Der Westfälische Friede (Latein: Pax Westphalica) oder der Westfälische Friedensschluss besteht aus zwei Friedensverträgen, die am 24. Oktober 1648 in Münster und Osnabrück geschlossen wurden und den Dreißigjährigen Krieg beendeten. Zusammen mit dem am 15. Mai desselben Jahres ratifizierten Frieden von Münster, der parallel verhandelt wurde, aber nicht als Teil des Westfälischen Friedens gilt, fand damit der erste große Friedenskongress der Neuzeit seinen Abschluss.

Entsprechend den nach Verhandlungsparteien getrennten Tagungsorten des Friedenskongresses wurden zwei komplementäre Friedensverträge ausgehandelt. Für den römisch-deutschen Kaiser und Frankreich war dies der Münstersche Friedensvertrag (Instrumentum Pacis Monasteriensis, IPM) und für Kaiser und Reich einerseits und Schweden andererseits der Osnabrücker Friedensvertrag (Instrumentum Pacis Osnabrugensis, IPO). Beide Verträge wurden schließlich am selben Tag, dem 24. Oktober 1648, in Münster im Namen von Kaiser Ferdinand III. und König Ludwig XIV. von Frankreich bzw. Königin Christina von Schweden unterzeichnet.

Vorausgegangen war ein fünf Jahre währender Friedenskongress aller Kriegsparteien, der zugleich in beiden Städten tagte. Es war der erste internationale Kongress, auf dem nahezu alle großen europäischen Mächte vertreten waren. In einem separaten Friedensexekutionskongress zwischen April 1649 und Juli 1650 in Nürnberg, dem Nürnberger Exekutionstag, wurden in zwei Rezessen verbindliche Abmachungen zu Abrüstungs- und Entschädigungsfragen getroffen. Die Beschlüsse des Westfälischen Friedens und die Ergänzungen im Nürnberger Exekutionstag wurden als Reichsgrundgesetz behandelt und im vollen Wortlaut in den Abschied des Reichstages vom 17. Mai 1654 aufgenommen, genannt Jüngster Reichsabschied.

Der Westfälische Friede war Namensgeber des Westfälischen Systems und wurde zum Vorbild für spätere Friedenskonferenzen, da er dem Prinzip der Gleichberechtigung der Staaten, unabhängig von ihrer tatsächlichen Macht, zur Durchsetzung verhalf. Die reichsrechtlichen Regelungen des Friedens von Münster, Osnabrück und Nürnberg wurden zu Bestandteilen der Verfassungsordnung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation bis zu dessen Ende im Jahr 1806. Zugleich trug der allgemeine Friede – die pax universalis – von Münster und Osnabrück zur gesamteuropäischen Stabilität bei, da sich spätere Friedensschlüsse bis zur Französischen Revolution immer wieder an ihm orientierten. Um die gesamteuropäische Bedeutung des Westfälischen Friedensschlusses zu würdigen, wurden die Rathäuser von Münster und Osnabrück als Verhandlungsorte im April 2015 von der EU-Kommission mit dem Europäischen Kulturerbe-Siegel ausgezeichnet.

Überblick

Die Westfälischen Friedensverträge beendeten den Dreißigjährigen Krieg im Reich. Kern der Regelungen war ein neues Reichsreligionsrecht. Die Rechte der Reichsstände gegenüber dem Kaiser und in ihren eigenen Territorien wurden auf die hergebrachten Grundsätze festgeschrieben. Der Westfälische Friede wurde ein Grundgesetz des Reiches und war seitdem einer der wichtigsten Teile der Reichsverfassung. Daneben akzeptierten die Friedensverträge auch die Unabhängigkeit der Schweizerischen Eidgenossenschaft von der Gerichtsbarkeit der Reichsgerichte (Art. VI IPO = § 61 IPM) und erkannten damit faktisch ihre staatliche Unabhängigkeit an.

Es gelang in Münster aber nicht, eine Lösung für den wichtigsten Hegemonial­konflikt der Zeit zu finden, da die Verhandlungen zwischen Frankreich und Spanien scheiterten. Ein spanisch-französischer Ausgleich kam erst mit dem Pyrenäenfrieden von 1659 zustande. Insofern war der Westfälische Friede nur ein Teilerfolg des Kongresses.

