Kristallstruktur
_ Ga3+ 0 _ N3−
Allgemeines
Name Galliumnitrid
Verhältnisformel GaN
Kurzbeschreibung

gelber, geruchloser Feststoff

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 25617-97-4
EG-Nummer 247-129-0
ECHA-InfoCard 100.042.830
PubChem 117559
Wikidata Q411713
Eigenschaften
Molare Masse 83,72 mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

6,1 g·cm−3

Löslichkeit

nahezu unlöslich in Wasser

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung

Achtung

H- und P-Sätze H: 317
P: 280
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Galliumnitrid (GaN) ist ein aus Gallium und Stickstoff bestehender III-V-Halbleiter mit großem Bandabstand (wide bandgap), der in der Optoelektronik insbesondere für blaue und grüne Leuchtdioden (LED) und als Legierungsbestandteil bei High-electron-mobility-Transistoren (HEMT), eine Bauform eines Sperrschicht-Feldeffekttransistors (JFET), Verwendung findet. Darüber hinaus ist das Material für verschiedene Sensorikanwendungen geeignet.

Geschichte

Das Material wurde um 1930 zum ersten Mal synthetisiert und 1969 von Maruska und Tietjen erstmals mittels Hydridgasphasenepitaxie epitaktisch als Schicht aufgewachsen. 1971 gelang Manasevit, Erdmann und Simpson zum ersten Mal über metallorganische chemische Gasphasenabscheidung (englisch metal-organic chemical vapour deposition, MOCVD) das Wachstum von GaN, was als wichtiger Schritt in der weiteren Entwicklung gelten kann.

Eigenschaften

GaN kristallisiert vorzugsweise in der (hexagonalen) Wurtzit-Struktur, die kubische Zinkblende-Struktur ist nicht stabil.

Eigenschaft Wert
Kristallsystemhexagonal (kubisch)
Farbefarblos, weiß, grau, gelb
GlanzGlasglanz
Opazitätdurchsichtig bis undurchsichtig
Spaltbarkeitgut
häufige Kristallorientierung von Substraten(0001), {1-101}
Brechungsindexca. 2,5 bei 400 nm
KristallstrukturWurtzit-Struktur (stabil), Zinkblende-Struktur, Steinsalz-Struktur (Hochdruckphase)
GitterkonstanteWurtzit: c = 0,5185 nm, a = 0,3189 nm; Zinkblende: a = 0,452 nm
BandabstandWurtzit: 3,44 eV bei Raumtemperatur und 3,50 eV bei T = 10 K; Zinkblende: 3,2 eV

Die Verbindung wird von heißer konzentrierter Schwefelsäure und heißer konzentrierter Natronlauge langsam gelöst, nicht dagegen von konzentrierter Salzsäure, Salpetersäure und Königswasser. Es ist luftbeständig und zersetzt sich, abhängig von angelegter Atmosphäre, Temperatur und Druck bei erhöhten Temperaturen zu molekularem Stickstoff und Gallium. Ohne spezielle Gegenmaßnahmen beginnt diese Zersetzung an der Luft ab ca. 600 °C.

Herstellung

Das Hauptproblem in der Herstellung von GaN-basierten Bauelementen lag und liegt an der Schwierigkeit, aus GaN große Einkristalle herzustellen, um daraus hochwertige GaN-Wafer zu fertigen. Deshalb muss noch immer auf Fremdsubstrate ausgewichen werden, wobei hauptsächlich Saphir und SiC Verwendung finden. Die Qualität der (heteroepitaktischen) Schichten auf Fremdsubstraten wurde durch die Arbeiten der Gruppe von Akasaki und von Amano Ende der 1980er Jahre sehr vorangetrieben. Eine weitere Herausforderung stellt die p-Dotierung des Halbleitermaterials dar, die für fast alle optoelektronischen Bauelemente notwendig ist. Sie gelang erstmals der Gruppe um Akasaki im Jahre 1988, dann 1992 auch Shuji Nakamura mit einem modifizierten Ansatz.

