Der Eisenbahnunfall von Gentofte war ein Auffahrunfall, der sich am Sonntag, dem 11. Juli 1897, im Bahnhof von Gentofte in Seeland, Dänemark, ereignete. Dabei starben 40 Menschen.
Ausgangslage
Ein von Helsingør kommender Schnellzug und ein vorausfahrender Personenzug aus Holte nutzten am Abend auf der Nordbane das gleiche Gleis. Den Schnellzug führte die Lokomotive CS 245.
Der Personenzug führte zehn Personenwagen mit hölzernem Wagenkasten und war aufgrund des starken Ausflugsverkehrs überfüllt und verspätet. Schon während des vorangegangenen Halts in Lyngby, wo ein Fest der Sozialdemokratischen Partei stattgefunden hatte, hatten nicht alle, die mitfahren wollten, einsteigen können. Der Personenzug hielt planmäßig, jedoch verspätet, in Gentofte, der Schnellzug sollte dort durchfahren. Da der Personenzug das Gleis besetzte, zeigte das Einfahrsignal des Bahnhofs Gentofte „Halt“.
Unfallhergang
Der Lokomotivführer des folgenden Schnellzugs übersah das „Halt“ zeigende Signal. Er fuhr mit der für die Durchfahrt durch den Bahnhof erlaubten Geschwindigkeit, als er den etwa 70 Meter vor ihm im Gleis stehenden Personenzug bemerkte. Er leitete sofort eine Schnellbremsung ein, welche kaum Wirkung zeigte, so dass er auf den Personenzug auffuhr, während die Reisenden auf dem ebenfalls sehr vollen Bahnsteig in Genthofte versuchten, in den überfüllten Personenzug einzusteigen. Lokomotivführer und Heizer des Schnellzugs sprangen vor der Kollision ab. Die letzten vier Wagen des Personenzugs wurden vollständig zertrümmert, der Zug 80 Meter nach vorne geschoben. Die Lokomotive des Schnellzuges kletterte auf die beiden letzten Wagen auf, begrub sie unter sich und zerquetschte sie. Nach der Lokomotive des Schnellzuges lief ein Gepäckwagen, der offensichtlich sehr robust gebaut war und im Gleis blieb. Der folgende Personenwagen erster und zweiter Klasse wurde von dem Gewicht des nachfolgenden Zuges zertrümmert, der dritte Wagen des Zuges kletterte auf und lag auf dessen Dach. In dem Wagen erster und zweiter Klasse befanden sich keine Reisenden.
Folgen
40 Menschen starben, 32 sofort, 8 weitere später im Krankenhaus. 132 wurden darüber hinaus verletzt, darunter der Dichter Sophus Michaëlis und seine Frau Karin. Unter den Reisenden, sowohl im Zug als auch auf dem Bahnsteig, brach Panik aus. Bei dem Versuch, so schnell wie möglich von der Unfallstelle weg zu kommen, rissen die Unverletzten und Leichtverletzten sämtliche Lichtmasten auf dem Bahnsteig um, so dass anschließend für die Rettungsarbeiten diese Beleuchtung fehlte.
Ein Hilfszug fuhr vom Nordbahnhof in Kopenhagen, etwa eine halbe Stunde nachdem sich der Unfall ereignet hatte, zur Unfallstelle ab und nahm unterwegs aus der Kaserne in Hellerup noch Pioniere mit. Husaren der Wache von Schloss Bernstorff wurden für die Rettungsarbeiten herangezogen.
In dem anschließenden Strafprozess behauptete der Lokomotivführer ein Bremsversagen der Saugluftbremse. Er wurde zu vier Monaten Gefängnis verurteilt.
Literatur
- Herman Bang: Schreckliches Unglück auf der Nordbahn. Übersetzung aus dem Dänischen. In: Avtenbladet v. 12. Juli 1897. Abgedruckt in: Herman Bang: Wechselnde Themen / Zehn Jahre – Erinnerungen und Begebenheiten. Norderstedt 2011, S. 361ff.
Weblinks
Anmerkungen
- ↑ Die Uhrzeit des Unfalls wird in der Berichterstattung mit Zeiten zwischen 21:40 und 23:45 unterschiedlich angegeben (vgl.: Schreckliches Unglück auf der Nordbahn, S. 361).
- ↑ Damals gab es in Dänemark drei Wagenklassen, so dass in den beiden teureren, oberen Klassen niemand gereist war.
- ↑ Nach anderen Angaben 150 Verletzte (vgl.: Schreckliches Unglück auf der Nordbahn; Kristensen: Gentofteulykken 1897).
- ↑ Der Nordbahnhof wurde 1897 in Betrieb genommen und 1921 abgerissen.
Einzelnachweise
- ↑ DSB CS 245. In: jernbanen.dk. Abgerufen am 8. August 2016 (dänisch).
- ↑ Kristensen: Gentofteulykken 1897.
- ↑ Schreckliches Unglück auf der Nordbahn, S. 364
- ↑ Henriksen: Gentofteulykken 1897.
- ↑ Henriksen: Gentofteulykken - 1897.
- 1 2 3 Bang: Schreckliches Unglück
Koordinaten: 55° 45′ 12,9″ N, 12° 32′ 29,3″ O