Benelux-Union

Logo der Benelux-Union

Inoffizielle Flagge der Benelux-Union

Lage der Benelux-Union (grün)
Französische Bezeichnung Union Benelux
Niederländische Bezeichnung Benelux Unie
Sitz der Organe Brüssel, Belgien (Generalsekretariat)
Generalsekretär Jan P. R. M. van Laarhoven (Niederlande),
Luc Willems (Stellvertreter; Belgien),
Alain de Muyser (Stellvertreter; Luxemburg)
Mitgliedstaaten 3:

Belgien Belgien,
Niederlande Niederlande,
Luxemburg Luxemburg

Amts- und Arbeitssprachen

Französisch, Niederländisch Luxemburgisch

Fläche 74.654 km²
Einwohnerzahl 28.478.256 (1. Januar 2013)
Bevölkerungsdichte 382 Einwohner pro km²
Bruttoinlandsprodukt 1.387 Mrd. EUR
Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner 48.666 EUR
Gründung * 3. Februar 1958, in Kraft 1. November 1960 (Benelux-Vertrag)
  • 17. Juni 2008, in Kraft 1. Januar 2012 (Umbenennung in Benelux-Union; Neuauflage des Benelux-Vertrags)
Währungen

Euro

Zeitzone UTC+1 MEZ
UTC+2 MESZ (März bis Oktober)
www.benelux.int

Die Benelux-Union, kurz die Benelux (ehemals Benelux-Wirtschaftsunion, auch Beneluxländer oder Beneluxstaaten), besteht aus Belgien, den Niederlanden (Nederland) und Luxemburg.

1944 wurde eine Zollunion zwischen den Ländern vereinbart, die mit dem Inkrafttreten des Benelux-Vertrags 1960 weitgehend in die Tat umgesetzt wurde. Die europäische Einigung machte die Vereinbarungen zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwar weitgehend hinfällig, weiterhin bedeutend sind hingegen Aspekte der politischen Zusammenarbeit zwischen den drei Staaten. Die Union erneuerte sich 2008 mit einem neuen Abkommen und verkürzte ihren Namen auf Benelux-Union statt Benelux-Wirtschaftsunion, um ihren neuen Schwerpunkt zu verdeutlichen.

Organe der Benelux-Union

Das Ministerkomitee, das aus den drei Außenministern gebildet wird, ist das höchste Organ der Benelux-Union.

Weitere Organe sind:

  • der Benelux-Rat,
  • der Beratende Interparlamentarische Beneluxrat (mit je 21 belgischen und niederländischen sowie 7 luxemburgischen Abgeordneten),
  • das Generalsekretariat in Brüssel,
  • der Benelux-Gerichtshof (mit Vertrag vom 31. März 1965 errichtet).

Geschichte

Frühe Vorgeschichte

Geschichte der Benelux-Staaten
Fränkisches Reich
≈500–843
Mittelreich (Lotharii Regnum)
843–855
Lotharingien
855–977
verschiedene adlige Besitztümer
977–1384

Hochstift Lüttich
985–1795

Burgundische Niederlande
(Haus Burgund)

1384–1477

Burgundische Niederlande
(Haus Habsburg)

1477–1556

Spanische Niederlande
1556–1581

Republik der Vereinigten Niederlande
1579/1581–1795
Spanische Niederlande
1581–1713

