumspartei (Rahvuslik Keskerakond)
  2. ab 14. Dezember 1927 gleichzeitig stellvertretender Staatsältester
  3. Postimees, 10. Dezember 1934, S. 3
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