Die Dirac-Verteilung oder Einpunktverteilung, manchmal auch Punktverteilung, ausgeartete Verteilung, entartete Verteilung, uneigentliche Verteilung, deterministische Verteilung, Einheitsmasse oder degenerierte Verteilung genannt, ist eine spezielle Wahrscheinlichkeitsverteilung in der Stochastik. Sie zählt zu den diskreten Wahrscheinlichkeitsverteilungen. Der Name Dirac-Verteilung folgt daher, dass sie aus dem Diracmaß abgeleitet wird. Sie ist meist nur von theoretischer Bedeutung und spielt eine wichtige Rolle in der Klassifikation der unendlich teilbaren Verteilungen.

Definition

Eine reelle Zufallsvariable heißt Dirac-verteilt zum Punkt , in Symbolen , wenn sie die Verteilungsfunktion

besitzt. Die Verteilung von ist also genau das Diracmaß im Punkt , das heißt für alle messbaren Mengen gilt

Die Zufallsvariable nimmt insbesondere fast sicher den Wert an, es gilt also , worauf der Name deterministische Verteilung zurückzuführen ist.

Eigenschaften

Lagemaße

Erwartungswert, Modus und Median fallen alle zusammen und sind gleich dem Punkt

Streumaße

Varianz, Standardabweichung und Variationskoeffizient fallen zusammen und sind alle gleich

Symmetrie

Die Dirac-Verteilung ist symmetrisch um .

Höhere Momente

Die Momente sind gegeben durch

Entropie

Die Entropie der Dirac-Verteilung ist 0.

Kumulanten

Die kumulantenerzeugende Funktion ist

.

Damit ist und alle weiteren Kumulanten sind gleich 0.

Charakteristische Funktion

Die charakteristische Funktion ist

Momenterzeugende Funktion

Die momenterzeugende Funktion ist

Reproduktivität, α-Stabilität und unendliche Teilbarkeit

Die Klasse der Dirac-Verteilungen ist reproduktiv, da die Summe Dirac-verteilter Zufallsvariablen wieder Dirac-verteilt ist, da für die Faltung

gilt. Des Weiteren sind Dirac-Verteilungen α-stabile Verteilungen mit . Teilweise werden aber Dirac-Verteilungen explizit von der Definition der α-Stabilität ausgeschlossen. Außerdem sind Dirac-Verteilungen unendlich teilbar, da gilt.

Beziehung zu anderen Verteilungen

Die Dirac-Verteilung tritt meist als degenerierter Fall bei schlechter Parameterwahl von anderen Verteilungen auf. Beispielsweise sind die Bernoulli-Verteilung, die Zweipunktverteilung und die Binomialverteilung alles Dirac-Verteilungen, wenn man wählt. Des Weiteren ist auch die diskrete Gleichverteilung auf einem Punkt eine Dirac-Verteilung.

Beziehung zur Delta-Distribution

Insbesondere in der Physik und Technik werden verallgemeinerte Funktionen im Sinn von Distributionen verwendet, die als mathematische Objekte weder Funktionen noch Wahrscheinlichkeitsverteilungen sind. Die Delta-Distribution (oder Dirac-Funktion) auf den reellen Zahlen ist das Objekt mit der Eigenschaft

für eine große Klasse von Funktionen . Für eine Zufallsvariable mit einer Dirac-Verteilung an der Stelle können die Wahrscheinlichkeiten für ein Ereignis mit Hilfe der Delta-Distribution formal als

geschrieben werden. Damit verhält sich formal wie eine Dichtefunktion, obwohl die Dirac-Verteilung keine Dichtefunktion bezüglich des Lebesgue-Maßes besitzt.

Literatur

  • Achim Klenke: Wahrscheinlichkeitstheorie. 3. Auflage. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 2013, ISBN 978-3-642-36017-6, doi:10.1007/978-3-642-36018-3.
  • Hans-Otto Georgii: Stochastik. Einführung in die Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik. 4. Auflage. Walter de Gruyter, Berlin 2009, ISBN 978-3-11-021526-7, doi:10.1515/9783110215274.

Einzelnachweise

  1. 1 2 3 4 P. H. Müller (Hrsg.): Lexikon der Stochastik – Wahrscheinlichkeitsrechnung und mathematische Statistik. 5. Auflage. Akademie-Verlag, Berlin 1991, ISBN 978-3-05-500608-1, Einpunktverteilung, S. 81.
  2. Horst Rinne: Taschenbuch der Statistik. 4. Auflage. Harri Deutsch, Frankfurt am Main 2008, ISBN 978-3-8171-1827-4, 3.12.1 Einpunkt-Verteilung, S. 369.
  3. Hermann Witting, Ulrich Müller-Funk: Mathematische Statistik II. Asymptotische Statistik: Parametrische Modelle und nichtparametrische Funktionale. Teubner, Stuttgart 1995, ISBN 978-3-322-90153-8, S. 46.
  4. Achim Klenke: Wahrscheinlichkeitstheorie. 4., überarbeitete und ergänzte Auflage. Springer, Berlin 2020, ISBN 978-3-662-62088-5, S. 369, doi:10.1007/978-3-662-62089-2.
  5. Georgii: Stochastik. 2009, S. 14.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.