Botlekbrug | ||
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Nutzung | Rijksweg 15 Havenspoorlijn Rotterdam | |
Querung von | Oude Maas | |
Ort | Rotterdam | |
Unterhalten durch | Rijkswaterstaat | |
Konstruktion | Hubbrücke in Fachwerkbauweise | |
Gesamtlänge | 1200 m | |
Breite | 49 m | |
Längste Stützweite | 92 m | |
Eröffnung | 2015 | |
Planer | A-Lanes A15 Quist Wintermans Architekten VCE Vienna Consulting Engineers | |
Lage | ||
Koordinaten | 51° 52′ 18″ N, 4° 19′ 54″ O | |
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Lage der Brücke und des Hafengebietes Botlek in der Gemeinde Rotterdam, die auch den Hafen umfasst |
Die Botlekbrug ist eine kombinierte Straßen- und Eisenbahnbrücke über die Oude Maas im Hafen Rotterdam, in der niederländischen Gemeinde Rotterdam. Für den Schiffsverkehr ist eine doppelte Hubbrücke mit zwei beweglichen Fachwerkträgern von 92 Meter Spannweite integriert, womit sie zu den weltweit größten Hubbrücken zählt. Die 49 Meter breiten Träger führen vier der acht Fahrstreifen der Autobahn A15, ein Gleis der Havenspoorlijn Rotterdam, einen separaten Weg für Kleinkrafträder und Fahrräder sowie einen Fußweg.
Namensgeber ist die Botlek genannte ehemalige Verbindung zwischen Nieuwe Maas und Brielse Maas, die in den 1950er Jahren Teil des gleichnamigen Hafengebietes wurde und für dessen Entwicklung man bis 1955 die erste Botlekbrug errichtete. Die weitere Westexpansion des Hafens erforderte in den 1970er Jahren den Bau des benachbarten vierspurigen Botlektunnels für die A15 sowie in den 2000er Jahren den eines zweigleisigen Eisenbahntunnels für die Betuweroute. Die zweite Botlekbrug wurde bis 2015 im Rahmen eines großangelegten Ausbaus der A15 errichtet, um die Kapazität der wichtigen Verkehrsverbindung für den Seehafenhinterlandverkehr zu vergrößern.
Geschichte
Hafengebiet Botlek
Die Entwicklung des Hafens Rotterdam vollzog sich seit Anfang des 20. Jahrhunderts hauptsächlich nach Westen entlang der Nieuwe Maas und des 1872 fertiggestellten Nieuwe Waterweg, wobei die größten Hafenanlagen südlich des Kanals entstanden. Vor dem Zweiten Weltkrieg hatte sich der Hafen bis zur Oude Maas ausgedehnt, wo ab Ende der 1930er Jahre westlich von Pernis der 1. und 2. Petroleumhaven entstand und sich darum großflächig petrochemische Industrie ansiedelte. Nach dem Krieg begann man mit der Umsetzung von Plänen, die Botlek genannten Verbindung zwischen der Nieuwe Maas und der Brielse Maas sowie die angrenzende Insel Wel-Plaat und den östlichen Teil von Rozenburg zu einem Hafen- und Industriegebiet zu entwickeln. Dazu war der Bau einer Brücke über die Oude Maas nötig, um das Gebiet an das Verkehrsnetz von Rotterdam anzuschließen. Die Bauarbeiten an der kombinierten Straßen- und Eisenbrücke begannen Ende 1952 und waren Mitte 1955 abgeschlossen. Der Botlek-Plan aus dem Jahre 1947 wurde in der Zwischenzeit den Entwicklungen im Energie- und Chemiesektor angepasst, da die Bedeutung von Kohle als Brennstoff und Rohstoff zunehmend durch Erdöl abgelöst wurde und die Standorte der Erdölraffinerien sich von den Förderorten in die Abnehmerländer verlagerten. So wurde in Botlek der 3. Petroleumhaven gebaut, der 1957 in Betrieb genommen werden konnte. Zeitgleich entstanden im neuen Hafengebiet unter anderem Werke von ExxonMobil (Esso), Chevron (Caltex) und Dow Chemical sowie mit der Verolme Dok en Scheepsbouw Maatschappij auch eine der weltweit größten Werften (heute Damen Verolme Rotterdam).
