Die AG Cuba Sí beim Parteivorstand der Partei Die Linke ist eine selbständig wirkende Arbeitsgemeinschaft der Partei Die Linke mit dem Ziel politischer und materieller Solidarität mit dem realsozialistischen bzw. staatsozialistischen Kuba. Das Bundesministerium des Innern bewertete Cuba Sí in den Verfassungsschutzberichten 2007 bis 2018 als „offen extremistisch“.
Struktur
Die Organisation wurde am 23. Juli 1991 gegründet und hat ihren Sitz in Berlin. Die AG hat nach eigenen Angaben 400 Mitglieder in über 40 politisch eigenständigen und unabhängigen Regionalgruppen in Deutschland, die jedoch bundesweit agieren. Drei hauptamtliche Mitarbeiter koordinieren die Arbeit. Cuba Sí finanziert sich über Spendeneinnahmen.
Politische Arbeit
Cuba Sí gibt die Zeitschrift Cuba Sí-revista heraus, die zweimal im Jahr erscheint. Daneben ist Cuba Sí Mitveranstalter der jährlich stattfindenden Rosa-Luxemburg-Konferenz und tritt auf diversen Veranstaltungen mit Ständen auf. Sowohl bei Veranstaltungen als auch über das Internet verbreitet Cuba Sí eine breite Auswahl an Texten, in denen die Politik der kubanischen Regierung positiv dargestellt und in kontroversen politischen Fragen (z. B. Menschenrechte, Pressefreiheit, freie Wahlen) der Standpunkt der kubanischen Regierung vertreten wird.
Außerdem organisiert Cuba Sí „politische Reisen“ nach Kuba, darunter jährlich zur internationalen Buchmesse von Havanna, außerdem „Workcamps“ genannte Reisen, die außer von staatlichen Organisationen betreuten Besuchen in verschiedenen Institutionen auch einen freiwilligen Arbeitseinsatz beinhalten und für „die Akzeptanz des kubanischen Systems grundlegende Voraussetzung“ ist.
Hilfsprojekte
„Milch für Kubas Kinder“
Dieses Projekt unterstützt die Milchproduktion in Kuba. Projektpartner ist die Kubanische Vereinigung für Tierproduktion (ACPA). Bestätigte Projektvorschläge, halbjährliche Projektberichte sowie regelmäßig stattfindende Evaluierungen und Workshops sind Bestandteile der Projektarbeit. Die Projekte werden 2011 in vier Provinzen des Landes durchgeführt: Havanna, Sancti Spiritus, Provinz Pinar del Río und Guantánamo. Gefördert werden Genossenschaften und staatliche Betriebe.
„Kuba muss überleben“
Ziel des Projektes ist die materielle Unterstützung der sozialen Infrastruktur in den Projektregionen, die Realisierung kurzfristiger Projekte in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Kultur und anderen sowie die Gewährleistung der politischen Arbeit und Solidaritätskampagnen der AG Cuba Sí beim Parteivorstand der Linken.
„Almendares Vivo“
Almendares Vivo ist ein Kulturprojekt, das Cuba Sí gemeinsam mit dem Musiker Gerardo Alfonso und mehreren internationalen Nichtregierungsorganisationen unterstützt. Das Projekt ist nach dem Almendares-Park in Havanna bzw. dessen Amphitheater benannt. Ziel ist es, Künstlern eine Bühne zu bieten und das kulturelle Leben in Havanna zu bereichern. Da die Eintrittspreise der Veranstaltungen umgerechnet nur wenige Cent betragen, kann das Projekt sich nicht ohne Hilfe von außen tragen. Cuba Sí unterstützt das Projekt unter anderem mit der Lieferung von Musikinstrumenten und Zubehör. Die Arbeit erfolgt oftmals gegen den auch in Kuba ausgeprägten Bürokratismus und das Misstrauen einiger Kulturfunktionäre gegen die Ziele und Formen des Projekts.
Wirkung
Nach Aussagen der kubanischen Partner von der Vereinigung für Tierproduktion, ACPA, hat Cuba Sí in den 20 Jahren seines Bestehens bis 2011 zur Produktion von mehr als 20 Millionen Litern Milch beigetragen. Dadurch hätten über 10 Millionen US-Dollar für den Import von Milchpulver eingespart werden können. Fast 10.000 Hektar Acker- und Weideflächen seien wieder nutzbar gemacht worden. 374 Wohnhäuser für die Rinderzüchter sowie 400 Stallanlagen seien neu gebaut oder instand gesetzt worden. Von der Unterstützung profitieren auch die Projektregionen. So konnten z. B. Beregnungsanlagen und Wasserversorgungssysteme repariert oder neu installiert, 61 Biogasanlagen gebaut und 250.000 Bäume gepflanzt werden. In der Provinz Guantánamo ist eine komplette Schmiedewerkstatt eingerichtet worden.
