Eine Geisha (jap. 芸者 /gɛɪ⁠ɕa/ oder /geː⁠ɕa/, „Person der Künste“) ist eine japanische Unterhaltungskünstlerin, die traditionelle japanische Künste darbietet.

Wortherkunft und Terminologie

Der Begriff Geisha, zusammengesetzt aus gei (, Kunst oder Künste) und sha (, Person), stammt aus dem Tokioter Dialekt und wurde von dort in die europäischen Sprachen übernommen. Das Hochjapanische kennt den Begriff geigi (芸妓, Künstlerin), im Kansai-Dialekt werden sie als geiko (芸子, Kind/Mädchen der Kunst) bezeichnet. Eine Geisha in Ausbildung wird in Tokio unter anderem hangyoku (半玉, Halb-Juwel) oder oshaku (雛妓) und in Kyōto maiko (舞妓, Tanzmädchen) genannt.

Historische Entwicklung

Der Beruf der Geisha hat seine Ursprünge in den taikomochi oder hōkan (am ehesten vergleichbar mit Alleinunterhaltern bei Hofe) und wurde zunächst nur von Männern ausgeübt. Die ersten Frauen, die etwa ab dem 17. Jahrhundert den Beruf auszuüben begannen, wurden onna geisha (女芸者, „weibliche Geisha“) genannt.

Die Blütezeit der Geishas war im 18. und 19. Jahrhundert, in dieser Zeit waren ihre Dienste als Unterhalterinnen gefragt und erschwinglich; auch waren sie Trendsetterinnen der Mode. Nach der Meiji-Restauration änderte sich ihre Rolle zu Bewahrerinnen der traditionellen Künste.

In den meisten japanischen Städten gab es sogenannte Hanamachi („Blumen-Viertel“; hana ist auch ein Euphemismus für eine Prostituierte). In diesen Vergnügungsvierteln lebten Geishas in Okiyas, den Wohnhäusern einer Geishagemeinschaft, zusammen. Heutzutage existieren nur noch wenige hanamachi, die berühmtesten davon in Kyōto, dem Zentrum der japanischen Geisha-Kultur. Das größte und bekannteste hanamachi ist Gion. Die Zahl der Geishas geht stetig zurück, und ihre Dienste sind teuer und exklusiv.

Im Dezember 2007 debütierte in Tokio zum ersten Mal eine westliche Frau als Geisha unter dem Namen Sayuki. Seit 2012 gibt es zwei Ausländerinnen, die als Geisha in Japan arbeiten und den japanischen Geisha-Verbänden angehören: Ibu, eine Geiko ukrainischer Abstammung, die in Anjō, und Fukutaro (Isabella Onou), rumänische Staatsangehörige, die im Bezirk Izu-Nagaoka in Shizuoka arbeitet.

Ausbildung

Die Grundausbildung einer Maiko, einer Lerngeisha, begann traditionell mit sechs Jahren, sechs Monaten und sechs Tagen. Seit 1952 ist sie erst ab dem Alter von 16 Jahren möglich und dauert normalerweise fünf Jahre. In dieser Zeit lernt die künftige Geisha die Grundlagen der traditionellen japanischen Künste wie Kalligrafie und das Spiel auf mehreren Musikinstrumenten, zum Beispiel Shamisen (Laute), Fue (Flöte) und Tsuzumi (Handtrommel). Eine Geisha muss gewandt in Konversation sein sowie eine gute Sängerin, Tänzerin und Gastgeberin. Außerdem muss sie die Teezeremonie beherrschen. Die hohen Kosten für die Ausbildung werden von den Besitzerinnen der Okiya übernommen und müssen von den Geishas zurückgezahlt werden. Viele Geishas üben ihren Beruf bis ins hohe Alter aus.

Um erfolgreich zu sein, muss eine Geisha anmutig, charmant, gebildet und geistreich wirken. Sie muss außerdem die Regeln der Etikette einwandfrei beherrschen und bei jeder Gelegenheit Haltung bewahren.