Trotz seines fragmentarischen Charakters galt der Westfälische Friede bis zur Französischen Revolution als Grundlage des Systems der europäischen Staaten, das um 1650 erst im Entstehen begriffen war. Anlass für dieses Urteil sind die Teilnahme vieler politisch relevanter Mächte am Kongress (wichtige Ausnahmen: Polen, Russland, England), ihre ausdrückliche Nennung im schwedisch-kaiserlichen Vertrag, die Garantie für die Einhaltung der Verträge durch Frankreich und Schweden und der Bezug auf sie in späteren Friedensverträgen.

Vorbereitungen des Kongresses

Obwohl das Thema „Universalfriedenskongress“ seit 1637 zwischen den Kriegsparteien verhandelt worden war, wurde erst im Dezember 1641 in Hamburg eine Einigung (Hamburger Präliminarfrieden) über die Teilnehmer und die Orte der Verhandlungen erzielt. Beide Verhandlungsstädte und die Verbindungswege zwischen ihnen waren vorab für entmilitarisiert erklärt worden und alle Gesandtschaften erhielten freies Geleit.

Die wirklichen Friedensverhandlungen begannen im Juni 1645 und wurden in Osnabrück direkt, ohne Vermittlung, zwischen den kaiserlichen, den reichsständischen und den schwedischen Gesandten, in Münster dagegen unter päpstlicher und venezianischer Vermittlung zwischen den kaiserlichen und den französischen Gesandten geführt. Die Trennung geschah, teils um Rangstreitigkeiten zwischen Frankreich und Schweden vorzubeugen, teils auch, weil die protestantischen Mächte und die Römische Kurie nicht miteinander verhandeln wollten.

Kaiser Ferdinand III. wehrte sich anfangs vehement gegen die Beteiligung der Reichsstände an den Verhandlungen, wurde aber insbesondere durch Frankreich gezwungen, die Beteiligung der Reichsstände zuzulassen. Der entscheidende Durchbruch wurde am 11. Juli 1645 im Rahmen des Lengericher Conclusums erzielt. Durch die Beteiligung der Reichsstände wurde der Kongress in Osnabrück neben den Verhandlungen zwischen dem Reich und Schweden zu einem deutschen Verfassungskonvent, während in Münster zusätzlich die europäischen Rahmenbedingungen, die lehnsrechtlichen Probleme und der Friede zwischen Spanien und der Republik der Niederlande verhandelt wurde.

Rang- und Titelstreitigkeiten verzögerten noch lange die Eröffnung des Kongresses, da es die erste Vereinigung der Gesandten der mitteleuropäischen Staaten war und die Etiquette ganz neu geregelt werden musste.

Teilnehmer

Neben dem Kaiser, Spanien, dem Königreich Schweden, Frankreich, den Niederlanden, der Republik Venedig und dem Heiligen Stuhl waren auch sämtliche Reichsstände auf dem Friedenskongress vertreten. Frankreich und das Königreich Schweden setzten die Beteiligung der Reichsstände gegen den lang anhaltenden kaiserlichen Widerstand durch. Er musste sich dem Willen der Verhandlungspartner beugen und am 29. August 1645 alle Reichsstände zu den Verhandlungen einladen. Ihre Zulassung war ein Schritt von erheblicher Tragweite. Bisher hatte der Kaiser gemeinsam mit den Kurfürsten das Reich nach außen hin vertreten. Nun wurde dieses Recht auch auf die Fürsten und Reichsstädte ausgedehnt.

Insgesamt wurde der Kongress von ca. 110 Gesandtschaften besucht, die 16 verschiedene europäische Staaten repräsentierten und über 140 Reichsstände vertraten.

Dänemark beabsichtigte auf dem Kongress eine vermittelnde Rolle zwischen dem Reich und Schweden einzunehmen. Schweden misstraute der Neutralität Dänemarks, mit dem es im Ostseeraum rivalisierte, und griff es Ende 1643 im Torstenssonkrieg an. Nach anderthalb Jahren siegte Schweden, daraufhin spielte Dänemark keine Rolle mehr bei den Verhandlungen.

Beteiligte Personen

Von französischer Seite verhandelten in Münster Henri II. d’Orléans, Herzog von Longueville, ein Mitglied des Hochadels, sowie die Diplomaten Claude de Mesmes, comte d'Avaux, und Abel Servien.

Von Schweden waren bevollmächtigt: Johan Oxenstierna, der Sohn des Reichskanzlers Axel Oxenstierna, und Johan Adler Salvius.