Österreichische Niederlande
1713–1795

Batavische Republik
1795–1806

Frankreich (Erste Republik)
1795–1805

Königreich Holland
1806–1810

Französisches Kaiserreich (Erstes Kaiserreich)
1805–1815

Vereinigtes Königreich der Niederlande
(Haus Oranien-Nassau)
1815–1830


Großherzogtum Luxemburg
(Haus Oranien-Nassau)
1815–1890

Königreich der Niederlande
(Haus Oranien-Nassau)
ab 1830

Königreich Belgien
(Haus Sachsen-Coburg und Gotha)
ab 1830

Großherzogtum Luxemburg
(Haus Nassau-Weilburg)
ab 1890

Der Raum, der später staatlich gesehen das Benelux-Gebiet umfasst, wird im Niederländischen de Lage Landen genannt, auf Englisch Low Countries im Unterschied zum heutigen Staat der Niederlande, der als Nederland beziehungsweise The Netherlands bezeichnet wird. Diese „niederen Lande“ sind durch das Rhein-Maas-Delta-Gebiet geprägt, als kulturell-historischer Raum können sie auch ein wenig über heutige staatliche Grenzen hinausreichen, etwa in das Département Nord. Geschichtlich treten die „niederen Lande“ im Mittelalter als der nördliche Teil des Mittelreiches in Erscheinung, später als Herzogtum Niederlothringen fassbar, das aber keinen langen Bestand hat. Die weitere Entwicklung ist auf der Zeitleiste an der rechten Seite zu verfolgen.

Im 19. und 20. Jahrhundert

Die drei Länder waren von 1815 bis 1830 unter der Krone des niederländischen Königs vereint, bis Belgien unabhängig wurde. Bis 1890 war der niederländische König auch Großherzog Luxemburgs.

Vorläufer des Benelux-Vertrages waren die am 25. Juli 1921 zwischen Luxemburg und Belgien geschlossene Wirtschaftsunion (UEBL) mitsamt Währungsunion. 1930 gab es dann in Oslo eine Konferenz, auf der die Niederlande und die skandinavischen Staaten ihre gegenseitige Absicht kundtaten, einander bezüglich ihrer Handelspolitik zu informieren. In diesem Geiste unterzeichneten 1932 die Niederlande zusammen mit Belgien und Luxemburg die Konvention von Quichy, die die Senkung von Handelstarifen anstrebte. Beide Übereinkünfte erlangten keine große praktische Bedeutung.

Gründung 1944/1948

Im Zweiten Weltkrieg regte die Exilregierung von Belgien eine weitere Zusammenarbeit von „Benelux“ an, doch der niederländische Außenminister Van Kleffens war zurückhaltend. Er und seine Kabinettskollegen orientierten sich außenwirtschaftlich mehr auf die atlantische Zusammenarbeit (d. h. mit dem Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten) und Handelsliberalisierung. Dieser Standpunkt änderte sich aufgrund personeller Veränderungen im Kabinett im Sommer 1943, und im Oktober 1943 unterzeichneten die drei Exilregierungen in London eine Übereinkunft, die sich einen freien Valutaverkehr zwischen Belgien, den Niederlanden und Luxemburg zum Ziel machte. Am 5. September 1944 beschlossen die Exilregierungen die Gründung der Benelux-Zollunion.

Am 1. Januar 1948 trat der gemeinsame, ziemlich niedrige Außenhandelstarif in Kraft, was die finanzielle Situation der Niederlande nicht verbesserte. Der Beschluss vom Juni 1948, die Benelux-Währungen vollständig konvertibel zu machen, störte den Handel. Das Währungsproblem wurde erst 1950 im Rahmen der Europäischen Zahlungsunion gelöst.

Benelux-Vertrag von 1958

Der Benelux-Vertrag wurde am 3. Februar 1958 von Belgien, den Niederlanden und Luxemburg unterzeichnet. Darin wurde die Errichtung einer Wirtschaftsunion vereinbart, die alle drei Länder umfassen sollte. Für die Dauer von 50 Jahren wurde gegenseitiger freier Austausch von Gütern, Arbeitskräften, Dienstleistungen und Kapital vereinbart. Der Staatsvertrag trat am 1. November 1960 in Kraft. Damit gab es praktisch keine Handelsbeschränkungen mehr zwischen den drei Staaten. 1969 folgte das Protokoll zur Beseitigung von Kontrollen und Formalitäten an den Binnengrenzen sowie von Behinderungen des freien Verkehrs sowie die Konvention über die Vereinheitlichung des Zollgebiets Benelux.

