Frauenfeld-Wil-Bahn
ABe 4/8 1 zwischen Münchwilen und Rosental

Alte Dampflokomotiven Murg, Frauenfeld und Hörnli in Wil
Streckennummer (BAV):851
Fahrplanfeld:841
Streckenlänge:17.45 km
Spurweite:1000 mm (Meterspur)
Stromsystem:1200 V =
Maximale Neigung: 46 
Wil–Frauenfeld
SBB von St. Gallen und von Wattwil
0.00 Wil SG Endpunkt S 15 571 m ü. M.
Depot und Werkstätte
Thurbo nach Weinfelden–Wil
SBB nach Winterthur
2.35 Schweizerhof 531 m ü. M.
3.89 Münchwilen TG 516 m ü. M.
Murg
4.66 Münchwilen Pflegeheim 509 m ü. M.
6.50 Rosental 487 m ü. M.
Murg
7.95 Wängi GB 474 m ü. M.
8.27 Wängi 470 m ü. M.
9.01 Wiesengrund 465 m ü. M.
9.81 Jakobstal 460 m ü. M.
11.49 Matzingen 447 m ü. M.
12.62 Weberei Matzingen 440 m ü. M.
13.92 Murkart bis 2018 Bahnhof 431 m ü. M.
15.13 Lüdem 423 m ü. M.
16.85 Frauenfeld Marktplatz 417 m ü. M.
SBB von Winterthur
17.45 Frauenfeld Endpunkt S 15 405 m ü. M.
SBB nach Weinfelden

Die Frauenfeld-Wil-Bahn, abgekürzt FWB, ist eine Meterspurbahn der Appenzeller Bahnen (AB) in der Schweiz, die das Murgtal im Kanton Thurgau mit den Städten Frauenfeld und Wil verbindet. Die Betriebseröffnung der knapp 17,5 km langen Strecke erfolgte am 1. September 1887. Am 20. November 1921 wurde der elektrische Betrieb mit 1200 V Gleichspannung aufgenommen.

Die Frauenfeld-Wil-Bahn AG (offizielle Initialen FW) wurde per 1. Januar 2021 von den Appenzeller Bahnen übernommen (Annektionsfusion). Bereits seit 2003 sind die AB für die operative Führung der Frauenfeld-Wil-Bahn verantwortlich.

Die Frauenfeld-Wil-Bahn beförderte im Jahr 2019 1,3 Millionen Personen mit 13 Millionen Personenkilometern und ist eingebunden in den Tarifverbund Ostwind. Es fahren jeweils drei Pendelzüge im 30-Minuten-Takt, die zu den üblichen Symmetrieminuten in Matzingen und Schweizerhof kreuzen.

Geschichte

Bau und Dampfbetrieb

Seit den 1850er Jahren bestanden Pläne für eine Bahnverbindung zwischen Wil und Frauenfeld und einer Weiterleitung nach Schaffhausen. Neben der Industrie im stark besiedelten Murgtal war es vor allem die Stadt Frauenfeld, die den Bau einer Bahn nach Wil anstrebte. Wegen grosser Schwierigkeiten bei der Kapitalbeschaffung, es waren 650 000 Franken notwendig, konnte erst 1886 die erste Generalversammlung in Frauenfeld durchgeführt werden. Finanziell war unter anderem auch die Toggenburgerbahn beteiligt. Aus Kostengründen wurde eine Strassenbahn wie die Waldenburgerbahn mit 750 Millimetern Spurweite vorgesehen. 1881 lag ein Projekt einer Meterspurbahn vor.

Im April 1887 konnte mit den Bauarbeiten begonnen werden. Die Kosten für Unter- und Oberbau, die Gebäude und die Telefoneinrichtungen betrugen laut Vertrag 425 000 Franken. Viel Land wurde unentgeltlich zur Verfügung gestellt, unter anderem von der Bürgergemeinde Frauenfeld und der Ortsgemeinde Wil. Die Schweizerische Lokomotiv- und Maschinenfabrik (SLM) in Winterthur erstellte für 120 000 Franken drei Lokomotiven, acht Personenwagen, zwei Post- und Gepäckwagen sowie vier gedeckte und acht offene Güterwagen. Die dreiachsigen Dampflokomotiven G 3/3 wurden mit den Namen Frauenfeld, Wyl und Murg geliefert. Nach nur viereinhalb Monaten Bauzeit konnte die Frauenfeld-Wil-Bahn am 1. September 1887 feierlich eröffnet werden.

