Friedrich Walter Zimmermann (auch Fritz Zimmermann; * 18. Juli 1925 in München; † 16. September 2012 in Filzmoos, Österreich) war ein deutscher Politiker (CSU). Unter Bundeskanzler Helmut Kohl war er von 1982 bis 1989 Bundesminister des Innern und von 1989 bis 1991 Bundesminister für Verkehr.

Leben

Ausbildung und Beruf

Von 1943 bis 1945 nahm Zimmermann am Zweiten Weltkrieg teil. Bei Kriegsende war er Leutnant der Reserve. Nach dem Abitur 1946 absolvierte er ein Studium der Rechtswissenschaft und der Volkswirtschaftslehre in München und wurde 1950 mit einer Dissertation über Die elterliche Gewalt der Frau unter besonderer Berücksichtigung von Art. 3 Abs. II des Grundgesetzes zum Dr. jur. promoviert. Nach dem zweiten juristischen Staatsexamen 1951 war er bis 1954, zunächst als Assessor, später als Regierungsrat, im bayerischen Staatsdienst tätig. 1963 wurde er als Rechtsanwalt zugelassen.

Parteilaufbahn

Zimmermann beantragte am 24. Dezember 1942 die Aufnahme in die NSDAP und wurde zum 20. April 1943 aufgenommen (Mitgliedsnummer 9.532.916). Er war ein langjähriger Weggefährte von Franz Josef Strauß, der ihm Freund und Vorbild war. Im Jahr 1948 wurde er – animiert durch Strauß – Mitglied der CSU. 1955 wurde er deren Hauptgeschäftsführer, von 1956 bis 1963 war er Generalsekretär.

Im Rahmen des mit harten Bandagen geführten Kampfes der CSU gegen die Bayernpartei um die politische Vormachtstellung in Bayern wurde Zimmermann 1960 aufgrund eines Meineids im Zusammenhang mit der bayerischen Spielbankenaffäre verurteilt, schließlich aber 1961 in zweiter Instanz nach einem medizinischen Gutachten freigesprochen, das ihm für den Zeitpunkt des Eides eine verminderte geistige Leistungsfähigkeit aufgrund einer Unterzuckerung bescheinigte. In seiner Gesamtwürdigung hielt das Gericht allerdings ausdrücklich fest: „Es kann keine Rede davon sein, dass die Unschuld des Angeklagten erwiesen wäre.“ Zum Gutachter bemerkte Zimmermann laut Spiegel selbst: „Der ist von meiner Verteidigung benannt worden, den hab’ ich zum erstenmal im Gerichtssaal gesehen.“ Die Affäre brachte ihm den Spitznamen „Old Schwurhand“ ein, der ihn zeitlebens verfolgte. Aufgrund der Affäre wurde er – in Anspielung auf das gleichnamige Volksstück von Ludwig Anzengruber – auch „Der Meineidbauer“ genannt, was Zimmermann gerichtlich untersagen ließ.

Von 1963 bis 1967 war Zimmermann CSU-Landesschatzmeister und von 1979 bis 1989 stellvertretender Vorsitzender der CSU. Von 1961 bis 1982 war er Mitglied im Vorstand der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Von 1965 bis 1972 war er Vorsitzender des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages. Nach der Bundestagswahl am 3. Oktober 1976, die Helmut Schmidt (SPD) gewonnen hatte, wurde er im November 1976 zum Vorsitzenden der CSU-Landesgruppe und Ersten Stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gewählt. Dieses Amt behielt er bis zum Oktober 1982, als er von Bundeskanzler Helmut Kohl in dessen erstes Kabinett berufen wurde.