Weitere Entwicklung

Die Beneluxländer sind Mitglieder der Europäischen Union sowie der Eurozone, so dass die wirtschaftliche Bedeutung, nicht aber die politische Bedeutung des Benelux-Vertrags heute eher gering ist. Das Kollegium des Generalsekretariats verfügt seit 1975 über das Initiativrecht für den Erlass von Direktiven. Mit Admiral Benelux gibt es seit 1996 eine weitreichende militärische Zusammenarbeit der Staaten. 2004 wurde ein weiterer Vertrag unterzeichnet, der Maßnahmen gegen grenzüberschreitende Kriminalität umfasst. Polizisten aus den Beneluxländern können ohne Zustimmung der anderen Länder deren Staatsgebiet im Dienst betreten. Dies geht noch weiter als das Schengener Durchführungsübereinkommen von 1990.

Im Juni 2007 wurde offiziell, dass sich die Benelux-Staaten als politische Einheit für die Fußball-Weltmeisterschaft 2018 bewerben, den Zuschlag erhielt schlussendlich aber Russland.

Im Jahr 2008 wurde eine unbefristete Neufassung des 2010 auslaufenden Vertrags unterschrieben. Der neue Vertrag sieht eine engere Kooperation mit Nordrhein-Westfalen, Französisch-Flandern und Champagne-Ardenne vor. In dem Vertrag werden wirtschaftliche Zusammenarbeit, nachhaltige Entwicklung, Justizkooperation und die Angleichung der Innenpolitik behandelt. Außerdem wird mit dem Vertrag der Name der Benelux-Wirtschaftsunion zu Benelux-Union verkürzt. Die Neufassung trat am 1. Januar 2012 in Kraft.

Bedeutung von Benelux für die Einigung Europas

Duco Hellema zweifelt an dem Bild, dass die Benelux-Verträge aus dem Geist des europäischen Gedanken stammten, wie der Krieg ihn gefördert habe, und die Benelux-Verträge ein Schritt in diese Richtung sei, ein Experimentierfeld für die spätere Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG). Die Verträge gingen weiterhin vom Status der Niederlande und Belgiens als Kolonialmächte aus; inhaltlich blieben die Übereinkünfte vage und banden die drei Staaten kaum konkret.

Ein niederländischer hoher Beamter nannte Benelux ein „Reklameprojekt“, womit man sich erfolgreich für Marshallplan-Hilfen bewarb; J.J.C. Voorhoeve meint, durch Benelux habe sich der Gedanke der wirtschaftlichen Integration über Westeuropa verbreitet, und wichtige Lektionen für die spätere europäische Integration seien gelernt worden. Skeptischer war der Historiker A.J. Boekestijn, der darauf verwies, dass die nationalen Interessen immer im Vordergrund standen.

In der Nachkriegszeit hatte „Benelux“ den diplomatischen Nutzen, gemeinsam international stärker auftreten zu können, sowohl beim Marshallplan als auch beim Brüsseler Pakt und nicht zuletzt gegenüber Deutschland. Die wirtschaftliche Not zwang Benelux dazu, statt nach Schadensersatz und Genugtuung nach größerer wirtschaftlicher Zusammenarbeit mit Deutschland zu streben. Im November 1947 wurde gemeinsam auf die Wichtigkeit hingewiesen, dass die deutsche Wirtschaft wiederaufgebaut werde und die Handelsbeziehungen liberalisiert würden, bei gleichzeitiger Kontrolle und dauernder Besetzung Deutschlands. Im Februar 1948 kam es zur Londoner Sechsmächtekonferenz, unter Einschluss der drei Benelux-Länder. Nun wurde eine Teilung Deutschlands und der Aufbau eines westdeutschen Staates für unvermeidlich angesehen; aus wirtschaftlicher Sicht war das für Benelux ein durchaus positives Signal.