Anfangs 1887 hatte der Wiler Gemeinderat beschlossen, die Weiterführung der Frauenfeld-Wil-Bahn ins Zentrum der Stadt untersuchen zu lassen. Beurteilt wurden zwei Streckenführungen sowie die Betriebsarten Dampfbahn, Pferdetram oder gemischter Betrieb. Die drei G 3/3-Lokomotiven hätten für den Betrieb nicht ausgereicht, weshalb der Kauf einer zusätzlichen Lokomotive für 19 000 Franken oder von zwei Pferden, Pferdegeschirr und zwei Tramwagen für 9200 Franken vorgeschlagen wurde. Das Projekt wurde schliesslich als nicht rentabel beurteilt.

Obwohl ihre Frequenz mit rund 10 bis maximal 16 Zügen pro Tag vergleichsmässig gering war, zeigte sich bereits in den ersten Betriebsjahren, dass drei Lokomotiven für den Betrieb nicht ausreichten. 1890 erhielt die Frauenfeld-Wil-Bahn von der SLM die Lokomotive Nr. 4 „Hörnli“.

Anfänglich diente die Bahn hauptsächlich dem Transport von Gebrauchsgütern wie Milch, Brennholz und Tieren. Das Eidgenössische Schützenfest 1890 und die Schweizerische Landwirtschaftliche Ausstellung 1903, beide in Frauenfeld, forderten den Bahnbetrieb. Alle 22 Güterwagen wurden für den Personentransport eingesetzt. Ab 1907 wurden reine Güterzüge geschaffen, um den Personenverkehr zuverlässiger durchführen zu können. Dazu wurde eine weitere Lokomotive benötigt, die als G 3/3 4 „Landskron“ der Birsigtalbahn erworben wurde. Rund ein Viertel des Güterverkehrs verlief über die Station Matzingen. Das Verkehrsaufkommen stammte vor allem von der Walzmühle Rosental, die aber 1912 zusammenbrach, was den Güterverkehr empfindlich traf. Anfang des 20. Jahrhunderts erlangte der Personenverkehr im Murgtal Priorität.

An den Mobilmachungstagen des Ersten Weltkriegs mussten für die in Frauenfeld einrückenden Truppen Extrazüge geführt werden. Während des Krieges waren die Züge mehr ausgelastet als in den Vorkriegsjahren, was den Lokomotiven nicht gut bekam. Mit dem Ausbruch des Weltkriegs 1914 stiegen die Betriebskosten an, und die FW kam zunehmend in finanzielle Schwierigkeiten. Die Betriebsergebnisse waren bis 1917 stets positiv. Vereinzelt wurde eine kleine Dividende ausgerichtet, aber im Wesentlichen wurden die Gewinne als Reserven angelegt. 1921 musste die Bilanz mittels einer Reduktion des Aktienkapitals um rund 50 Prozent und neuen Anleihen grundlegend finanziell saniert werden.

Elektrifizierung und weitere Entwicklung

Wegen der im Ersten Weltkrieg stark gestiegenen Kohlepreise (die Schweiz als Binnenstaat ohne grössere eigene Kohlevorkommen war spätestens ab 1915 von kriegführenden Staaten umgeben, die kein Interesse an Kohleexport hatten) und des sich verschlechternden technischen Zustands des Rollmaterials entschied sich die FWB im Jahre 1919 für die Elektrifizierung der Bahn. Ab dem 20. November 1921 wurde die FWB mit drei Triebwagen BCe 2/4 und einer Lokomotive für den Güterzugdienst elektrisch betrieben. Bereits vor der Elektrifizierung wurde die Umstellung auf Busbetrieb diskutiert, verworfen und ab den 1930er Jahren noch einige Male geprüft.

Nach der Frontalkollision von 1955 fehlte der Frauenfeld-Wil-Bahn die Hälfte der Triebfahrzeuge. Kurzfristig konnte von der Solothurn–Zollikofen–Bern-Bahn der Triebwagen BCFe 4/4 1 angemietet werden.

