Die Cohors I Augusta Praetoria Lusitanorum [equitata] (deutsch 1. Kohorte die Augusteische Praetoria der Lusitaner [teilberitten]) war eine römische Auxiliareinheit. Sie ist durch Militärdiplome, Inschriften und Papyri belegt. In dem Militärdiplom von 179 und Inschriften wird sie als Cohors I Lusitanorum bezeichnet, in allen anderen Militärdiplomen als Cohors I Augusta Lusitanorum.

Namensbestandteile

  • I: Die römische Zahl steht für die Ordnungszahl die erste (lateinisch prima). Daher wird der Name dieser Militäreinheit als Cohors prima .. ausgesprochen.
  • Augusta: die Augusteische. Die Ehrenbezeichnung bezieht sich auf Augustus.
  • Praetoria: Die Bezeichnung leitet sich vom Praetorium ab, dem Hauptquartier eines Feldherrn. Der Zusatz kommt in zwei Inschriften und in zwei Papyri vor.
  • Lusitanorum: der Lusitaner. Die Soldaten der Kohorte wurden bei Aufstellung der Einheit entweder aus dem Volksstamm der Lusitaner oder aus den Volksstämmen auf dem Gebiet der römischen Provinz Lusitania rekrutiert.
  • equitata: teilberitten. Die Einheit war ein gemischter Verband aus Infanterie und Kavallerie. Der Zusatz kommt in zwei Inschriften und in einem Papyrus vor.

Da es keine Hinweise auf den Namenszusatz milliaria (1000 Mann) gibt, war die Einheit eine Cohors quingenaria equitata. Die Sollstärke der Kohorte lag bei 600 Mann (480 Mann Infanterie und 120 Reiter), bestehend aus 6 Centurien Infanterie mit jeweils 80 Mann sowie 4 Turmae Kavallerie mit jeweils 30 Reitern.

Geschichte

Die Kohorte war in den Provinzen Iudaea und Aegyptus (in dieser Reihenfolge) stationiert. Sie ist auf Militärdiplomen für die Jahre 86 bis 179 n. Chr. aufgeführt.

Der erste Nachweis der Einheit in Iudaea beruht auf einem Diplom, das auf 86 datiert ist. In dem Diplom wird die Kohorte als Teil der Truppen (siehe Römische Streitkräfte in Iudaea) aufgeführt, die in der Provinz stationiert waren. Weitere Diplome, die auf 87 bis 90 datiert sind, belegen die Einheit in derselben Provinz.

Der erste Nachweis der Einheit in Aegyptus beruht auf einem Diplom, das auf 105 datiert ist. In dem Diplom wird die Kohorte als Teil der Truppen (siehe Römische Streitkräfte in Aegyptus) aufgeführt, die in der Provinz stationiert waren. Weitere Diplome, die auf 157/161 bis 179 datiert sind, belegen die Einheit in derselben Provinz.

Letztmals erwähnt wird die Einheit in der Notitia dignitatum mit der Bezeichnung Cohors prima Lusitanorum für den Standort Theraco. Sie war Teil der Truppen, die dem Oberkommando des Dux Thebaidos unterstanden.

Standorte

Standorte der Kohorte in Aegyptus waren möglicherweise:

  • Contrapollonospolis: die Einheit war am 8. Juli 131 und am 31. August 156 hier stationiert, wie aus einem Papyrus hervorgeht. Durch eine Inschrift ist sie auch in der Regierungszeit von Commodus (180–192) hier belegt.
  • Hieraconpolis (Manfalut): eine Inschrift wurde hier gefunden.
  • Syene: die Einheit war vermutlich von 105 bis 131 hier stationiert.
  • Talmis (Kalabscha): eine Inschrift, die auf den 29. März 111 datiert ist, wurde in der Nähe von Talmis bei Abisko gefunden. Darüber hinaus wurden in der Umgebung von Talmis weitere Inschriften gefunden.
  • Theraco: Die Einheit wird in der Notitia dignitatum für diesen Standort aufgeführt.

