Boris Meissner (* 10. August 1915 in Pleskau, Russisches Kaiserreich; † 10. September 2003 in Köln) war ein deutsch-baltischer Rechtswissenschaftler, spezialisiert auf internationales Recht und bekannt für seine Forschung in osteuropäischer Zeitgeschichte und Politik.

Leben

Meissner wurde in die Familie des deutschbaltischen Staatsanwalts Artur Meissner geboren und verbrachte seine Jugend im estnischen Pärnu. Nach dem Besuch des Deutschen Privaten Gemeinschaftsgymnasiums in Pärnu studierte er an der Universität Dorpat (Tartu) (dort Mitglied des Corps Neobaltia). 1934 schloss er sein Studium mit einem Diplom in Wirtschaft ab. Danach arbeitete er als Bankangestellter und studierte ab 1939 Rechtswissenschaften, ebenfalls in Tartu. 1939 folgte er der Umsiedlung der Deutschbalten in der Folge der deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakts. Meissner arbeitete dann im von Deutschland besetzten Posen als Assistent an der dortigen Universität, später in Breslau. Meissner diente im Zweiten Weltkrieg von 1940 bis 1945 bei der Wehrmacht.

Nach der Entlassung aus britischer Kriegsgefangenschaft kam er 1946 als wissenschaftlicher Assistent an die Universität Hamburg, wo er sich bei Rudolf Laun auf Internationales Recht und als Referent für das sogenannte Ostrecht (Osteuropäisches Recht) spezialisierte. Zwischen 1947 und 1953 arbeitete er an der Forschungsstelle für Völkerrecht und ausländisches öffentliches Recht der Universität. Er war am Wiederaufbau der deutschen Osteuropaforschung nach dem Zweiten Weltkrieg wesentlich beteiligt. Seine Geschichte der sowjetischen Deutschlandpolitik ab 1943 fand internationale Beachtung.

Von 1953 bis 1959 stand Meissner in Diensten des Auswärtigen Amts. Als Leiter des Referats Sowjetunion gehörte er den Beobachter-Delegationen der Bundesregierung bei den Konferenzen von Berlin im Februar 1954 und Genf im Juli und November 1955 an und begleitete als mehrsprachiger Diplomat Konrad Adenauer 1955 bei seinen Verhandlungen mit Chruschtschow über die Rückkehr der deutschen Kriegsgefangenen. Im Frühjahr 1956 wurde er Gesandtschaftsrat an der deutschen Botschaft in Moskau.

Von 1959 und 1964 lehrte Meissner an der Universität Kiel und richtete das Seminar für Politik, Gesellschaft und Recht Osteuropas ein. Auch nach seinem Ausscheiden aus dem Auswärtigen Dienst war er weiterhin als Regierungsberater tätig. Von 1965 bis 1984 war er Professor an der Universität zu Köln, wo er das Institut für Ostrecht aufbaute, dessen Leiter er bis zu seiner Emeritierung blieb. Einer seiner wissenschaftlichen Assistenten war Ottfried Hennig.

Meissner begann 1947, Bücher und Zeitschriftenartikel zu veröffentlichen. 1954 erschien seine Dissertation Die sowjetische Intervention im Baltikum und die völkerrechtliche Problematik der baltischen Frage, die nichts von ihrer Bedeutung verloren hat und 1956 in Buchform unter dem Titel: Die Sowjetunion, die baltischen Staaten und das Völkerrecht verlegt wurde. Dieses Werk gilt als juristischer Nachweis, dass die Besetzung und Angliederung der Baltischen Staaten durch die Sowjetunion ungerechtfertigt war und einen Bruch des Völkerrechts darstellte.

Boris Meissner war Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde (Berlin) und Mitglied in zahlreichen weiteren nationalen und internationalen wissenschaftlichen Organisationen.

Boris Meissner war seit 1949 verheiratet. Seine Ehefrau verstarb am 11. Dezember 2017.

Ehrungen

Schriften

  • Russland, die Westmächte und Deutschland : Die sowjet. Deutschlandpolitik 1943 - 1953, Hamburg 1953 (Klassiker zum Kalten Krieg)
  • Die baltische Frage in der Weltpolitik. In: Öffentliches Recht und Politik. Duncker und Humblot, Berlin 1973
  • Sowjetunion und Selbstbestimmungsrecht. In: Dokumente zum Ostrecht, 0419-6015; Bd. 3 [ca. 1962]
  • Partei, Staat und Nation in der Sowjetunion. Ausgewählte Beiträge. Duncker & Humblot, Berlin 1985 ISBN 3-428-05890-9
  • The Communist Party of the Soviet Union: Party Leadership, Organization, and Ideology. 1976, ISBN 978-0-8371-8461-6
  • The Soviet Conception of Coexistence and the Conference on Security and Cooperation in Europe. (East-West relations, 1975)
  • Die Sowjetunion im Umbruch: Historische Hintergründe, Ziele und Grenzen der Reformpolitik Gorbatschows. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1988, ISBN 3-421-06392-3
  • Die russische Politik gegenüber der baltischen Region als Prüfstein für das Verhältnis Russlands zu Europa. In: Die Außenpolitik der baltischen Staaten und die internationalen Beziehungen im Ostseeraum. Hrsg. Boris Meissner, Dietrich Loeber, Cornelius Hasselblatt. Bibliotheca Baltica, Hamburg 1994, S. 466–504
  • Auf dem Wege zur Wiedervereinigung Deutschlands und zur Normalisierung der deutsch-russischen Beziehungen: Ausgewählte Beiträge. Göttinger Arbeitskreis, 2000, ISBN 978-3-8305-0102-2

Literatur

  • Cornelius Hasselblatt: Boris Meissneri Fenomen. In: Akadeemia, Nr. 7 1997, S. 1383–1385 (estnisch).
  • Bruno von Lingen, Georg von Rieder: Album Neobaltorum 1879–1956, o. O. 1956, S. 106.
  • Peeter Järvelaid: Kannab Eestit südames: Boris Meissner 85. Euroopa kultuuriruumis matkates / Õigus ja poliitika kultuuris: artikleid ja esseid, Tallinn 2002, lk. 139–179.
  • Peeter Järvelaid: Professor Boris Meissner – 85: mees, kes kannab Eestit südames, Ajalooline Ajakiri (2000), Nr. 4, lk. 124–128. (Bibl. joonealustes märkustes. Summary, lk. 137.)
  • Peeter Järvelaid: Paul Keres ja Boris Meissner, Pärnu Postimees, 8. Januar 2011 (online).
  • Peeter Järvelaid. Targad valitsejad ja nõunikud. - Pärnu Postimees, 2. Mai 2015, lk. 19.
  • Peeter Järvelaid. Tarkadest valitsejatest ja nende nõunikest. – Eesti Päevaleht (Stockholm), Juni 2015, lk. 10-11.
  • Peeter Järvelaid. Kaks mälestuskildu Boris Meissnerist (1915-2003). - Pärnu Postimees, 3. Oktober 2015
  • Peeter Järvelaid. Mälestuskilde Boris Meissnerist (1915-2003). Prof. dr. dr h. c. Boris Meissneri sajandat sünniaastapäeva meenutades. – Eesti Elu (Toronto), 22. Oktober 2015, lk. 4 ja 8.
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