Als Freiburger Totentanz bezeichnet man zwei Darstellungen von Sequenzen des Totentanzes in der Stadt Freiburg im Breisgau. Eine befand sich für kurze Zeit auf dem Freiburger Rathaus, die andere existiert noch heute in der St.-Michaels-Kapelle auf dem Alten Friedhof in Freiburg.

Geschichte

Die erste Bilderserie wurde auf der Schauseite des zwischen 1557 und 1559 unter Einbeziehung bestehender Gebäude neu errichteten Freiburger Rathauses dem Maler Galienus Entringer († 1579) gemalt. Sie musste aber auf Anweisung des Rats bereits 1560 wieder durch Bilder aus der Lebensgeschichte des Königs Philipp von Makedonien ersetzt werden.

Die zweite Darstellung ist ein Zyklus von zwölf Bildern in der Vorhalle der Michaelskapelle auf dem Alten Friedhof in Freiburg direkt unter der Decke. Entstanden ist der Totentanz in der Kapelle vermutlich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Er stellt dar, wie schnell einen der Tod ereilen kann und dies ungeachtet des Lebensalters – dargestellt in den Bildern 1 bis 7 – und des Standes – dargestellt in den Bildern 8 bis 12. "So ist die Vorhalle zu einer eindringlichen Predigt über das unberechenbare Ende des menschlichen Lebens gestaltet, zugleich aber auch auf die Hilfe in der Religion hingewiesen." Diese zwölf Darstellungen sind links und rechts um ein Bild des jüngsten Gerichts, welches sich über dem Eingang der Kapelle befindet, gruppiert.

Die Kapelle und der Totentanz wurden in der Bombennacht vom 27. November 1944 schwer beschädigt. Die heute zu sehende Fassung wurde im Jahr 1963 vom Innsbrucker Freskenmaler Wolfram Köberl geschaffen. Im Sommer 2012 ist die Vorhalle der Kapelle mit dem Totentanz restauriert worden, die Arbeiten waren am 4. November 2012 abgeschlossen.

Der ursprüngliche Totentanz wird Simon Göser zugeschrieben. Diese ursprüngliche Version wurde von Dominik Weber im Jahr 1856 und durch Sebastian Luz im Jahr 1893 restauriert. Dabei stellte Luz fest, dass sich Dominik Weber weder an die Originalzeichnung noch an deren Farbgebung gehalten hatte. Sebastian Luz entfernte im Rahmen der Restaurierung die Bearbeitung Webers und stellte den Originalzustand wieder her. Die Fassung von Dominik Weber ist in einer Publikation des Freiburger Stadtarchivars Adolf Poinsignon festgehalten.

Im Jahre 1887 malte Dominik Weber einen an das Freiburger Vorbild angelehnten Totentanz in die Maria-Schnee-Kapelle in Herten.

Eine Szene des Totentanzes – der Tod und der Pfarrer – wurde als eines von acht Ölgemälden in den Totentanz der Seelenkapelle auf dem Friedhof der Expositurkirche St. Ägidius in Zenching übernommen

Hermann Ginter, von dem die Zuschreibung an Göser stammt, schrieb zusammenfassend: „Wenn nicht noch andere Gründe vorhanden wären, so würde schon das ganze Gehaben des Todes mit seinen Gegenspielern den Namen Gösers in den Vordergrund schieben. Von einem Totentanz im gewohnten Sinne des Wortes, einem Kampf zwischen Tod und Leben, in welchem der erstere mit dem Menschen einen Reigen aufführt, den beißende Ironie, blutiger Hohn, düstere Brutalität auf der einen Seite und hilflose Ohnmacht auf der anderen Seite charakterisieren, kann hier nirgends die Rede sein. Es ist auf allen Bildern ein sanftes Spiel voll Anmut und feierlicher Grazie, in welchem das hagere Totenskelett bei all der Grauenhaftigkeit seines Metiers doch nie vergißt, mit dem Takt und der Noblesse des würdevollen Gentlemans zuzufassen. Ganz im Sinne des frühen Klassizismus.“

Bilder und Texte des Totentanzes in der Michaelskapelle in der von Sebastian Luz 1893 rekonstruierten Originalversion

Die Bilder stammen aus dem Buch Freiburg im Breisgau. Die Stadt und ihre Bauten, 1898. Zu dieser Zeit war der Kapellengiebel mit einer großen Uhr, zwei Knochenmännern -der eine mit einer Schlange, der andere mit einem Anker- und zwei Putten geschmückt. Das Ganze als Sinnbild für die Vergänglichkeit.

Bilder und Texte des Totentanzes in der Michaelskapelle in der Version Wolfram Köberls von 1963

Bild 1

Hier schlafft das kindt, dort ewig wacht,
weil ihm der Todt ein Music macht.

Bild 2

Das ABC kaumb schreibt der knab,
Ruefft ihn der Todt schon in das grab.

Bild 3

Beim Haar der Todt ergreift den kopf,
Zu diser Wueth taugt ihm der Zopf.

Mitte

Der zentrale Teil des Totentanzes über dem Eingang der Kapelle
Linke Seite

Bild 1

Zu fechten, zu spihlen die Jugendt ist gewohnt,
Dem alter der Jugendt der Todt nit verschont.

Bild 2

Mit aschen zierth der Todt das Haupt,
Die besser als der puder taugt.

