Denghoog

Das Hünengrab Denghoog in Wenningstedt

Koordinaten 54° 56′ 25,5″ N,  19′ 45″ O
Ort Wenningstedt-Braderup (Sylt), Schleswig-Holstein, Deutschland
Entstehung 3200 bis 2800 v. Chr.
Sprockhoff-Nr. 4

Der Denghoog („Thinghügel“), nördlich der Kapelle von Wenningstedt auf Sylt gelegen, ist ein Großsteingrab, nach dem die jungsteinzeitliche Denghoog-Stufe benannt wurde. Das begehbare Ganggrab liegt unter einem 3,2 Meter hohen Hügel. Bau und Nutzung fallen, gemäß der ausgegrabenen Keramik und der gefundenen Steinbeile der Trichterbecherkultur (TBK) in die Stufen Mittelneolithikum Ib bis V der norddeutsch-südskandinavischen Chronologie. Das entspricht dem Zeitraum zwischen 3200 und 2800 v. Chr.

Forschungsgeschichte

Der Hügel wurde erstmals vom 17. bis 19. September 1868 durch den Hamburger Geologen Ferdinand Wibel (1840–1902) untersucht. Seit den 1930er Jahren können Besucher das besterhaltene Ganggrab Schleswig-Holsteins besichtigen. Ernst Sprockhoff vermaß das Grab 1960 und nahm es in seinem „Atlas der Megalithgräber Deutschlands“ unter der Nummer 4 auf. Aufgrund einer Verstürzung im Gang, die für eine schlechte Durchlüftung der Anlage sorgte, erfolgte vom 5. Mai bis 25. Juni 1982 eine erneute Grabung unter Leitung von Joachim Reichstein und Hans-Jörg Repkewitz, die sich hauptsächlich auf den Gang und den vorgelagerten Bereich konzentrierte. Parallel hierzu gruben sie einen Grabhügel bei Rantum aus. Die Grabung am Denghoog wurde zunächst nicht publiziert, es folgten lediglich ein Ortsaktenvermerk und ein interner Bericht für das Archäologische Landesamt Schleswig-Holstein. Eine Aufarbeitung der Grabung und des hierbei angefallenen Fundmaterials erfolgte 2013 im Rahmen der 2014 publizierten Magisterarbeit von Maria Wunderlich.

Beschreibung

Architektur

Die ovale Kammer misst fünf Meter in öst-westlicher und etwa drei Meter im breiten Bereich der Nord-Süd-Richtung. Ihre Höhe beträgt etwa 1,9 Meter an der West- und 1,5 Meter an der Ostseite. Die Kammer besteht aus erratischen Blöcken (Findlingen) der Eiszeit die bis zu 18 Tonnen wiegen. Es handelt sich um zwölf Tragsteine, drei Decksteine, zwölf Randsteine und zwei Türsteine im Gang. Die Lücken zwischen den Trag- und den Gangsteinen sind mit Rotsandsteinplatten gefüllt. Man gelangte ursprünglich durch einen sechs Meter langen, einen Meter hohen und breiten, gepflasterten Gang in die Kammer, heute erfolgt der Zugang für Besucher von oben. Der Gang hat eine (in der Mitte gelegene) und Türrahmenkonstruktion. In der Osthälfte der Kammer ist durch eine Doppelreihe hochkant gestellter Platten ein Quartier abgetrennt. Hier befand sich auf dem sorgsam verlegten Bodenpflaster eine Feuerstelle.

Funde

Man fand in der Grabkammer Reste einer unverbrannten Leiche, einen Rinderzahn, Gefäße, Scherben, Beile, Flach- und Hohlmeißel und sechs Bernsteinperlen. Die Originalfunde befinden sich im Schloss Gottorf in Schleswig. Kopien findet man im Sylter Heimatmuseum, in Keitum. Der Name Denghoog ist Sylter Nordfriesisch (Sölring) und bedeutet Thinghügel (Deng: Thing; Hoog: Hügel). Daher ist es auch möglich, dass die Anlage von den Menschen auch als Richtplatz genutzt wurde.

