Die Beitragsbemessungsgrenze ist eine Rechengröße im deutschen Sozialversicherungsrecht. Sie bestimmt, bis zu welchem Betrag die beitragspflichtigen Einnahmen von gesetzlich Versicherten für die Beitragsberechnung der gesetzlichen Sozialversicherung herangezogen werden. Der Teil der Einnahmen, der die jeweilige Grenze übersteigt, bleibt für die Beitragsberechnung außer Betracht.

Es gibt zwei unterschiedliche Werte: einen für die gesetzliche Renten- und Arbeitslosenversicherung, einen für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung.

Das Überschreiten der Beitragsbemessungsgrenze führt nicht zur Versicherungsfreiheit.

In der österreichischen Sozialversicherung hat die Höchstbeitragsgrundlage eine entsprechende Funktion.

Allgemeines

Der Beitrag zur gesetzlichen Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung wird jeweils in einem Prozentsatz vom sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt bemessen. Übersteigt das Arbeitsentgelt die Beitragsbemessungsgrenze, wird der Versicherungsbeitrag höchstens von diesem Grenzbetrag erhoben. Vom Erreichen der Beitragsbemessungsgrenze an bleiben die absoluten Beiträge zur jeweiligen Versicherung konstant, sodass der prozentuale Anteil am Bruttoeinkommen sinkt.

Jährliche Anpassung

Die Beitragsbemessungsgrenzen werden jährlich von der Bundesregierung durch Rechtsverordnung angepasst, und zwar in dem Verhältnis, in dem die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer im vergangenen zu den entsprechenden Bruttolöhnen und -gehältern im vorvergangenen Kalenderjahr stehen, aufgerundet auf das nächsthöhere Vielfache von 600 €/Jahr bzw. 50 €/Monat. (§ 159 SGB VI)

Im Jahr 2003 wurde die Beitragsbemessungsgrenze für die gesetzliche Rentenversicherung abweichend von dieser Regel einmalig stärker angehoben.

Versicherungsarten

Gesetzliche Rentenversicherung

In der gesetzlichen Rentenversicherung gibt es unterschiedliche Beitragsbemessungsgrenzen für die allgemeine und die knappschaftliche Rentenversicherung. Die frühere Unterscheidung zwischen Arbeiter- und Angestellten-Rentenversicherung hingegen ist weggefallen.

Für das Beitrittsgebiet (in der Tabelle unten als „Ost“ bezeichnet) gilt ab 1990 eine besondere Beitragsbemessungsgrenze, § 228a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 in Verbindung mit Anlage 2a SGB VI; das weitere Bundesgebiet wird mit „West“ bezeichnet (Anlage 2 SGB VI).

Entwicklung der Höhe der Beitragsbemessungsgrenzen in der Gesetzlichen Rentenversicherung

