August Otto Ernst von Oertzen, vielleicht Freiherr von Oertzen (* 11. September 1777 in Kotelow; † 3. April 1837 in Berlin) war mecklenburg-strelitzscher Staatsminister, Kammerpräsident und Gutsbesitzer auf Klockow.

Abstammung und Familie

August von Oertzen (Nr. 389 der Geschlechtszählung) war ein Abkömmling des adeligen Geschlechts von Oertzen, das in Mecklenburg zum eingeborenen Adel (Uradel) zählte. Sein Vater, Adolph Friedrich von Oertzen (#385; 1747–1796), war Gutsbesitzer auf Klockow, Kotelow, Lübbersdorf, Wittenborn sowie Vize-Landmarschall der Herrschaft Stargard. Seine Mutter, Ida (Margarethe Ernestine) (* 1749), entstammte dem Haus Miltzow des altmecklenburgischen Adelsgeschlechts von Dewitz.

Oertzen selbst heiratete am 8. Mai 1800 in Neubrandenburg Charlotte (Sophie Albertine Wilhelmine), geb. Freiin von Jasmund (1780–1818), Tochter des württembergischen Staatsministers Ludwig Helmuth Heinrich Freiherr von Jasmund (1748–1825). 1810 gehörte sie zur Neustrelitzer Hofgesellschaft, welche während der letzten Tage der Königin Luise von Preußen bei deren Tod in Hohenzieritz zugegen war und als eine der ersten darüber berichtete.

Nach dem frühen Tod seiner Frau am 21. Januar 1818 schloss Oertzen am 9. Juni 1819 in Tützpatz mit Louise, geb. von Plessen (1798–1883; aus der jüngeren Linie Damshagen) eine zweite Ehe.

Beiden Ehen entstammten insgesamt sechs Kinder, darunter als einziges Kind aus erster Ehe der Jurist und Komponist Carl (Ludwig) von Oertzen.

Beruflicher Werdegang

August von Oertzen besuchte bis 1796 die Ritterakademie (Brandenburg an der Havel) und studierte Rechtswissenschaften an der Universität Göttingen. Danach unternahm er eine weitere Reise durch Süddeutschland und kehrte Ende 1798 nach Mecklenburg zurück, nachdem er 1796 von den väterlichen Gütern Klockow empfangen und verpachtet hatte. 1798 trat er in den Mecklenburg-Strelitzschen Landesdienst ein als Kammerjunker und Auditor der Justizkanzlei in Neustrelitz. 1800 erfolgte seine Berufung zum Kanzlei- und 1804 zum Regierungsrat.

Im Jahr 1810 ernannte ihn Herzog Karl II. mit dem Prädikat Exzellenz zu einem (von zwei) Staatsministern. Oertzen gehörte damit gemeinsam mit Staatsminister Carl (Wilhelm Friedrich David) von Pentz (1776–1827) zu den ranghöchsten Regierungsbeamten von Mecklenburg-Strelitz. In dieser Funktion wurde er 1814 als Vertreter des Landesteils Mecklenburg-Strelitz – neben dem Mecklenburg-Schwerinschen Minister Leopold von Plessen – als zweiter bevollmächtigter Verhandlungsführer Mecklenburgs zum Wiener Kongress delegiert.

August von Oertzen besiegelte und unterschrieb die Deutsche Bundesakte 1815 im Namen seines Landesherrn ausweislich der noch im selben Jahr und später veröffentlichten Texteditionen mit dem Freiherrentitel. 1831 wurde August von Oertzen unter der Regentschaft von Großherzog Georg zum Kammerpräsidenten ernannt.

Oertzen legte 1836 seine Ämter aus gesundheitlichen Gründen nieder und starb im Folgejahr infolge schwerer Verbrennungen, die er sich durch eine Unachtsamkeit seines behandelnden Arztes in Berlin zugezogen hatte.

Den Text für sein Grablied, vertont durch Georg Friedrich Mantey von Dittmer, schrieb Johann Friedrich Bahrdt. Sein eisernes, baldachinartiges Grabdenkmal mit Balustrade in neogotischen Formen nach Motiven von Karl Friedrich Schinkel auf dem alten Neustrelitzer Friedhof wurde trotz Bemühungen von Annalise Wagner um dessen Erhaltung nach 1945 verschrottet.

