Konstantin Päts (* 11. Februarjul. / 23. Februar 1874greg. in Tahkuranna, Gouvernement Livland, Russisches Kaiserreich; † 18. Januar 1956 in Buraschewo, Oblast Kalinin, Sowjetunion) war estnischer Politiker. Er war erster estnischer Ministerpräsident, mehrmaliger Riigivanem („Staatsältester“) und ab 1934 Diktator von Estland.

Neben seiner politischen Tätigkeit war Päts im Versicherungs- und Bankensektor tätig und veröffentlichte eine Reihe von Schriften zu unterschiedlichen Themengebieten.

Engagement bis 1919

Konstantin Päts, der 1898 sein Jura-Studium an der Universität Tartu (bis 1919 Universität Dorpat) absolvierte, diente in der Folgezeit bis 1899 in der russischen Armee in Pskow. Von 1901 bis 1905 war er Herausgeber der Zeitung Teataja (=Gazette) in Tallinn. 1905 nahm Päts an der bürgerlichen Revolution teil und ging dann vor der Strafverfolgung ins Schweizer (1905 bis 1906), dann finnische Exil. 1909 kehrte er ins Russische Reich zurück und trat seine neunmonatige Strafe in einem St. Petersburger Gefängnis an. Von 1911 bis 1916 fungierte Päts, der auch in St. Petersburg eine estnische Zeitung herausgebracht hatte, als Herausgeber der Tallinna Teataja. Nach erneutem Militärdienst (1916 bis 1917), diesmal in Tallinn, wurde Päts Sprecher der obersten Heeresleitung des estnischen Militärs in Tallinn. Von 1917 bis 1918 war er Sprecher der estnischen Provinzversammlung (Eesti Maanõukogu). Von Juli bis November 1918 wurde er durch die Deutschen in Polen interniert. Nach seiner Rückkehr in das nun unabhängige Estland wurde Päts zum Ministerpräsidenten, Innenminister und Verteidigungsminister der provisorischen Regierung berufen.

Politische Laufbahn in der ersten estnischen Republik

Päts war von 1919 bis 1920 Mitglied der Verfassungsversammlung (Asutav Kogu), von 1920 bis 1934 sowie 1937 Mitglied des estnischen Reichstags (I-V Riigikogu). Zwischen 1920 und 1934 hatte er mehrmals das Amt des Staatsältesten (Riigivanem), d. h. des Staatsoberhauptes, inne: von Januar 1921 bis November 1922, von August 1923 bis März 1924, von Februar 1931 bis Februar 1932, von November 1932 bis Mai 1933 sowie von Oktober 1933 bis Januar 1934. Er war Parteiführer des Bundes der Landwirte, der in den 1920er Jahren zur stärksten politischen Kraft in Estland heranwuchs.

Nach dem Staatsstreich vom 12. März 1934 errichtete Päts ein autoritäres Regime, indem er den Staatsnotstand erklärte. Damit wollte er wahrscheinlich dem drohenden Wahlsieg der quasi-faschistischen Partei EVL zuvorkommen. Während der folgenden vier Jahre regierte er Estland als Riigihoidja (Reichsprotektor). 1938 wurde Päts zum Präsidenten gewählt.

Im Gegensatz zu seinen Amtskollegen in Lettland und Litauen beseitigte Päts die demokratische Ordnung allerdings nicht vollständig. In der Bevölkerung war der Premier wegen seiner Volksnähe und seiner Bauernschläue beliebt.

Unter sowjetischer Herrschaft

Nach der Besetzung Estlands durch die Sowjetunion im Juni 1940 wurde Päts im Alter von 66 Jahren durch die Sowjets gefangengesetzt und in die sowjetische Stadt Ufa am Ural deportiert. Damit begann ein fast 16-jähriger Leidensweg durch sowjetische Haftanstalten, Gulag-Lager und psychiatrische Kliniken, ohne dass jemals Anklage gegen ihn erhoben worden war. Trotz allem blieb er ungebeugt, wie drei aus den 1950er Jahren stammende Briefe beweisen, die 20 Jahre nach seinem Tod ins Ausland geschmuggelt werden konnten.

Kurzfristig war er auch im Psychiatrischen Krankenhaus von Jämejala untergebracht, wo es zu Beifallsbekundungen der Bevölkerung kam. Päts starb 1956 in einer psychiatrischen Klinik in Buraschewo in der russischen Oblast Kalinin (heutiger und vorsowjetischer Name: Twer). Die sterblichen Überreste von Päts wurden 1990 nach Estland überführt, seine Grabstätte befindet sich auf dem Waldfriedhof westlich von Tallinn, wo auch Lennart Meri und andere bedeutende Personen beigesetzt wurden. Ungeachtet des Umsturzes von 1934 besteht im estnischen Volk eine große Verehrung für den ersten Staatschef eines unabhängigen Estlands.

Siehe auch

Literatur

  • Karl Heinz Gräfe: Vom Donnerkreuz zum Hakenkreuz. Die baltischen Staaten zwischen Diktatur und Okkupation. Edition Organon, Berlin 2010, ISBN 978-3-931034-11-5, Kurzbiographie S. 438
Commons: Konstantin Päts – Sammlung von Bildern
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