Unterhaltung

Geishas treten für gewöhnlich bei Feiern oder Versammlungen auf, etwa in Teehäusern (茶屋, chaya) oder in traditionellen japanischen Lokalen (料亭, ryōtei). Die Buchung erfolgt bei einem kemban (検番), einer „Geisha-Agentur“, die die Termine organisiert und die Zeitpläne für Auftritte und Ausbildung verwaltet. Die Kosten für eine Geisha richten sich nach ihrer Arbeitszeit, die traditionell als Brenndauer bestimmter Räucherstäbchen festgelegt wird, und werden „Räucherstäbchengebühr“ (線香代, senkōdai) oder „Juwelengebühr“ (玉代, kyokudai) genannt.

Kleidung und Accessoires

Als im 17. Jahrhundert die ersten Frauen begannen, den Geisha-Beruf auszuüben, befürchteten die Kurtisanen (Oiran) Konkurrenz. Deswegen wurde den Geishas auffällige Kleidung und Haarschmuck verboten. Traditionelle Berufskleidung der Geishas sind seidene Kimonos. Von November bis März sind diese wattiert, den Rest des Jahres – ungeachtet der Temperaturen – aus dünner Seide. Kimono und Obi einer Geisha können bis zu 20 kg wiegen.

Geishas tragen spezielle Holzsandalen, die Getas. Die Frisur besteht normalerweise aus einem schlichten Haarknoten, zu besonderen Gelegenheiten werden auch kunstvoll geschlungene, schwarze Perücken (Katsura) getragen. An der Frisur einer Maiko mit ihren Kanzashi kann man erkennen, in welchem Abschnitt ihrer Ausbildung sie sich befindet (siehe auch Mizuage). Eine Maiko verwendet keine Perücken. Zu offiziellen Anlässen oder Aufträgen schminkt die Geisha ihr Gesicht mit der weißen Paste Oshiroi. Das Weiß soll das Licht reflektieren und das Gesicht der Geisha im Kerzenschein betonen. Ein Bestandteil des traditionellen Make-ups ist ein Muster im Nacken (zwei Linien im Alltag, drei Linien zu besonderen Anlässen), das dem Make-up eine erotische Ausstrahlung verleiht, da das Gesichts-Make-up wie eine Maske wirkt und nur wenig Haut den direkten Blicken ausgesetzt ist. Bevor eine Maiko ein volles Jahr tätig ist, darf sie nur die Unterlippe rot schminken. Nach einem Jahr Berufstätigkeit darf sie beide Lippen rot ausmalen. Je älter die Geisha wird, desto dezenter schminkt sie sich, da sie hauptsächlich mit ihrer Kunst Aufmerksamkeit erregen soll, nicht mit ihrer Schönheit.

Bild und Realität der Geishas und ihr Verhältnis zur Erotik

Geishas in der Edo-Zeit

Während der Edo-Periode war Prostitution legal. Prostituierte, yūjo (遊女, wörtlich „Spielfrau“), und Kurtisanen, oiran (花魁) genannt, arbeiteten in lizenzierten Distrikten. Im 17. Jahrhundert ließen die Männer manchmal Oiran, die Geisha genannt wurden, gegen Bezahlung auf ihren Feiern auftreten. Es gab in den Distrikten eine klare Unterscheidung zwischen Prostituierten und Geishas. Geishas war erotisches Auftreten untersagt, um nicht in Konkurrenz zu den Prostituierten zu stehen. Vor dem Zweiten Weltkrieg hatten die meisten Geishas einen danna (旦那), einen Sponsor, der für einen Teil ihrer Lebenshaltungskosten aufkam. Einige Geishas unterhielten mit ihren danna auch romantische Beziehungen. Die meisten der Beziehungen zwischen danna und Geisha waren aber platonisch. Für die danna war eine Geisha zu sponsern eine Art Statussymbol und für die Geisha eine große Unterstützung für ihre Karriere.

Geishas heute

Geishas sind Bewahrerinnen der traditionellen Künste. Erotik spielt bei der Unterhaltung der Gäste keine Rolle. Es geht darum, den Geist zu beleben, eine intellektuelle Konversation zu führen und das tänzerische und musikalische Geschick der Geishas und Maikos zu bestaunen. Wer in ein Teehaus kommen darf, dort das Vertrauen der Geishas bekommt (wozu man einen Bürgen braucht), der bekommt einen niveauvollen Abend geboten: Freude, Unterhaltung und Geistreichtum. Durch die amerikanische Darstellung der Kriegszeit und der Filmindustrie hält sich ein Bild von Geishas als Prostituierte. Aber selbst einige Japaner verstehen oft nicht, dass dieses Bild über die Geishas nicht mit der Realität übereinstimmt.