Angehörige der Kohorte

Folgende Angehörige der Kohorte sind bekannt:

Kommandeure

  • M(arcus) Iulius Silvanus, ein Präfekt (BGU 696)
  • Κοίντος Ἄλλιος Πουδεντίλλος (Quintus Allius Pudentillus), ein Präfekt
  • Valerius Fe[stus], ein Präfekt (IGRR 1.1275)

Sonstige

  • [?], ein Reiter (Lesquier 26)
  • Αβιεκαισα, ein Centurio (SB 4564)
  • Flavus, ein Centurio
  • Γαιος Ιουλιος Γερμανος (G. Iulius Germanus), ein στρατης (SB 4608)
  • Ιουλιανος (Iulianus), ein Centurio (SB 4608)
  • Κρισπινος (Crispinus) (AE 1903.223)
  • Μάρκος Ἀντώνιος Πάστω[ρ] (Marcus Antonius Pastor), ein Veteran
  • Ουαλεριος Απολιναρειος (Valerius Apolinarius), ein στρατιωτης (Soldat) (SB 4566)
  • [Pom]peius, ein Decurio (Lesquier 26)
  • Σερηνος (Serenus), ein Centurio (AE 1903.229)
  • T(itus) Flavius Valens, ein Centurio (IDakke 00100)

Papyrus BGU 696

In dem Papyrus, der auf den 31. August 156 datiert ist, sind die folgenden Angehörigen der Kohorte aufgeführt:

  • Ammonius, ein Soldat
  • Anubas Amm[on], ein Soldat
  • Apollos Herminus, ein Soldat
  • Artemidor[us], ein Decurio
  • A. Flavius Vespasianus, ein Decurio
  • Candidus, ein Centurio
  • Cronius Barbasatis, ein dromadarius
  • Eros E[], ein Soldat
  • G. Iulius [], ein Soldat
  • G. Longinus Apollo, ein Soldat
  • G. Sigillius Val[e]ns, ein Soldat
  • Gaianus, ein Centurio
  • Gan[], ein Centurio
  • Heraclammon Q[], ein Soldat
  • Herculanus, ein Centurio
  • Hermacis Apynchis, ein Reiter
  • Horatius Herennianus, ein Soldat
  • Ision Petsireos, ein Reiter
  • Lappus, ein Centurio
  • Maevius Margellus, ein Soldat
  • Marcus, ein Centurio
  • Philon Isiognis, ein Soldat
  • Salvianus, ein Decurio
  • Sempronianus, ein Centurio
  • Sextus Sempronius Candidus, ein Centurio
  • Valerius Tertius, ein Soldat

Der Papyrus enthält am Anfang einen Bericht über die Mannschaftsstärke (pridianum). Er gibt den Personalbestand der Einheit für den 1. Januar 156 (bzw. den 31. Dezember 155) mit insgesamt 505 Angehörigen an; davon waren 6 Centurionen, 3 Decurionen, 363 Fußsoldaten, 114 Reiter und 19 dromadarii. In dem Dokument sind dann für den weiteren Verlauf des Jahres alle Personalveränderungen, wie Zugänge von Rekruten, Versetzungen von Soldaten aus anderen Einheiten sowie Beförderungen verzeichnet. Die neuen Rekruten (tirones probati voluntari) waren zuvor durch den Statthalter Ägyptens, Marcus Sempronius Liberalis, gemustert worden. In dem Dokument ist tagesgenau festgehalten, welchen Centurien und Turmae die einzelnen Soldaten zugeteilt wurden.