2023 bis 1990
Jahr Allgemeine Rentenversicherung Knappschaftliche Rentenversicherung
monatlich jährlich monatlich jährlich
West Ost West Ost West Ost West Ost
20237.300 €7.100 €87.600 €85.200 €8.950 €8.700 €107.400 €104.400 €
20227.050 €6.750 €84.600 €81.000 €8.650 €8.350 €103.800 €100.200 €
20217.100 €6.700 €85.200 €80.400 €8.700 €8.250 €104.400 €99.000 €
20206.900 €6.450 €82.800 €77.400 €8.450 €7.900 €101.400 €94.800 €
20196.700 €6.150 €80.400 €73.800 €8.200 €7.600 €98.400 €91.200 €
20186.500 €5.800 €78.000 €69.600 €8.000 €7.150 €96.000 €85.800 €
20176.350 €5.700 €76.200 €68.400 €7.850 €7.000 €94.200 €84.000 €
20166.200 €5.400 €74.400 €64.800 €7.650 €6.650 €91.800 €79.800 €
20156.050 €5.200 €72.600 €62.400 €7.450 €6.350 €89.400 €76.200 €
20145.950 €5.000 €71.400 €60.000 €7.300 €6.150 €87.600 €73.800 €
20135.800 €4.900 €69.600 €58.800 €7.100 €6.050 €85.200 €72.600 €
20125.600 €4.800 €67.200 €57.600 €6.900 €5.900 €|rowspan="2" | 70.800 €
20115.500 €66.000 €6.750 €81.000 €
20104.650 €55.800 €6.800 €5.700 €81.600 €68.400 €
20095.400 €4.550 €64.800 €54.600 €6.650 €5.600 €79.800 €67.200 €
20085.300 €4.500 €63.600 €54.000 €6.550 €5.550 €78.600 €66.600 €
20075.250 €4.550 €63.000 €54.600 €6.450 €77.400 €
20064.400 €52.800 €5.400 €64.800 €
20055.200 €62.400 €6.400 €76.800 €
20045.150 €4.350 €61.800 €52.200 €6.350 €5.350 €76.200 €64.200 €
20035.100 €4.250 €61.200 €51.000 €6.250 €5.250 €75.000 €63.000 €
20024.500 3.750 €54.000 €45.000 €5.550 €4.650 €66.600 €55.800 €
20018.700 DM7.300 DM104.400 DM87.600 DM10.700 DM9.000 DM128.400 DM108.000 DM
20008.600 DM7.100 DM103.200 DM85.200 DM10.600 DM8.700 DM127.200 DM104.400 DM
19998.500 DM7.200 DM102.000 DM86.400 DM10.400 DM8.800 DM124.800 DM105.600 DM
19988.400 DM7.000 DM100.800 DM84.000 DM10.300 DM8.600 DM123.600 DM103.200 DM
19978.200 DM7.100 DM98.400 DM85.200 DM10.100 DM8.700 DM121.200 DM104.400 DM
19968.000 DM6.800 DM96.000 DM81.600 DM9.800 DM8.400 DM117.600 DM100.800 DM
19957.800 DM6.400 DM93.600 DM76.800 DM9.600 DM7.800 DM115.200 DM93.600 DM
19947.600 DM5.900 DM91.200 DM70.800 DM9.400 DM7.300 DM112.800 DM87.600 DM
19937.200 DM5.300 DM86.400 DM63.600 DM8.900 DM6.600 DM106.800 DM78.000 DM
19926.800 DM4.800 DM81.600 DM57.600 DM8.400 DM4.800 DM100.800 DM57.600 DM
1991 2. Hj.6.500 DM3.400 DM78.000 DM40.800 DM8.000 DM3.400 DM96.000 DM40.800 DM
1991 1. Hj.3.000 DM36.000 DM3.000 DM36.000 DM
1990 2. Hj.6.300 DM2.700 DM75.600 DM32.400 DM7.800 DM2.700 DM93.600 DM32.400 DM
1990 1. Hj.


in den Jahren 1959–1989
Jahr Allgemeine Rentenversicherung Knappschaftliche Rentenversicherung
monatlich jährlich monatlich jährlich
West Ost West Ost West Ost West Ost
1959 DM9.600 DM1.000 DM12.000 DM
1960850 DM10.200 DM
1961900 DM10.800 DM1.100 DM13.200 DM
1962950 DM11.400 DM
19631.000 DM12.000 DM1.200 DM14.400 DM
19641.100 DM13.200 DM1.400 DM16.800 DM
19651.200 DM14.400 DM1.500 DM18.000 DM
19661.300 DM15.600 DM1.600 DM19.200 DM
19671.400 DM16.800 DM1.700 DM20.400 DM
19681.600 DM19.200 DM1.900 DM22.800 DM
19691.700 DM20.400 DM2.000 DM24.000 DM
19701.800 DM21.600 DM2.100 DM25.200 DM
19711.900 DM22.800 DM2.300 DM27.600 DM
19722.100 DM25.200 DM2.500 DM30.000 DM
19732.300 DM27.600 DM2.800 DM33.600 DM
19742.500 DM30.000 DM3.100 DM37.200 DM
19752.800 DM33.600 DM3.400 DM40.800 DM
19763.100 DM37.200 DM3.800 DM45.600 DM
19773.400 DM40.800 DM4.200 DM50.400 DM
19783.700 DM44.400 DM4.600 DM55.200 DM
19794.000 DM48.000 DM4.800 DM57.600 DM
19804.200 DM50.400 DM5.100 DM61.200 DM
19814.400 DM52.800 DM5.400 DM64.800 DM
19824.700 DM56.400 DM5.800 DM69.600 DM
19835.000 DM60.000 DM6.100 DM73.200 DM
19845.200 DM62.400 DM6.400 DM76.800 DM
19855.400 DM64.800 DM6.700 DM80.400 DM
19865.600 DM67.200 DM6.900 DM82.800 DM
19875.700 DM68.400 DM7.100 DM85.200 DM
19886.000 DM72.000 DM7.300 DM87.600 DM
19896.100 DM73.200 DM7.500 DM90.000 DM

Gesetzliche Arbeitslosenversicherung

Die Beitragsbemessungsgrenzen in der Arbeitslosenversicherung entsprechen denen der allgemeinen Rentenversicherung (§ 341 Abs. 4 SGB III).

Gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung

Die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung entspricht nach § 223 Abs. 3 SGB V bzw. § 55 Abs. 2 SGB XI in ihrer Höhe der besonderen Jahresarbeitsentgeltgrenze, die in § 6 Abs. 7 SGB V geregelt ist. Während diese Beitragsbemessungsgrenze bestimmt, bis zu welcher Höhe die Einnahmen des Versicherten beitragspflichtig sind, ist die Versicherungspflichtgrenze maßgeblich für die Frage, bis zu welcher Höhe des Arbeitsentgelts Arbeitnehmer pflichtversichert sind, dies ist die allgemeine Jahresarbeitsentgeltgrenze.

Bei der Jahresarbeitsentgeltgrenze wird unterschieden zwischen

  • Allgemeine Jahresarbeitsentgeltgrenze nach § 6 Abs. 6 SGB V: Diese gilt für alle Arbeiter und Angestellten, die sich seit dem 1. Januar 2003 neu privat krankenversichert haben. Sie ist höher als die Besondere Jahresarbeitsentgeltgrenze.
  • Besondere Jahresarbeitsentgeltgrenze nach § 6 Abs. 7 SGB V: Diese gilt (als Versicherungspflichtgrenze) nur für Arbeiter und Angestellte, die bereits am 31. Dezember 2002 privat krankenversichert waren. Von ihr wird (für alle Beschäftigten) die Beitragsbemessungsgrenze für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung abgeleitet.

Vor 2003 gab es dieser Unterscheidung nicht, bis 2002 einschließlich waren beide Grenzen identisch:

Entwicklung der Höhe der Beitragsbemessungsgrenze und Versicherungspflichtgrenze in der Kranken- und Pflegeversicherung

in den Jahren 1960–1999 
Jahr monatlich jährlich Veränderung
ggü. Vorjahr
1960637,50 DM7.650 DM
1961675,00 DM8.100 DM+ 5,88 %
1962712,50 DM8.550 DM+ 5,56 %
1963750,00 DM9.000 DM+ 5,26 %
1964825,00 DM9.900 DM+10,00 %
1965900,00 DM10.800 DM+ 9,09 %
1966975,00 DM11.700 DM+ 8,33 %
19671.050,00 DM12.600 DM+ 7,69 %
19681.200,00 DM14.400 DM+14,29 %
19691.275,00 DM15.300 DM+ 6,25 %
19701.350,00 DM16.200 DM+ 5,88 %
19711.425,00 DM17.100 DM+ 5,56 %
19721.575,00 DM18.900 DM+10,53 %
19731.725,00 DM20.700 DM+ 9,52 %
19741.875,00 DM22.500 DM+ 8,70 %
19752.100,00 DM25.200 DM+12,00 %
19762.325,00 DM27.900 DM+10,71 %
19772.550,00 DM30.600 DM+ 9,68 %
19782.775,00 DM33.300 DM+ 8,82 %
19793.000,00 DM36.000 DM+ 8,11 %
19803.150,00 DM37.800 DM+ 5,00 %
19813.300,00 DM39.600 DM+ 4,76 %
19823.525,00 DM42.300 DM+ 6,82 %
19833.750,00 DM45.000 DM+ 6,38 %
19843.900,00 DM46.800 DM+ 4,00 %
19854.050,00 DM48.600 DM+ 3,85 %
19864.200,00 DM50.400 DM+ 3,70 %
19874.275,00 DM51.300 DM+ 1,79 %
19884.500,00 DM54.000 DM+ 5,26 %
19894.575,00 DM54.900 DM+ 1,67 %
19904.725,00 DM56.700 DM+ 3,28 %
19914.875,00 DM58.500 DM+ 3,17 %
19925.100,00 DM61.200 DM+ 4,62 %
19935.400,00 DM64.800 DM+ 5,88 %
19945.700,00 DM68.400 DM+ 5,56 %
19955.850,00 DM70.200 DM+ 2,63 %
19966.000,00 DM72.000 DM+ 2,56 %
19976.150,00 DM73.800 DM+ 2,50 %
19986.300,00 DM75.600 DM+ 2,44 %
19996.375,00 DM76.500 DM+ 1,19 %

Für die Entwicklung ab dem Jahr 2000 siehe Jahresarbeitsentgeltgrenze.