Kaiserlicher Hauptgesandter (für beide Orte) war Graf Maximilian von Trauttmansdorff, in Münster unterstützten ihn Graf (später Fürst) Johann Ludwig von Nassau-Hadamar und der Jurist Isaak Volmar, in Osnabrück waren bevollmächtigt Johann Maximilian von Lamberg und der Kaiserliche Reichshofrat Johannes Krane aus Geseke, ebenfalls ein Jurist.

Als Vermittler (Mediatoren) waren der Kölner Nuntius Fabio Chigi (der spätere Papst Alexander VII.) und der venezianische Diplomat Alvise Contarini berufen worden.

Vom spanischen Hof waren Gaspar de Bracamonte y Guzmán conde de Peñaranda, Diego de Saavedra Fajardo, Antoine Brun, Joseph Bergaigne u. a. anwesend.

Die Generalstaaten hatten sechs Bevollmächtigte geschickt, Adriaan Pauw und Willem Ripperda; die Eidgenossenschaft vertrat Johann Rudolf Wettstein, Bürgermeister von Basel. Daneben waren zahlreiche Reichsstände vertreten.

Unter den Gesandten der evangelischen Stände zeichneten sich aus: Der Gesandte Sachsen-Altenburgs, Wolfgang Konrad von Thumbshirn, der Gesandte von Kursachsen Johann Ernst Pistoris, der zusammen mit Johann Leuber zeitweise auch den Vorsitz im Corpus Evangelicorum innehatte, sowie der Bevollmächtigte des Hauses Braunschweig-Lüneburg, Jakob Lampadius. Die Gesandtschaft von Kurbrandenburg wurde von Johann VIII. von Sayn-Wittgenstein-Hohenstein geleitet. Andere, wie der Gesandte von Württemberg, Johann Konrad Varnbüler, trugen durch ihre engen Kontakte zu Schweden erheblich zu den späteren Regelungen bei.

Der Standpunkt der katholischen Stände wurden lange bestimmt von den Maximalisten Franz Wilhelm von Wartenberg für Kurköln, Johann von Leuchselring für Augsburg, und Adam Adami, Gesandter des Fürstabtes von Corvey und der im Restitutionsedikt wiederhergestellten schwäbischen Klöster. Später verständigten sich die Gesandten kompromissbereiterer Stände wie Hugo Everhard Cratz von Scharfenstein und Nikolaus Georg Reigersberg für Kurmainz mit den evangelischen Ständen. Als weitere katholische Gesandte nahmen unter anderem Hugo Friedrich von Eltz für Kurtrier und für Bamberg der Präfekt des Domkapitels Cornelius Gobelius teil. Von allen Beteiligten war Adami der einzige, der eine geschichtliche Darstellung über die Versammlung abfasste.

Verhandlungen

Während der Verhandlungen dauerte der Krieg unvermindert an und die militärischen Erfolge der ausländischen Mächte beeinflussten die Verhandlungen erheblich.

Obwohl die Beteiligung der Reichsstände an den Verhandlungen mehrfach gefordert wurde (Admissionsstreit), vertrat der Kaiser das Reich anfangs alleine. Ein seit 1642/43 in Frankfurt tagender Reichsdeputationstag beriet hingegen die verfassungspolitischen Probleme des Reiches. Dementsprechend schlug der schwedische Gesandte Johan Adler Salvius schon 1643 vor, die Majestätsrechte zu usurpieren, und formulierte: Ihre Sekurität besteht in der deutschen Stände Libertät.

Anfangs vermieden die Gesandten aller Beteiligten frühzeitige Festlegungen und Zugeständnisse, hinter die man nicht mehr zurückkonnte. Deshalb verhandelte man zunächst nur über Verfahrensfragen und verschleppte sowohl auf Seiten Schwedens und Frankreichs als auch auf der des Kaisers den Austausch der jeweiligen Forderungen über ein Jahr lang. Die kaiserliche Seite versuchte zu Beginn vor allem, die Absichten der Gegner herauszufinden und den eigenen Standpunkt mit den Verbündeten Spanien und Bayern, den Kurfürsten und anderen Unterstützern im Reich abzustimmen. Erst nach dem Ausbleiben militärischer Erfolge gegen die Schweden im Torstenssonkrieg stimmte der Kaiser einem Austausch der Propositionen im Dezember 1644 zu.

Die Verhandlungen nahmen erst nach weiteren militärischen Rückschlagen für Kaiser Ferdinand III. im Jahr 1645 Fortschritte an, als der schwedische General Torstensson nach den Erfolgen gegen Dänemark auch zeitweise weit in in die kaiserlichen Erbländer vordrang. Der Kaiser gab deshalb dem schwedisch-französischen Druck nach und lud alle Reichsstände zum Kongress ein.

