Alexander Bernhard Dräger (* 14. Juni 1870 auf der Howe im Kirchspiel Kirchwerder; † 12. Januar 1928 in Lübeck) war ein deutscher Ingenieur und Fabrikant. Er entwickelte den ersten Narkose-Automaten der Welt sowie tragbare Atemgeräte und war ein wichtiger Unternehmer für das Drägerwerk.

Leben und Wirken

Bernhard Dräger war ein Sohn von Johann Heinrich Dräger und dessen Ehefrau Emma, geborene Puls. Er verbrachte die Kindheit in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen in Kirchwerder. 1881 zog die Familie nach Bergedorf, wo der Vater ein Geschäft für Uhren, Nähmaschinen und sonstige technische Geräte gegründet hatte. In Bergedorf besuchte er die Hansaschule und zog mit seinen Eltern 1886 nach Lübeck. Auf dem Katharineum zu Lübeck erhielt er 1888 die Obersekundareife.

Nach der Schule volontierte Dräger bis Ostern 1889 in der Reparaturwerkstatt der Lübeck-Büchener Eisenbahn. Nachdem sein Vater im selben Jahr gemeinsam mit dem Kapitalgeber Carl Adolf Gerling ein Unternehmen gegründet hatte, wechselte Dräger zu dieser Firma. Der Laden bot Handelswaren aller Art an und verfügte über eine kleine Reparaturwerkstatt. Die Unternehmer vertrieben auch sogenannte „Bierdruckautomaten“. Diese dienten dem Ausschank von Fassbier unter Verwendung von Kohlensäure und verfügten über ein Ventil zur Reduzierung des Drucks. Aufgrund der ungenügenden Qualität diese Ventils konstruierten Vater und Sohn Dräger ein eigenes Bauteil. 1889 erhielten sie hierfür ein Patent. Sie produzierten dieses „Lubeca-Ventil“ in ihrer eigenen Werkstatt und erreichten damit den Durchbruch für die professionelle Verwendung komprimierter Gase.

1890 starb der Teilhaber Gerling. Das Unternehmen der Drägers firmierte seither als „Lübecker Bierdruckapparate- und Armaturenfabrik Heinrich Dräger“. Bernhard Dräger wurde im Mai 1893 zum Prokuristen ernannt. Im selben Jahr besuchte er für zwei Semester die Technische Hochschule Charlottenburg und hospitierte bei Franz Reuleaux. Dabei belegte er die Studienfächer Kinematik, Maschinenelement- und Werkzeugkunde. Danach organisierte er die Entwicklungsarbeit der eigenen Firma grundlegend neu und entwickelte sich zu deren wichtigsten Ingenieur und Erfinder.

Zusammen mit seinem Vater sowie den Brüdern Rudolf und Heinrich Thiel gründete er 1895, die Firma Dräger produzierte zu dieser Zeit noch hauptsächlich Bierdruckapparate, die „Deutsche Bierfaß-Automat Gesellschaft“. Ebenfalls wurde er in jenem Jahr offizieller Mitinhaber der schnell wachsenden Familienfirma. Am 14. August 1897 heiratete er Elfriede Charlotte Margarete Stange (16. Juli 1876 in Kirchwerder; † 14. Mai 1959 in Lübeck). Seine Ehefrau war die Tochter des Arztes Otto Stange aus Bergedorf und der Pauline Sonder. Das Ehepaar bekam eine Tochter und zwei Söhne, darunter Heinrich Dräger. Im selben Jahr baute Dräger ein Wohnhaus am Firmensitz in der Moislinger Allee. Dieses erhielt nach seiner Ehefrau die Bezeichnung „Villa Elfriede“. Der Maler Walter Gräfenhahn wurde durch die Heirat sein Schwager, wie auch der Architekt Carl Mühlenpfordt durch die Ehe mit seiner Schwester Anna Dräger.

Das Unternehmen der Drägers hatte Erfolg, da es gelang, von der bislang praktizierten Technik des Bierzapfens mittels Umgebungsluft hin zur Verwendung von in Flaschen vorkomprimierter Kohlensäure zu wechseln. 1896 entwickelte Bernhard Dräger einen Gebläsebrenner (Druck- und Saugdüse), der das Injektorprinzip verwendete und gemeinsam mit dem Ventil zur Druckreduzierung die technische Basis für weitere Geräte der Drägers darstellte. 1899 folgte ein Oxygen-Automat, der gefahrlos und exakt reguliert Sauerstoff aus einer Hochdruckflasche abgab. Darauf basierend konnte das Unternehmen weitere Geräte für Atemschutz, Taucherei, Luftfahrt, Medizin- und Autogentechnik entwickeln.