Am 31. März 1969 ereignete sich zwischen der Weberei Matzingen und Murkart ein ähnlicher Unfall wie 1955. Ein fahrplanmässiger Zug prallte frontal in einen Dienstzug. Die beiden beteiligten ABe 4/4 2 und Ge 2/2 7 erlitten Totalschaden. Die Suche nach geeignetem Rollmaterial war nicht einfach, denn es gab nicht mehr viele Bahnen mit ähnlichen technischen Normen wie die Frauenfeld-Wil-Bahn. Trotzdem konnte ein Gelenktriebwagen BDe 8/8 der Bremgarten-Dietikon-Bahn (BD) gemietet werden. Der Triebzug der BD war bei Fahrgästen und Personal der Frauenfeld-Wil-Bahn beliebt. Doch der fabrikneue Gelenktriebwagen musste zurückgegeben werden, und die Bahn brauchte für die beiden bei der Frontalkollision verlorenen Triebfahrzeuge Ersatz. Sie konnte von der BD die drei gebrauchten Triebwagen Ce 4/4 erwerben. Der erste Triebwagen traf am 5. Juni 1969 in Wil ein, er wurde umgehend ins Depot Frauenfeld Stadt gebracht, um die nötigen Anpassungen zu machen. Am Schwierigsten waren die Anpassungen der elektrischen Teile. Mit Hilfe der Industrie konnten die nötigen Anpassungen in kurzer Frist durchgeführt werden. Der erste Triebwagen erhielt die Nummer 204 und konnte umgehend den Betrieb aufnehmen. Ein zweiter Triebwagen traf kurze Zeit später bei der Frauenfeld-Wil-Bahn ein. Der dritte Triebwagen blieb noch bis Ende 1969 bei der Bremgarten-Dietikon-Bahn, erst 1970 wurde er als Nummer 205 in Betrieb genommen. Er verkehrte anfänglich im Anstrich der Bremgarten-Dietikon-Bahn.

In den 1960er Jahren wurde der Streckenabschnitt zwischen Wil und Schweizerhof entlang der Autobahn A1 neu trassiert:

In den nächsten Jahrzehnten wurde der Fahrplan ausgebaut und neue Kreuzungsstationen erstellt. Sämtliche Hauptsignale wurden mit der automatischen Zugsicherung ZST 90 ausgerüstet und die Strecke mit Streckenblock versehen.

Am 16. Mai 1978 wurde zwischen Wil und Matzingen der Rollbockverkehr aufgenommen, im Jahr 2000 aber bereits wieder eingestellt und damit auch der Güterverkehr insgesamt. Noch bis 2011 war die Rollbockanlage vorhanden und für Schottertransporte nutzbar. 1984 beschaffte die FW die Triebwagen Be 4/4 11 bis 15 und die dazugehörigen Steuerwagen Bt 111 bis 114. Die Triebwagen 16 und 17 kamen 1992 noch dazu. Die Triebwagen fuhren zusammen mit den Steuerwagen die Hauptlast des Personenverkehrs.

Modernisierung

Der Kanton Thurgau entschied 2006, den Bahnbetrieb fortzusetzen. Der Grundstein für die Modernisierung der Frauenfeld-Wil-Bahn wurde im Jahr 2009 mit dem Entscheid, fünf moderne Triebzüge anzuschaffen, gelegt. 2012 und 2013 wurde in Matzingen ein vollelektronisches Stellwerk mit einer Fernsteuerung der Appenzeller Bahnen in Betrieb genommen und ebenerdige Einstiege an den Haltestellen realisiert.

Die Frauenfeld-Wil-Bahn war berüchtigt für Unfälle auf Bahnübergängen. Bis 2014 wurden alle Bahnübergänge den neuen gesetzlichen Vorschriften angepasst. Durch die Installation von Barrieren, Blinklichtanlagen und die Aufhebung einiger Übergänge konnten Unfälle vermieden und die Sicherheit für Strassenbenutzerinnen und -benutzer wesentlich verbessert werden. Die Massnahmen wurden erst 2022 abgeschlossen.

Fusion mit den Appenzeller Bahnen

Seit 2003 arbeitete die Frauenfeld-Wil-Bahn eng mit den Appenzeller Bahnen zusammen. Diese führten in einem Mandatsauftrag die Geschäfte für die Frauenfeld-Wil-Bahn. Die Frauenfeld-Wil-Bahn war ein kleines Bahnunternehmen. Sie beschäftigte Ende 2020 13 Lokführerinnen und Lokführer und 3 Personen für die Reinigung. Die beiden Bahngesellschaften fusionierten im Juni 2021 rückwirkend per Ende 2020.