Am 29. November 1645 traf der kaiserliche Hauptgesandte Trauttmansdorff ein und prägte fortan wesentlich die Verhandlungen. Ein Vorfrieden zwischen dem Kaiser und Frankreich wurde am 13. September 1646 erzielt, zwischen dem Kaiser und Schweden gelang das am 18. Februar 1647. Die Verhandlungen um die verbliebenden Streitpunkte fuhren sich danach fest und Trauttmansdorff reiste im Juni 1647 ab. Erst 1648 gab es eine Einigung. Am 6. August 1648 wurde sich auf den finalen Entwurf für einen kaiserlich-schwedischen Friedensvertrag geeinigt. Als letztes Hindernis für den Frieden war der Kaiser im September bereit, die Unterstützung seines Verbündeten Spanien im Kampf gegen Frankreich einzustellen, nachdem die Schweden unter Königsmarck am 26. Juli die Prager Kleinseite erobert hatten und die Spanier am 20. August die Schlacht bei Lens gegen Frankreich verloren.

Beide Friedensverträge wurden am 24. Oktober 1648 zu Münster unterzeichnet. Erst nahezu vier Monate später am 18. Februar 1649 wurden die Ratifikationsurkunden ausgetauscht, und noch lange dauerten verschiedene Verhandlungen über die Umsetzung der Friedensbestimmungen. Für die Abwicklung der Demobilisierung, die mit einer großen Geldzahlung an Schweden verbunden war, wurden neue Verhandlungen nötig, die in Nürnberg vom Mai 1649 an stattfanden, und mit zwei Vereinbarungen, vom 26. Juni 1650 und vom 2. Juli 1650, endeten. Der vom Heiligen Stuhl im August 1650 gegen den Friedensvertrag eingelegte und auf den 26. November 1648 zurückdatierte Protest gegen die religionsrechtlichen Regelungen der Verträge blieb wirkungslos.

Bestimmungen des Westfälischen Friedens

Territoriale Veränderungen

Schweden erhielt außer einer Kriegsentschädigung von 5 Millionen Talern zur Auflösung seiner Truppen ganz Vorpommern neben der Insel Rügen und den Odermündungsinseln Usedom und Wollin, dazu Stettin und einen in seiner Ausdehnung noch festzulegenden Streifen auf dem rechten Oderufer; ferner die Stadt Wismar mit den Ämtern Poel und Neukloster vom Herzogtum Mecklenburg, das Erzstift Bremen mit dem Hamburger Domkapitel und das Hochstift Verden. Alle diese Gebiete sollten deutsche Reichslehen bleiben, und Schweden sollte sie als deutscher Reichsstand mit Sitz und Stimme auf den Reichs- und Kreistagen besitzen.

Der Kurfürst von Brandenburg bekam den Rest von Pommern und als Entschädigung für Vorpommern, auf welches sein Haus nach dem Erlöschen des pommerschen Herzogsgeschlechts (1637) ein Erbrecht hatte, das Erzstift Magdeburg und die Hochstifte Halberstadt, Minden und Cammin; doch blieb Magdeburg bis 1680 im Besitz des damaligen Administrators, des sächsischen Prinzen August. Herzog Adolf Friedrich von Mecklenburg-Schwerin erhielt für die Abtretung von Wismar die Hochstifte Schwerin und Ratzeburg. Dem Herzogtum Braunschweig-Lüneburg wurde die Herrschaftsfolge im Hochstift Osnabrück, abwechselnd mit einem katholischen, vom Domkapitel gewählten Bischof (alternative Succession), zugestanden sowie die Klöster Walkenried und Gröningen überlassen. Die Landgrafschaft Hessen-Kassel erhielt die gefürstete Abtei Hersfeld und einen Teil der ehemaligen Grafschaft Schaumburg. Bayern blieb im Besitz der Oberpfalz und der Kurwürde. Die Kurpfalz mit der neu geschaffenen achten Kurwürde und dem Erzschatzmeisteramt wurde dem Sohn des geächteten Friedrich V., Karl Ludwig, zurückgegeben (Causa palatina).

Frankreich erhielt die Bistümer und Städte Metz, Toul und Verdun, die sogenannten Trois-Évêchés, welche es tatsächlich schon seit 1552 besaß. Ferner trat der Kaiser alle Rechte, die sowohl das Haus Österreich als auch das Reich bisher auf die Stadt Breisach, die Landgrafschaften Oberelsass (den Sundgau) und Unterelsass, und die Landvogtei der zehn vereinigten Reichsstädte im Elsass gehabt hatten, der Krone Frankreich auf ewig ab.