Viele Geishas betreiben eine Website oder Blogs über ihr alltägliches Leben und sind erfolgreiche Geschäftsfrauen, die neben ihrer Arbeit als Geisha auch oft zu Unternehmerinnen werden. Nachdem sie ihre Schulden bei ihrer okiya beglichen haben, werden sie selbstständig und sind dann nicht mehr von einer Okiya abhängig.

Siehe auch

  • Hōkan: Unterhaltungskünstler und Gastgeber und das männliche Gegenstück zur Geisha.
  • Okiya: Wohnsitz von Geishas, Geikos und Maikos.
  • Hanamachi: Traditionelle Geisha-Bezirke in Kyōto, Osaka und Tokio.
  • Yiji: Edel-Kurtisane im antiken China.

Literatur

Sachbücher

  • Michael Stein: Japans Kurtisanen: Eine Kulturgeschichte der japanischen Meisterinnen der Unterhaltungskunst und Erotik aus zwölf Jahrhunderten. Iudicium, München 1997, ISBN 3-89129-314-3.
  • Liza Dalby, Dirk van Gunsteren (Übersetzer): Geisha. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg, 2004, ISBN 3-499-26491-9.
  • Mineko Iwasaki, Elke vom Scheidt (Übersetzerin): Die wahre Geschichte der Geisha. Ullstein, München 2004, ISBN 978-3-548-26186-7.
  • Ursula Richter: Das Leben der Geisha, die Wirklichkeit hinter der weißen Maske. Bastei Lübbe, Bergisch Gladbach, 2007, ISBN 978-3-404-60586-6; zuvor als :Das Lächeln der Geisha. Geheimnisse japanischer Lebenskunst. Ehrenwirt, Bergisch Glattbach 2005, ISBN 978-3-431-03629-9.
  • S. Noma (Hrsg.): geisha. In: Japan. An Illustrated Encyclopedia. Kodansha, 1993. ISBN 4-06-205938-X, S. 446.

Romane

  • Mineko Iwasaki: Die wahre Geschichte der Geisha. Ullstein Taschenbuch, Berlin 2004, ISBN 978-3548261867.
  • Lesley Downer: Geishas – Von der Kunst, einen Kimono zu binden. Goldmann, München 2002, ISBN 3-442-15143-0.
  • Arthur Golden: Die Geisha. Übersetzt von Gisela Stege, Goldmann, München 2000, ISBN 3-442-72632-8.
  • Kiharu Nakamura: Kiharu, Memoiren einer Geisha. Übersetzt von Kimiko Nakayama und Ursula Gräfe. Lübbe, Bergisch Glattbach 1999, ISBN 3-404-12954-7.
  • Liza Dalby: Geisha. Übersetzt von Dirk van Gunsteren, Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1985, ISBN 3-499-15557-5.
  • John Ball: Fräulein-Tausend-Frühlingsblüten. Heyne, München 1976, ISBN 3-453-00547-3.

Spielfilme und Dokumentationen

Commons: Geisha – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Edan Corkill: Sayuki: Aussie geisha speaks out. The Japan Times, 29. Juni 2008, archiviert vom Original am 16. September 2018; abgerufen am 30. Oktober 2019 (englisch, Originalwebseite nicht mehr verfügbar).
  2. Chūnichi Shimbun, 1st of October 2011, 3rd opening
  3. Rob Gilhooly: Romanian woman thrives as geisha, The Japan Times, 23. Juli 2011. Abgerufen am 16. Dezember 2014. (englisch) 
  4. arte: Geisha Azubi
  5. Der kulturelle Hintergrund der Geisha. Abgerufen am 30. Juni 2020.
  6. Geisha. TV-Dokumentation (45 Min.), gesendet am 12. März 2010 auf Arte.
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