1901 entwickelte Dräger ein Inhalationsgerät, mit dem reiner Sauerstoff bei medizinischen Anwendungen und bei der Wiederbelebung eingesetzt werden konnte. Hinzu kam ein tragbares Sauerstoff-Rettungsgerät, das Atmen und Arbeiten in giftigen Gasen ermöglichte, hinzu. Das Gerät hatte sehr großen Erfolg und fand weltweit Kunden. 1902/1903 kam ein gemeinsam mit Otto Roth konzipierter erster Narkose-Automat hinzu. Dieser Roth-Drägersche Mischnarkoseapparat zur Durchführung von Äther- und Chloroformnarkosen erfuhr etwa durch Bernhard Krönig im Jahr 1904 technische Verbesserungen. In den Folgejahren entstanden zahlreiche weitere tragbare Atemgeräte. Aus dem Drägerwerk wurde ein international führendes Spezialunternehmen. 1907 eröffnete Bernhard Dräger eine Niederlassung in New York.

Während des Ersten Weltkriegs beschränkte sich Dräger in der Entwicklung auf den Atemschutz. Aufgrund vieler Aufträge des Staates für die Ausrüstung des Heeres mit Gasmasken und Atemschutzgeräten im Rahmen des Gaskrieges wurde die bis dahin größtenteils manuelle Produktion auf eine Massenproduktion mit weitreichender Maschinisierung ersetzt. Aus dem Felde schrieb der Kriegsfreiwillige und spätere Panzergeneral Karl Mauss am 16. August 1915 an seinen Schulkameraden Heinrich, Sohn von Bernhard Dräger, dass bereits alle Offiziere deren Dräger-Tübben hätten und man den Selbstretter in jedem Graben fände. Arbeiteten hier vor dem Krieg noch 300 Personen, waren es zum Zeitpunkt der Novemberrevolution 2000.

Das Kriegsende bedeutete für das Drägerwerk starke Auftragsrückgänge und schlechtere Verkaufsmöglichkeiten im Ausland. In der Sanitätsabteilung konnten die Arbeiterinnen, die zuvor Gasmasken gefertigt hatten, nur weiter beschäftigt werden, da Drägers Ehefrau eine Textilabteilung einführte. Das Lübecker Wohlfahrtsamt reichte diese Waren an die Einwohner weiter. Dennoch ging die Anzahl der Beschäftigten im Jahr 1920 auf 200 Personen zurück. Aufgrund von Inflation ruhte der Geschäftsbetrieb zwischenzeitlich.

Nach Kriegsende konnte Bernhard Dräger seine Entwicklungstätigkeiten wieder ausweiten. Er arbeitete an lungenautomatischen Bergbaugeräten, die im Bereich der Grubenrettung und der Feuerwehr zum Einsatz kamen und neue Standards in der Grubenrettung setzten. 1922 und 1924 kamen Geräte für die Höhenatmungstechnik und ein frei tragbarer Höhen-Sauerstoffapparat hinzu. In seinem Todesjahr erschien ein Narkoseapparat, der erstmals mit Lachgas arbeitete.

Dräger besaß seit 1917 eine repräsentative Villa nahe der Fabrik. Seit 1918 gehörte ihm das Gut Nütschau bei Bad Oldesloe, in dem er jedoch nicht dauerhaft wohnte. Er gehörte mehreren Vereinen und Verbänden an und war eine führende Persönlichkeit in der Lübecker Handelskammer und im Bund der Arbeitgeber. Er gehörte auch dem Verein Deutscher Ingenieure (VDI) und dem Hamburger Bezirksverein des VDI an.

Am 16. Januar 1928 hielt Wilhelm Mildenstein, Hauptpastor der Luthergemeinde, für den Vorsitzenden des Kirchgenvorstands seiner Gemeinde in der Marienkirche den Trauergottesdienst ab.