Die Eidgenossenschaft wurde als unabhängig vom Heiligen Römischen Reich anerkannt. Im parallelen Frieden von Münster wurde formell die Unabhängigkeit der Niederlande anerkannt. Allerdings waren die Niederlande de facto schon seit 1579 ein selbständiger Staat und nicht länger Besitz der Spanischen Krone. Mit dem Frieden von Münster wurde aber die Unabhängigkeit und Souveränität der Niederlande auch de jure festgelegt. Mit dieser Anerkennung schieden die Niederlande gleichzeitig aus dem Reichsverband des Heiligen Römischen Reiches, obwohl sie innerhalb des Reiches schon seit dem 15. Jahrhundert eine Sonderposition einnahmen. Abgesehen von diesen Veränderungen setzte der Friede eine unbeschränkte Amnestie für alles, was seit 1618 geschehen war, und eine Wiederherstellung (Restitution) des kirchlichen Besitzstandes von 1624 im sogenannten Normaljahr fest. Nur der Kaiser erreichte davon für seine Erblande eine Ausnahme, indem er für die Eigentums- und Besitzrestitution seiner Untertanen nur das Stichjahr 1630 anerkannte.

Kirchliche und politische Angelegenheiten

Der Westfälische Friede war kein reiner Religionsfriede, sondern ein politischer Friedensvertrag. Der Papst hat gegen den Westfälischen Frieden protestiert und ihn nicht anerkannt.

In der kirchlichen Frage bestätigte der Friede den Passauer Vertrag und den Augsburger Religionsfrieden und schloss nun die Reformierten in die bisher nur den Augsburger Religionsverwandten gewährte Rechtsstellung ein. Alle drei Konfessionen, die katholische, die lutherische und die reformierte, wurden vollkommen gleichgestellt; die protestantische Minorität durfte auf den Reichstagen in Religionssachen nicht überstimmt werden. Die reformatorischen Täufer waren weiterhin von der rechtlichen Anerkennung auf Reichsebene ausgeschlossen. Der Streit über die geistlichen Stifte und Güter wurde unter Aufhebung des Restitutionsedikts von 1629 dahin ausgeglichen, dass 1624 Normaljahr sein und der evangelische und katholische Besitzstand so bleiben oder wiederhergestellt werden sollte, wie er am 1. Januar 1624 gewesen war. Doch wurden auch hiervon die kaiserlichen Erblande ausgenommen, in denen der Kaiser das unbeschränkte landesherrliche Reformationsrecht mit wenigen Ausnahmen behaupten konnte. Die Territorialhoheit der Reichsstände wurde ausdrücklich anerkannt, ihnen wurde das Recht bestätigt, zu ihrer Erhaltung und Sicherheit untereinander und mit auswärtigen Mächten Bündnisse zu schließen. Diese durften nur nicht gegen Kaiser und Reich gerichtet sein. Die neue Verfassung des Reichs sollte auf dem nächsten Reichstag beraten werden.

Für die konfessionell gemischten Reichsstädte Ravensburg, Biberach und Dinkelsbühl in Süddeutschland wurde ein paritätisches Regierungs- und Verwaltungssystem eingeführt (Gleichberechtigung und exakte Ämterverteilung zwischen Katholiken und Protestanten, siehe Paritätische Reichsstadt). In Augsburg war die Parität schon in der Stadtverfassung von 1548 verankert und wurde durch diesen Vertrag bestätigt.

Wertung und Ausblick

Der Westfälische Friede war ein Kompromiss zwischen allen beteiligten Parteien, der möglich wurde, weil durch die totale Erschöpfung der Ressourcen und die allgemeine Kriegsmüdigkeit keine Seite durch die Fortführung des Krieges etwas gewinnen konnte. Das umfangreiche Regelwerk umfasst neben einem revidierten Religionsfrieden auch weitgehende Regelungen der Verfassungsverhältnisse des Reiches, die auf einen Ausgleich zwischen Kaiser und Reichsständen bedacht sind. Damit wurde der Friedensvertrag neben der Goldenen Bulle zum wichtigsten Dokument der Reichsverfassung. Viele der in ihm festgelegten politischen Kompromisse wirken noch bis in die Gegenwart fort. Im Vertragswerk offen gebliebene Fragen, insbesondere zum Thema Truppenabzug, wurden in den Folgemonaten im Friedensexekutionskongress in Nürnberg geklärt.

