Die Dreiecksungleichung ist in der Geometrie ein Satz, der besagt, dass eine Dreiecksseite höchstens so lang wie die Summe der beiden anderen Seiten ist. Das „höchstens“ schließt dabei den Sonderfall der Gleichheit ein. Die Dreiecksungleichung spielt auch in anderen Teilgebieten der Mathematik wie der Linearen Algebra oder der Funktionalanalysis eine wichtige Rolle.

Formen der Dreiecksungleichung

Für allgemeine Dreiecke

Nach der Dreiecksungleichung ist im Dreieck die Summe der Längen zweier Seiten und stets mindestens so groß wie die Länge der dritten Seite :

.

Man kann auch sagen, der Abstand von A nach B ist stets höchstens so groß wie der Abstand von A nach C und von C nach B zusammen, oder um es alltagssprachlich auszudrücken: „Der direkte Weg ist immer der kürzeste.“

Das Gleichheitszeichen gilt dabei nur, wenn und Teilstrecken von sind – man spricht dann auch davon, dass das Dreieck „entartet“ sei.

Da aus Symmetriegründen auch gilt, folgt , analog erhält man , insgesamt also

.

Die linke Ungleichung wird gelegentlich auch als umgekehrte Dreiecksungleichung bezeichnet.

Die Dreiecksungleichung charakterisiert Abstands- und Betragsfunktionen. Sie wird daher als ein Axiom für abstrakte Abstandsfunktionen in metrischen Räumen gesetzt.

Für rechtwinklige Dreiecke

Ist die Hypotenusenlänge und sind und die Kathetenlängen eines rechtwinkligen Dreiecks, so gilt die spezielle Dreiecksungleichung .

Für reelle Zahlen

Für reelle Zahlen und gilt:

Beweis

Seien und reelle Zahlen. Entweder es ist oder es ist . Für den Fall gilt , und die Summe lässt sich wegen und nach oben abschätzen durch . Insgesamt folgt somit . Für den Fall gilt , und lässt sich wegen und ebenfalls durch nach oben abschätzen, so dass auch in diesem Fall .

Umgekehrte Dreiecksungleichung

Wie beim Dreieck lässt sich auch eine umgekehrte Dreiecksungleichung herleiten:

Aufgrund der Dreiecksungleichung gilt Einsetzen von gibt

Setzt man stattdessen so ergibt sich

zusammen also (denn für beliebige reelle Zahlen und mit und gilt auch )

Ersetzt man durch so erhält man auch

Insgesamt also

für alle

Für komplexe Zahlen

Für komplexe Zahlen gilt:

Beweis

Da alle Seiten nichtnegativ sind, ist Quadrieren eine Äquivalenzumformung und man erhält
wobei der Überstrich komplexe Konjugation bedeutet. Streicht man identische Terme und setzt so bleibt
zu zeigen. Mit erhält man
bzw.
was wegen und der Monotonie der (reellen) Wurzelfunktion immer erfüllt ist.

Analog zum reellen Fall folgt aus dieser Ungleichung auch

für alle

Von Betragsfunktionen für Körper

Zusammen mit anderen Forderungen wird eine Betragsfunktion für einen Körper auch durch die

Dreiecksungleichung

etabliert. Sie hat zu gelten für alle Sind alle Forderungen (s. Artikel Betragsfunktion) erfüllt, dann ist eine Betragsfunktion für den Körper

Ist für alle ganzen , dann nennt man den Betrag nichtarchimedisch, andernfalls archimedisch.

Bei nichtarchimedischen Beträgen gilt die

verschärfte Dreiecksungleichung

Sie macht den Betrag zu einem ultrametrischen. Umgekehrt ist jeder ultrametrische Betrag nichtarchimedisch.

Für Summen und Integrale

Mehrmalige Anwendung der Dreiecksungleichung bzw. vollständige Induktion ergibt

für reelle oder komplexe Zahlen . Diese Ungleichung gilt auch, wenn Integrale anstelle von Summen betrachtet werden:

Ist eine Riemann-integrierbare Funktion, dann gilt

.

Dies gilt auch für komplexwertige Funktionen , vgl. Dann existiert nämlich eine komplexe Zahl , so dass

und .

Da

reell ist, muss gleich Null sein. Außerdem gilt

,

insgesamt also

.

Für Vektoren

Für Vektoren gilt:

.

Die Gültigkeit dieser Beziehung sieht man durch Quadrieren

,

unter Anwendung der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung:

.

Auch hier folgt wie im reellen Fall

sowie

Für sphärische Dreiecke

In sphärischen Dreiecken gilt die Dreiecksungleichung im Allgemeinen nicht.

Sie gilt jedoch, wenn man sich auf eulersche Dreiecke beschränkt, also solche, in denen jede Seite kürzer als ein halber Großkreis ist.

In nebenstehender Abbildung gilt zwar

jedoch ist .

Für normierte Räume

In einem normierten Raum wird die Dreiecksungleichung in der Form

als eine der Eigenschaften gefordert, die die Norm für alle erfüllen muss. Insbesondere folgt auch hier

sowie

für alle .

Im Spezialfall der Lp-Räume wird die Dreiecksungleichung Minkowski-Ungleichung genannt und mittels der Hölderschen Ungleichung bewiesen.

Für metrische Räume

In einem metrischen Raum wird als Axiom für die abstrakte Abstandsfunktion verlangt, dass die Dreiecksungleichung in der Form

für alle erfüllt ist. In jedem metrischen Raum gilt also per Definition die Dreiecksungleichung. Daraus lässt sich ableiten, dass in einem metrischen Raum auch die umgekehrte Dreiecksungleichung

für alle gilt. Außerdem gilt für beliebige die Ungleichung

.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Roger B. Nelsen: Beweise ohne Worte, Deutschsprachige Ausgabe herausgegeben von Nicola Oswald, Springer Spektrum, Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016, ISBN 978-3-662-50330-0, Seite 18
  2. Canadian Mathematical Olympiad 1969 Problem 3, veröffentlicht von der Canadian Mathematical Society
  3. Harro Heuser: Lehrbuch der Analysis, Teil 1. 8. Auflage. B. G. Teubner, Stuttgart 1990, ISBN 3-519-12231-6. Satz 85.1
  4. Walter Rudin: Real and Complex Analysis. MacGraw-Hill, 1986, ISBN 0-07-100276-6. Theorem 1.33
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