Die Familie von Behr ist ein niedersächsisches und pommersches Uradelsgeschlecht. Bereits um 1105–1167 ist Hermann von Behr als Domherr und später Archidiakon in Halberstadt nachgewiesen.

Geschichte

Das Geschlecht selbst führt seine Abstammung auf den Edelfreien Hugold (1148–1162) zurück, der ein Bruder des Bischofs Hermann von Verden und Vogt der Hermannsburg war. Dies ist jedoch nach aktuellem Forschungsstand fraglich und urkundlich ist die Verbindung zu den nachfolgenden Familien nicht nachweisbar. Vermutlich waren Bischof Hermann von Verden und sein Bruder Hugold Edelherren von Ampfurth (siehe Weblink).

Ende des 12. Jahrhunderts trat Eberhard Bere im Gefolge Heinrichs des Löwen und seiner Söhne auf. Auf diesen Eberhard führen alle vier Stämme der zu Beginn des 13. Jahrhunderts urkundlich mit gleichlautendem Namen Bere und Ursus (Urkundenlatein) genannten Familien, sowie dem schwarzen Bären im Wappen, ihren Ursprung zurück.

Dem urkundlich ältesten Stamm der Osnabrücker Bere (später Baer und Bar genannt) von 1204, folgten der Pommern-Gützkower Stamm 1224, der Pommern-Rügensche Stamm 1231 und der Niedersächsisch-Lüneburger Stamm 1259.

Seit 1325 ist ein Familienzweig auf dem niedersächsische Rittergut von Behr in Hoya ansässig.

Die von Behr verbreiteten sich bereits im 13. Jahrhundert nach Pommern-Rügen und Pommern-Gützkow aus und wurden dort einflussreiche Grundbesitzer mit ausgedehnten Ländereien. Die Rügenschen Behr wurden so genannt, weil sich ihre Besitzungen anfänglich im Bereich des festländischen Teils des Fürstentums Rügen befand. Fälschlicherweise wurde dieser Stamm auch mit Mecklenburger bezeichnet, weil große Teile seiner Besitzungen sich von Vorpommern nach Mecklenburg ausdehnten. Im Einschreibebuch des Klosters Dobbertin von 1696–1918 befinden sich 26 Eintragungen von Töchtern der Familien von Behr von 1714–1912 aus Gresse, Gentzkow, Nustrow, Hindenberg, Groß Görnow und Mühlenbeck zur Aufnahme in das adelige Damenstift. Von Töchtern der Familien von Behr-Negendank gab es 10 Eintragungen von 1767–190 aus Semlow und Plennin.

Im 18. Jahrhundert nahm das Geschlecht den Namen von Behr-Negendank an. Die Gützkower Behrs nannten sich so, weil ihre Besitzungen in der damaligen Grafschaft Gützkow, dem späteren Kreis Greifswald lagen.

Lüneburger Stamm

Seit Mitte des 13. Jahrhunderts gehören die von Behr zum Lüneburger Adel, ab 1470 bis heute auf dem Gut Stellichte. Von diesem Stamm ging Dietrich von Behr 1550 nach Kurland. Dort erwarben die Behrs unter anderen 1561 das Gut Schleck (Zlēkas) und erbauten 1653 das Gutshaus Popen (heute Pope im Bezirk Ventspils, Lettland).

Stamm Osnabrück

→ Siehe Hauptartikel: Bar (Adelsgeschlecht)

Stamm Pommern-Gützkow

Für den Stamm Pommern-Gützkow wurde der älteste überlieferte Lehnbrief der Behrs am 28. September 1275 durch Herzog Barnim I. und seinen Sohn Bogislaw IV. ausgestellt, ohne dass in der Urkunde Besitzungen namentlich aufgeführt wurden.

Erst der Lehnbrief von 1491 für Harnid (1), Harnid (2), Heinrich und Gerhard von Behr gesessen zu Müssow, Vargatz und Schlagtow nennt in Gesamthand alle Besitzungen des Geschlechts. Das sind im Einzelnen: Müssow, Vargatz, Schlagtow, Busdorf (später Behrenhoff genannt), Negentin, Kiesow, Stresow, Schmoldow, Bandelin, Dargezin, Strellin, Gnatzkow (später Karlsburg genannt), Schlatkow, Sanz und Karzin(?).

Die Lehnbriefe (Güter und Bede) befanden sich im Original im alten Bandeliner Schloss, sie verbrannten 1928 mit dem Schloss und dem gesamten Inventar. Es blieben nur Kopien und moderne Fotoablichtungen sowie die alten Übersetzungen.