Nach heutigem Verständnis wird der Westfälische Friede als historischer Beitrag zu einer europäischen Friedensordnung gleichberechtigter Staaten und als Beitrag zum friedlichen Miteinander der Konfessionen gewertet. Die Verhandlungen von Münster, Osnabrück und Nürnberg stehen am Anfangspunkt einer Entwicklung, die zur Herausbildung des modernen Völkerrechts geführt hat, weshalb die Politikwissenschaft hier die Grundlagen des souveränen Nationalstaats sieht. Die Politikwissenschaft bezieht sich bei der Betrachtung von internationalen Beziehungen explizit aber nicht ausschließlich auf die Interaktion zwischen souveränen Staaten, das so genannte Westfälische System. Für dessen Aufrechterhaltung plädiert der Realismus.

Von vielen Zeitgenossen wurde der Friede als heiß ersehntes Ende eines jahrzehntelangen Krieges begrüßt. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts galt er insbesondere den Protestanten als Fundament der reichsständischen Libertät und Quelle der Religionsfreiheit der Reichsstände. Andererseits sah der Papst den Religionsfrieden kritisch und die nachfolgenden Kriege Ludwigs XIV., insbesondere der Holländische Krieg, wurden durch den Westfälischen Frieden auch nicht verhindert. Im Jahr 1748 wurde in den deutschen Staaten eine Vielzahl von Medaillen auf den Westfälischen Frieden geprägt, die zeigen, welche große Bedeutung diesem Frieden auch 100 Jahre danach noch immer beigemessen wurde.

Erst im 19. Jahrhundert verdüsterte sich in Deutschland die Einschätzung aus dem Blickwinkel des kleindeutsch-preußischen Nationalismus, aber auch aus großdeutscher Perspektive. Der Friede wurde als Schande und Erniedrigung für Deutschland abqualifiziert; das Heilige Römische Reich als wehrlose Beute des „Erbfeinds“ Frankreichs gesehen. In der Zeit des Nationalsozialismus spitzte sich diese Einschätzung noch zu. Der Friedensschluss wurde für anti-französische Propaganda instrumentalisiert.

Heute gilt die Entstehung des deutschen Nationalstaates nicht mehr als einziger Maßstab zur Bewertung historischer Ereignisse. Die neueste Forschung sieht im Westfälischen Frieden daher eher den Beginn einer neuen Machtbalance und Kooperation zwischen den Reichsständen, dem Kaiser und den Institutionen des Reiches.

Die europäische Dimension des Vertrages (vor allem die Schweiz und die Niederlande betreffend) sollte nicht übersehen werden.

Siehe auch

Filme

  • 1648 – Der lange Weg zum Frieden. 89-minütige Fernsehdokumentation von Holger Preuße (WDR, Deutschland 2018)

Musik

Der Komponist Mathias Rehfeldt wurde 2023 von der münsterischen Kirche St. Lamberti beauftragt eine Chorkomposition anlässlich des 375 jährigen Jubiläums des westfälische Friedens zu schreiben. Diese wurde im Juli 2023 von den Lamberti Scholars unter Maximilian Betz uraufgeführt.

Der Komponist Benjamin Pfordt hat anlässlich des Jubiläumsjahrs „375 Jahre Westfälischer Frieden“ die Friedensmesse Missa 1648 komponiert, die im November 2022 in Münster und Osnabrück uraufgeführt wurde. In der Messe für Big Band, Chor und Sologesang vertonte er neben den liturgischen Gesängen auch Texte, die in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges geschrieben wurden (u. a. „Tränen des Vaterlandes“ von Andreas Gryphius). Ebenso verwendete er Melodien, die von Melchior Franck, Andreas Hammerschmidt und Johann Hildebrand während des Krieges komponiert wurden.