Zusammenarbeit mit anderen Organisationen
Organisationen mit denen Cuba Sí partnerschaftliche Kontakte pflegt sind die Kommunistische Partei Kubas (PCC), das Kubanische Institut für Völkerfreundschaft (ICAP), die Zentrale der Gewerkschaften Kubas (CTC), die Pionierorganisation „José Martí“ (OPJM) die Zeitschrift Bohemia, die Kubanische Kammer des Buches (CCL), das Kulturprojekt Almendares Vivo und Andere. Cuba Sí ist weiterhin Mitglied im bundesweiten Netzwerk Cuba – informationsbüro e. V. und unterhält partnerschaftliche Kontakte zu nationalen und internationalen Kuba-Solidaritätsorganisationen.
Unterstützung von Venezuela
Im August 2017 veröffentlichte Cuba Sí im Zusammenhang mit der politischen Entwicklung in Venezuela eine Stellungnahme des „Netzwerks Cuba“, dessen Mitglied die Gruppe ist: „Wir stehen unverrückbar auf der Seite der bolivarischen Regierung und des zivilisierten Volkes“.
Beobachtung durch den Verfassungsschutz
Wie auch andere Gruppierungen, die der Partei Die Linke nahestehen oder ihr direkt zugehörig sind, wird Cuba Sí vom Bundesinnenministerium in den Verfassungsschutzberichten 2007 bis 2013 als „offen extremistisch“ bezeichnet. So merkt der Verfassungsschutzbericht 2008 an, dass Cuba Sí im März 2008 u. a. mit der DKP und der „Kommunistischen Arbeiterzeitung“ (KAZ) einen gemeinsamen Aufruf zur Unterstützung des sozialistischen Kuba veröffentlichte. In dem Aufruf hieß es:
- „Solidarität mit Cuba! (…) Was diese Handlanger des US-Staatsterrorismus meinen ist klar: Sturz der cubanischen Regierung und der sozialistischen Gesellschaftsordnung! Wir rufen die Freundinnen und Freunde des cubanischen Volkes und seiner sozialistischen Regierung auf: Verteidigen wir Cubas Unabhängigkeit und Souveränität!“
Der Verfassungsschutzbericht der Bundesregierung begründet die Auflistung der Gruppe mit der fehlenden kritischen Auseinandersetzung mit Menschenrechtsverstößen in Kuba. Stattdessen würde gemäß Homepage der AG Cuba Sí Kuba als „vorbildlich in der Verwirklichung von Menschenrechten“ dargestellt. Das Bayerische Staatsministerium des Innern äußert in seinem eigenen Verfassungsschutzbericht 2008 die Sorge, dass Die Linke das demokratische Grundverständnis bezüglich der Menschenrechte nicht uneingeschränkt teile und Arbeitsgemeinschaften wie Cuba Sí Menschenrechtsverletzungen in sozialistischen Staaten gezielt relativiere. So befürwortet Cuba Sí ausdrücklich den Sozialismus kubanischer Prägung trotz seiner, aus Sicht des bayerischen behörderlichen Berichterstatters, offenkundig autoritären Natur.
Kritik
Der Soziologe Klaus Meschkat kritisiert, dass Kuba-Solidaritätsorganisationen wie Cuba Sí! „es für ihre revolutionäre Pflicht halten, auf jede offene Kritik an der kubanischen Führung zu verzichten oder sogar repressive Maßnahmen zu rechtfertigen – im besten Falle mit pflichtschuldigem Bedauern der Todesstrafen und ihrer Vollstreckung.“ Dabei verzichteten sie „auf das eigene Urteil angesichts der Weisheit eines genialen Führers“ Fidel Castro, der, inklusive dessen Führungsriege, „über jede Kritik erhaben zu sein“ scheint. Die kubanische Revolution werde dabei religiös überhöht.
Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel kritisierte 1996 eine „Verherrlichung des Castro-Regimes“ durch Cuba Sí. Zudem berichtete das Magazin über das PDS-Mitglied Frank-Reginald Evertz, der ursprünglich mit Cuba Sí zusammen auf der Insel einen Kibbuz nach israelischem Vorbild gründen wollte. Evertz verwarf die Pläne jedoch umgehend, nachdem er an einer zweimonatigen Bildungsreise auf Kuba teilgenommen hatte. Er war dort einheimischen Regimegegnern begegnet, die schweren Repressalien durch das kommunistische Regime ausgesetzt waren. Als Folge dessen knüpfte Evertz Kontakt zu der Dissidentengruppe „Bewegung für die Wahrheit“ und kam zu dem Ergebnis: „Auf Kuba herrscht tropischer Stalinismus.“
Eine wie auch immer geartete spezifische Auseinandersetzung von Cuba Sí mit staatlichen Menschenrechtsverletzungen und politischer Repression auf Kuba ist laut dem Fernsehmagazin Kontraste nur schwer erkennbar, ebenso wenig wie eine kritische Diskussion über das Einparteiensystem und die autoritäre Regierungspraxis in Kuba bezüglich der innerkubanischen Opposition. Die Bundestagsabgeordnete der Linkspartei Ulla Jelpke behauptete, dass ihre Antworten im Kontraste-Interview in einen falschen Zusammenhang gestellt worden seien.