1277 erwarben Heinrich von Behr und dessen Sohn Henning große Besitzungen in der ostpommerschen Herrschaft Bütow, beide waren seinerzeit Marschalle der Pommernherzöge. Sie verloren diese Besitzungen aber um 1326 und wandten sich danach nach Mecklenburg, wo ihre Familie um 1580 ausstarb. Diese Linie gehörte aber zum Stamm Gützkow/Pommern.

Felix von Behr-Bandelin auf Bandelin erhielt vom König in Stralsund am 8. Juni 1865 den Freiherrentitel, dieser war aber nur auf seine Person beschränkt. 1877 erhielten die Behrenhoffer und 1878 die Bandeliner von Behr den Grafentitel, der alte Friedrich von Behr auf Vargatz und Schmoldow lehnte die Standeserhöhung, die für das ganze Geschlecht galt, ab. Deshalb die verschiedenen Wappenvarianten im Kreishaus des Landkreises Greifswald, wo die Wappenfriese der Kreistagsmitglieder (24 Gutsherren u. 3 Städte) angebracht waren. Dabei wurde auf ein Doppelwappen der Behrenhoffer und Bandeliner Grafen verzichtet, weil Carl (Charly) von Behr-Behrenhoff als Landrat nicht direkt Mitglied des Kreistages war.

Als 1933 Carl Friedrich Felix Graf von Behr starb, erbte sein von ihm schon 1929 adoptierter jüngerer Neffe Gerd von Behr (1915–1940) das Gut, aber testamentarisch erhielt seine zweite Ehefrau als Witwe Mechtild Gräfin von Behr geb. von Heyden das lebenslange Nutzungsrecht für Behrenhoff. Gräfin Behr wiederum hatte 1934 dann den älteren Neffen Dr. med. Detloff von Heyden – von Behr adoptiert, der selbst auch ausgebildeter Landwirt war. Gräfin Behr hatte 1936/1937 der Bekennenden Kirche (Gegner von Hitlers Staatskirche) und dem später ermordeten Dietrich Bonhoeffer das Schloss Behrenhoff für Lesungen und Ausbildung von Theologen zur Verfügung gestellt. Sie erregte damit die Aufmerksamkeit und den Unwillen des NS-Staates und wurde 1940 in „Schutzhaft“ genommen.

Stamm Pommern-Rügen

Repräsentanten dieser Familie waren Erbküchenmeister von Pommernherzog Bogislaw XIII. des Fürstentums Rügen und des Landes Barth. Da diese Familie auch größere Besitzungen in Mecklenburg hatte, u. a. Behren-Lübchin und Dölitz bei Gnoien, wird sie fälschlicherweise als Mecklenburger Familienstamm bezeichnet.

Aus dem Stamm Rügen/Pommern mit dem vor 1398 erworbenen Stammsitz Schloss Semlow ging die im Grenzgebiet Pommern – Mecklenburg reich begüterte Familie Behr-Negendank hervor. Im 18. Jahrhundert nahm Karl August von Behr den vereinigten Namen Behr-Negendank an. 1861 erhielt Ulrich von Behr-Negendank aus dem Hause Semlow den preußischen Grafentitel. Zu Semlow gehörten Plennin, Kavelsdorf und Katzenow. Passow gehörte zum Negendank'schen Erbe.

1862 wurde einem Zweig die russische Anerkennung zur Führung des Baronstitels erteilt. Ein im 19. Jahrhundert entstandener und 1953 neu gegründeter Familienverband vereinigt die Stämme der Grafen, Barone und Herren von Behr und Behr-Negendank.

Wappen

Das Geschlecht derer von Behr führt vier Stammwappen.

  • Das Rügen/Pommersche zeigt in Silber einen schreitenden schwarzen Bären mit goldenem Halsband. Auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken der Bär.
  • Das Gützkow/Pommersche zeigt in Silber einen aufgerichteten schwarzen Bären. Auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken zwei abgewendete silberne Schwanenhälse.
  • Das niedersächsische und kurländische zeigt in Silber einen schreitenden schwarzen Bären. Auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken der Bär vor einem natürlichen Pfauenwedel aus sieben, an den Stielen mit roten Pfauenfedern umbändert.
  • Das jüngere Wappen der Osnabrücker von Baer deren Verwandtschaft zu den hier behandelten von Behr nicht gesichert ist, zeigt in Silber einen auf schrägrechts schwarz-silbernem Schach klimmenden schwarzen Bären mit goldenem Halsband. Auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken ein Bündel schwarzer Kerbstöcke.