Erste Brücke 1955
Für den Standort der ersten Botlekbrug wurde die Südostecke der Insel Wel-Plaat gewählt, wo der ehemalige Hartelsche Gat in die Oude Maas mündete (seit den 1970er Jahren Hartelkanal). Als Konstruktion wählte man eine etwa 500 Meter lange Fachwerkbrücke mit einer integrierten Hubbrücke, die dem Schiffsverkehr eine Durchfahrtsbreite von 55 Metern bot und etwa 50 Mal pro Tag geöffnet werden musste. Die lichte Höhe betrug 8 Meter in der geschlossenen und 45 Meter in der geöffneten Position. Die 23 Meter breite Brücke führte zwei Fahrstreifen, beidseitig einen Rad- und Fußweg und ein Gleis der Havenspoorlijn Rotterdam.
Ende der 1950er Jahre begann die weitere Expansion des Hafens nach Westen durch den Bau des Europoorts (1958–1964) auf der Insel Rozenburg und der Maasvlakte (1964–1974) an der Mündung des Nieuwe Waterweg in die Nordsee, was den Verkehr über die Brücke stetig erhöhte. Zur Entlastung wurde 1976–1980 etwa 100 Meter südlich der Brücke der vierspurige Botlektunnel gebaut, der die Autobahn A15 (Rijksweg 15) auf das Hafengebiet verlängerte. Ein zweigleisiger Eisenbahntunnel für die Betuweroute entstand bis 2006, der etwa 30 Meter nördlich der Brücke die Oude Maas unterquert.
Zweite Brücke 2015
Mit dem Bau der Maasvlakte 2 (2008–2012), die durch Landgewinnung weiter westlich in die Nordsee gebaut wurde, sah sich die zuständige niederländische Behörde für den Bau und Unterhalt der Straßen und Wasserwege Rijkswaterstaat gezwungen die wichtige Verkehrsverbindung A15 für den Seehafenhinterlandverkehr zu erneuern und auszubauen. Ende 2010 wurde das Projekt A15 Maasvlakte–Vaanplein mit einem Gesamtvolumen von 1,5 Milliarden Euro an das Konsortium A-Lanes A15 vergeben, bestehend aus Strabag, Ballast Nedam, John Laing und Strukton. Das Projekt beinhaltet neben der Erneuerung und der Kapazitätserweiterung des 37 Kilometer langen Abschnittes der Autobahn A15 ab dem Autobahnkreuz Vaanplein auch den auf 25 Jahre angelegten Betrieb. Ein Bestandteil war die Ersetzung der alten Botlekbrug durch eine neue Hubbrücke für vier Fahrstreifen und zwei Gleise, die zudem wie die flussauf folgende Spijkenisserbrug zwei Öffnungen für den Schiffsverkehr bieten sollte. Die Bauarbeiten an der 1,2 Kilometer langen Brücke begannen 2011 und waren 2015 abgeschlossen, womit die Brücke für den Straßenverkehr freigegeben werden konnte. Die Freigabe des Brückenteils für Fußgänger und Radfahrer dauerte noch bis 2018 und das erste Gleis für die Hafenbahn ging erst 2021 in Betrieb. Die benachbarte alte Brücke wurde während der Bauphase weiter genutzt und erst Ende 2017 abgebaut.
Beschreibung
Gesamtüberblick
Die Brücke erstreckt sich von Ost nach West über 1,2 km und gliedert sich in die etwa 210 m lange zentrale doppelte Hubbrücke mit ihren drei Strompfeilern und die ausgedehnten Zufahrten im Uferbereich, die sich für die unterschiedlichen Verkehrswege und Fahrtrichtungen in vier Zufahrtsrampen pro Seite auffächern. Insgesamt ruht die Brücke auf fast 100 Brückenpfeilern und gliedert sich dadurch auch in entsprechend viele Brückenfelder, die hauptsächlich aus Stahlbeton-Balkenträgern bestehen. Im zentralen Teil beträgt die Breite 49 m und bietet Platz für vier Fahrstreifen, ein Gleis, einen separaten Weg für Kleinkrafträder und Fahrräder sowie einen Fußweg. In einer weiteren Ausbaustufe soll der Fußweg auf zusätzliche Ausleger an der Nordseite verlegt werden, wodurch Platz für das geplante zweite Gleis entsteht.
