Deutsche Fußballmeisterschaft 1902/03 | |
Meister | VfB Leipzig |
Mannschaften | 6 |
Spiele | 5 (davon 1 strafverifiziert) |
Tore | 31 (ø 7,75 pro Spiel) (ohne strafverifizierte Spiele) |
Torschützenkönig | Heinrich Riso Bruno Stanischewski (je 6) |
Die Austragung um die Deutsche Fußballmeisterschaft wurde vom Spielausschuss des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) für die Saison 1902/03 zum ersten Mal ausgeschrieben und fand vom 3. Mai bis zum 31. Mai 1903 statt. Erster Deutscher Meister wurde der VfB Leipzig, der im Finale von Altona (Bahrenfeld) den deutschen Auslandsverein DFC Prag mit 7:2 besiegte.
Bis 1904 waren auch im Ausland ansässige deutsche Verbände zugelassen, wovon der „Verband der Prager Deutschen Fußball-Vereine“ Gebrauch machte, obwohl dieser gleichzeitig Mitglied der Österreichischen Fußball-Union war.
Ausgetragen wurde die Endrunde im Pokalmodus (K.-o.-System), wobei jede Begegnung an einem neutralen Ort stattfinden sollte. Diese Regelung wurde jedoch bei der Ansetzung der Spiele, das Endspiel ausgenommen, durchgehend nicht eingehalten.
Teilnehmer
Dem DFB gehörten am 31. Mai 1903 erst 134 Vereine als Mitglied an, er vereinigte unter seinem Dach nur einen Teil der bestehenden deutschen Fußballverbände. Größere Regionalverbände, die bereits Meisterschaften austrugen, gab es nur in den Regionen Mitte (etwa das Gebiet der heutigen Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen), Süd (die heutigen Länder Bayern und Baden-Württemberg sowie Südhessen, das Saarland, die Pfalz, das Moselgebiet und Elsass-Lothringen) und West (das heutige Nordrhein-Westfalen, sowie Nord- und Mittelhessen, Südniedersachsen und der Raum Osnabrück); wobei die Region West zu diesem Zeitpunkt noch kein Mitglied im DFB war. In den Regionen Berlin-Brandenburg, Nord (heute Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen ohne Südniedersachsen und den Raum Osnabrück), Nordost (Pommern, Ost- und Westpreußen) und Südost (Breslau und Niederlausitz) gab es noch keine einheitlichen Regionalverbände.
Teilnahmeberechtigt war jeweils ein Vertreter (in der Regel der Meister) der angeschlossenen Lokal- und Regionalverbände, wobei die gemeldeten Spieler (maximal 16 pro Verein) mindestens vier Wochen vor Beginn der DFB-Vorrunde an dem Ort ansässig sein müssen, an dem der Verein sesshaft ist. Von den wenigen dem DFB beigetretenen Verbänden waren am Ende nur sechs Mannschaften für die deutsche Meisterschaftsendrunde gemeldet. Einzelne Mitgliedsvereine ohne Verbandszugehörigkeit waren jedoch nicht teilnahmeberechtigt.
Verein | Qualifiziert als |
DFC Prag | Vertreter des Verbandes der Prager Deutschen Fußball-Vereine |
Berliner TuFC Britannia 92 | Meister des Verbandes Berliner Ballspielvereine |
VfB Leipzig | Meister des Verbandes Mitteldeutscher Ballspiel-Vereine |
Magdeburger FC Viktoria 96 | Meister des Verbandes Magdeburger Ballspiel-Vereine |
Altonaer FC 93 | Meister des Hamburg-Altonaer Fußball-Bundes |
Karlsruher FV | Meister des Verbandes Süddeutscher Fußball-Vereine |
Viertelfinale
Datum | Ergebnis | Stadion | ||
---|---|---|---|---|
3. Mai 1903 | Altonaer FC 93 | 8:1 (3:0) | Magdeburger FC Viktoria 96 | Altona, Exerzierweide |
10. Mai 1903 | Berliner TuFC Britannia 92 | 1:3 (0:1) | VfB Leipzig | Berlin-Friedenau, Sportpark |
10. Mai 1903 | DFC Prag | ausgefallen | Karlsruher FV | geplanter Ort: München bzw. Prag |
Altona 93 konnte in der ersten Partie die Viktoria aus Magdeburg in einem Heimspiel mit 8:1 abfertigen. Alles überragender Mann auf dem Platz war Mittelläufer und Kapitän Franz Behr, der später im Finale als Schiedsrichter auftrat. Vier der fünf Altonaer Stürmer trafen, dabei erzielten Miklós Bradanovic, Herder und Walter jeweils einen Doppelpack. Den Magdeburgern gelang in der zweiten Halbzeit lediglich der Treffer zum 1:4 durch Hans Adam.
Der VfB Leipzig besiegte trotz erneut nicht neutraler Spielansetzung eine Woche später auswärts Britannia Berlin. Die Berliner waren chancenlos unterlegen und trafen erst in der 88. Minute zum Ehrentor durch Richard Müller. Die Leipziger Treffer erzielten die späteren Torschützenkönige Bruno Stanischewski, der doppelt traf, und Heinrich Riso.