GaN-Einkristalle werden heute vorwiegend mittels Hydridgasphasenepitaxie (engl. hydride vapor phase epitaxy) hergestellt, das weltweit von einer Handvoll Firmen technologisch vorangetrieben wird. Dabei reagiert zunächst gasförmiger Chlorwasserstoff mit flüssigem, ca. 880 °C heißem Gallium zu Galliumchlorid. In einer Reaktionszone wird das Galliumchlorid bei Temperaturen zwischen 1000 und 1100 °C in die Nähe eines GaN-Kristallkeims gebracht. Hier reagiert das Galliumchlorid mit einströmendem Ammoniak unter Freisetzung von Chlorwasserstoff zu kristallinem Galliumnitrid. Unter optimalen Bedingungen können mit dem HVPE-Verfahren mittlerweile Kristalle bis zu 50 mm Durchmesser und mit Dicken von einigen Millimetern hergestellt werden.

Im Labor wird Galliumnitrid durch Reaktion von Gallium mit Ammoniak bei 1100 °C hergestellt.

oder durch Ammonolyse von Ammoniumhexafluorogallat bei 900 °C hergestellt:

Eine weitere Syntheseroute nutzt flüssiges Natrium als Flussmittel und Natriumazid als Stickstofflieferant, wodurch die Reaktionstemperatur auf 600-800 °C reduziert werden kann.

Einsatzgebiete

Die Möglichkeit mit Hydridgasphasenepitaxie GaN-Kristalle hoher Qualität zu fertigen, führte in den 1990er Jahren zu den ersten kommerziellen, blauen LEDs (1993, Nichia), sowie später den ersten blauen Halbleiterlaser (1997, Nichia). Bis dahin basierten blaue LEDs auf dem Material Siliciumcarbid, das als indirekter Halbleiter für eine effiziente Lichtemission schlecht geeignet ist. Mit einem höheren Indium-Anteil in der aktiven Zone der GaInN-Quanten-Filme ist auch grüne und gelbe Lichtemission möglich. Die Effizienz derartiger LEDs sinkt aber mit zunehmendem Indium-Gehalt.

Neben dem Fremdsubstrat Saphir lässt sich heutzutage GaN auch auf Siliciumcarbid (SiC) und auf Silicium (Si) herstellen. Rein technisch gesehen ist GaN auf SiC, durch die hohe Wärmeleitfähigkeit des SiC, vorteilhaft für Anwendung im Bereich der Leistungselektronik. Im Vergleich zu Silicium sind die Substratkosten für Siliciumcarbid jedoch deutlich höher (etwa 1000 USD pro 4-Zoll-Wafer).

Erste Prototypen von Feldeffekttransistoren auf Basis von Galliumnitrid mit Betriebsspannung bis 600 V konnten im Jahr 2012 in Schaltnetzteilen und Stromversorgungen eingesetzt werden. Sie erlauben höhere Schaltfrequenzen und erzielen im Netzteil einen höheren Wirkungsgrad als die üblicherweise in diesem Bereich eingesetzten und kostengünstigeren Feldeffekttransistoren auf Siliciumbasis. Für leistungsfähige Hochfrequenzverstärker, wie sie für die Basisstationen und die Infrastruktur der Mobilfunknetze benötigt werden, eignet sich GaN besonders gut, da hohe Frequenzen bei großer Leistung verarbeitet werden können. 2017 werden in ca. 25 % dieser Anwendungen GaN-Bauteile verwendet. Noch sind für kleinere Leistungen wie z. B. in Mobiltelefonen Bauelemente aus GaAs kostengünstiger herzustellen.

Die elektrischen Eigenschaften sowie die Widerstandsfähigkeit gegen Wärme und Strahlung geben dem Material auch für militärische und Weltraumanwendungen eine strategische Bedeutung. Dadurch können z. B. Firmenübernahmen von Herstellern von Regierungen blockiert werden, wie im Jahr 2016 die geplante Übernahme von Wolfspeed durch Infineon.