Persönlichkeit

Dräger arbeitete als Ingenieur stets in dem Bewusstsein, Verantwortung für die Menschen zu tragen, die seine Geräte einsetzten. Er galt als selbstkritischer Perfektionist und stellte die technische Optimierung der Produkte oftmals vor wirtschaftliche Betrachtungen. Das Interieur seiner Produktionsstätten war hinsichtlich Technik, Organisation und Hygiene vorbildlich. Im Jahr 1904 entlohnte das Unternehmen die Beschäftigten erstmals mit einem durchdachten Prämiensystem. Sie konnten somit am Unternehmenserfolg partizipieren. Außerdem richtete er einen Arbeiterausschuss ein, der innere Angelegenheiten der Fabriken mitdiskutieren durfte.

Ehrungen

Die Technische Hochschule Charlottenburg ernannte Dräger 1916 zum Dr.-Ing. h. c.

Literatur

  • Michael Kamp: Bernhard Dräger: Erfinder, Unternehmer, Bürger. 1870 bis 1928. Wachholtz Verlag, 2017, ISBN 978-3-52906-369-5.
  • Alken Bruns: Dräger, Bernhard. In: Biographisches Lexikon für Schleswig-Holstein und Lübeck. Band 13. Wachholtz Verlag, Neumünster 2011, S. 125–129.
  • Franz Hollmann: Dräger, Bernhard. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 4, Duncker & Humblot, Berlin 1959, ISBN 3-428-00185-0, S. 95 f. (Digitalisat).
  • Berndt, Rolf: Rezension zur Bernhard Dräger-Biografie Bernhard Dräger: Erfinder, Unternehmer, Bürger. 1870 bis 1928. In: TauchHistorie. Zeitschrift der Historischen Tauchergesellschaft e.V. 09/2018, S. 77.

Einzelnachweise

  1. 1 2 Alken Bruns: Dräger, Bernhard. In: Biographisches Lexikon für Schleswig-Holstein und Lübeck. Band 13. Wachholtz Verlag, Neumünster 2011, S. 125.
  2. 1 2 3 4 Alken Bruns: Dräger, Bernhard. In: Biographisches Lexikon für Schleswig-Holstein und Lübeck. Band 13. Wachholtz Verlag, Neumünster 2011, S. 126.
  3. Dräger, Elfriede. In: Gudrun Wedel: Autobiographien von Frauen. Ein Lexikon. Böhlau, Köln 2010, S. 189.
  4. Alken Bruns: Dräger, Bernhard. In: Biographisches Lexikon für Schleswig-Holstein und Lübeck. Band 13. Wachholtz Verlag, Neumünster 2011, S. 125 und 126.
  5. Michael Kamp: Die beiden Schwäger Carl Mühlenpfordt und Walter Gräfenhahn. In: derselbe: Bernhard Dräger: Erfinder, Unternehmer, Bürger. 1870 bis 1928. Wachholtz Verlag, Kiel 2017, ISBN 978-3-529-06369-5, S. 283–290.
  6. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 58.
  7. Michael Kamp: Bernhard Dräger: Erfinder, Unternehmer, Bürger. 1870 bis 1928. Wachholtz Verlag, 2017, ISBN 978-3-52906-369-5, S. 372.
  8. Alken Bruns: Dräger, Bernhard. In: Biographisches Lexikon für Schleswig-Holstein und Lübeck. Band 13. Wachholtz Verlag, Neumünster 2011, S. 127.
  9. Alken Bruns: Dräger, Bernhard. In: Biographisches Lexikon für Schleswig-Holstein und Lübeck. Band 13. Wachholtz Verlag, Neumünster 2011, S. 127–128.
  10. Alken Bruns: Dräger, Bernhard. In: Biographisches Lexikon für Schleswig-Holstein und Lübeck. Band 13. Wachholtz Verlag, Neumünster 2011, S. 128.
  11. 1 2 Alken Bruns: Dräger, Bernhard. In: Biographisches Lexikon für Schleswig-Holstein und Lübeck. Band 13. Wachholtz Verlag, Neumünster 2011, S. 129.
  12. Verein Deutscher Ingenieure (Hrsg.): Mitgliederverzeichnis 1914. Berlin 1914, S. 191.
  13. (Drägerheft. Heft 394, S. 2)
  14. Alken Bruns: Dräger, Bernhard. In: Biographisches Lexikon für Schleswig-Holstein und Lübeck. Band 13. Wachholtz Verlag, Neumünster 2011, S. 128–129.
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