Das Spiel zwischen Prag und Karlsruhe war vom DFB zunächst in München angesetzt worden. Jedoch erhob der DFC Prag dagegen Einspruch, da eine Austragung in Prag höhere Einnahmen erbringen würde. Gegen diese Ansetzung legte wiederum der Karlsruher FV Protest ein. Aus Zeitgründen wurden beide Mannschaften für das Halbfinale zugelassen.
Halbfinale
Datum | Ergebnis | Stadion | ||
---|---|---|---|---|
17. Mai 1903 | VfB Leipzig | 6:3 (3:3) | Altonaer FC 93 | Leipzig, Sportplatz |
17. Mai 1903 | DFC Prag | ausgefallen | Karlsruher FV | geplanter Ort: Leipzig |
Erneut kam es zu einer Regelwidrigkeit. Das Halbfinale zwischen dem VfB Leipzig und Altona 93 wurde in Leipzig angesetzt. Die Altonaer begannen furios und führten bereits 2:0, trotzdem konnten die Leipziger das Spiel auf heimischem Boden für sich entscheiden. In der zweiten Hälfte gewannen sie nach 3:3 noch mit drei Toren Abstand. Auf Seiten des VfB hatten Edgar Blüher, Heinrich Riso und Bruno Stanischewski jeweils doppelt getroffen. Miklós Bradanovic, Herder und Walter erzielten bei ihrem Ausscheiden ihre jeweils dritten Treffer für Altona. Bradanovic wurde am 6. September 1903 Deutscher Meister im 1500-Meter-Lauf.
Das Halbfinale zwischen Prag und Karlsruhe konnte eine Woche nach dem ausgefallenen Spiel erneut nicht stattfinden. Vom DFB war es wie das andere Halbfinale in Leipzig angesetzt worden. Ein gefälschtes Telegramm (Telegramm-Affäre), das dem Karlsruher FV von einer neuerlichen Verlegung des Spieltermins Mitteilung machte, hielt den KFV jedoch von einer Reise nach Leipzig ab. Der DFB erklärte trotzdem den KFV für disqualifiziert, so dass der DFC Prag kampflos ins Finale kam. Zu beachten ist, dass der DFC seine starken österreichischen Spieler (darunter mehrere Nationalspieler), die auch in anderen Vereinen engagiert waren, nicht zu jeder Zeit einsetzen konnte. Außerdem war der damalige DFB-Präsident Ferdinand Hueppe gleichzeitig 1. Vorsitzender des DFC Prag.
Finale
VfB Leipzig | DFC Prag | ||||||
|
| ||||||
Ernst Raydt – Erhard Schmidt, Arthur Werner – Wilhelm Rößler, Walter Friedrich, Otto Braune – Georg Steinbeck, Bruno Stanischewski, Heinrich Riso, Adalbert Friedrich, Ottomar Aßmus | Charles Pick – Ladislaus Kurpiel, Johann Schwarz – Béla Robitsek, Paul Fischl , Franz Sedlacek – Karl Beck, Karl Kubik, Meyer, Fischer, Kubik | ||||||
1:1 W. Friedrich (31.) 2:1 A. Friedrich (49.) 3:1 Riso (54.) 4:2 Stanischewski (69.) 5:2 Riso (71.) 6:2 Stanischewski (85.) 7:2 Riso (88.) |
0:1 Meyer (22.) 3:2 Meyer (65.) | ||||||
Die Meistermannschaft des VfB Leipzig
Nachfolgend ist die Meistermannschaft mit Einsätzen und Toren der Spieler angegeben. Der Spielertrainer und Präsident des VfB Leipzig, Theodor Schöffler, der entscheidend den Grundstein für den Erfolg der Leipziger gelegt hatte, war zwei Monate zuvor im März jung gestorben.
VfB Leipzig | |
|
Torschützenliste
Spieler | Verein | Spiele | Tore | |
---|---|---|---|---|
1. | Heinrich Riso | VfB Leipzig | 3 | 6 |
Bruno Stanischewski | VfB Leipzig | 3 | 6 | |
3. | Miklós Bradanovic | Altonaer FC 93 | 2 | 3 |
Herder | Altonaer FC 93 | 2 | 3 | |
Walter | Altonaer FC 93 | 2 | 3 | |
6. | Meyer | DFC Prag | 1 | 2 |
7. | Edgar Blüher | VfB Leipzig | 2 | 2 |
8. | Hans Adam | Magdeburger FC Victoria 96 | 1 | 1 |
Richard Müller | Berliner TuFC Britannia 92 | 1 | 1 | |
10. | Walter Friedrich | VfB Leipzig | 2 | 1 |
Paul Ploetz | Altonaer FC 93 | 2 | 1 | |
Hermann Struve | Altonaer FC 93 | 2 | 1 | |
13. | Adelbert Friedrich | VfB Leipzig | 3 | 1 |
Pilgersteine
Die Exerzierweide (auf zeitgenössischen Eintrittskarten als „Exerzierplatz Altona“ bezeichnet), auf der das Endspiel stattfand, existiert heute nicht mehr. Sie befand sich in einem heutigen Industriegebiet im Stadtteil Bahrenfeld des Hamburger Bezirks Altona ungefähr an der Kreuzung Rondenbarg/Marlowring. Am 3. September 2011 wurde an dieser Stelle ein steinernes Denkmal zur Erinnerung an das erste Endspiel um die deutsche Fußballmeisterschaft aufgestellt, welches von der privaten „Initiative 1903“ durch Spenden finanziert worden ist. Der Stein stammt aus dem Bruno-Plache-Stadion in Leipzig, der ehemaligen Heimspielstätte des mittlerweile aufgelösten VfB Leipzig. Der Stein wurde fachmännisch aufbereitet und eine Gedenktafel angefertigt. Ein ebensolcher Stein bereichert seit dem 5. August 2012 auch das Leipziger Bruno-Plache-Stadion. Zur Saisoneröffnung des VfB-Nachfolgers 1. FC Lokomotive Leipzig wurde er als zweiter Pilgerstein der deutschen Fußballgeschichte feierlich im Kreis von ca. 1.300 Anhängern eingeweiht. Damit fiel die zweite Denkmalweihe auch auf den 90. Jubiläumstag des Leipziger Stadions.