Doch die Niederlande und Belgien hatten unterschiedliche Ausgangspositionen. Die Niederlande waren arm an Rohstoffen und in den Indonesischen Unabhängigkeitskrieg (1945–1949) verwickelt. Das Land stand auch finanziell „mit leeren Händen“ da, wie Hellema schreibt. Belgien hingegen war industrialisierter als die Niederlande und konnte mit seiner Kohlegewinnung Valuta einfahren. Die Zahlungsbilanz zwischen den beiden Ländern kippte, und Belgien wurde zum großen Kreditgeber für die Niederlande. Die Niederlande mussten befürchten, dass eine Ausführung der Benelux-Bestimmungen diesen Zustand noch verschlimmern würde. Gleichzeitig näherte Belgien sich wieder Frankreich an.

Ein gemeinsamer Plan der Benelux für eine stärkere europäische Integration (Frühjahr 1955) wurde im Juni 1955 auf der Konferenz von Messina durch die übrigen Mitglieder der EGKS akzeptiert. Die Messina-Verhandlungen führten schließlich im März 1957 zur Unterzeichnung der Römischen Verträge.

Literatur

  • Albert Bleckmann: Die Benelux-Wirtschaftsunion. In: ZaöRV 22, 1962, S. 239–295.
  • Duco Hellema: Neutraliteit & Vrijhandel. De geschiedenis van den Nederlandse buitenlandse betrekkingen. Spectrum, Utrecht 2001.
Commons: Benelux – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikivoyage: Benelux – Reiseführer
Wiktionary: Benelux – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Gelegentlich geschrieben als Bénélux
  2. 1 2 3 4 Benelux Chiffres-clés et Tendances 2014. (PDF; 10,3 MB) Secrétariat général de l’Union Benelux (Generalsekretariat der Benelux-Union), abgerufen am 24. März 2015 (französisch).
  3. 1 2 3 4 5 6 Benelux Unie Verdrag. (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom Original am 10. März 2014; abgerufen am 9. September 2013 (niederländisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  4. Deutschlandfunk: Freier Handel gegen die Rezession, 20. Juni 2007.
  5. Siehe: Duco Hellema: Neutraliteit & Vrijhandel. De geschiedenis van den Nederlandse buitenlandse betrekkingen. Spectrum, Utrecht 2001, S. 87/88.
  6. 1 2 Duco Hellema: Neutraliteit & Vrijhandel. De geschiedenis van den Nederlandse buitenlandse betrekkingen. Spectrum, Utrecht 2001, S. 117.
  7. Duco Hellema: Neutraliteit & Vrijhandel. De geschiedenis van den Nederlandse buitenlandse betrekkingen. Spectrum, Utrecht 2001, S. 132.
  8. Duco Hellema: Neutraliteit & Vrijhandel. De geschiedenis van den Nederlandse buitenlandse betrekkingen. Spectrum, Utrecht 2001, S. 160/161.
  9. Benelux countries launch 2018 World Cup bid (Memento des Originals vom 7. Dezember 2008 im Internet Archive) In: ESPN, 27. Juni 2007. Abgerufen am 29. Oktober 2007. 
  10. kicker.de: Nur zwei Stimmen für England, 2. Dezember 2010
  11. Nach Duco Hellema: Neutraliteit & Vrijhandel. De geschiedenis van den Nederlandse buitenlandse betrekkingen. Spectrum, Utrecht 2001, S. 161.
  12. Duco Hellema: Neutraliteit & Vrijhandel. De geschiedenis van den Nederlandse buitenlandse betrekkingen. Spectrum, Utrecht 2001, S. 129/130.
  13. Duco Hellema: Neutraliteit & Vrijhandel. De geschiedenis van den Nederlandse buitenlandse betrekkingen. Spectrum, Utrecht 2001, S. 130/131.
  14. Duco Hellema: Neutraliteit & Vrijhandel. De geschiedenis van den Nederlandse buitenlandse betrekkingen. Spectrum, Utrecht 2001, S. 131/132.
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