Die von Behr-Negendank haben ein viergeteiltes Wappen: in eins und vier ist der schreitende Bär des Rügen/Pommerschen Stammes, zwei und drei sind durch eine linke silberne Spitze von Gold und Rot geteilt († 1767 Negendank).

Daneben wurden von den Behr in den Landschaften Lüneburg, Gützkow, Stargard und Rügen auch noch völlig abweichende Wappen geführt, darunter mit Schwanenhälsen im Schild, oder mit zwei aufsteigenden Spitzen und Rosen darin.

Angehörige

Stamm Gützkow

Stamm Rügen

Stamm Lüneburg

  • Burchard Christian von Behr (1714–1771), Oberappellationsgerichtsrat, Minister des Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg und Kurator der Georg-August-Universität Göttingen
  • Ottmar von Behr (1810–1856), deutsch-amerikanischer Farmer und Schafzüchter, Meteorologe und Naturforscher
  • Heinrich Baron von Behr (1902–1983), Linie Kurland, Generalmajor der Wehrmacht und später der Bundeswehr

Weitere Angehörige

Begräbnis- und Gedenkstätten der Familie

Commons: Behr (Adelsgeschlecht) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur

Einzelnachweise

  1. 1 2 Georg Christian Friedrich Lisch: Urkunden und Forschungen zur Geschichte des Geschlechts Behr, Band I bis IV, Schwerin 1861 bis 1863, Band 1, S. 34 (Digitalisat)
  2. Geschichte des Ritterguts Stellichte (Memento vom 26. Juli 2018 im Internet Archive)
  3. dietrich behr, erzbischof christoph, drost, hoya. Abgerufen am 17. April 2022.
  4. Georg Christian Friedrich Lisch: Urkunden und Forschungen zur Geschichte des Geschlechts Behr, Band I bis IV, Schwerin 1861 bis 1863.
  5. PUB 1018. In: Rodgero Prümers (Hrsg.): Pommersches Urkundenbuch. Bd. 2, 1. Abteilung, 1254–1278, Stettin 1881, S. 312.
  6. 1 2 Heinrich Berghaus: Landbuch des Herzogthums Pommern und des Fürstenthums Rügen. IV. Teils II. Band: Greifswalder Kreis. Anklam 1868, S. 46 (Digitalisat).
  7. Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Gräflichen Häuser. Zugleich Adelsmatrikel der Deutschen Adelsgenossenschaft. Teil A. 1942. Teil A. Gräfliche Häuser des spätestens um 1400 nachgewiesenen ritterbürtigen deutschen Landadels und ihm gleichartiger Geschlechter (Deutscher Uradel). In: "Der Gotha" - Hofkalender. 115. Auflage. Behr. B. Bandelin. Justus Perthes, Gotha November 1941, S. 55–56 (google.de [abgerufen am 12. April 2022]).
  8. Hubertus Neuschäffer: Vorpommerns Schlösser und Herrenhäuser. Husum Druck- und Verlagsgesellschaft 1993, S. 31, ISBN 3-88042-636-8
  9. Georg Christian Friedrich Lisch: Urkunden und Forschungen zur Geschichte des Geschlechts Behr, Band I bis IV, Schwerin 1861 bis 1863.
  10. Georg Christian Friedrich Lisch: Urkunden und Forschungen zur Geschichte des Geschlechts Behr, Band I bis IV, Schwerin 1861 bis 1863, Band 1, S. 4, Tafel 1
  11. Urkunden und Forschungen zur Geschichte des Geschlechts Behr, Band 1, In Commission der Stiller`schen Hofbuchhandlung (Didier Otto), Schwerin, 1861. Siegeltafeln I–XI
  12. Carl Julius Milde, Mecklenburgisches Urkundenbuch Bd. 4, 1867, Tafel 30 der Mecklenburgischen Siegel aus dem 12. und 13. Jahrhundert.
  13. Christine Magin, Jürgen Herold, Marion Grether: Die Inschriften auf den Grabplatten im Kloster Dobbertin. In: Kloster Dobbertin, Geschichte - Bauen - Leben. Sammelwerk: Beiträge zur Kunstgeschichte und Denkmalpflege in Mecklenburg-Vorpommern /Band 2, Hrsg. Thomas Dann, Dobbertin, 2012. S. 170–171.
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