Obere Burg

Die obere Burg (rechts) nach Sebastian Münster von 1527

Alternativname(n) Alte Burg, Altes Schloss, Burg zu Berge
Staat Deutschland
Ort Heidelberg
Entstehungszeit 1000 bis 1200
Burgentyp Höhenburg, Spornlage, Motte
Erhaltungszustand Burgstall, Mauerreste
Geographische Lage 49° 24′ N,  43′ O

Die Obere Burg, auch Alte Burg, Altes Heidelberger Schloss, Burg zu Berge genannt, ist eine abgegangene Höhenburg am Nordwesthang des Königstuhls über dem Heidelberger Schloss in Heidelberg. Die Anlage an der heutigen Klingenteichstraße bestand wie das Heidelberger Schloss bereits im Mittelalter und wurde nachweislich am 25. April 1537 durch Blitzschlag und einhergehende Explosion von eingelagerten Schwarzpulvervorräten weitgehend zerstört. Die Stelle der Burg ist heute im Wesentlichen mit der Molkenkur überbaut.

Geschichte

Urkundliche Hinweise auf eine Höhenburg in Heidelberg gibt es bereits ab 1225. Bis 1294 wird jeweils nur eine Burg genannt, ab 1303 dann erstmals zwei Burgen. Künftig wurden beide Burgen nach ihrer Lage unterschieden, wobei die Burg bei der heutigen Molkenkur als Obere Burg bezeichnet wurde, da sie höher liegt als die Burganlage an der Stelle des heutigen Heidelberger Schlosses auf dem Jettenbühl. Ob die Anlage bei der Molkenkur älter als das Schloss auf dem Jettenbühl ist, kann ohne größere Ausgrabungen nicht gesagt werden. Gefundene Architekturteile im Heidelberger Schloss legen auch dort eine Datierung ins 13. Jahrhundert nahe. Eine einhellige Meinung darüber, welche der Burgen älter ist, hat sich auch unter Berücksichtigung archäologischer Befunde im Stadtbereich, wo man die zugehörigen Burgweiler verorten wollte, lange Zeit nicht gebildet.

Erst jüngste Befunde legen den Schluss nahe, dass die obere Burg die einst bedeutendere ist und sich ihr zugehöriger Burgweiler im Bereich der Peterskirche befand. Bedeutungsniedergang der Oberen Burg, starke bauliche Veränderungen im Bereich der Peterskirchensiedlung und die Stadtgründung Heidelbergs mit ummauerter Stadt im Bereich des heutigen Altstadtkerns fallen mit dem Aufschwung des heutigen Schlosses zusammen. Gleichwohl gibt es aber auch Anzeichen, dass die Siedlung bei der Peterskirche sogar älter als die Obere Burg gewesen sein und in keiner Beziehung zu dieser gestanden haben könnte. Die Obere Burg und die außerhalb der mittelalterlichen Stadtmauern gelegene Peterskirche waren im späten Mittelalter dennoch beide schon Relikte aus der Zeit vor der Stadtgründung.

Bei der pfälzischen Landesteilung 1338 wurde mittels der Formulierung Haydelberg burg und stat und die ober burg ein näherer Bezug des heutigen Schlosses zur Stadt hergestellt, ab der Mitte des 14. Jahrhunderts war das heutige Schloss dann Residenzburg der Kurpfalz, während die obere Burg in den späteren Urkunden nur noch selten vorkommt und ab dem 15. Jahrhundert auch schon als alt bezeichnet wird.

1364 war die obere Burg mit kurpfälzischen Wächtern besetzt. 1503 waren drei Hackenbussen auf dem alten Schloss. 1515 erging ein Verbot an Studenten, sich im Umkreis des alten Schlosses aufzuhalten. Es liegt die Vermutung nahe, dass die Burg spätestens seit der Aufwertung des heutigen Schlosses zur Residenz ein Teil von deren Verteidigungssystem und sicher aufgrund der exponierten Lage auch ein Machtsymbol der Kurfürsten war. Das an die Studenten ergangene Aufenthaltsverbot könnte mit der Aufbewahrung von Explosivstoffen auf der Oberen Burg zusammenhängen.

Das Anwesen wird 1485 auf der ältesten bekannten Ansicht Heidelbergs auf einem Holzschnitt aus der Werkstatt von Johann Prüss und 1526/27 auf einer spiegelverkehrten Ansicht von Sebastian Münster als markanter Bestandteil des Stadtbildes oberhalb der Residenzburg angedeutet. Eine genauere Vorstellung vom Aussehen der Burg liefert eine Zeichnung im Bestand des Kurpfälzischen Museums, die man der Hand des Pfalzgrafen Ottheinrich von 1537 zuschreibt und die die Vorlage für viele spätere Darstellungen, u. a. von Heinrich Hoffmann und Theodor Verhas, bot.