Papyrus PSI IX 1063

In dem Papyrus, der auf den 3. September 117 datiert ist, sind sechs Signiferi (sowie die zugehörigen Centurionen, in deren Centurie sie dienten) aufgeführt:

  • []rianus (Centurie des Agrius)
  • [] Maximus (Centurie des Celer)
  • Domitius Rufus (Centurie des Ta[])
  • Longinus Longus (Centurie des Tituleius)
  • Longinus Tituleius, ein Centurio
  • Quintus Herennius (Centurie des Longianus)
  • Valerius Rufus (Centurie des Crescens)

Der Papyrus stellt eine Sammelquittung dar, auf der die sechs Signiferi, die als Kassenverwalter ihrer jeweiligen Centurie dienen, einem Centurio der Kohorte namens Longinus Tituleius den Empfang von Geld bestätigen. Dabei dürfte es sich um den Rest des Reisegeldes (viaticum) der Rekruten gehandelt haben, das jetzt durch die Signiferi auf die persönlichen Konten der neuen Soldaten bei der Kasse der Einheit als depositum eingezahlt werden soll. Insgesamt werden 126 neue Soldaten in die Kohorte aufgenommen, die in unterschiedlicher Zahl auf die einzelnen Centurien verteilt werden. Der Anlass für die ungewöhnlich hohe Anzahl an neuen Rekruten, die auf einmal in die Einheit aufgenommen wurden, dürfte in den erheblichen Verlusten liegen, die die Kohorte vermutlich während des Diasporaaufstands um 115/117 erlitten hatte.

Siehe auch

Commons: Cohors I Augusta Praetoria Lusitanorum – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur

  • Margaret M. Roxan: The Auxilia of the Roman Army raised in the Iberian Peninsula. Dissertation, 1973 Volume 1 (PDF 1) Volume 2 (PDF 2)
  • John Spaul: Cohors² The evidence for and a short history of the auxiliary infantry units of the Imperial Roman Army, British Archaeological Reports 2000, BAR International Series (Book 841), ISBN 978-1-84171-046-4.
  • Oliver Stoll: »Medicus Centurio« (PSI 1063). Ein Sanitätsoffizier mit taktischem Kommando? Probleme, Hypothesen, Lösungen. In: Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz. Band 50, Teil 1, 2003, S. 329–354, besonders S. 337–349 (Digitalisat).

Anmerkungen

  1. Laut John Spaul wurde der Zusatz Praetoria nicht als Auszeichnung für einen Kampfeinsatz verliehen, sondern die Soldaten der Kohorte bildeten vermutlich die Leibwache des Praefectus Aegypti. Laut Margaret M. Roxan leitet sich der Zusatz nicht von einer Funktion als Leibwache ab, sondern wurde möglicherweise im Zusammenhang mit dem Aufenthalt von Hadrian im Jahr 130 in Aegyptus verliehen.
  2. Laut Hans-Georg Pflaum wurde die Cohors I Augusta Lusitanorum zusammen mit der Cohors II Thracum vermutlich deshalb in die Provinz Aegyptus verlegt, um die Cohors I Hispanorum und die Cohors I Thebaeorum zu ersetzen, die beide in die Provinz Iudaea verlegt werden sollten (item extranslatarum in Iudaeam I Hispanorum et I Thebaeoram).
  3. 1 2 Laut Margaret M. Roxan ist die Lesung der Inschrift umstritten. Möglicherweise ist in der Inschrift nicht die Cohors I Lusitanorum, sondern eine ansonsten nicht belegte Cohors IV Lusitanorum angegeben.
  4. Der Decurio wurde aus der Ala I Thracum Mauretana zur Kohorte versetzt. Laut Margaret M. Roxan wurde die Versetzung von einigen Historikern als eine Art Bestrafung (oder Degradierung) angesehen, jedoch könnte er auch in seine ursprüngliche Einheit zurückgekehrt und hier zum Decurio befördert worden sein.
  5. 1 2 Der Soldat wurde aus einer unbekannten Einheit zur Kohorte versetzt.
  6. 1 2 Der Soldat wurde aus der Legio II Traiana fortis zur Kohorte versetzt. Laut Margaret M. Roxan könnte es sich dabei um eine Art Bestrafung für Fehlverhalten gehandelt haben, da die Soldaten in einer Auxiliareinheit schlechter bezahlt wurden als die Soldaten in einer Legion.
  7. Der Soldat wurde aus der Cohors I Flavia Cilicum zur Kohorte versetzt.
  8. Laut Margaret M. Roxan wurde Candidus direkt von einem zivilen Posten zum Centurio ernannt (factus ex pagano), möglicherweise, weil er ein Verwandter des Statthalters von Ägypten, Marcus Sempronius Liberalis war.
  9. Der Empfänger des Dokuments, Longinus Tituleius wird in dem Papyrus als ἰατρος ἑκατοντάρχος (Arzt Centurio) bezeichnet. Laut Margaret M. Roxan war er möglicherweise der centurio princeps der Kohorte, der als Reisebegleitung für die Rekruten abgeordnet wurde.
  10. Laut Oliver Stoll sollten normalerweise pro Jahr 25 bis 30 neue Rekruten in die Einheit aufgenommen werden.