Im Folgejahr wurde dann der Verein ausgezeichnet, der im Laufe der Endrunde kein Spiel bestritt: der Karlsruher FV. Am 1. Juni 2013 reisten die Anhänger der mittlerweile als Verein offiziell gegründeten Initiative 1903 e. V. in die Fächerstadt, um zunächst am alten Engländerplatz, der KFV-Gründungsstätte, begleitet von weiterem kulturellen Programm das dritte Denkmal einzuweihen, das an das nie stattgefundene „Aufeinandertreffen“ mit dem DFC Prag erinnert. Darauf folgte ein Fußballspiel zwischen einer KFV-Ehrenmannschaft und einer Initiative-1903-Traditionself. Die nächste Station für 2014 war Berlin: Am 27. September 2014 wurde im Stadion Wilmersdorf, unmittelbar neben dem Clubcasino des Berliner SV 92, ehemals Britannia Berlin, das vierte Denkmal der Öffentlichkeit präsentiert. Auch an jenem Tag trat die Auswahl zu einer Partie an. Am 12. und 13. September 2015 gastierte die Initiative 1903 in Prag, um mit dem fünften Denkmalstein an die Pionierleistungen des DFC Prag und seine Endrundenteilnahme 1903 zu erinnern. Zudem wurde das erste Endspiel um die DFB-Meisterschaft neu ausgetragen. Nach über 70 Jahren stand damit wieder eine Mannschaft des (formal ein Jahr darauf gegründeten) Deutschen Fußball-Club Prag auf dem Platz, um ihre Kräfte mit der Auswahl der Initiative 1903 zu messen. Historisch korrekt unterlagen die Prager jedoch mit 2:7 Toren und verpassten somit erneut den Titelgewinn. Am 2. Oktober 2016 schloss sich in Magdeburg der Kreis, das letzte Denkmal wurde feierlich eingeweiht in der Sportplatzanlage des TuS 1860 Magdeburg-Neustadt. Zum Rahmenprogramm zählte zunächst ein Jugendturnier zwischen den Teams des 1. FC Magdeburg, TuS 1860 und dem 1. FC Lok Leipzig, bevor im Anschluss die Traditionsteams des TuS 1860 und der Initiative 1903 ihre Pötten schnürten
- Der erste in Hamburg
- Der zweite in Leipzig
- Der dritte in Karlsruhe
- Der vierte in Berlin
- Der fünfte in Prag
- Der sechste in Magdeburg
Literatur
- Geschichte des deutschen Fußballsports. Band III der Schriftenreihe des Deutschen Fußball-Bundes. Carl Koppehel, Verlag Wilhelm Limpert, Frankfurt 1954, 4. erweiterte Auflage ohne Jahresangabe.
- Deutsche Meisterschaft (1903-1923), IFFHS-Magazin Libero Nr. 36. International Federation of Football History & Statistics, Wiesbaden, II. Quartal 2002.
- Das Goldene Buch des Deutschen Fußballs. Hardy Grüne, Dietrich Schulze-Marmeling, Verlag Die Werkstatt, Göttingen 2015.
Weblinks
- Homepage der Initiative 1903 e.V.
- Udo Muras: „So sehen Meister aus“. In: welt.de. 31. Mai 2003 .
- Spieldetails und Statistiken auf weltfussball.de
- Finale:
- Meisterschaft des Deutschen-Fußballbundes in Hamburg im Prager Tagblatt vom 2. Juni 1903 S. 5 bei ANNO – AustriaN Newspapers Online
- Fußball in Volkszeitung, Berlin vom 2. Juni 1903 S. 2 bei ZEFYS
- Fußball im Berliner Tageblatt vom 2. Juni 1903 S. 3 bei ZEFYS
Einzelnachweise
- ↑ Alfredo Pöge: 1902/03 season Deutschland. In: ihffhs.de. Archiviert vom am 10. November 2013; abgerufen am 8. November 2020.