Literatur

Moderne Abhandlungen

  • Volker Arnke, Siegrid Westphal (Hrsg.): Der schwierige Weg zum Westfälischen Frieden. Wendepunkte, Friedensversuche und die Rolle der „Dritten Partei“. De Gruyter Oldenbourg, Berlin/Boston 2021 (= bibliothek altes Reich 35), ISBN 978-3-11-070359-7.
  • Franz Bosbach: Die Kosten des Westfälischen Friedenskongresses. Eine strukturgeschichtliche Untersuchung. Aschendorff, Münster 1984, ISBN 3-402-05632-1.
  • Klaus Bußmann, Heinz Schilling: 1648 Krieg und Frieden in Europa, Katalogband und zwei Textbände, Münster 1998 [Dokumentation der Europaratsausstellung zum 350-jährigen Jubiläum des Westfälischen Friedens in Münster und Osnabrück.] Münster/ Osnabrück 1998, ISBN 3-88789-127-9, Textbände (online).
  • Fritz Dickmann: Der Westfälische Frieden. Münster, 7. Auflage. Aschendorff Verlag, Münster 1998, ISBN 3-402-05161-3.
  • Heinz Duchhardt (Hrsg.): Bibliographie zum Westfälischen Frieden. Bearbeitet von Eva Ortlieb und Matthias Schnettger. Münster: Aschendorff, 1996 (= Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte 26), ISBN 3-402-05677-1.
  • Heinz Duchhardt: Der Westfälische Friede. Diplomatie – politische Zäsur – kulturelles Umfeld – Rezeptionsgeschichte. München 1998, ISBN 3-486-56328-9.
  • Dorothée Goetze, Lena Oetzel (Hrsg.): Warum Friedenschließen so schwer ist. Frühneuzeitliche Friedensfindung am Beispiel des Westfälischen Friedenskongresses. Aschendorff, Münster 2019 (= Schriftenreihe zur Neueren Geschichte 39. NF 2), ISBN 978-3-402-14768-9.
  • Herbert Langer: Das Tagebuch Europas. Sechzehnhundertachtundvierzig, Der Westfälische Friede. Brandenburg. V., Berlin 1994, ISBN 3-89488-070-8.
  • Christoph Link: Die Bedeutung des Westfälischen Friedens in der deutschen Verfassungsentwicklung. Zum 350-jährigen Jubiläum eines Reichsgrundgesetzes. In: Juristenzeitung. 1998, S. 1–9.
  • Roswitha Philippe: Württemberg und der Westfälische Friede. Aschendorff, Münster 1976, ISBN 3-402-05627-5. (= Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte 8)
  • Michael Rohrschneider: Der gescheiterte Frieden von Münster. Spaniens Ringen mit Frankreich auf dem Westfälischen Friedenskongress (1643–1649). Aschendorff, Münster 2007, (= Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte 30), ISBN 3-402-05681-X.
  • Anton Schindling: Der Westfälische Frieden und die mittelrheinisch-hessische Landesgeschichte. Einige Gedanken zu der Bonner Edition der Acta Pacis Westphalicae, in: Nassauische Annalen 89, 1978, S. 240–251.
  • Anton Schindling: Der Westfälische Frieden und der Reichstag, in: Hermann Weber (Hrsg.), Politische Ordnungen und soziale Kräfte im Alten Reich (= Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Beiheft 8). Wiesbaden 1980, S. 113–153.
  • Anton Schindling: Der Westfälische Frieden und die deutsche Konfessionsfrage, in: Manfred Spieker (Hrsg.), Friedenssicherung, Bd. 3: Historische, politikwissenschaftliche und militärische Perspektiven. Münster 1989, S. 19–36.
  • Anton Schindling: Art. „Westfälischer Frieden“, in: Handwörterbuch zur Deutschen Rechtsgeschichte (HRG), Bd. 5, Berlin 1998, Sp. 1302–1308.
  • Anton Schindling: Der Westfälische Frieden und das Nebeneinander der Konfessionen im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, in: Konrad Ackermann/Alois Schmid/Wilhelm Volkert (Hrsg.), Bayern. Vom Stamm zum Staat. Festschrift für Andreas Kraus zum 80. Geburtstag, Bd. 1, München 2002, S. 409–432.
  • Georg Schmidt: Geschichte des Alten Reiches. Staat und Nation in der Frühen Neuzeit 1495–1806. München 1999, ISBN 3-406-45335-X.
  • Benno Teschke: Mythos 1648 – Klassen, Geopolitik und die Entstehung des europäischen Staatensystems. Münster 2007, ISBN 978-3-89691-122-3.
  • Anuschka Tischer: Französische Diplomatie und Diplomaten auf dem Westfälischen Friedenskongress. Außenpolitik unter Richelieu und Mazarin. Aschendorff, Münster 1999, ISBN 3-402-05680-1. (= Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte 29)
  • Siegrid Westphal: Der Westfälische Frieden. Beck, München 2015, ISBN 978-3-406-68302-2.
  • Manfred Wolf: Das 17. Jahrhundert. In: Wilhelm Kohl (Hrsg.): Westfälische Geschichte. Band 1. Schwann, Düsseldorf 1983, S. 537–685, bes, ISBN 3-590-34211-0, S. 561 ff. (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Westfalen, XLIII)
  • Der Westfälische Frieden. Lateinisch/Deutsch. Gerd Flemmig (Hrsg.), Ditzingen 2021, ISBN 978-3-15-014092-5