Einzelnachweise

  1. Inschriften mit Praetoria (CIL 3, 22, IDakke 00100).
  2. 1 2 3 4 5 rom.mil.rec.1.64 = HGV ChLA 10 411 = Trismegistos 69913. Papyri.info, abgerufen am 23. Juni 2019 (englisch).
  3. 1 2 3 sb.6.9228 = HGV SB 6 9228 = Trismegistos 17877. Papyri.info, abgerufen am 26. Juni 2019 (englisch).
  4. 1 2 3 4 5 6 7 8 Margaret M. Roxan, The Auxilia, S. 497–514, 765–773.
  5. Inschriften mit equitata (AE 1929, 158) bzw. ιππικης (SB 3919).
  6. Militärdiplome der Jahre 86 (CIL 16, 33), 87 (AE 2012, 1959, ZPE-170-201), 90 (RMD 5, 332), 105 (RMD 1, 9), 157/161 (CIL 16, 184) und 179 (RMD 3, 185).
  7. 1 2 3 John Spaul, Cohors², S. 55–58.
  8. Jörg Scheuerbrandt: Exercitus. Aufgaben, Organisation und Befehlsstruktur römischer Armeen während der Kaiserzeit. Dissertation, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau 2003/2004, S. 173–174 Tabellen 15–16 (PDF).
  9. Notitia dignitatum in partibus Orientis XXXI (Online).
  10. Margaret M. Roxan: Pre-Severan auxilia named in the Notitia Dignitatum In: British Archaeological Reports, Band 15 (1976), S. 59–80, hier S. 73.
  11. 1 2 3 4 5 Oliver Stoll: How to get to my regiment? Die tirones Asiani – einige Gedanken zur Praxis der Aushebung und Kommandierung von Rekruten in der Römischen Armee. In: E. Dąbrowa (Hrsg.), Studies on the Greek and Roman Military History. Electrum 14 (Kraków 2008), S. 95–118, hier S. 97–102 (Online).
  12. Inschrift aus Contrapollonospolis (IGRR 1.1275).
  13. Cornelia Römer: Diplom für einen Fußsoldaten aus Koptos vom 23. März 179 In: Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik Band 82 (1990), S. 137–153, hier S. 146–147 (PDF).
  14. Inschrift aus Hieraconpolis (CIL 3, 22).
  15. Inschriften aus Talmis (Lesquier 23, Lesquier 26, SB 3919 vom 29.03.111, SB 4566, SB 4571, SB 4608).
  16. P. 6870 R + P. 14097 R: Bericht über Truppenstärke. Berliner Papyrusdatenbank, abgerufen am 23. Juni 2019 (englisch).
  17. rom.mil.rec.1.74 = HGV PSI 9 1063 = Trismegistos 17472. Papyri.info, abgerufen am 23. Juni 2019 (englisch).
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