Orden

Literatur

  • Georg Christian Friedrich Lisch: Urkundliche Geschichte des Geschlechts von Oertzen. Band 4, S. 474 f.
  • Grete Grewolls: Wer war wer in Mecklenburg und Vorpommern. Das Personenlexikon. Hinstorff Verlag, Rostock 2011, ISBN 978-3-356-01301-6, S. 7171.
  • Sebastian Joost: Oertzen, August Otto Ernst von. In: Biographisches Lexikon für Mecklenburg. Bd. 4 (2004), S. 199–202.
  • Rajko Lippert: Oertzen, August Otto Ernst von (1777–1837). In: Mecklenburg-Strelitz. Bd. 2 (2002), S. 476–478.
  • Wilhelm Thedwig von Oertzen: Leben und Wirken des Mecklenburg-Strelitzer Staatsministers August v. Oertzen a. d. H. Kotelow. In: Das Carolinum. Bd. 55 (1991), Nr. 105, S. 25–30.

Einzelnachweise

  1. Ein Freiherrntitel des August von Oertzen findet sich in zeitgenössischen Dokumenten und Publikationen über den Wiener Kongress und in einigen späteren Sekundärformen. Eine explizite urkundliche Titelverleihung ist bislang nicht bekannt, eine gnadenweise Anerkennung seitens des mecklenburgischen Fürstenhauses ist bisher weder nachzuweisen noch auszuschließen. Alle (regierungsamtlichen) Staatskalender von Mecklenburg-Strelitz führen v. Oertzen über den Gesamtzeitraum seiner Amtsausübung ohne Freiherrntitel. In der Geschlechtsgeschichte v. Oertzen (Georg Christian Friedrich Lisch u. a., 6 Teile, 1847–1891) sowie in neueren familienkundlichen Darstellungen wird für ihn kein Freiherrenstand erwähnt. Sebastion Joost erwähnt in: Biographisches Lexikon für Mecklenburg, Band 4 (2004), S. 199–202, ebenfalls keinen Freiherrntitel. Tobias C. Bringmann, Handbuch der Diplomatie, 1815–1963 – Auswärtige Missionschefs in Deutschland und deutsche Missionschefs im Ausland von Metternich bis Adenauer, 2001, S. 487, nennt ihn hingegen mit Freiherrentitel. Mit dem adelsrechtlich gleichbedeutenden, auch im 19. Jahrhundert synonym gebrauchten Baronstitel wurde er bereits um 1811 angesprochen, wie einer Mitteilung der Zeitung des Großherzogthums Frankfurt zum 19. Oktober 1811 zu entnehmen, nämlich dass zur Einweihung des Luisendenkmals, Seine Exzellenz der Staatsminister Baron von Oertzen im Auftrag des regierenden Herzogs von Mecklenburg-Strelitz in Gransee eingetroffen sei. Auch das Diarium des Wiener Kongresses (vom 1. September 1814 bis 11. Juli 1815) führt ihn bezüglich seiner Ankunft am 21. September 1814 mit dem Baronstitel (Digitalisat).
    Eine „Liste der Delegierten“ [zum Wiener Kongress] als „Zusammenstellung aus den Papieren Herzog Albrechts von Sachsen-Teschen“ (Digitalisat) nennt Oertzen ohne Freiherrntitel. Auch in regierungsamtlichen Quellen Mecklenburgs wird v. Oertzen stets ohne Freiherrntitel genannt. Auch der Verein für mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde verkündet den Tod seiner beiden Ehrenmitglieder ohne Nennung eines Freiherrntitels „Die Namen von Plessen (großherzoglich meklenburg=schwerinscher Geheimeraths= und Regierungs=Präsident, starb am 25. April 1837) und von Oertzen (großherzoglich meklenburg=strelitzischer Staatsminister, starb am 3. April 1837)“ (Vgl. Jahresbericht des Vereins.... In: Jahrbücher des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde, Bd. 2 (1837), S. 3). Ein Medienbericht zu seinem 25-jährigen Amtsjubiläum als Staatsminister kennt auch keinen Freiherrntitel (Vgl. Freimüthiges Abendblatt Bd. 17 (1835), Nr. 841, Beil., Sp. 131.) Als „Herr Baron“ wurden im alten Mecklenburg umgangssprachlich viele Gutsbesitzer angesprochen unabhängig davon, ob der so titulierte tatsächlich dem Freiherrnstand angehörte oder nicht. Manche mecklenburgische Gutsbesitzer wurden dennoch nicht als „Herr Baron“ tituliert, vgl. eine Subskribentenliste der Geschichte von England von David Hume, ins Deutsche übersetzt von Gebhard Erich Leopold Timaeus, 1806: darin wurde der Erbherr (Gutsbesitzer) auf Kotelow, der Oberhauptmann von Oertzen, mit dem Baronstitel genannt, während der ebenfalls gutsbesitzende Erbherr auf Klockow, der Regierungsrat von Oertzen, ohne Baronstitel genannt wurde (Digitalisat). Die standesrechtliche Wertung eines Baronstitels war gerade in jener Zeit in Juristen- und Adelskreisen höchst umstritten und wurde an zunehmend schärfte Immatrikulationsnachweise und Adelsbeweise geknüpft. (Vgl. dazu u. a. Eduard Heydenreich: Handbuch der praktischen Genealogie. Bd. 1. Leipzig, 1913. S. 361ff.) An derartigen Nachweisen eines tatsächlich verliehenen Freiherrntitels des August v. Oertzen fehlt es bisher in jeder Hinsicht.
  2. Heute Ortsteil von Galenbeck. Geburtsort ist nicht: Klockow, wie Brüssow im Neuen Nekrolog der Deutschen sagt
  3. Königlich-Württembergisches Hof- und Staats-Handbuch, 1810, S. 117
  4. Carl Wilhelm Otto August von Schindel, Die deutschen Schriftstellerinnen des neunzehnten Jahrhunderts: M-Z, Leipzig 1825, S. 69–72.
  5. 1 Sohn aus erster Ehe, 3 Söhne und 2 Töchter aus zweiter Ehe. Vgl. F. von Oertzen [Bearb.]: Taschenbuch des Geschlechts von Oertzen. Berlin, 1899. S. 25. - Zur zweiten Ehe vgl. auch Max Naumann: LOUISE Ernestine Eleonore Wilhelmine Adolfine Karoline. In: Die Plessen – Stammfolge vom XIII. bis XX. Jahrhundert. Herausgegeben von Helmold von Plessen im Auftrag des Familienverbandes. 2., neu durchgesehene und erweiterte Auflage. C. A. Starke Verlag, Limburg an der Lahn 1971, S. 105. - Dass Staatsminister Jasper von Oertzen (1801–1874) ein Sohn des August v. O. gewesen sei, wie der Verfasser eines Familienartikels in der Neuen Deutschen Biographie behauptet, ist falsch.
  6. Walter von Leers: Die Zöglinge der Ritterakademie zu Brandenburg a. H. 1705 - 1913. In: Verein der ehemaligen Zöglinge der Ritterakademie zu Brandenburg a. H. (Hrsg.): Zöglingsverzeichnis I von IV. Zögling August von Oertzen-No.: 747. Selbstverlag, Belzig, Ludwigslust 1913, DNB 361143532, S. 145.
  7. Verhandlungen in der Versammlung der Landstände des Königreichs Würtemberg, im Jahr 1815, Teil 13, 1815 (S. 54), Protokolle der deutschen Bundesversammlung, Band 1, 1817, S. 33 und 43, Archives diplomatiques pour l'histoire du tems et des états, quatrieme volume (Diplomatisches Archiv für die Zeit- und Staatengeschichte, Band 4), Stuttgart und Tübingen 1824, S. 5 und 25, Georg Ferdinand Döllinger, Sammlung der im Gebiete der inneren Staats-Verwaltung des Königreichs Bayern bestehenden Verordnungen, aus amtlichen Quellen geschöpft und systematisch geordnet, Band 20, München 1839, S. 5
  8. Annalise Wagner: Über die Kulturgeschichte des 'Alten Friedhofs' in Neustrelitz (1769–1945). In: Das Carolinum. 47 (1983) Nr. 89, S. 7–38. [Abb. S. 34].
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