Die Mitzeichnung der Kuba-Resolution des Europäischen Parlamentes vom 2. Februar 2006, in der die Menschenrechtsverletzungen durch das Castro-Regime kritisiert werden, durch drei deutsche Abgeordnete der Konföderalen Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken (André Brie, Helmuth Markov, Gabi Zimmer) wurde in der Ausgabe 2/2006 der Cuba Sí Revista scharf kritisiert und die Resolution insgesamt als „unwürdiges Szenarium“ bezeichnet, das in der Tradition „kolonialer Manier“ und der „Einmischung“ in die „inneren Angelegenheiten eines Staates“ stehe. Der vom Europäischen Parlament angestrebte „friedliche Wandel“ auf Kuba wird als Politik im Stil der von „hegemonialen Interessen geleiteten US-Außenpolitik“ verurteilt. Eine Diskussion über Menschenrechte auf Kuba sei mit einer „solidarischen Perspektive“ mit den „Kubanerinnen und Kubanern“ zu führen statt wie bisher mit „Oppositionsgruppen“.
Literatur
- Heinz-W. Hammer, Frank Schwitalla: Solidarität – die Zärtlichkeit der Völker. Kleines Nachschlagewerk zur 20-jährigen Geschichte des Netzwerk Cuba e.V., Papyrossa, 2013, ISBN 978-3-89438-523-1.
Weblinks
- Cuba Sí
- Bundesamt für Verfassungsschutz: Verfassungsschutzbericht 2012 (PDF, 5,7 MB) – Abschnitt zu Cuba Sí auf S. 211f.
- 20 Jahre Cuba Si (Teil 1 von 5)
Einzelnachweise
- ↑ Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2007: Verfassungsschutzbericht 2007 (Memento vom 20. September 2008 im Internet Archive) (S. 152), Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2018 Verfassungsschutzbericht 2018 (PDF, S. 161)
- ↑ 20 Jahre Cuba Si
- ↑ Stern Online, 22. Juli 2010 Was wollen KPF, Geraer Dialog oder „Cuba Si“?
- ↑ Rundreise (Memento vom 12. Januar 2015 im Internet Archive), Informationen zu einer Rundreise auf der Homepage von Cuba Sí
- ↑ Workcamps, Informationen zu Reisen mit Arbeitseinsatz auf der Homepage von Cuba Sí
- ↑ http://cuba-si.org/files/cuba/revista/revista_1-2010_web.pdf
- ↑ Ein Dankeschön aus Kuba
- ↑ Mitglieder im Netzwerk Cuba (Memento vom 5. März 2016 im Internet Archive)
- ↑ Putin, Maduro und Co. Linker Krampf mit Autokraten, Spiegel Online, 10. August 2017
- ↑ Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2007: Verfassungsschutzbericht 2007 (Memento vom 20. September 2008 im Internet Archive) (S. 154)
- ↑ Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2013: Verfassungsschutzbericht 2013 (S. 182; PDF; 4,94 MB)
- ↑ Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2008: Verfassungsschutzbericht 2008 (Memento vom 7. Oktober 2009 im Internet Archive) (S. 152; PDF; 4,9 MB)
- ↑ junge Welt Nr. 62 vom 13. März 2008, Beilage „literatur“, S. 7.
- ↑ Homepage der AG Cuba Sí, 8. November 2010. Zitiert in Verfassungsschutzbericht 2010
- ↑ Bayerischer Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2008: Bayerischer Verfassungsschutzbericht 2008 (Memento vom 10. Juni 2015 im Internet Archive) (S. 162 (unten), S. 163 (oben); PDF; 3,4 MB)
- ↑ Klaus Meschkat: Verzicht auf das eigene Urteil – Kuba-Kontroverse (Memento vom 21. August 2011 im Internet Archive), Sozialistische Positionen, zuerst erschienen in: z3w - blätter des informationszentrums 3. welt. Nr. 270 Juli/August 2003
- ↑ Der Spiegel 15. April 1996 Sozialisten – Letzte Reservate
- ↑ Kontraste: Kuba-Krise in der Linkspartei – wie viel Kritik verträgt der Sozialismus unter Palmen? (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Oktober 2022. Suche in Webarchiven.) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. https://www.spiegel.de/politik/deutschland/kuba-krise-die-pds-hat-kein-verhaeltnis-zu-menschenrechten-a-403755.html
- ↑ Falsche Darstellung in der Sendung „kontraste“ (Memento vom 3. Januar 2013 im Internet Archive) (Pressemitteilung von MdB Ulla Jelpke vom 24. März 2006)
- ↑ Solidarität und Menschenrechte (PDF; 443 kB) in: Cuba Sí Revista 2/2006 (S. 3)
- ↑ Parteivorstand kanzelt Kuba-Kritiker ab in: Der Spiegel vom 28. Februar 2006