Steuerliche Auswirkungen

Seit 2004 ist die steuerliche Vorsorgepauschale unter anderem wieder von der Höhe der Beitragsbemessungsgrenze abhängig.

Hintergrund

Eine Umverteilung zwischen gering und besser verdienenden Arbeitnehmern war bei der Konzeption der Sozialversicherungen nicht geplant, weshalb die Höhe der eingezahlten Beiträge etwa in der Rentenversicherung die Höhe der ausgezahlten Leistungen bestimmte. Dies galt ursprünglich auch für die Krankenkassen, deren Ausgaben ursprünglich zu fast 95 Prozent für die Auszahlung des (vom Einzahlungsbetrag abhängigen) Krankengeldes aufgewandt wurden. Bei Personen mit einem Einkommen über der Beitragsbemessungsgrenze wurde unterstellt, dass diese keinen oder zumindest keinen über diesen Beitrag hinausgehenden Schutz durch die Sozialkassen benötigen.

Kritik

Bei den Krankenversicherungen wird kritisiert, dass bei fast gleichen Leistungen vom Arbeitseinkommen abhängige Beiträge erhoben werden (Ausnahme: Krankengeld). Daher wird teilweise für durchschnittsrisikoäquivalente Beiträge (Pauschalen, abwertend auch „Kopfprämie“ genannt) plädiert.

Die Beitragsbemessungsgrenze bewirkt eine unterschiedliche finanzielle Belastung von Familien je nach Aufteilung der Erwerbsarbeit: So zahlen Ehepartner bei gleichem Familieneinkommen, sofern es über der Bemessungsgrenze liegt, in Ein- und in Zweiverdienerehen unterschiedlich hohe Beiträge, da die insgesamt fälligen Beiträge von der Verteilung des Einkommens auf die Ehepartner abhängen. Allgemeiner werden aufgrund der Beitragsbemessungsgrenze Ehepaare mit ungleich hohem Einkommen, sofern ein Einkommen über und das andere unter der Beitragsbemessungsgrenze liegt, gegenüber Ehepaaren mit zwei gleich hohen Einkommen begünstigt.

Die ehemalige Familienministerin Renate Schmidt forderte 2016 gemeinsam mit Autorin Helma Sick, die Beitragsbemessungsgrenze ganz abzuschaffen oder zumindest zu verdoppeln und das dadurch zusätzlich eingenommene Geld in die Familienpolitik zu investieren.

Siehe auch

Wiktionary: Beitragsbemessungsgrenze – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Beitragssatzsicherungsgesetz vom 23. Dezember 2002
  2. §§ 3 und 4 Abs. 2 der Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2023
  3. §§ 3 und 4 Abs. 2 der Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2022
  4. §§ 3 und 4 Abs. 2 der Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2021
  5. §§ 3 und 4 Abs. 2 der Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2020
  6. §§ 3 und 4 Abs. 2 der Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2019
  7. §§ 3 und 4 Abs. 2 der Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2018
  8. §§ 3 und 4 Abs. 2 der Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2017
  9. §§ 3 und 4 Abs. 2 der Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2016
  10. §§ 3 und 4 Abs. 2 der Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2015
  11. Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft (HdWW), Band 3, Willi Albers (Hrsg.), 1981, ISBN 3-525-10258-5, S. 331
  12. Friedrich Breyer, Peter Zweifel, Mathias Kifmann: Gesundheitsökonomik. Springer-Verlag, 2012, ISBN 978-3-642-30894-9. S. 236.
  13. Lesung mit Bundesfamilienministerin a. D.: Ein Mann ist keine Altersvorsorge. (Nicht mehr online verfügbar.) wochenblatt.de, 11. November 2016, archiviert vom Original am 18. November 2016; abgerufen am 17. November 2016.

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