Bei dem Eisenbahnunfall von Shitan brach gegen Mittag des 16. Januar 1937 in einem fahrenden Zug der Kowloon-Canton Railway in der Nähe des Bahnhofs Shitan (chinesisch 石灘站 / 石滩站) bei Kanton (heute: Guangzhou) ein Feuer aus. Mehr als 112 Menschen starben.
Ausgangslage
Der Zug war auf der Bahnstrecke Kanton–Hongkong von Kowloon in Hongkong nach Kanton (heute: Guangzhou) unterwegs. Die Personenwagen des Zuges hatten Rahmen aus Stahl, die Holzaufbauten trugen. Sie waren nicht mit einer Notbremse oder einer Notsignalisierung ausgerüstet. Der Unfall ereignete sich, als der Zug sich etwa 60 km vor Kanton in der Nähe des Bahnhofs Shitan befand, heute in der Großgemeinde Shitan des Stadtbezirks Zengcheng in Guangzhou.
Unfallhergang
In einem Wagen 3. Klasse explodierte schweflige Säure, nach anderen Angaben geschmuggelte Explosivstoffe bzw. Erschütterung der Explosivstoffe im mitgeführten Koffer der Passagiere oder Kinderspielzeug aus Zelluloid geriet in Brand. Die Explosion führte zum Brand der drei letzten Wagen des Zuges, die mit insgesamt 150 Reisenden stark besetzt waren. Aus dem vordersten der drei Wagen gelang es den meisten Reisenden in die davor fahrenden Wagen zu flüchten. In den beiden anderen Wagen waren die Reisenden gefangen. Der Lokomotivführer merkte von dem Brand zunächst nichts und fuhr mit Reisegeschwindigkeit noch über 20 km weiter, was das Feuer zusätzlich anfachte. Erst dann bemerkte er den Brand und hielt den Zug an. Die drei Personenwagen brannten bis auf den Stahlrahmen nieder.
Folgen
112 Menschen starben, mindestens 40 wurden darüber hinaus verletzt. Viele verbrannten, erstickten an Rauchgasen oder wurden in den Wagen von Flüchtenden niedergetrampelt. Andere starben oder wurden verletzt, als sie aus dem fahrenden Zug sprangen. Die Bergungsarbeiten gestalteten sich schwierig, weil die Toten und Verletzten zum Teil entlang der mehr als 20 km lagen, die der Zug noch brennend gefahren war.
Anmerkung
- ↑ Semmens nennt Sheklung als Unfallort. Der tatsächliche Unfallort liegt zwischen dem Bahnhof (Haltestelle) Shilijiao (石瀝滘站 / 石沥滘站, Shílìjiào Zhàn, Jyutping Sek6lik6gaau3 Zaam1) und Shitan (石灘站 / 石滩站, Shítān Zhàn, Jyutping Sek6taan6 Zaam1) im heutigen Stadtbezirk Zengcheng von Guangzhou (Kanton). Aufgrund des Fehlens einer bis dahin amtlichen Standardumschrift zur chinesischen Schrift sind lateinisierte Orts- und Namensangaben chinesischer Namen und Bezeichnungen historisch bedingt uneinheitlich.
Literatur
- Peter W. B. Semmens: Katastrophen auf Schienen. Eine weltweite Dokumentation. Transpress, Stuttgart 1996, ISBN 3-344-71030-3.
- Ernest Chi-wah CHAN (CHEN, Zhihua), Kin-sheung LEE (LI, Jianxin): 100 Jahre Hongkonger Eisenbahngeschichte. Chunghwa Book Co. (H.K.) Ltd., Hong Kong, 2012. ISBN 978-988-81810-9-4 (chinesisch) – 陳志華, 李健信: Vorschau in der Google-Buchsuche „香港鐵路100年. 中華書局(香港)出版有限公司, 香港 二〇一二年“
Weblinks
- NN: Ghastly Railway tragedy. In: The Straits Times vom 18. Januar 1937, S. 11. (englisch)
- NN: 100 persons perish in Chinese train disaster. In: Ottawa Citizen vom 18. Januar 1937. (englisch)
Einzelnachweise
- ↑ NN: Ghastly Railway tragedy.
- ↑ Chan u. Chen, S. 25.
- 1 2 陳志華、李健信 – CHEN, Zhihua und LI, Jianxin: 香港鐵路100年 – „100 Jahre Hongkonger Eisenbahngeschichte“. 100年鐵路發展 – 記錄香港交通的演變鉅細 – „100 Jahre Entwicklung der Eisenbahn – Dokumentation zur Veränderung der Verkehrsgeschichte Hongkongs im Großen und Kleinen“. 1. Auflage. 中華書局(香港)出版有限公司 – Chung Hwa Book Co. (H.K.) Ltd., Hongkong 2012, ISBN 978-988-8290-72-7, 無遠弗屆 – 九龍至廣州直通車服務 – 1910–1969 香港鐵路萌芽期 – deutsch Aus nah und fern erreichbar sein – Die Direktbahnverbindung zwischen Hongkong und Guangzhou (Kanton) – 1910–1969, Anfangsphase der Hongkonger Eisenbahn, S. 25, 「大埔淑女」號與「廣州淑女」號 – deutsch „Taipo Belle“ und „Canton Belle“ (chinesisch, Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 25. November 2021] Namen der Autoren mittels Pinyin-Umschrift erzeugt und muss nicht der amtliche Namensschreibung entsprechen): “1937年1月16日中午,一列由香港開往廣州的直通車,在駛至石瀝滘與石灘站時發生爆炸並起火焚燒。大火引致3節車廂焚毀,並奪去八十多條人命。事件轟動一時,事後查明肇事原因是乘客夾帶的易燃物品受震引起爆炸。 – deutsch Am 16. Januar 1937 zur Mittagszeit […] zerstörte der Großbrand drei Waggons, dabei starben über 80 Personen […] nach Untersuchung der Unfallursache wurde die Explosion von leichtentzündlichen Stoffen im Gepäck eines Passagiers verursacht.”
- ↑ Semmens, S. 92.
- ↑ NN: 100 persons.
- ↑ NN: 100 persons.
- ↑ NN: Ghastly Railway tragedy.
- ↑ Semmens, S. 92.
- ↑ NN: Ghastly Railway tragedy.
- ↑ NN: 100 persons.
- ↑ Semmens, S. 92; NN: 100 persons und NN: Ghastly Railway tragedy, nennen die Zahl von 50 Verletzten.
- ↑ NN: 100 persons.