Der Bund war Hauptaktionär der Frauenfeld-Wil-Bahn. Weitere Aktionäre waren der Kanton St. Gallen, der Kanton Thurgau, die Städte Wil und Frauenfeld sowie weitere Gemeinden entlang der Strecke. Nur eine geringe Anzahl von Aktien befand sich in Privatbesitz. Die Marke „FWB“ und das Erscheinungsbild der Züge bleiben mindestens bis 2031 unverändert bestehen.

Geplanter Ausbau zum 15-Minuten-Takt

Es ist ein Ausbauschritt 2030/35 geplant, der eine Taktverdichtung zum Viertelstundentakt und neue Haltestellen vorsieht.

Fahrzeugpark

Seit 2019 wird der ganze Verkehr mit den allein fahrenden ABe 4/8 7001–7005 von Stadler (2013) abgewickelt.

Ehemaliges Rollmaterial

Lokomotiven
Triebwagen
Steuerwagen
  • Bt 111–114 (1985) FFA / BBC, 112 an ASm verkauft, Rest 2013/14 abgebrochen

Der Verein Freunde Schweizer Schmalspurbahnen (FSS) besitzt historisches Rollmaterial der FW; den FW-Jubiläumszug bestehend aus dem BCe 4/4 1 (1921), dem BC 16 (1887), dem L 105 (1887) sowie dem K 164 (1891). Während der Triebwagen im Kanton Solothurn abgestellt ist, stehen die Güter- und der Personenwagen in Wil neben dem Zeughaus.

Literatur

  • Hans Waldburger: Die Frauenfeld-Wil-Bahn. Geschichte einer Regionalbahn 1887–1987. Minirex AG, Luzern 1987, ISBN 3-907014-00-6.
Commons: Frauenfeld-Wil-Bahn – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. 1 2 Fusionsvertrag zwischen den Appenzeller Bahnen und der Frauenfeld-Wil-Bahn. Auf der Webseite der Appenzeller Bahnen, 29. April 2021/4. Mai 2021
  2. Geschäftsbericht 2019. (Memento des Originals vom 12. Mai 2021 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Auf der Webseite der Frauenfeld-Wil-Bahn. (PDF; 2,9 MB)
  3. 1 2 3 Thomas Frey, Hans-Ulrich Schiedt: bahndaten.ch. Daten zu den Schweizer Eisenbahnen 1847–1920. Via Storia, Zentrum für Verkehrsgeschichte der Universität Bern, abgerufen am 4. August 2021.
  4. 125 Jahre Frauenfeld-Wil-Bahn. Geschichte und Zukunft der Regionalbahn. Herausgegeben von der Frauenfeld-Wil-Bahn.
  5. Die Wiler “Strassen-Eisenbahn” – ein vergessenes Projekt. In: Eisenbahn Amateur (online), 20. November 2017.
  6. Hans G. Wägli: Schienennetz Schweiz/Réseau ferré suisse – Bahnprofil Schweiz CH+/Le rail suisse en profil CH+. AS Verlag, Zürich 2010, ISBN 978-3-909111-74-9, Seite 101
  7. Geschäftsbericht 2011 der Fraunfeld–Wil-Bahn, Seite 6
  8. Unfallgefahr an 75 Bahnübergängen ist gebannt. In: Schweizer Radio und Fernsehen. 18. Mai 2022, abgerufen am 11. Juli 2023.
  9. Pablo Rohner: Fusionspläne: Aber die Frauenfeld-Wil-Bahn würde den Namen behalten. Auf: hallowil.ch, 13. Mai 2020
  10. Geschäftsbericht 2020. (Memento des Originals vom 16. Mai 2021 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Auf der Webseite der Frauenfeld-Wil-Bahn. (PDF; 19,4 MB)
  11. AB und FWB prüfen Fusion. Medienmitteilung der Appenzeller Bahnen und der Frauenfeld-Wil-Bahn vom 13. Mai 2020.
  12. 9. Mai 2017: Schmalspurbahn hat Grosses vor, Tagblatt
  13. FW-Jubiläumszug mit BCe 2/4 1. (Nicht mehr online verfügbar.) In: Freunde Schweizer Schmalspurbahnen. Archiviert vom Original am 14. September 2018; abgerufen am 21. Juli 2009.
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