Lexikalische Zusammenfassungen

  • Westfälischer Friede, Lexikoneintrag in: Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage, Band 20, Leipzig / Wien 1909, S. 561–562 (Zeno.org).
  • Paul Hinschius: Westfälischer Frieden, Lexikoneintrag in: Real-Encyklopädie für protestantische Theologie und Kirche, Band 16, Hinrichs'sche Buchhandlung, Leipzig 1885, S. 829–847 (Google Books).

Quellen

  • Acta Pacis Westphalicae. Münster/Westfalen, 1962 ff. (Aktenedition, bisher 44 Bde. erschienen)
    • Serie I: Instruktionen
    • Serie II: Korrespondenzen
    • Serie III: Protokolle, Verhandlungsakten, Diarien, Varia; insbesondere Serie III, Abt. B: Verhandlungsakten, Bd. 1: Die Friedensverträge mit Frankreich und Schweden (in 3 Teilbänden), Aschendorff, Münster 2007
  • Die Urkunden der Friedensschüsse von Osnabrück und Münster nach authentischen Quellen, nebst darauf bezüglichen Aktenstücken, historischer Uebersicht, Bücherkunde und Anmerkungen. Verlag Franz Franke, Zürich 1848 (Google Books).
  • Die diplomatische Korrespondenz Kurfürst Maximilians I. von Bayern mit seinen Gesandten in Münster und Osnabrück, 2000 ff. (bisher 3 Bde. erschienen)
    • Band 1: Gerhard Immler: Die Instruktionen von 1644. München 2000, ISBN 978-3-7696-9704-9 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
    • Band 2,1: Gabriele Greindl Gerhard Immler: Die diplomatische Korrespondenz Kurfürst Maximilians I. von Bayern mit seinen Gesandten in Münster und Osnabrück. Dezember 1644 - Juli 1645. München 2009, ISBN 978-3-7696-6612-0 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
    • Band 2,2: Gabriele Greindl, Gerhard Immler: Die diplomatische Korrespondenz Kurfürst Maximilians I. von Bayern mit seinen Gesandten in Münster und Osnabrück. August - November 1645. München 2013, ISBN 978-3-7696-6614-4 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
    • Band 3: Gabriele Greindl, Günther Hebert, Gerhard Immler: Die diplomatische Korrespondenz Kurfürst Maximilians I. von Bayern mit seinen Gesandten in Münster und Osnabrück. Dezember 1645 - April 1646. München 2018, ISBN 978-3-7696-6617-5 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Georg Christoph Gack: Westphälischer Friedensschluss. Neu übersetzt und mit dem lateinischen Original zur zweihundertjährigen Feier des Friedens-Abschlusses herausgegeben. J.E. v. Seidel, Sulzbach 1848.
Commons: Westfälischer Friede – Sammlung von Bildern und Audiodateien
Wikisource: Westfälischer Friede – Quellen und Volltexte
Wiktionary: Westfälischer Friede – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Vgl. beide Vertragstexte auf Internetportal Westfälische Geschichte, siehe Abschnitt Weblinks/Quellen.
  2. 1 2 3 Christina Schmücker, Maria-Elisabeth Brunert, Guido Braun, Maximilian Lanzinner: Historische Einführung Edition Acta Pacis Westphalicae digital
  3. Amelie Bieg: Ferdinand III. Landesarchiv Baden-Württemberg 2023
  4. zitiert nach Georg Schmidt, S. 178.
  5. Leopold Auer: Die Ziele der kaiserlichen Politik bei den Westfälischen Friedensverhandlungen und ihre Umsetzung. In: Heinz Duchhardt: Der Westfälische Friede. Diplomatie – politische Zäsur – kulturelles Umfeld – Rezeptionsgeschichte. München 1998, ISBN 3-486-56328-9. S. 146–151.
  6. Johannes Arndt: Der Dreißigjährige Krieg, ISBN 978-3-15-018642-8, S. 238 und 228.
  7. Christoph W. Schulte im Walde: Filigrane Friedensbotschaft. Abgerufen am 15. August 2023.
  8. Jazzmesse Missa 1648. Abgerufen am 14. Juni 2023.
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