Hubbrücke
Die beiden baugleichen Hubrücken haben einen beweglichen Fachwerkträger mit einer Spannweite von 92 m und einer Breite von 49 m. Diese bestehen aus je drei parallelgurtigen Strebenfachwerken und einer unten liegenden orthotropen Fahrbahnplatte. Die 13,4 m hohen Fachwerke teilen das etwa 10.000 m² große Fahrbahndeck unsymmetrisch in den 26,9 m breiten südlichen Bereich der vier Autobahnfahrstreifen und den 17,6 m breiten nördlichen Bereich für die Gleise und den restlichen Verkehr. Die 5000 t schweren Träger sind mit jeweils 4 × 16 Stahlseilen von 90 mm Durchmesser mit den zwei 2500 t schweren Stahlbetongegengewichten verbunden und ausbalanciert. Die Seile laufen über Umlenkrollen von 3,6 m Durchmesser an der Spitze der vier insgesamt 65 m hohen Türme, wobei in der Mitte die jeweiligen Türme konstruktiv zusammengefasst sind. Die lichte Höhe für den Schiffsverkehr unterhalb der Fachwerkträger wurde im Gegensatz zur alten Brücke fast verdoppelt und beträgt in der geschlossenen Position 14,6 m. Dadurch reduzierte sich die tägliche Anzahl der nötigen Öffnungen auf etwa 20, da die Höhe für die Binnen- und Sportschifffahrt in der Regel ausreichend ist. Bei einer Hubhöhe von 31 m stehen der Seeschifffahrt in der geöffneten Position 45,6 m zur Verfügung. Schiffe haben im Hafen stets Vorrang, die durchschnittliche Unterbrechung des Straßenverkehrs liegt bei 11 min.
Die drei Strompfeiler sind in einer Tiefe von 20 m unterhalb der Wasseroberfläche flach gegründet, das Flussbett liegt in etwa 12 m Tiefe. Die Grundflächen der Stahlbetonpfeiler sind etwa 15 m × 60 m groß, wobei sich die Breite der äußeren Pfeiler im oberen Bereich auf 9,4 m reduziert. Der Abstand der Mittelachsen der Pfeiler beträgt 102,5 m, die Durchfahrtsbreite für den Schiffsverkehr 87,4 m.
Literatur
- R. Schedler, U. Eder, E. Jille: Replacement of Botlek Lifting Bridge, Motorway A15, Netherlands. In: IABSE Conference: Assessment, Upgrading and Refurbishment of Infrastructures. Rotterdam 6.–8. Mai 2013, S. 644–645.
- A. Wiesinger, A. Jacobse, F. Kopf: Foundation of the New Botlek Lifting Bridge in the Netherlands. In: 10. Österreichische Geotechniktagung. ÖIAV, Wien 2015.
- C. Braun: Expansion Joints and Bearings in Botlek Bridge, Europe's largest Lift Bridge. In: 11th German-Japanese Bridge Symposium. Osaka 30.–31. August 2016.
Einzelnachweise
- ↑ Hendrik Kuipers: The Changing Landscape of the Island of Rozenburg (Rotterdam Port Area). In: Geographical Review. Vol. 52, Nr. 3, 1962, S. 362–378, hier S. 373–375 (doi:10.2307/212535).
- ↑ Felix Keller: De industrialisatie van het Botlekgebied. In: Brielse Mare. Band 25, Nr. 1, 2015, S. 9–30.
- 1 2 Eigenschappen Botlekbrug. Rijkswaterstaat, abgerufen am 21. September 2023.
- ↑ Bereikbaar Voorne-Putten: vroeger, tegenwoordig en toekomst. Groot Nissewaard, 8. Juni 2021, abgerufen am 21. September 2023.
- ↑ RWS selecteert A-Lanes A15 in PPS-project A15. Infrasite.nl, 14. September 2010, abgerufen am 22. September 2023.
- 1 2 3 R. Schedler, U. Eder, E. Jille: Replacement of Botlek Lifting Bridge,…. In: IABSE Conference. Rotterdam 6.–8. Mai 2013, S. 644–645.
- 1 2 A. Wiesinger, A. Jacobse, F. Kopf: Foundation of the New Botlek Lifting Bridge in the Netherlands. In: 10. Österreichische Geotechniktagung. Wien 2015.
- ↑ Aanpak Botlekbrug. Rijkswaterstaat, abgerufen am 25. September 2023.
- ↑ C. Braun: Expansion Joints and Bearings in Botlek Bridge,…. In: 11th German-Japanese Bridge Symposium. Osaka 30.–31. August 2016.