Abgeordnetentätigkeit

Von 1957 bis 1990 war Zimmermann Mitglied des Deutschen Bundestages. Allerdings legte er, nachdem er bei der Wahl zum 6. Bundestag am 28. September 1969 im Bundestagswahlkreis Landshut bereits wiedergewählt worden war, mit Wirkung vom 15. Oktober 1969 sein Mandat im 5. Bundestag nieder, um dadurch seinen Wartestand als Regierungsrat vorübergehend zu beenden. Das ermöglichte es ihm, sich bis zur Konstituierung des 6. Bundestages am 20. Oktober 1969 und erneutem Eintritt in den Wartestand zum Oberregierungsrat befördern zu lassen und dadurch seine beamtenrechtlichen „Wartegeld“- und Pensionsansprüche zu verbessern.

Friedrich Zimmermann wurde stets direkt in den Deutschen Bundestag gewählt. Zuletzt erreichte er bei der Bundestagswahl 1987 im Wahlkreis Landshut 57,4 % der abgegebenen Erststimmen.

Öffentliche Ämter

Am 4. Oktober 1982 wurde er als Bundesminister des Innern in die von Helmut Kohl geführte Bundesregierung (Kabinett Kohl I) berufen und gehörte danach auch dem Kabinett Kohl II (ab 30. März 1983) und dem Kabinett Kohl III (12. März 1987 bis 18. Januar 1991) an. Im Zuge einer Kabinettsumbildung ging am 21. April 1989 sein Amt als Innenminister an Wolfgang Schäuble; Zimmermann übernahm die Leitung des Bundesministeriums für Verkehr (Nachfolger von Jürgen Warnke).

Nach der Bundestagswahl am 2. Dezember 1990 schied er im Januar 1991 aus der Bundesregierung aus. Sein Nachfolger als Verkehrsminister im Kabinett Kohl IV wurde Günther Krause.

Privates

Friedrich Zimmermann war katholisch, in dritter Ehe verheiratet und hatte zwei Kinder.

Er starb am 16. September 2012 nach langer Krankheit in seinem Ferienhaus nahe Filzmoos in Österreich, in dem er zurückgezogen gelebt hatte.

Positionen

Zimmermann galt als Law-and-Order-Mann.

Ausländerpolitik

Zimmermann vertrat eine Linie, welche ihm von Verbänden und Kirchen den Vorwurf einbrachte, beabsichtigt sei die Verdrängung von Ausländern und nicht mehr ihre Integration. Dabei ging und geht es noch heute vor allem um die Begründung für eine geplante Novellierung des Ausländergesetzes, die 1988 aus dem zuständigen Bundesinnenministerium inoffiziell an die Öffentlichkeit gelangte. Darin heißt es:

„Die Entscheidung, ob und in welchem Umfang Ausländern der dauernde Aufenthalt im Bundesgebiet ermöglicht werden soll, hängt überdies nicht allein von den faktischen Möglichkeiten einer dauerhaften Integration von Ausländern ab. Es geht im Kern nicht um ein ökonomisches Problem, sondern um ein gesellschaftspolitisches Problem und die Frage des Selbstverständnisses der Bundesrepublik Deutschland als eines deutschen Staates. Eine fortlaufende, nur von der jeweiligen Wirtschafts-, Finanz- und Arbeitsmarktlage abhängige Zuwanderung von Ausländern würde die Bundesrepublik Deutschland tiefgreifend verändern. Sie bedeutete den Verzicht auf die Homogenität der Gesellschaft, die im wesentlichen durch die Zugehörigkeit zur deutschen Nation bestimmt wird. Die gemeinsame deutsche Geschichte, Tradition, Sprache und Kultur verlören ihre einigende und prägende Kraft. Die Bundesrepublik Deutschland würde sich nach und nach zu einem multinationalen und multikulturellen Gemeinwesen entwickeln, das auf Dauer mit den entsprechenden Minderheitenproblemen belastet wäre. Schon im Interesse der Bewahrung des inneren Friedens, vornehmlich aber im nationalen Interesse muß einer solchen Entwicklung bereits im Ansatz begegnet werden.“

Kronzeugenregelung

Unter Zimmermann wurde 1989 die Kronzeugenregelung eingeführt, für die er sich besonders eingesetzt hatte.

