Esterházy, ungarisch manchmal auch Eszterházy, lateinisch Estoras, eingedeutscht Esterhasi, ist der Name einer alten, bedeutenden ungarischen Magnatenfamilie, die seit 1687 als reichsfürstliches Haus zum Hochadel zählte.

Familiengeschichte

Die Ursprünge der Familie Esterházy

Die Familie hieß ursprünglich Zerház und war im 13. Jahrhundert ein Zweig des Geschlechts der Salamonvata, die im Zuge der Christianisierung der Magyaren im 11. Jahrhundert den biblischen Namen Salomon gewählt hatte. Erstmals urkundlich erwähnt als Familie Zerház de Zerhásház, wird der Familienname 1527 nach dem (per Heirat erworbenen) Landsitz mit der Beifügung „de Galantha“ ergänzt. Galant(h)a ist ein Ort unweit von Bratislava an der Kleinen Donau (slowakisch: Malý Dunaj) östlich der Stadt.

Die drei Brüder Baron Nikolaus Esterházy (1582–1645), Baron Daniel Esterházy (1585–1654) und Baron Paul Esterházy (1587–1645) sind die Stammväter der bis heute blühenden Hauptlinien der ungarischen Familie Esterházy, nämlich Nagymarton (später Fraknó/Forchtenstein), Csesznek und Zólyom (Zvolen = Altsohl). Den ungarischen Freiherrenstand erhielten die Esterházy 1613.

Vom Kleinadel zum Magnaten

Nikolaus Esterházy war der herausragende der drei Brüder, denn er schaffte es, durch sein strategisches und diplomatisches Handeln die ungarische Kleinadelsfamilie zu einem führenden Magnatengeschlecht zu machen. Die Konversion der zuvor protestantischen Familie zum Katholizismus und die unabdingbare Treue zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches (in seiner Funktion als König von Ungarn) legten die Grundsteine zum außergewöhnlichen Aufstieg der Familie. 1622 erhielt er vom Kaiser die Herrschaft Forchtenstein samt Grafentitel und die Herrschaft Eisenstadt, die beide bis heute im Besitz der Familie geblieben sind.

Die Bedrohung durch die Osmanen

Für den Kaiser bedeuteten die Esterházy während der Türkenkriege ein wichtiges militärisches Bollwerk gegen die Türken in Ungarn und ganz Mitteleuropa, da die Familie im Kampf gegen die Türken auf eigene Kosten beachtliche Soldatenkontingente aufbot und andere ungarische Aristokraten zur Nachahmung motivierte. Immer wieder kämpften Familienmitglieder der Esterházy gegen die Türken, vor allem im 17. Jahrhundert.

In der Schlacht von Vezekény (ungarisch: Nagyvezekény, slowakisch: Veľké Vozokany) im Jahre 1652 fielen gleich vier Familienmitglieder, darunter der Majoratsherr Graf Ladislaus Esterházy (Sohn von Palatin Nikolaus Esterházy) und dessen Cousins Franz, Thomas und Kaspar.

Mit Graf Nikolaus und dessen Sohn, dem späteren Fürsten Paul I. Esterházy, bekleideten zwei Generationen in Folge die Position des Palatins, des Stellvertreters des Königs von Ungarn (der zugleich Kaiser des Heiligen Römischen Reiches war).

Erhebung in den Fürstenstand

1687 wurde Graf Paul Esterházy von Kaiser Leopold I. zum Dank für seinen Einsatz im Kampf gegen die Türken sowie auch für sein Eintreten im ungarischen Landtag für die Umwandlung des Wahlkönigtums in ein Erbkönigtum in den Fürstenstand erhoben.

Zunächst bezog sich die Fürstenwürde nur auf Paul I. Erst 1712 erhielt der jeweils erstgeborene männliche Esterházy, zuerst der Forchtensteiner Linie, dann durch Erberlass auch der anderen Linien, die erbliche Fürstenwürde. Die Fürstliche Linie wählte Eisenstadt zu ihrem Hauptsitz und baute eine dort bestehende Burg zum repräsentativen Fürstensitz aus. Im Franziskanerkloster Eisenstadt wurde 1705 die Familiengruft eingerichtet. Unter Kaiser Joseph II. wurde der Fürstentitel als Primogenitur erhalten und allen männlichen Mitgliedern der fürstlichen Linie der Titel eines Prinzen verliehen.

Loyalität zum Kaiserhaus – Folgen der Säkularisation

Die Esterházys standen auch in kriegerischen Auseinandersetzungen stets zum Kaiserhaus, von der Türkenbedrohung über den Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) bis zu den Napoleonischen Kriegen (1792–1815).

