Brasilianischer Riesenläufer

Brasilianischer Riesenläufer (Scolopendra gigantea)

Systematik
Unterstamm: Tausendfüßer (Myriapoda)
Klasse: Hundertfüßer (Chilopoda)
Ordnung: Riesenläufer (Scolopendromorpha)
Familie: Scolopendridae
Gattung: Scolopendra
Art: Brasilianischer Riesenläufer
Wissenschaftlicher Name
Scolopendra gigantea
Linnaeus, 1758

Der Brasilianische Riesenläufer (Scolopendra gigantea; im englischen Sprachraum auch Peruvian giant yellow-leg centipede oder Amazonian giant centipede) ist der größte Vertreter der Familie der Hundertfüßer und kann bis zu 26 cm lang werden, möglicherweise sogar 30 cm. Große Beliebtheit hat dieser Hundertfüßer bei Sammlern.

Merkmale und Taxonomie

Die Art besitzt die typische Körpergestalt der Skolopender, mit 21 beintragenden Segmenten und einem zu Giftklauen (Forcipules) umgewandelten ersten Beinpaar. Der Kopf trägt in Reihen angeordnete Einzelaugen seitlich der Antennenbasen, die an Facettenaugen erinnern. Von anderen Arten der Gattung kann er anhand der Anzahl nur schwach behaarter Glieder der Antennen und an der Anzahl der Beinpaare mit Spornen an den Schenkeln (Femora) unterschieden werden. Bei Scolopendra gigantea sind die ersten sieben bis zehn der siebzehn Antennensegmente schwach behaart, und viele (etwa 15) Beinpaare tragen Sporne an der Oberseite der Spitze (dorsoapikal) der Femora. Daran ist die Art vom ähnlichen Scolopendra galapagoensis unterscheidbar; dieser lebt auch auf dem südamerikanischen Festland und erreicht vergleichbare Körpergröße. Er besitzt vier bis fünf wenig behaarte Antennenglieder und nur ein Beinpaar (das erste) mit Spornen an den Femora.

Ein Synonym für den Artnamen ist Scolopendra gigas Leach, 1815.

Verbreitung

Die Art lebt im Norden Südamerikas und auf einigen karibischen Inseln. Nachweise liegen vor aus Kolumbien, Venezuela, auf den Inseln Trinidad, Curaçao, Aruba und der Isla Margarita, ein neuerer Nachweis auch aus Panama markiert die Nordgrenze der Verbreitung. Vereinzelte weitere Nachweise, so aus Mexiko, Honduras, Haiti und von den Jungferninseln gelten als nicht autochthon, sie gehen vermutlich auf kurzzeitig angesiedelte verschleppte oder ausgesetzte Tiere zurück. Eine Angabe weitab dieses Verbreitungsgebiets liegt aus Indien vor, andere Wissenschaftler gehen hier aber von einer Verwechslung aus. Zu beachten ist, dass die Art nicht in Brasilien (und auch weder in Peru noch Chile) vorkommt, der deutsche Sammlername ist also nicht glücklich gewählt.

Carl von Linné beschrieb die Art nach einer Abbildung eines Tiers aus den Hafenanlagen von Kingston, Jamaika, wo die Art, zumindest heute, nicht vorkommt; die Abbildung enthält für eine Artdiagnose zu wenig Merkmale. Es gilt heute als unwahrscheinlich, dass Linné tatsächlich Tiere vorlagen. Um die eingebürgerte Namensgebung zu stabilisieren, wurde ein Sammlungsexemplar aus Venezuela zum Neotypus bestimmt.

Verhalten

Wie alle Hundertfüßer ist der Brasilianische Riesenläufer nachtaktiv und kann mit seinem Biss Gift applizieren. Das Verhalten ist nicht hinreichend untersucht. Brasilianische Riesenläufer wurden aber bekannt dafür, verschiedenen Fledermäusen nachzustellen.

Das Gift ist kaum charakterisiert.

Gefahr für Menschen

Die Angaben zur Giftigkeit von Bissen für Personen sind in der Literatur widersprüchlich und reichen von "harmlos" bis "für Kinder oft tödlich". Der Umgang mit diesen Tieren erfordert also größte Vorsicht. Bisse sind auf jeden Fall zu vermeiden!

Biss und Giftwirkung können für Menschen vorübergehend erheblich schmerzhaft sein. Ernste oder tödliche Verläufe sind äußerst selten, dies gilt auch für Neugeborene. Die Bisswunde kann typische Erscheinungen zeigen wie Ödem, Erythema, starken Schmerz, örtliche Lymphangitis, Taubheitsgefühl und Nekrose. Man spricht dann von Scolopendrismus. Von akuten koronaren Ischämien und einem Myokardinfarkt eines jungen Mannes wird berichtet.

Einzelnachweise

  1. Robert L. Norris: Centipede envenomation. In: Medicine Specialties. Band 11, 2006. updated 4. Mai 2017
  2. 1 2 3 4 R. M. Shelley & S. B. Kiser (2000): Neotype designation and a diagnostic account for the centipede, Scolopendra gigantea L. 1758, with an account of S. galapagoensis Bollman 1889 (Chilopoda Scolopendromorpha Scolopendridae), Tropical Zoology 13(1): 159-170. doi:10.1080/03946975.2000.10531129
  3. Diomedes Quintero Arias & Fabio German Cupul-Magana (2013): First record of Scolopendra gigantea Linnaeus, 1758 from Panama. Boletın del Museo de Entomologıa de la Universidad del Valle 14(2):12-15.
  4. Vinod Khanna & B.E. Yadav (2005): a taxonomic re-assessment of the centipede Scolopendra gigantea Linnaeus (Chilopoda, Scolopendridae) and confirmation of its occurence in India. Zoos' Print Journal 20(9): 1988.
  5. John G.E. Lewis (2010): A key and annotated list of the Scolopendra species of the Old World with a reappraisal of Arthrorhabdus (Chilopoda: Scolopendromorpha: Scolopendridae). International Journal of Myriapodology, Volume 3, Issue 1: 83-122 doi:10.1163/187525410X12578602960380
  6. 1 2 Alexis Rodriguez-Acosta et al.: Centipede (Scolopendra gigantea Linnaeus 1758) envenomation in a newborn. In: Revista do Instituto de Medicina Tropical de São Paulo. Band 42, Nr. 6, 2000, S. 341–342.
  7. Jesús Molinari et al.: Predation by giant centipedes, Scolopendra gigantea, on three species of bats in a Venezuelan cave (Memento vom 15. Februar 2006 im Internet Archive). In: Caribbean Journal of Science Band 41, Nr. 2, 2005, S. 340–346.
  8. J. W. Burnett, G. J. Calton, R. J. Morgan: Centipedes. In: Cutis, Band 37, 1986, S. 241.
  9. Murat Ozsarac et al.: Acute coronary ischemia following centipede envenomation: case report and review of the literature. In: Wilderness & Environmental Medicine. Band 15, Nr. 2, 2004, S. 109–112. doi:10.1580/1080-6032(2004)015[0109:ACIFCE]2.0.CO;2.
  10. A. Yildiz, S. Biçeroglu, N. Yakut, C. Bilir, R. Akdemir, A. Akilli: Acute myocardial infarction in a young man caused by centipede sting. In: Emergency medicine journal : EMJ. Band 23, Nummer 4, April 2006, S. e30, doi:10.1136/emj.2005.030007, PMID 16549562, PMC 2579533 (freier Volltext).
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