Ein Blitzschlag am Nachmittag des 25. April 1537 löste eine Explosion im Pulvermagazin der Burg aus, in dem sich nach archivalischen Quellen 200 Fässer Schwarzpulver befunden haben sollen. Die Geschehnisse sind durch einen Brief eines Augenzeugen, des pfälzischen Humanisten Jakob Micyllus, überliefert. Er berichtet von der weitgehenden Zerstörung der ganzen Anlage innerhalb eines einzigen Augenblicks. Unter den neun Bewohnern der Vorburg gab es fünf Verletzte und zwei Tote. Durch die gewaltige Explosion wurden Steine in weitem Umkreis durch die Luft geschleudert. Beim Palas des unteren Schlosses wurde ein Mann von einem herabstürzenden Stein getroffen.

Das von der Burg übrig gebliebene Gesteinsmaterial hat man wohl rasch für die umfangreichen Bauvorhaben Ludwigs V. verwendet, denn sie war bald größtenteils abgetragen. Schon in Sebastian Münsters Cosmographia von 1550 sind nur noch wenige Grundmauern der Burg dargestellt. 1617 erwähnte ein englischer Reisender die Ruine in seinem Reisetagebuch. Auch Matthäus Merian zeigt in seinem Stadtpanorama Heidelbergs von 1620 noch Mauerreste der Oberen Burg und erwähnt in der Bildlegende die Zerstörung durch Explosion.

Während der Belagerung Heidelbergs durch kaiserliche Truppen unter Tilly 1622 wurde der Bereich an der Molkenkur aus Trümmerteilen der Burg wieder mit einer Schanzenanlage befestigt und sollte erneut die Flanke des Schlosses schützen. Durch diese Bauarbeiten und die monatelangen Angriffe der Kaiserlichen gingen die meisten baulichen Reste der Burg verloren. Die Burgschanze wurde 1693 geschleift.

1805 beschrieb Friedrich Peter Wundt in seiner ersten topographischen Beschreibung Heidelbergs über den Burgstall, „daß man kaum glauben sollte, dass irgend ein Haus, viel weniger ein Schloß darauf gestanden“ habe. Als 1851 Albrecht Wagner das Gelände erwarb und mit dem Bau der heutigen Molkenkur begann, hat er das Gelände für seine Zwecke planieren lassen, wodurch weitere bauliche Überreste der Burg verloren gingen. Auf Charles de Graimbergs Ansicht der Molkenanstalt von 1860 (nach Vorlage von 1856) sind im Vordergrund einige zur Seite geräumte behauene Steine zu erkennen. Solche wurden 1906 beim Erwerb der Molkenkur durch die Stadt Heidelberg noch auf dem Gelände verstreut aufgefunden. Die Beliebtheit der Gaststätte der Molkenkur hat dafür gesorgt, dass der Begriff „Molkenkur“ auch im Katasteramt für die Burgstelle übernommen wurde, so dass die alte Burg im Bewusstsein der Bürger allmählich verschwand und nur noch Gegenstand wissenschaftlicher Auseinandersetzung, vor allem in ihrem Bezug zum heutigen Schloss, wurde.

Der Heidelberger Schlossverein führte 1900/01 Grabungen bei der Burg durch, die jedoch keine aufsehenerregenden Funde zutage brachten. Die Grabungsdokumentation ging nach dem Tod des Ausgräbers Karl Pfaff 1908 verloren. Nur eine kurze Zusammenfassung von Pfaff und ein Zeitungsbericht von 1901 geben noch ansatzweise Auskunft über die damaligen Grabungsfunde. Die wenigen freigelegten Mauerreste hielt man für nicht erhaltenswert, so dass sie weiter verfielen, teils als Steinbruch genutzt wurden und größtenteils wieder planiert und die Flächen später asphaltiert wurden. Auch der Halsgraben wurde als Zufahrtsweg zur Molkenkur ausgebaut und asphaltiert.

2001 fand eine neuerliche Grabung statt, die den fragmentarisch erhaltenen Befunden Pfaffs gefolgt ist und eine Kartierung der von Pfaff notierten Mauerreste erlaubte, aber kaum weitergehende Befunde zu den Baulichkeiten brachte. Weil einige Teile des Geländes bis unter den einstigen Fundamentbereich abgetragen sind, kann für wesentliche Bereiche der einstigen Burganlage auch kein Mauerverlauf mehr ergraben werden. Die lose im Gelände aufgefundenen Steine und sonstigen Funde ließen einen Siedlungsschwerpunkt im 12. und 13. Jahrhundert erkennen. Um 1300 erfolgte wohl der Ausbau der Anlage, so dass wenig Siedlungsspuren, aber viel Baumaterial aus jener Zeit nachweisbar sind. Im späten 14. und 15. Jahrhundert war die Burg dann wohl wieder intensiver genutzt und ab dem 16. Jahrhundert reißen die Funde allmählich ab, bevor dann wieder eine hohe Funddichte seit der Zeit der gastronomischen Nutzung im 19. Jahrhundert besteht.