Die Bekanntheit der Familie und die Loyalität gegenüber dem Kaiserhaus eröffneten den Esterházys im Zuge der territorialen Veränderungen im Napoleonischen Europa auch neue Chancen. So erwarb Fürst Nikolaus II. Esterházy de Galántha 1804 das kurz zuvor säkularisierte adelige Damenstift Edelstetten bei Krumbach (Bayern) für 28.000 Gulden vom Fürsten Charles Joseph de Ligne als eine neue Reichsgrafschaft, um als reichsunmittelbarer Regent Sitz und Stimme im Reichsfürstenrat des Heiligen Römischen Reiches zu erhalten, das jedoch bereits 1806 unterging. Dadurch stiegen sie in den deutschen Hochadel auf. Nach dem Übergang an das 1806 geschaffene Königreich Bayern trugen sich die Esterházy für diese neue Gerichtsherrschaft 1813 in die bayerische Adelsmatrikel ein, doch nahmen sie zunächst die damit verbundene Reichsratswürde wegen ihres fehlenden Indigenats nicht auf. Der Chef des Hauses führt seither den Titel Fürst Esterhazy von Galantha, gefürsteter Graf zu Edelstetten, Graf von Forchtenstein. Er war Erb-Obergespan des Komitats Ödenburg und erbliches Mitglied des ungarischen Oberhauses. Die Nachgeborenen führen den Titel Prinz und Prinzessin Esterhazy von Galantha, ebenfalls mit der Anrede Durchlaucht. Neben der fürstlichen Hauptlinie gibt es noch gräfliche Nebenlinien Esterházy von Galantha.

Auch während der Revolution von 1848 blieben vor allem die fürstlichen Esterházys auf der Seite der Habsburger. Fürst Paul III. Anton Esterházy, der lange als Gesandter des Kaisertums Österreich in London akkreditiert war, trat, erbost über die illoyale Einstellung der Ungarn gegenüber den Habsburgern, 1848 von seinem Amt als ungarischer Minister zurück. Am 18. Juni 1812 hatte er in Regensburg Prinzessin Marie-Theres von Thurn und Taxis geheiratet. Aus der Ehe ging der Sohn Nikolaus (* 1817) hervor, der durch Vermählung mit Sarah Child-Villiers, einer Tochter von George Child Villiers, 5. Earl of Jersey, die direkte Verwandtschaft der Esterházy mit einer der bedeutendsten Adelsfamilien des Vereinigten Königreichs begründete.

Die Familie heute

Das Ende der Donaumonarchie brachte auch Veränderungen für die Familie Esterházy mit sich. Mit dem Vertrag von Trianon im Jahr 1920 befanden sich die Esterházyschen Güter plötzlich in fünf verschiedenen Ländern: Ungarn, Tschechoslowakei, Jugoslawien, Rumänien, Österreich.

Das wirtschaftliche Archivmaterial der fürstlichen Linie befindet sich heute in der Burg Forchtenstein, während ein anderer Teil des Familienarchivs seither im ungarischen Staatsarchiv in Budapest aufbewahrt wird. Der Besitz in Ungarn wurde von der kommunistischen Regierung nach 1947 enteignet. Der Besitz im Burgenland blieb in privatem Eigentum und wurde nach Aufhebung des Fideikommisses in Ungarn in den 1930er Jahren und in Österreich im Oktober 1938 an den Majoratsherrn Paul V. Fürst Esterházy übertragen.

Der Zweite Weltkrieg stellte einen großen Einschnitt im Leben der Familie Esterházy dar. Teile der Familie flohen vor der sowjetischen Besatzung. Andere, wie Graf Moritz Esterházy (1881–1960), der 1917 Ministerpräsident von Ungarn war, und der damalige Fürst Paul V. Esterházy, blieben im Land. Fürst Paul V. wurde in einem Schauprozess zusammen mit Kardinal József Mindszenty 1948 von den Kommunisten zu 15 Jahren Einzelhaft verurteilt. Erst während des Ungarnaufstands 1956 gelang ihm die Flucht. Ab 1948 kam es auch für andere Familienmitglieder zu Schauprozessen, Gefängnis und Deportationen, die eindrucksvoll in Büchern wie Greif und Rose von Hanna Molden und Harmonia Caelestis von Péter Esterházy beschrieben wurden.

Nach dem Tod von Paul V. Fürst Esterházy 1989 das ehemalige Fideikommisseigentum in Österreich auf seine Witwe Melinda Esterházy (geb. Ottrubay) über. 1991 und 1994 brachte sie das Esterházy-Vermögen in drei österreichische Privatstiftungen zur Bewahrung des Familienerbes ein. Nachdem sich Melinda Esterházy 2002 in den Ruhestand zurückgezogen hatte, übernahm ihr Neffe Stefan Ottrubay die Oberaufsicht über die drei Stiftungen und die 2001 gegründete Esterhazy Betriebe GmbH. Der Neffe ihres Mannes, Anton II. Esterházy de Galántha, der heutige Chef des Hauses, fühlte sich seinerzeit in seinen Kompetenzen beschnitten und verleumdet. In der Folge kam es mehrfach zu wechselseitigen Anzeigen zwischen Stefan Ottrubay und verschiedenen Trägern des Namens Esterházy. Seitdem nimmt Fürst Anton II. lediglich repräsentative Angelegenheiten der Familie wahr. Sein Sohn Paul Anton (* 1986) erhielt jedoch von Melinda das Kloster Edelstetten in Bayerisch-Schwaben übertragen.

