David Zeisberger (* 2. März 1721 in Zauchtenthal, heute Suchdol nad Odrou; † 17. November 1808 in Goshen, Ohio) war ein deutscher Missionar und Sprachforscher von der Herrnhuter Brüdergemeine. Die Herrnhuter Missionare kamen im Jahr 1735 aus Deutschland nach Nordamerika. Sie predigten Widerstand- und Gewaltlosigkeit und bewirkten bei vielen konvertierten Indianern eine bemerkenswerte Veränderung. Sie wurden Mährische Indianer (engl.: Moravian Indians) genannt und wohnten in Dörfern mit Namen wie Salem, Bethlehem oder Gnadenhütten. Dort züchteten sie Pferde und Rinder, kultivierten Obstgärten, bestellten ihre Felder und versammelten sich täglich zum Gottesdienst.
Leben
Kindheit und Jugend
Zeisbergers Eltern David und Rosina Zeisberger waren treue Anhänger der Brüderunität (Jednota Bratská) und mussten im Jahr 1726 gemeinsam mit ihrem fünfjährigen Sohn und anderen Gläubigen wegen religiöser Verfolgung nach Deutschland fliehen. Sie fanden erste Zuflucht in der Lausitz auf dem Besitztum von Graf Nikolaus Ludwig von Zinzendorf, einem Anhänger der pietistischen Bewegung.
Schon 1722 hatte Graf Zinzendorf mit der Aufnahme von Glaubensflüchtlingen aus Mähren begonnen, Nachkommen der alten böhmisch-mährischen Brüder. Diese gründeten die Siedlung Herrnhut, aus der die kirchlich eigenständige Brüdergemeine entstand. Im August 1727 kam es zur Gründung der Herrnhuter Brüdergemeine, die besonders im Bereich der Mission tätig wurde. Graf Zinzendorf kaufte 1735 Land für die Missionsarbeit in der britischen Kolonie Georgia in Nordamerika.
Davids Eltern gehörten zu den ersten zwanzig Brüdern, die sich auf die Reise nach Georgia begaben. Ihren Sohn David ließen sie in Deutschland zurück, damit er seine Schulausbildung beenden konnte. Besonders im Fach Latein zeigte sich Davids außerordentliche Sprachbegabung. Im Alter von fünfzehn Jahren versetzte ihn Zinzendorf in die holländische Niederlassung Herrendyk der Herrenhuter. 1738 wurde ihm die Passage nach Georgia zu seiner Familie gestattet und bezahlt.
In Amerika
In Georgia besuchte er seine Eltern in der Herrnhuter Gemeinde in Savannah. Er predigte bei den Creek in Georgia und erlernte in kurzer Zeit deren Sprache. Das war der Beginn seiner 62-jährigen Missionstätigkeit unter den Indianern im Osten der heutigen USA. 1739 zog er nach Pennsylvania und war an der Gründung der Siedlungen von Nazareth und Bethlehem am 24. Dezember 1741 beteiligt. Gemeinsam mit seinen Eltern lebte er zunächst in Bethlehem in Pennsylvania und erlernte die Sprache der Irokesen. Auf Einladung von Hendrick Theyanoguin besuchte er 1745 die Mohawk in ihren Dörfern am Hudson River. Im Verlauf seiner Missionstätigkeit wurde er von den Engländern als französischer Spion festgenommen und in Albany sieben Wochen lang ins Gefängnis gesteckt. Nach seiner Freilassung ging er erneut auf Reisen zum Großen Rat der Irokesen im Hauptdorf der Onondaga und verlegte die Mission Schekomeko an den Susquehanna River weiter im Westen ihres Stammesgebiets. In der Folgezeit führte ihn seine Missionstätigkeit an verschiedene Orte in Pennsylvania und Ohio, in denen die Angehörigen der von der Ostküste vertriebenen Indianer vieler Stämme lebten.
Obwohl die Herrnhuter Brüder zu zahlreichen Stämmen Kontakt hatten, war die Bekehrung der Lenni Lenape offenbar ihr wichtigstes Missionsziel. Sie folgten diesem Stamm westwärts von Pennsylvania über Ohio und Indiana schließlich nach Kansas. Im Jahr 1772 gründete David Zeisberger für konvertierte Lenni Lenape am Tuscarawas River den Ort Gnadenhütten in Ohio.
Am Vorabend des Amerikanischen Unabhängigkeitskriegs kam es vermehrt zu Konflikten zwischen Indianern und weißen Siedlern, in die auch die Missionsstationen hineingezogen wurden. Zeisbergers Beziehungen zu den britischen Behörden verschlechterten sich im Verlauf des Unabhängigkeitskriegs zusehends, weil er sich auf die Seite der Indianer stellte und für deren Rechte eintrat. 1781 wurde er verhaftet und kam ins Gefängnis von Detroit. In dieser Zeit, am 8. März 1782, wurden im sogenannten Gnadenhütten-Massaker 96 christliche Indianer von amerikanischen Soldaten der Pennsylvania-Miliz getötet.
