Crescens war ein römischer Wagenlenker aus der Zirkusmannschaft der „Blauen“.

Er ist bekannt von einer Inschrift, die zu seinen Ehren in Rom aufgestellt wurde. Der Stein wurde in der Nähe des Stadions des Domitian, an der heutigen Piazza Navona, gefunden und 1878 erstmals publiziert. Heute ist er in den Kapitolinischen Museen ausgestellt. Zunächst ging die Forschung davon aus, dass es sich um eine zu Lebzeiten des Wagenlenkers aufgestellte klassische Ehreninschrift handele. Dies wird vor allem durch die Tatsache nahegelegt, dass die Inschrift direkt bei einem Stadion für Wagenrennen, also an der vermutlichen Wirkungsstätte des Crescens, aufgefunden wurde. Mittlerweile gilt jedoch als wahrscheinlich, dass der Stein dennoch eine Grabinschrift war. Dafür spricht, dass sein Alter, nämlich 22 Jahre, angegeben wird.

Der Inschrift zufolge war Crescens Maure. Da er in dem Text nur mit einem einzelnen Namen und nicht der dreiteiligen Namensform der römischen Bürger genannt wird, dürfte es sich um einen Sklaven gehandelt haben. Sein erster Sieg mit dem Viergespann wird in der Inschrift auf den 8. November 115 datiert, als er bei der Gedenkfeier am Geburtstag des vergöttlichten Kaisers Nerva das 24. (und damit wohl letzte) Wagenrennen des Tages gewann. Bis zum 1. August 124, der Gedenkfeier am Geburtstag des ebenfalls vergöttlichten Kaisers Claudius, nahm Crescens an 686 Wagenrennen teil. Aus der Altersangabe am Anfang der Inschrift lässt sich demnach zurückrechnen, dass er bei seinem ersten Rennen im November 115 13 Jahre alt war. Sein junges Sterbealter könnte darauf hindeuten, dass er keines natürlichen Todes starb, also möglicherweise bei einem Wettkampf ums Leben kam.

Wie bei solchen Inschriften zu Ehren von Wagenlenkern üblich, folgen noch weitere Statistiken zu den Erfolgen des betreffenden Sportlers: So habe er 47 Siege errungen, davon 19 im Einzelrennen, 23 im Zweierrennen und fünf im Dreierrennen. Damit ist die Zahl der Gespanne gemeint, die jede Zirkuspartei im betreffenden Rennen an den Start schickte. Außerdem werden die Siege nach ihrem sportlichen Verlauf unterschieden: Crescens habe von seinen Siegen einen „vorausgeschickt“, acht „besetzt“ und 38 „entrissen“ („praemis{s}(it) I occup(avit) VIII eripuit XXXVIII“). In einem Fall hatte er seinen Gegnern also zunächst einen Vorsprung gelassen (sie „vorausgeschickt“) und dann doch noch den Sieg erlangt; in acht Fällen dagegen lag er das gesamte Rennen über in Führung. In den restlichen 38 Siegen gelang es Crescens erst gegen Ende des Rennens, die anderen Gespanne zu überholen und ihnen damit den Sieg zu „entreißen“. Zu diesen 47 Siegen kamen noch 130 Veranstaltungen, bei denen er den zweiten Platz belegte, und 111 Rennen, die er als Dritter beendete. Zum Abschluss der Inschrift wird das gesamte Preisgeld, das er im Lauf seiner Karriere erworben hatte, mit 1.558.346 Sesterzen beziffert.

Auf den sogenannten Zirkusbechern, Glasgefäßen mit der Darstellung von Wagenrennen, die im 1. Jahrhundert n. Chr. im Nordwesten des römischen Reiches verbreitet waren, wird in sieben Fällen ein Wagenlenker namens Crescens genannt. Da aber weder die Datierung noch die räumliche Verbreitung der Becher völlig zu dem aus Rom bekannten Crescens passt, ist unsicher, ob sich die Glasinschriften auf diesen beziehen.

Literatur

  • Gerhard Horsmann: Die Wagenlenker der römischen Kaiserzeit. Untersuchungen zu ihrer sozialen Stellung (= Forschungen zur antiken Sklaverei. Band 29). Franz Steiner, Stuttgart 1998, ISBN 3-515-07234-9, S. 193 f., Nr. 37.
  • Anne Kolb, Joachim Fugmann: Tod in Rom. Grabinschriften als Spiegel römischen Lebens (= Kulturgeschichte der Antiken Welt. Band 106). Philipp von Zabern, Mainz 2008, ISBN 978-3-8053-3483-9, S. 180–184.

Einzelnachweise

  1. CIL VI, 10050 = Inscriptiones Latinae selectae, Nr. 5285.
  2. Ersilia Caetani-Lovatelli: La iscrizione di Crescente auriga circense. In: Bullettino della Commissione Archeologica Comunale di Roma. Band 6, Nummer 3, 1878, S. 164–176 (Digitalisat).
  3. Anne Kolb, Joachim Fugmann: Tod in Rom. Grabinschriften als Spiegel römischen Lebens. Philipp von Zabern, Mainz 2008, ISBN 978-3-8053-3483-9, S. 180.
  4. Anne Kolb, Joachim Fugmann: Tod in Rom. Grabinschriften als Spiegel römischen Lebens. Philipp von Zabern, Mainz 2008, ISBN 978-3-8053-3483-9, S. 181.
  5. Gerhard Horsmann: Die Wagenlenker der römischen Kaiserzeit. Untersuchungen zu ihrer sozialen Stellung. Franz Steiner, Stuttgart 1998, ISBN 3-515-07234-9, S. 194.
  6. Zu diesen Kategorien siehe etwa Anne Kolb, Joachim Fugmann: Tod in Rom. Grabinschriften als Spiegel römischen Lebens. Philipp von Zabern, Mainz 2008, ISBN 978-3-8053-3483-9, S. 184.
  7. CIL VII, 1273
  8. Christian Landes: Verreries et spectacles romains du Ier siècle. In: Geneviève Sennequier u. a.: Les verres romains à scènes de spectacles trouvés en France. Association Française pour l'Archéologie du Verre, Rouen 1998, ISBN 2-9505942-2-0, S. 11–18, hier S. 15.
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