Anlage

Nachweisbar sind die Reste einer Gebirgsmotte des 11./ 12. Jahrhunderts sowie hochmittelalterliche Bauten, darunter ein annähernd rechteckiges „Kastell“ im Bereich der früheren Vorburg. Die Anlage sollte die tiefer gelegene Südwest-Flanke des Schlosses sichern. Sie besaß eine Gesamtfläche von 130 mal 38 Meter, die Kernburg eine Seitenlage von 38 mal 31 Meter. Tiefe Halsgräben schnitten die Befestigung in Spornlage vom höher gelegenen Berghang ab.

Neben den Wällen aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges sind noch wenige Überreste der Vorburg, der Turmhügel, die Halsgräben sowie an der Nordseite der Steinbruch „Teufelsloch“ sichtbar. Der einzig verbliebene Mauerrest der südlichen Ringmauer (Schildmauer) der Burg befindet sich im Südosten des heutigen Molkenkur-Parkplatzes und fußt auf den anstehenden Buntsandsteinfelsen, etwa in Höhe von einem halben Meter über Parkplatzniveau. Der enge Verbund der Mauer mit den anstehenden Felsen bewahrte die Überreste vor den Planierungsarbeiten zum Bau der Molkenkur. Die Mauerreste aus dem 14. Jh. lassen aber keine weiteren Schlüsse zur ehemaligen Burganlage zu.

Weitere alte Mauern im Umfeld der Molkenkur entstanden als Hangstützmauern erst im 19. Jahrhundert.

Quellen

Literatur

  • Günter, Augspurger: Die alte Burg. Heidelbergs „Obere Burg“ und der Maler Heinrich Hoffmann. In: Jahrbuch Stadtteilverein Handschuhsheim (Hrsg.), 2010, S. 112–115.
  • Hans Buchmann: Burgen und Schlösser an der Bergstraße. Theiss, Stuttgart 1986, ISBN 978-3-8062-0476-6, S. 223–226.
  • Christian Burkhart: Die obere Burg zu Heidelberg: Das vergessene Pfalzgrafenschloß. Johannes-Gutenberg-Schule Heidelberg, Heidelberg 1998.
  • Friedrich Franz Koenemann: Wanderungen durch Heidelberger Wälder – Ziele am Wegesrand. Heidelberger Verlags-Anstalt, Heidelberg 1990.
  • Rainer Kunze: Die (3) Heidelberger Burgen. In: Mannheimer Geschichtsblätter, Neue Folge, Band 4, 1997.
  • Ludwig Merz: Obere Burg und Burgschanze über Heidelberg. In: Unser Land. Heimatkalender für Neckartal, Odenwald, Bauland und Kraichgau. Heidelberg 1994, S. 153–157.
  • Thomas Steinmetz: Burgen im Odenwald. Verlag Ellen Schmid, Brensbach 1998, ISBN 3-931529-02-9, S. 62f.
  • Thomas Steinmetz: Burgen und Stadt Heidelberg im Spiegel früher urkundlicher Quellen. In: Burg und Stadt. Deutscher Kunstverlag, München 2008, S. 159–168.
  • Achim Wendt, Manfred Brenner: Archäologische Ausgrabungen in Baden-Württemberg, 2001, S. 239–242.

Einzelnachweise

  1. Thomas Steinmetz: Burgen im Odenwald. Brensbach 1998, S. 62f.
  2. Wendt/Brenner 2003/04, S. 32–36.
  3. Hans Martin Mumm: Von der Stadtgründung. Drei Studien. In: Heidelberg. Jahrbuch zur Geschichte der Stadt 2009, S. 9–20, hier S. 15.
  4. 1485 in Straßburg erschienen, befindet er sich heute in der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart: Inc. Fol. 4081, Bl. XI (nach Zeittafel zur Heidelberger Geschichte 1400-1499 auf den Webseiten des Heidelberger Geschichtsvereins e.V. (HGV))
  5. Günter Augspurger: Die alte Burg. Heidelbergs „Obere Burg“ und der Maler Heinrich Hoffmann, in: Stadtteilverein Handschuhsheim e. V. (Hrsg.): Jahrbuch 2010, Heidelberg 2010, S. 112–115.
  6. Melanie Mertens (Hrsg.): Kulturdenkmale in Baden-Württemberg – Stadtkreis Heidelberg. Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Band II.5.1. Jan Thorbecke Verlag, 2013, S. 331.
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