Nach seiner Freilassung 1782 erzwangen die Expansion der Weißen sowie auch Konflikte mit anderen Stämmen die Verlegung der Missionsstationen nach Michigan und Ontario. Zeisberger kehrte später zurück, um den Rest seines Lebens bei konvertierten Indianern in Goshen bei Gnadenhütten am Muskingum River in Ohio zu verbringen. Dort starb er im Alter von 87 Jahren.
Werk
In seiner 62-jährigen Dienstzeit hat David Zeisberger zahllose Indianer zum Christentum bekehrt und unterrichtet. Man nannte ihn deshalb Apostel der Indianer. Ebenso bemerkenswert ist seine Leistung als Forscher der nordamerikanischen Indianersprachen und als Schriftsteller. 1776 erschien sein Werk: Essay of a Delaware Indian and English Spellingbook (dt. Beschreibung eines Delaware-Indianers und englische Rechtschreibung). Er hatte das Buch für christliche Indianer am Muskingum River geschrieben, das im Jahr 1806 in erweiterter Form neu aufgelegt wurde. Außerdem publizierte er eine Grammatik und ein Wörterbuch der Onondaga-Sprache und 1803 eine Zusammenfassung geistlicher Lieder und Kinderpredigten in der Sprache der Delaware. Posthum wurde 1823 Zeisbergers Übersetzung von Samuel Lieberkühns Evangelienharmonie herausgegeben. Zur gleichen Zeit erschien ein englisch-deutsches Wörterbuch der Indianersprachen der Onondaga und Lenni Lenape und deren Grammatik, in dem auch Teile des Neuen Testaments übersetzt wurden. Wie andere Mitglieder der Brüdergemeine hinterließ er zahlreiche Tagebücher, die detailliert das Leben und die Kultur der Indianer schildern.
Schriften
- David Zeisberger: The Moravian mission diaries of David Zeisberger. Pennsylvania State University Press, University Park, Pennsylvania 2005.
- David Zeisberger: Herrnhuter Indianermission in der Amerikanischen Revolution. Akademie Verlag, Berlin 1995.
- David Zeisberger: Grammar of the language of the Lenni Lenape or Delaware Indians. AMS Press, New York 1980.
- David Zeisberger: Grammar of the language of the Lenni Lenape or Delaware Indians. Translated from the German manuscript of the author by Peter Stephen du Ponceau. With a preface and notes by the translator. The Transactions of the American Philosophical Society. James Kay jr., Philadelphia 1827. Online auf archive.org.
Übersetzungen ins Delawarische
- Elekup Nihillalquonk woak Pemauchsohalquonk Jesus Christ. The history of our Lord and Saviour Jesus Christ: comprehending all that the four evangelists have recorded concerning him: all their relations being brought together in one narration, so that no circumstance is omitted, but that inestimable history is continued in one series, in the very words of Scripture. Translated into Delaware by David Zeisberger. Daniel Fanshaw, New York 1821. Online auf archive.org.
- Übersetzung des Werkes von Samuel Lieberkühn: Die Geschichte unsers Herrn und Heilandes Jesu Christi aus den vier Evangelisten zusammen gezogen. Verlegt und zu finden in der Buchhandlung der evangelischen Brüderunität, bey C. E. Senft. Gnadau 1820. Online auf archive.org.
- Abraham Luckenbach (Hrsg.): A collection of hymns for the use of the Delaware Christian Indians of the missions of the United Brethren of North America. Translated by David Zeisberger. J. & W. Held, Bethlehem 1847. Online auf archive.org.
Gedenktag
Literatur
- Friedrich Ratzel: Zeisberger, David. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 45, Duncker & Humblot, Leipzig 1900, S. 1 f.
- Edmund De Schweinitz: The Life and Times of David Zeisberger. The western Pioneer and Apostle of the Indians. Lippincott, Philadelphia 1871 (Reprint. Arno Press, New York NY 1971, ISBN 0-405-02844-X)
- Norman B. Springlane: Zeisberger, David. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 14, Bautz, Herzberg 1998, ISBN 3-88309-073-5, Sp. 374–375.
- Georg K. Weissenborn: David Zeisberger. The apostle of the Indians. German-Canadian Yearbook, 2, 1975, Historical Society of Mecklenburg, Upper Canada ISSN 0316-8603 S. 185 – 188.
- Hermann Wellenreuther, Carola Wessel (Hrsg.): Herrnhuter Indianermission in der Amerikanischen Revolution. Die Tagebücher von David Zeisberger 1772 bis 1781 (= Selbstzeugnisse der Neuzeit. Bd. 3). Akademie-Verlag, Berlin 1995, ISBN 3-05-002744-4.
- Constantin von Wurzbach: Zeisberger, David. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 59. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1890, S. 291 (Digitalisat).
- David Zeisberger. Der Apostel der Indianer (Zeugen Gottes aus allerlei Volk, H. 9), Berlin 1906. Vorhanden in der Handschriftenabteilung der Universitätsbibliothek Erlangen, Signatur MS 2666.
Weblinks
Einzelnachweise
- 1 2 3 Johannes-Mathesius-Gesellschaft – David Zeisberger
- 1 2 Friedrich Ratzel: Zeisberger, David. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 45, Duncker & Humblot, Leipzig 1900, S. 1 f.
- ↑ David Zeisberger im Ökumenischen Heiligenlexikon