Deutsch-nicaraguanische Beziehungen
Deutschland Nicaragua
Deutschland Nicaragua

Die Deutsch-nicaraguanischen Beziehungen sind freundschaftlich und bis heute durch die zahlreichen Solidaritätsbewegungen und Hilfsvereine in Ost- und Westdeutschland geprägt, die sich in den 1970er und 1980er Jahren bildeten.

Geschichte

Die ersten deutschen Einwanderer ließen sich im frühen 19. Jahrhundert in Nicaragua nieder, ein Staat, welcher sich 1821 für unabhängig erklärte. Im Jahre 1844 ließen Carl von Preußen und Otto Victor I. von Schönburg die Gegend um Bluefields an der Miskitoküste erkunden; die Gründung einer bayerischen Kolonie scheiterte allerdings wenig später. Nach der Deutschen Einigung verstärkte das Deutsche Reich seine Handelsaktivitäten in Mittelamerika und errichtete diplomatische Repräsentation u. a. in Nicaragua. Mit der Eisenstuck-Affäre kam es 1876–1878 zu einer diplomatisch-militärischen Auseinandersetzung zwischen dem Deutschen Reich und Nicaragua. Nachdem der deutsche Konsul Paul Eisenstuck verprügelt und verhaftet worden war, verlangte das Deutsche Reich eine Entschädigung von 30.000 US-Dollar für die Behandlung des Konsuls. Nachdem Nicaragua sich geweigert hatte, eine Entschädigung zu zahlen, bat das Auswärtige Amt die Kaiserliche Admiralität schließlich im August 1877 um Unterstützung, welche mehrere Schlachtschiffe nach Nicaragua entsendete. Am 31. März 1878 gab die Regierung Nicaragua schließlich nach und zahlte eine Entschädigung. Der Fall war beispielhaft für europäische Kanonenbootpolitik und deutsches Weltmachtstreben im späten 19. Jahrhundert.

Während des Zweiten Weltkrieges erklärte Nicaragua unter Präsident Anastasio Somoza García dem NS-Regime am 11. Dezember 1941 den Krieg, was zur Internierung der sich im Land befindenden Deutschen führte, darunter der Schriftsteller Friedrich Karl Kaul. Nach dem Krieg nahm Nicaragua 1954 mit der Bundesrepublik Deutschland diplomatische Beziehungen auf. In Deutschland entstanden Ende der 1970er zahlreiche Solidaritätskomitees und Nicaragua-Vereine. 1979 versuchten linke Aktivisten aus Protest gegen die Diktatur des Somoza-Clan, die Botschaft Nicaraguas in Bonn zu besetzen, was von der Polizei verhindert wurde. Nach dem Sturz der autoritären, aber mit dem Westen verbündeten Somoza-Diktatur durch die Sandinisten strich die BRD-Regierung die Finanzhilfen für Nicaragua, während gleichzeitig zivilgesellschaftliche Kontakte ausgebaut wurden. Die Sandinisten nahmen nach ihrer Machtübernahme diplomatische Beziehungen zur Deutschen Demokratischen Republik auf, wo sich ebenfalls viele Solidaritätskomitees gebildet hatten. Knapp 15.000 Deutsche reisten in den nächsten zehn Jahren zu Aufenthalten nach Nicaragua und beteiligten sich an Projekten wie Alphabetisierungskampagnen. 1983 kam der deutsche Arzt und Entwicklungshelfer Albrecht Pflaum bei einem Überfall der Contra ums Leben, was zur Besetzung der westdeutschen Botschaft in Managua durch Exildeutsche führte. Auch die Unterstützung der Contra durch die westlichen Staaten führte zu Protesten in der Bundesrepublik.

In den 1980er und 1990er Jahren wurden enge zivilgesellschaftliche Kontakte mit Nicaragua etabliert und viele Städtepartnerschaften zwischen Städten in Nicaragua und Deutschland abgeschlossen. Bis ins 21. Jahrhundert haben sich enge Kontakte zwischen beiden Ländern erhalten.

Wirtschaftsbeziehungen

Das Gesamtvolumen des Handels mit Nicaragua belief sich im Jahr 2021 auf über 152 Millionen Euro, womit Nicaragua den 129. Platz in der Rangliste der deutschen Handelspartner belegt. Das Land nimmt damit eine eher untergeordnete Rolle für den deutschen Außenhandel ein. Es kam allerdings zu Investitionen deutscher Unternehmen, wie dem Bau einer Kakaoplantage durch das Unternehmen Alfred Ritter im Jahr 2002, ein Unternehmen, welches zu den größten Arbeitgebern des Landes zählt. Auch das Unternehmen Dräxlmaier ist ein wichtiger Arbeitgeber im Land.

Im Jahre 2017 besuchten knapp 18.000 deutsche Touristen Nicaragua.

Entwicklungszusammenarbeit

Neben der Entwicklungshilfe der deutschen Regierung sind über 30 Nichtregierungsorganisationen und private Vereine aus Deutschland in die Entwicklungskooperationen mit Nicaragua involviert, welche meistens auf die Solidaritätsbewegung der 1980er Jahre zurückgehen. Auch im Rahmen von 25 Städtepartnerschaften findet deutsche Entwicklungshilfe statt. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung finanziert jährlich Freiwilligen-Programme, mithilfe derer sich jährlich knapp 150 Jugendliche an Projekten beteiligen können.

Ein Schwerpunkt der bilateralen Entwicklungshilfe bildet das Thema Wasser (Abwasser- und Trinkwasserversorgung).

Migration

Es kam ab dem 19. Jahrhundert zu Migration aus Deutschland nach Nicaragua. Knapp 1000 Deutsche lebten ca. 2022 in Nicaragua, während einige hundert Nicaraguaner in Deutschland leben.

Kulturbeziehungen

Die Managua besteht die Deutsch Nicaraguanische Kulturinitiative (ICAN), welche finanzielle Mittel vom Goethe-Institut erhält. Daneben gibt es in Deutschland zahlreiche private „Nicaragua-Vereine“, die Projekte durchführen oder Kulturarbeit betreiben, darunter in Hamburg, Oldenburg, Wiesbaden und Göttingen. Die Deutsche Schule Managua gehört zu den besten Schulen des Landes.

Diplomatische Vertretungen

Commons: Deutsch-nicaraguanische Beziehungen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1 2 3 4 5 6 7 Auswärtiges Amt: Deutschland und Nicaragua: Bilaterale Beziehungen. Abgerufen am 28. Dezember 2022.
  2. 1 2 3 Beziehungen zwischen Deutschland und Nicaragua - pangloss.de. Abgerufen am 28. Dezember 2022.
  3. 1 2 amerika21: Ein Deutsch-Nicaraguanischer Krieg 1876–1878? 8. April 2022, abgerufen am 28. Dezember 2022.
  4. Gerhard Wiechmann: Die preußisch-deutsche Marine in Lateinamerika 1866 - 1914: eine Studie deutscher Kanonenbootpolitik. 2000 (uni-oldenburg.de [abgerufen am 28. Dezember 2022] Universität Oldenburg).
  5. Rückblick auf die bundesdeutsche Solidaritätsbewegung mit Nicaragua. Abgerufen am 28. Dezember 2022.
  6. Rangfolge der Handelspartner im Außenhandel. In: Statistisches Bundesamt. Abgerufen am 30. September 2022.
  7. 1 2 Auswärtiges Amt: Entwicklungszusammenarbeit. Abgerufen am 28. Dezember 2022.
  8. Iniciativa Cultural (ICAN)_de – COALNIC. Abgerufen am 28. Dezember 2022 (deutsch).
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