Demonstrationsstrafrecht

1983 sorgte Zimmermann mit seiner Formulierung "Gewaltloser Widerstand ist Gewalt" für Aufsehen. Allerdings entsprach dies der Praxis des Bundesgerichtshofs, der schon 1969 in der Strafsache gegen Klaus Laepple entschieden hatte, das "gewaltlose" Blockieren von Straßenbahnen durch Demonstranten, die sich auf die Schienen setzen, sei als Nötigung mit psychischer Gewalt nach § 240 StGB strafbar. Erst mit seinem Beschluss vom 10. Januar 1995 kam das Bundesverfassungsgericht zu einer anderen Beurteilung. 1985/86 trieb Zimmermann eine Verschärfung des Demonstrationsstrafrechts voran (Vermummungsverbot, Wiedereinführung des Tatbestands des Landfriedensbruchs).

Datenschutz

Im Jahr 1988 unternahm Zimmermann einen Vorstoß zur Einschränkung des Datenschutzes. Seine Initiative sah unter anderem vor, den Datenaustausch zwischen Polizei und Nachrichtendiensten auszuweiten und die Befugnisse des Bundesbeauftragten für den Datenschutz einzuschränken.

Umweltpolitik

Zimmermann war bis zur Schaffung eines eigenständigen Umweltministeriums im Jahre 1986 auch für die Umweltpolitik zuständig. Er konnte auf europäischer Ebene etliche Verhandlungserfolge erzielen (u. a. Einführung von bleifreiem Benzin, Abgaskatalysator). Seine verkehrspolitischen Zukunftskonzepte fanden allgemeine Anerkennung; sein Krisenmanagement des Reaktorunfalls in Tschernobyl (1986) wurde hingegen scharf kritisiert. Er erklärte unter anderem, eine Gefährdung der deutschen Bevölkerung durch die Katastrophe sei „absolut auszuschließen“.

Am 7. November 1983 zapfte Zimmermann an einer Münchner Tankstelle das erste bleifreie Benzin in Deutschland.

Filmförderung

Einen Wendepunkt für den deutschen Autorenfilm bewirkte Herbert Achternbuschs Werk Das Gespenst aus dem Jahr 1982. Dieser Film war aufgrund einer vom Bundesinnenministerium in Höhe von 300.000 DM zugesagten Prämie produziert worden. Nach Protesten strich Zimmermann im Mai 1983, damals der neue Bundesinnenminister, wegen des Vorwurfes der Blasphemie die noch ausstehende Rate in Höhe von 75.000 Mark. Das Gespenst entwickelte sich dadurch zu einem Skandalfilm.

Zimmermann setzte danach wesentliche Änderungen für die Vergabe der Bundesfilmpreise durch. Unter anderem sollte das Preisgeld für das nächste Projekt nur noch 30 Prozent der gesamten Produktionskosten ausmachen. In der Bundestagssitzung vom 24. Oktober 1983 erklärte Zimmermann, er werde keine Filme finanzieren, die außer dem Produzenten niemand sehen wolle. Für den deutschen Autorenfilm hatte diese Maßnahme schwerwiegende Folgen, da künftig kaum ein Filmemacher in der Lage war, die restlichen 70 Prozent einer Produktion vorzufinanzieren oder gar einzuspielen.

Ehrungen

Veröffentlichung

  • Kabinettstücke. Politik mit Strauß und Kohl. Ullstein, Frankfurt a. M. und Berlin 1991, ISBN 3-548-33175-0.

Film

Zimmermann wirkte als Zeitzeuge und Interviewpartner im Dokudrama Todesspiel von Heinrich Breloer (1997) sowie im Dokumentarfilm Starfighter – Mit Hightech in den Tod über die Starfighter-Affäre von Kai Christiansen (2010) mit.