Siehe auch

Literatur

  • Carl Johan Becker: Denghoog. In: Sebastian Brather, Wilhelm Heizmann, Steffen Patzold (Hrsg.): Germanische Altertumskunde Online. De Gruyter, Berlin/New York 2010.
  • Christiane Hinrichsen: Das Neolithikum auf den Nordfriesischen Inseln (= Universitätsforschungen zur prähistorischen Archäologie. Band 133). Habelt, Bonn 2006, ISBN 3-7749-3447-9.
  • Karl Kersten: Der Denghoog von Wenningstedt. In: Römisch-Germanischen Zentralmuseum (Hrsg.): Führer zu vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern. Band 9: Schleswig, Haithabu, Sylt. Unveränderter Nachdruck. von Zabern, Mainz 1978, ISBN 3-8053-0124-3, S. 209–225, 232–234, 238–241.
  • Karl Kersten, Peter LaBaume: Vorgeschichte der nordfriesischen Inseln. Die nordfriesischen Inseln Amrum, Föhr und Sylt (Kreis Südtondern) (= Die vor- und frühgeschichtlichen Denkmäler und Funde in Schleswig-Holstein. Band 4). Wachholtz, Neumünster 1958, S. 614–618.
  • Stefanie Klooß, Ulf Ickerodt: Mein Denkmal, dein Denkmal. Händel um den Denghoog. In: Archäologische Nachrichten aus Schleswig-Holstein. 2019, S. 24–31.
  • Anette Lenzing: Gerichtslinden und Thingplätze in Deutschland. Verlag Langewiesche, Königstein i. T. 2005, ISBN 3-7845-4520-3, (Die blauen Bücher).
  • Karsten Kjer Michaelsen: Politikens bog om Danmarks oldtid (= Politikens håndbøger.) Politiken, Kopenhagen 2002, ISBN 87-567-6458-8, S. 126
  • Hermann Schmidt: Der Denghoog in Wenningstedt auf Sylt. In: Nordfriesischer Verein (Hrsg.): „Sie reden heute noch“. Kulturstätten aus der Vergangenheit Nordfrieslands in der Obhut des Nordfriesischen Vereins. Husum 1975, S. 9–14 (PDF; 0,7 MB).
  • Ernst Sprockhoff: Atlas der Megalithgräber Deutschlands – Schleswig-Holstein. Rudolf Habelt, Bonn 1966, S. 2.
  • Ferdinand Wibel: Der Gangbau des Denghoogs bei Wenningstedt auf Sylt. (= 29. Bericht der Schleswig-Holstein-Lauenburgischen Gesellschaft für die Sammlung und Erhaltung vaterländischer Alterthümer). Maack’s, Kiel 1869 (Online).
  • Maria Wunderlich: Der Denghoog LA 85 bei Wenningstedt auf Sylt im Kontext der trichterbecherzeitlichen Gesellschaften auf den Nordfriesischen Inseln. In: Denghoog – Großeibstadt – Rastorf. Studien zu neolithischen Gräbern und Häusern (= Frühe Monumentalität und soziale Differenzierung. Band 5). Habelt, Bonn 2014, ISBN 978-3-7749-3893-9, S. 9–158 (Online).
Commons: Großsteingrab Denghoog – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Maria Wunderlich: Der Denghoog LA 85 bei Wenningstedt auf Sylt im Kontext der trichterbecherzeitlichen Gesellschaften auf den Nordfriesischen Inseln. 2014, S. 61.
  2. Johannes Müller et al.: Periodisierung der Trichterbecher-Gesellschaften. Ein Arbeitsentwurf. In: Martin Hinz, Johannes Müller (Hrsg.): Siedlung, Grabenwerk, Großsteingrab. Studien zur Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt der Trichterbechergruppen im nördlichen Mitteleuropa (= Frühe Monumentalität und soziale Differenzierung. Band 2). Rudolf Habelt Verlag, Bonn 2012, ISBN 978-3-7749-3813-7, S. 30.
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