Einzelnachweise

  1. 1 2 3 Datenblatt Galliumnitrid bei Alfa Aesar, abgerufen am 29. Januar 2010 (PDF) (JavaScript erforderlich).
  2. 1 2 Datenblatt Gallium nitride bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 2. April 2011 (PDF).
  3. H. P. Maruska, J. J. Tietjen: Paramagnetic defects in GaN. In: Appl. Phys. Lett. Band 15, 1969, S. 327, doi:10.1557/S1092578300001174 (freier Volltext).
  4. H. M. Manasevit, F. M. Erdmann, W. I. Simpson: The use of metalorganics in the preparation of semiconductor materials. IV. The nitrides of aluminum and gallium. In: J. Electrochem. Soc. Band 118, Nr. 11, 1971, S. 1864–1868, doi:10.1149/1.2407853.
  5. 1 2 Norbert H. Nickel, Robert K. Willardson, Eicke R. Weber: Hydrogen in Semiconductors II. In: Semiconductors & Semimetals. Band 61. Academic Pr. Inc., 1999, ISBN 0-12-752170-4 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. Sergey L. Rumyantsev, Michael S. Shur, Michael E. Levinshtein: Materials properties of nitrides: summary. In: International Journal of High Speed Electronics and Systems. Band 14, Nr. 1, 2004, S. 1–19, doi:10.1142/S012915640400220X (rpi.edu [PDF]).
  7. 1 2 Georg Brauer, unter Mitarbeit von Marianne Baudler u. a. (Hrsg.): Handbuch der Präparativen Anorganischen Chemie. 3., umgearbeitete Auflage. Band 1. Ferdinand Enke, Stuttgart 1975, ISBN 3-432-02328-6, S. 861.
  8. Hisanori Yamane, Masahiko Shimada, Simon J. Clarke, Francis J. DiSalvo: Preparation of GaN Single Crystals Using a Na Flux. In: Chemistry of Materials. Band 9, Nr. 2, 1. Februar 1997, S. 413–416, doi:10.1021/cm960494s.
  9. David Manners: Dialog enters GaN market. Dialog will start sampling GaN power ICs in Q4 with a fast charging power adapter made on TSMC’s 650-volt GaN-on-Silicon process technology. Electronics Weekly, 30. August 2016, abgerufen am 2. September 2016 (englisch).
  10. Karin Schneider: Kleiner, leichter und effizienter mit Galliumnitrid-Bauelementen. Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE, Pressemitteilung vom 7. November 2012 beim Informationsdienst Wissenschaft (idw-online.de), abgerufen am 23. August 2015.
  11. 1 2 3 Richard Wilson: 5G set to adopt GaN, but military protectionism may hit supply. Gallium nitride (GaN) semiconductor technology looks like being a key element of future wireless infrastructure deployments including 5G. Electronics Weekly, 8. Februar 2018, abgerufen am 14. Februar 2018 (englisch).
  12. Diana Goovaerts: GaN Gaining Ground in Mobile Wireless Infrastructure Market. Wireless Week, 27. März 2017, abgerufen am 1. April 2017 (englisch).
  13. Paul Mozur, Jane Perlez: Concern Grows in U.S. Over China’s Drive to Make Chips. The New York Times, 4. Februar 2016, abgerufen am 11. Februar 2016 (englisch).
  14. Wolfspeed-Übernahme durch Infineon gescheitert. heise online, 17. Februar 2017, abgerufen am 14. Februar 2018.

Literatur

  • Michinobu Tsuda, Motoaki Iwaya, Satoru Kamiyama, Hiroshi Amano, Isamu Akasaki: Metalorganic vapor phase epitaxy (MOVPE) of nitride semiconductor at high growth rate, epitaxial substrates therefrom, and semiconductor devices using them. Jpn. Kokai Tokkyo Koho, 2006.
  • Tosja K. Zywietz: Thermodynamische und kinetische Eigenschaften von Galliumnitrid-Oberflächen. Berlin 2000, ISBN 978-3-934479-10-4.
  • Sergey L. Rumyantsev, Michael S. Shur, Michael E. Levinshtein: Materials properties of nitrides: summary. In: International Journal of High Speed Electronics and Systems. Band 14, Nr. 1, 2004, S. 1–19, doi:10.1142/S012915640400220X (rpi.edu [PDF]).
  • S. Fernández-Garrido, G. Koblmüller, E. Calleja, J. S. Speck: In situ GaN decomposition analysis by quadrupole mass spectrometry and reflection high-energy electron diffraction. In: Journal of Applied Physics. Band 104, Nr. 3, 2008, S. 033541, doi:10.1063/1.2968442 (upm.es [PDF]).
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