Commons: Friedrich Zimmermann – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1 2 3 4 5 Ex-Innenminister Zimmermann gestorben. (Memento vom 18. September 2012 im Internet Archive) In: tagesschau.de, 16. September 2012, abgerufen am 16. September 2012.
  2. Achim Schwarze: Dünnbrettbohrer in Bonn – Aus den Dissertationen unserer Elite. Eichborn-Verlag Frankfurt/Main, 1984, S. 63.
  3. In seinem Buch Kabinettstücke, S. 259, beschrieb Zimmermann 1991, wie er dem späteren Tierschützer und Rechtsanwalt Andreas Grasmüller in der schriftlichen Prüfung half: „Anderl, sei still, ich werf dir meinen Lösungsansatz rüber.“
  4. Bundesarchiv R 9361-VIII KARTEI/26001107
  5. Die Vorsitzenden der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag. Hanns-Seidel-Stiftung, abgerufen am 26. März 2018.
  6. BT-Drs. 17/8134 vom 14. Dezember 2011: Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion Die Linke ea.: Umgang mit der NS-Vergangenheit
  7. 1 2 Der Mann, der die heißen Eisen liebte. Süddeutsche Zeitung, 16. September 2012, abgerufen am 18. Juni 2017.
  8. Narren gefressen. In: Der Spiegel. Nr. 39, 1970 (online).
  9. Die Erben Walter Ulbrichts. Focus Online, 15. Juni 2011, abgerufen am 18. Juni 2017.
  10. Stil und Stilett. In: Der Spiegel. Nr. 50, 1976 (online). „Trotz des damaligen Freispruchs durfte der Politiker ungestraft ‚Old Schwurhand‘ genannt werden, denn dies besage lediglich, so entschied das Amtsgericht Starnberg, ‚daß die so bezeichnete Person schon öfters geschworen hat oder gern die Hand zum Schwur erhebt‘, wobei die zugrunde liegenden Aussagen vielleicht in mancher Beziehung bedenklich sind. Selbst das Attribut ‚Meineidbauer‘ so befand wenig später die Amtsgerichtsrätin Hruschka-Jaeger (eine Tochter des CSU-Bundestagsvizepräsidenten Richard Jaeger), konnte man sich in Bayern bei einer Strafe von 100 Mark verhältnismäßig preisgünstig, leisten.“, abgerufen am 2. November 2018
  11. Bürger Trend. In: Der Spiegel. Nr. 41, 1969 (online).
  12. Rolf Zundel: Ein Parlament der Regierungsräte? In: Die Zeit, Nr. 48/1969
  13. 1 2 Ex-Innenminister Friedrich Zimmermann gestorben. WeltN24, 16. September 2012, abgerufen am 18. Juni 2017.
  14. Ganz gut im Schießen. In: Die Zeit, Nr. 50/1988
  15. Entwurf für ein Gesetz zur Neuregelung des Ausländerrechts vom 1. 2.1988, Bonn, S. 23. Zitiert nach Günther Schultze: Ausländerfeindlichkeit – woher sie kommt und was man dagegen tun kann. In: Gewerkschaftliche Monatshefte 7/1989, S. 404, 408, library.fes.de/gmh (PDF; 249 kB)
  16. "Sitzblockaden II"
  17. Mit Gesetzen nicht zu regeln. In: Der Spiegel. Nr. 26, 1986 (online).
  18. Falsche Richtung. In: Der Spiegel. Nr. 4, 1988 (online).
  19. vgl. z. B. 60× Deutschland – 1986
  20. Neue Benzinarten sorgen für Wirbel. Springer Fachmedien, München, 6. Oktober 2013, abgerufen am 18. Juni 2017.
  21. Vor 30 Jahres gab es erstmals „bleifrei“. T-Online, 6. November 2013, abgerufen am 18. Juni 2017.
  22. Widerwärtig, säuisch. In: Der Spiegel. Nr. 19, 1983, S. 191 (online).
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