Die Flavanone sind eine Untergruppe sekundärer Pflanzenstoffe innerhalb der Stoffgruppe der Flavonoide. Sie unterscheiden sich strukturell von dem ihnen zugrunde liegenden Flavan durch eine zusätzliche Ketogruppe in Position 4. Das Grundgerüst der Flavanone ist somit die Verbindung Flavan-4-on.

Struktur

Die Flavanone besitzen ein Chiralitätszentrum am Kohlenstoffatom C2, so dass es zu einer Konstitutionsformel immer zwei mögliche Konfigurationen gibt: (2S), (2R). Dabei ist die (2S)-Konfiguration bei weitem die gängigste Konfiguration und wird als die natürliche Konfiguration angesehen.

Die einzelnen Flavanone unterscheiden sich voneinander durch das Substitutionsmuster des Flavan-4-on-Grundgerüsts mit Hydroxygruppen und durch die Art der weiteren Derivatisierung dieser hydroxylierten Flavan-4-one durch u. a. O-Alkylierung, meist in der Form von O-Methylierung und/oder durch die O-glycosidische Anbindung von Saccharid-Resten unter Bildung von Glycosiden.

Nicht-glycosylierte Flavanone

Typische und häufiger vorkommende Flavanone sind Naringenin und Eriodictyol. Sie tragen an den Kohlenstoffatomen in den Positionen 5, 7 und 4' bzw. 5, 7, 3' und 4' Hydroxygruppen. Auch Isosakuranetin und Hesperetin, die sich von diesen Flavanonen durch Methylierung der Hydroxygruppe an C4' ableiten, sind gängig.

Beispiele für Flavanone
NameKonfig. C256782′3′4′5′6′CAS
Blumeatin(2S)OHOMeOHOH118024-26-3
(-)–Butin(2S)OHOHOH492-14-8
(+)–Eriodictyol(2S)OHOHOHOH552-58-9
Hesperetin(2S)OHOHOHOMe520-33-2
Homoeriodictyol(2S)OHOHOMeOH446-71-9
Isosakuranetin(2S)OHOHOMe480-43-3
Liquiritigenin(2S)OHOH578-86-9
Naringenin(2S)OHOHOH480-41-1
(+)–Pinocembrin(2S)OHOH480-39-7
Sakuranetin(2S)OHOMeOH2957-21-3
Sternbin(2S)OHOMeOHOH51857-11-5
Legende zur Tabelle

In den Spalten 5–6' sind die Substituenten der jeweiligen Positionen des Flavan-4-on-Grundgerüsts der Flavanone angegeben:
OH = Hydroxygruppe, OMe = Methoxygruppe, kein Eintrag = keine Substitution, d. h. der gebundene Rest ist H.

Glycosylierte Flavanone

In den O-Glycosiden der Flavanone sind die Saccharidreste häufig an das Kohlenstoffatom in Position 7 angebunden. Häufiger sind die beiden Disaccharide Rutinose bzw. Neohesperidose gebunden. Hesperetin bildet durch Anbindung dieser beiden Disaccharide in Position 7 die beiden isomeren Glycoside Hesperidin und Neohesperidin.

Beispiele für Glycoside der Flavanone
GlycosidAglyconKonfig. C256782′3′4′5′6′CAS
EriocytrinEriodictyol(2S)OHRutinosylOHOH13463-28-0
DidyminIsosakuranetin(2S)OHRutinosylOMe14259-47-3
HesperidinHesperetin(2S)OHRutinosylOHOMe520-26-3
NarirutinNaringenin(2S)OHRutinosylOH14259-46-2
NaringinNaringenin(2S)OHNeohesperidosylOH10236-47-2
NeohesperidinHesperetin(2S)OHNeohesperidosylOHOMe13241-33-3
PoncirinIsosakuranetin(2S)OHNeohesperidosylOMe14941-08-3
SakuraninSakuranetin(2S)GlucosylOMeOH529-39-5
Legende zur Tabelle

In den Spalten 5–6' sind die Substituenten der jeweiligen Positionen des Flavan-4-on-Grundgerüsts der Flavanone angegeben:
OH = Hydroxygruppe, OMe = Methoxygruppe, kein Eintrag = keine Substitution, d. h. der gebundene Rest ist H.
Glucosyl = β-D-Glucopyranosyloxy,
Rutinosyl = α-L-Rhamnopyranosyl-(1→6)-β-D-glucopyranosyloxy,
Neohesperidosyl = α-L-Rhamnopyranosyl-(1→2)-β-D-glucopyranosyloxy

Vorkommen

Flavanone sind in höheren Pflanzen weit verbreitet und wurden in etwa 42 Familien nachgewiesen. Sie kommen insbesondere in Pflanzenarten aus den Familien Korbblütler, Hülsenfrüchtler und Rautengewächse, z. B. in der Gattung der Zitruspflanzen vor.

Biosynthese

Die Flavanone werden durch einen intramolekularen Ringschluss aus den entsprechenden Chalkonen gebildet. Die Michael-Addition innerhalb des Chalkons erfolgt enantioselektiv und wird durch Chalkon-Isomerasen katalysiert. Dabei entsteht aus Naringenin-Chalkon (Synonym: (E)-2',4,4',6'-Tetrahydroxychalkon) das Flavanon Naringenin (Synonym: (S)-4',5,7-Trihydroxyflavanon).


Bildung von Naringenin aus Naringenin-Chalkon
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Einzelnachweise

  1. 1 2 3 Bohm B. A.: Introduction to Flavonoids - Chemistry and biochemistry of organic natural products; Volume 2, 1999, Verlag CRC Press, S. 82 ff., ISBN 90-5702-353-9
  2. Harborne J. B.: The Flavonoids - Advances in Research since 1980, 1988, Chapman and Hall, London, New York S. 348–372, ISBN 0-412-28770-6
  3. 1 2 3 Khan, M. K. et al.: A comprehensive review on flavanones, the major citrus polyphenols, Journal of Food Composition and Analysis, 2014, 33(1), S. 85–104, doi:10.1016/j.jfca.2013.11.004
  4. Peter Nuhn: Naturstoffchemie. 3. Auflage. S. Hirzel, Stuttgart/Leipzig 1997, ISBN 3-7776-0613-8, S. 602–604.
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