Dhū l-Qarnain, arabisch ذو القرنين, DMG Ḏū l-qarnain ‚Der mit den zwei Hörnern‘, ist eine Figur, welche auf den griechischen Alexanderroman zurückgeht und an einer Stelle im Koran vorkommt. „Der Zweihörnige“ (gedeutet als Herrscher über Ost und West) wird größtenteils mit Alexander dem Großen oder dem persischen Großkönig Kyros II. identifiziert, von einigen auch mit dem byzantinischen Kaiser Herakleios.

Dhū l-Qarnain kommt im Koran in der Sure 18 Verse 83–98 vor, wo er gegen die ein barbarisches Endzeitvolk anführenden Könige Gog und Magog – im Koran Ya'dschudsch und Ma'dschudsch / يأجوج ومأجوج / Yaʾǧūǧ wa-Maʾǧūǧ – im äußersten Westen der Erde, wo die Sonne in einem „schlammigen Quell“ unterging, gekämpft hat, wobei er die Könige besiegte, indem er eine mit Kupfer übergossene eiserne Mauer errichtete.

Dhū l-Qarnain wird als gläubiger Muslim betrachtet, weil er zu den Völkern im Westen von der Bestrafung Gottes der Frevler und seiner Güte gegenüber den Rechtgläubigen gesprochen habe; es herrscht jedoch Uneinigkeit darüber, ob „der Gehörnte“ auch als Prophet angesehen wurde.

Textauszug aus dem Koran in Übersetzung

„Und man fragt dich nach dem mit den zwei Hörnern. Sag: Ich werde euch eine Geschichte von ihm verlesen.
Wir hatten ihm auf der Erde Macht gegeben und ihm zu allem einen Weg eröffnet.
Da schlug er einen Weg ein.
Als er schließlich an den Ort gelangte, an dem die Sonne untergeht, fand er, daß sie in einer verschlammten Quelle untergeht. Und er fand bei ihr ein Volk vor. Wir sagten: ‚Du mit den zwei Hörnern! Entweder nimmst du eine Bestrafung vor, oder du läßt unter ihnen Güte walten.‘
Er sagte: ‚Wenn einer frevelt, werden wir ihn bestrafen. Danach (d.h. am jüngsten Tag) wird er vor seinen Herrn gebracht werden, und der wird ihn (seinerseits) gräßlich bestrafen.
Wenn aber einer glaubt und tut, was recht ist, hat er (dereinst) als Lohn das (Aller)beste zu erwarten. Und wir werden ihm von uns aus (?) freundlich zusprechen (?)‘
Hierauf schlug er einen (anderen) Weg ein.
Als er schließlich an den Ort gelangte, an dem die Sonne aufgeht, fand er, daß sie über Leuten aufgeht, denen wir keinen Schutz vor ihr geschaffen haben.
So (war das). Und wir wissen (wohl) darüber Bescheid, wie es bei ihm war.
Hierauf schlug er (wieder) einen (anderen) Weg ein.
Als er schließlich an die Stelle zwischen den beiden Wällen gelangte, fand er (diesseits) von ihnen Leute, die, wenn man etwas zu ihnen sagte, es kaum verstanden.
Sie sagten: ‚Du mit den zwei Hörnern! Gog und Magog richten auf der Erde Unheil an. Sollen wir dir nicht eine Gebühr dafür aussetzen, daß du zwischen uns und ihnen einen Wall machst?‘
Er sagte: ‚Die Macht, die mein Herr mir gegeben hat, ist besser (als was ihr mir bieten könnt). Helft mir nun tüchtig, damit ich zwischen euch und ihnen einen Schutzwall mache!
Bringt mir die Eisenstücke!‘ Als er schließlich (den Wall) zwischen den beiden Berghängen gleichmäßig hoch gemacht hatte, sagte er: ‚Blast (das Feuer an)!‘ Als er es schließlich zum Glühen gebracht hatte, sagte er: ‚Bringt mir (flüssiges) Metall, damit ich es darübergieße!‘
Nun konnten sie nicht über ihn (d.h. den Schutzwall) (herüber)kommen und ihn (auch) nicht durchbrechen.
Er sagte: ‚Das ist (ein Erweis der) Barmherzigkeit von meinem Herrn. Wenn aber (dereinst) das Versprechen (oder: die Drohung) meines Herrn in Erfüllung geht, läßt er ihn zu Staub zerfallen. Und das Versprechen (oder: die Drohung) meines Herrn ist wahr.‘“

Koran, Sure 18, Vers 83-98: Übersetzung von Rudi Paret

Einzelnachweise

  1. Sure 18:83-98; auch 18:60-64 gehen auf den Alexanderroman zurück; vgl. z. B. Rudi Paret: Der Koran, Kommentar und Konkordanz; Kohlhammer, Stuttgart 7. A. 2005, ISBN 3-17-018990-5, 318f (Lit.).
  2. Peter Lamborn Wilson, Karl Schlamminger: Weaver of Tales. Persian Picture Rugs / Persische Bildteppiche. Geknüpfte Mythen. Callwey, München 1980, ISBN 3-7667-0532-6, S. 79–139 (Die Könige), hier: S. 84–86 (Alexander).
  3. William Montgomery Watt: Art. al-Iskandar, in: Encyclopaedia of Islam 2. A., Bd. 4 (1997), 127.
  4. V. Popp, K.-H. Ohlig: Der frühe Islam. Eine historisch-kritische Rekonstruktion anhand zeitgenössischer Quellen. Schiler Verlag, 2. Auflage. 2010. S. 36 ff.
  5. Gotthard Strohmaier: Avicenna. Beck, München 1999, ISBN 3-406-41946-1, S. 65 (zum „schlammigen Quell“ der Materie).
  6. Watt 1997.
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