Bild 3

Der Todt allein das Creutz abnihmbt,
Das ihm der Ehemann selbst bestihmbt.

Zentralbild über dem Eingang

Sey uns doch gnädig
in dem Gricht,
vnd nit nach maaß der sünden
Richt!

Rechte Seite

Bild 4

Der eigne kopf macht lauter Zanck,
Dem Todt darumb vor disen danck.

Bild 5

Zu fahren zu reuthen der Todt ist bereuth,
Damit er den Adel erhalte zur beuth.

Bild 6

Dem betler in der Hungers not
Der Todt ihm ist das liebste brod.

Rechts

Bild 1
Die schwarze Mess lis ich vor dich,
Die Hülf darvon hof ich vor mich.

Bild 2
Beim pflueg der Baur das Brod gewint,
Beim pflueg den Baur der Todt auch nimt.

Bild 3
Du Narr was hülfft die gelt begier
Heunt kombt der Todt, was nimbst mit dir?

Kapellenvorraum

Zum Eingangsbereich gehören auch die beiden Fenster der Kapelle, die das Bilderband am oberen Rand abrunden. Sie sind hier zusammen mit dem Eingangstor dargestellt, um einen Eindruck der Gesamterscheinung zu vermitteln. In den beiden Seitenwänden sind Grabtafeln eingelassen.

           
Die linke Seitenwand mit den Grabplatten Das Fenster links des Eingangs,
dargestellt das Innere einer Kirche


da findest du das Leben
daß dort dir Gott will geben

Gott lieben und empfangen
wir all gueten Todt erlangen

Der Eingang


Sey uns doch gnädig
in dem Gricht
vnd nit nach maaß der sünden
Richt!

Das Fenster rechts des Eingangs,
dargestellt das Innere einer Apotheke


Hülffs-mittel der Kunst

Es Hülfft zue letzt kein medicin
Wilst ein artztneü gehe dorten hin

Die rechte Seitenwand mit den Grabplatten Das Bild von Jonas mit dem Wal gegenüber dem Eingang

Literatur

  • Adolf Poinsignon: Der Todtentanz in der St. Michaelskapelle auf dem alten Friedhof zu Freiburg im Breisgau. Freiburg 1891 (Digitalisat)
  • Friedrich Kempf: Die St. Michaels-Kapelle auf dem alten Friedhofe. In: Badischer Architecten- und Ingenieur-Verein, Oberrheinischer Bezirk (Hrsg.): Freiburg im Breisgau. Die Stadt und ihre Bauten. H. M. Poppen & Sohn, Freiburg im Breisgau 1898, S. 382–385 (Scan Wikisource).
  • Joachim Faller: Zur Außenbemalung der St. Michaelskapelle auf dem Freiburger "Alten Friedhof". In: Schau-ins-Land 127, 2008, S. 47–59 (Digitalisat).
  • Wolfgang Hug: Der „Freiburger Totentanz“ in der St. Michaelskapelle des Alten Friedhofs. In: Freiburger Diözesan-Archiv 131, 2011, S. 217–238.
  • Hans Georg Wehrens: Der Totentanz im alemannischen Sprachraum. "Muos ich doch dran - und weis nit wan". Schnell & Steiner, Regensburg 2012, ISBN 978-3-7954-2563-0, S. 247–250.
  • Peter Brannath: Seebacher – Der Tod schreibt schwarze Zahlen. Schillinger Verlag, Freiburg 2006, ISBN 978-3-89155-325-1 (Kriminalroman mit einer engen Beziehung zu diesem Totentanz).

Einzelnachweise

  1. Aus einem Ratsprotokoll "Das Gemälde am Rathus, des Todten, widerumb hinweg zu thundt und anstatt desselben die Histori des Königs Philippi Macedonie ze molen ... ", Hans Rott: Quellen und Forschungen zur südwestdeutschen und schweizerischen Kunstgeschichte im XV. und XVI. Jahrhundert. Band 3, 1. Stuttgart 1936, S. 112 (Digitalisat)
  2. Siehe Joachim Faller: Zur Außenbemalung der St. Michaelskapelle auf dem Freiburger "Alten Friedhof". In: Schau-ins-Land 127, 2008, S. 52.
  3. .
  4. Hans Georg Wehrens: Der Totentanz im alemannischen Sprachraum. "Muos ich doch dran - und weis nit wan". Schnell & Steiner, Regensburg 2012, ISBN 978-3-7954-2563-0, S. 247–250.
  5. hasi: Neuer Totentanz, Badische Zeitung 2. November 2012.
  6. Freiburg im Breisgau. Die Stadt und ihre Bauten. Freiburg 1898, S. 382–385 (Digitalisat).
  7. Adolf Poinsignon: Der Todtentanz in der St. Michaelskapelle auf dem alten Friedhof zu Freiburg im Breisgau. Freiburg 1891.
  8. In Richtung Paradies. Über den Tod im Bilde. Ausstellung, 24. Oktober bis 12. Dezember 2008, Museum Obermünster, Emmeramsplatz 1, Regensburg (= Kunstsammlungen des Bistums Regensburg, Diözesanmuseum Regensburg, Kataloge und Schriften Band 35). Regensburg 2008, S. ?.
  9. Hermann Ginter: Südwestdeutsche Kirchenmalerei des Barock. Dr. Benno Filser Verlag, Augsburg 1929, S. 125.

Koordinaten: 48° 0′ 2,7″ N,  51′ 25,1″ O

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