Gräfliche Zweige

Zu gräflichen Zweigen des Hauses Esterházy gehören die Bischöfe Imre (1663–1745) und Karl (1725–1799), der ungarische Ministerpräsident Moritz Esterházy de Galántha (1881–1960), der slowakische Politiker János Esterházy (1901–1957), der ungarische Schriftsteller Péter Esterházy (1950–2016) und der österreichische Theaterintendant Paul Esterházy (* 1955).

Wappen

Das Stammwappen zeigt in Blau auf goldener Blätterkrone stehend einen gekrönten goldenen Greif, in der rechten Kralle einen Säbel schwingend, in der linken drei rote Rosen an grünen Stängeln haltend. Auf dem Helm mit blau-goldenen Decken der Greif wachsend.

Bekannte Familienmitglieder

Schlösser und Burgen

Unzählige Baumeister, Architekten und anderweitige Künstler standen über Jahrhunderte im Dienste der Familie, die deren Fleiß und Talent zur Prachtentfaltung nutzten und weltweit bekannt machten. So entstanden weit über 60 Schlösser, über 110 Kirchen, etliche Schulen und Pensionshäuser, verteilt auf sämtliche Staaten der ehemaligen K.u.k.-Monarchie.

Ungarn

Slowakei

Österreich

Deutschland

Sonstiges

Förderer der Musik

Die Familie Esterházy ist auch bekannt für ihr kulturelles Engagement, vor allem jenes der Fürsten Paul II. Anton und insbesondere das von Nikolaus I. in den Jahren 1761 bis 1790. Im Auftrag der Fürsten schuf Joseph Haydn, der Begründer der Klassik, in über 30 Jahren seine wichtigsten Werke.

Auch das Talent von Franz Liszt, dessen Vater als Gutsverwalter auf den Esterházyschen Gütern tätig war, wurde von der Familie entdeckt und gefördert. Franz Schubert war für die jungen Komtessen Caroline und Marie als Klavierlehrer tätig.

Trivia

Nach der Familie wurden in Österreich-Ungarn mehrere Speisen benannt:

  • eine Torte mit Buttercreme und Marzipan (siehe: Esterházy-Torte)
  • eine Beilage aus Porree, Sellerie und Wurzelgemüse (siehe: Esterházy-Gemüse)
  • verschiedene Fleischgerichte, wie z. B. der Esterházy-Rostbraten oder das Esterházy-Steak; Zutaten sind Julienne (Streifen) von Wurzelgemüse (Karotten, Sellerie) und Lauch, die in Butter kurz gedünstet, gewürzt, und mit Burgunder-Sauce über das besagte Schmorsteak gegeben werden
  • das Esterházy-Gulasch, ein traditionelles Weihnachts- oder Silvestergericht aus Rind- und Schweinefleisch, Zwiebeln und Gewürzen im hessischen Bad Orb
  • Esterházy-Schnitzel, gedünstete Rindschnitzel

Darüber hinaus findet sich der Name der Familie heute auch noch an anderen Stellen:

  • Das 3. französische Husarenregiment, stationiert in Metz als Teil der Deutsch-Französischen Brigade, sowie das 2. französische Husarenregiment in Haguenau führen nach den jeweiligen ersten Regimentsinhabern die Traditionsbezeichnung „Esterhazy-Husaren“.
  • Geführt wurden die k.u.k. Infanterieregimenter No. 31 (1741/3) ungarisch 1777 Anton Esterházy de Galantha, Infanterieregiment No. 32 (1741/4) ungarisch 1802 Nikolaus II. Esterházy de Galantha, Infanterieregiment No. 33 (1741/5) ungarisch 1753 Nikolaus Esterházy, Infanterieregiment No. 34 (1733/10) ungarisch 1780 Anton von Esterházy de Galantha, Infanterieregiment No. 37 (1741/6) ungarisch 1744 Joseph von Esterházy de Galantha.
  • Irene Dische und Hans Magnus Enzensberger publizierten 1993 das Bilderbuch Esterhazy. Eine Hasengeschichte.
  • Im sechsten Bezirk Wiens befindet sich ein Esterházypark sowie eine Esterházygasse, die beide nach der Familie benannt sind.

Literatur

Commons: Esterházy – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Jakob Michael Perschy (Hrsg.): Die Fürsten Esterházy. Magnaten, Diplomaten & Mäzene. Ausstellung der Republik Österreich, des Landes Burgenland und der Freistadt Eisenstadt im Schloss Esterházy 1995. Landesarchiv und -bibliothek, Eisenstadt 1995, ISBN 3-901517-01-4, S. 36 ff.
  2. Wolfgang Wüst: Schwäbischer Adel nach dem Ende des Alten Reiches: Regionales Bewahren und Gestalten. In: Peter Fassl, Rainer Jehl (Hrsg.): Schwaben im Hl. Römischen Reich und das Reich in Schwaben. Studien zur geistigen Landkarte Schwabens. Augsburg 2009, ISBN 978-3-89639-684-6, S. 127–149.
  3. Erbtante Melinda zeigt sich knausrig. In: Die Presse. 27. Dezember 2011, abgerufen am 29. Juli 2013.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.