Unter Geldmenge versteht man den Geld­bestand einer Volkswirtschaft einer bestimmten Bindungsdauer, der sich in Händen von Nichtbanken befindet. Geldmengen können durch Geldschöpfung im Rahmen der Kreditvergabe durch Geschäftsbanken erhöht und durch die Tilgung von Krediten gesenkt werden. Bargeld oder Giralgeld sind stets Verbindlichkeiten einer Bank oder Zentralbank gegenüber einer Nichtbank. Mit zunehmender Bindungsdauer schwindet der Charakter der Verbindlichkeit als flüssiges Zahlungsmittel für den Nutzer. Daher sind Geldmengen von ihrer Definition abhängig. Diese Definitionen unterscheiden sich zwischen den Währungsräumen.

Allgemeines

Für die Messung der Geldmenge wird der Geldbestand der Nichtbanken herangezogen, also das sich in Händen von Privathaushalten, Unternehmen (ohne Kreditinstitute), Staat und Ausland (ohne Auslandsbanken) befindet. Volkswirtschaftslehre und Zentralbanken messen die Geldmenge durch Geldmengenaggregate, die durch M (für englisch money) und eine Ziffer bezeichnet werden. Dabei ist das Geldmengenaggregat M1 eine Teilmenge von M2 und letztere eine Teilmenge von M3. Eine niedrigere Ziffer bedeutet eine größere Nähe der betrachteten Geldmenge zu unmittelbaren realwirtschaftlichen Transaktionen, d. h. je kleiner die Ziffer, desto wichtiger ist die Zahlungsmittelfunktion des Geldes.

Die Abgrenzung der einzelnen Aggregate ist konventionell und international nicht einheitlich. Die Geldbasis M0 (auch Zentralbankgeld oder Reserven genannt) nimmt eine Sonderstellung ein. Sie ist gleich der Summe von Bargeldumlauf und Zentralbankgeldbestand der Kreditinstitute (Überschussreserven plus Mindestreserven). M0 ist bis auf den Bargeldanteil bei Nichtbanken nicht Teilmenge von M1 bis M3, da Zentralbankreserven nur zwischen Geschäftsbanken als Zahlungsmittel dienen. Auch steht die Geldbasis in keinem festen Verhältnis zu den Mengen M1 bis M3.

Geldmengendefinitionen

Definitionen der Europäischen Zentralbank:

  • M0: Banknoten und Münzen außerhalb der Zentralbank (inklusive Kassenbestände der Geschäftsbanken) plus dem Zentralbankgeldbestand der Kreditinstitute auf Konten bei der Zentralbank;
  • M1: Bargeldumlauf bei Nichtbanken (also ohne Kassenbestände der Geschäftsbanken) plus Sichteinlagen der Nichtbanken;
  • M2: M1 plus Einlagen mit vereinbarter Laufzeit bis zu zwei Jahren und Einlagen mit gesetzlicher Kündigungsfrist bis zu drei Monaten;
  • M3: M2 plus Anteile an Geldmarktfonds, Repoverbindlichkeiten, Geldmarktpapieren und Bankschuldverschreibungen mit einer Laufzeit bis zu zwei Jahren.

Definitionen der Schweizerischen Nationalbank:

  • M0: Notenbankgeldmenge, das heißt Notenumlauf plus Giroguthaben inländischer Geschäftsbanken bei der SNB;
  • M1: Bargeldumlauf plus Sichteinlagen;
  • M2: M1 plus Spareinlagen in Schweizer Franken;
  • M3: M2 plus Termineinlagen in Schweizer Franken.

Definitionen der Fed:

  • M0: Bargeldumlauf plus Guthaben der Kreditinstitute bei der Fed;
  • M1: Bargeldumlauf plus Sichtguthaben von Nichtbanken bei Kreditinstituten;
  • M2: M1 plus Sparguthaben, Terminguthaben bis 100.000 US-Dollar und bestimmte Geldmarktfondsanteile;
  • M3: M2 plus alle größeren Guthaben über 100.000 US-Dollar u. a. die Eurodollar-Reserven, größere übertragbare US-Dollar-Wertpapierbestände, und die US-Dollar-Devisenbestände der meisten nichteuropäischen Länder. Diese Geldmenge wird seit 2006 nicht mehr erfasst.
  • MZM: „money of zero maturity“ besteht aus Bargeld plus Giro-, Sparkonten, privaten Geldmarktkonten plus institutionellen Festgeld- und Geldmarktkonten (Eingestellt Januar 2021).

Definitionen der Deutschen Bundesbank:

  • M1 (1998: 910,2 Mrd. DM): Bargeldumlauf (ohne Kassenbestände der Monetären Finanzinstitute (MFIs)) plus täglich fällige Einlagen der im Währungsgebiet ansässigen Nicht-MFIs (Nichtbanken);
  • M2 (1998: 1302,7 Mrd. DM): M1 plus Einlagen mit vereinbarter Laufzeit bis zu zwei Jahren und Einlagen mit vereinbarter Kündigungsfrist bis zu drei Monaten;
  • M3 (1998: 2239,8 Mrd. DM): M2 plus Anteile an Geldmarktfonds, Repoverbindlichkeiten, Geldmarktpapieren und Bankschuldverschreibungen mit einer Laufzeit bis zu zwei Jahren. Dieses Aggregat steht bei der Geldpolitik des Eurosystems im Vordergrund.

Geldmengen der Europäischen Zentralbank

ZeitpunktGeldmenge
in Milliarden Euro
Quelle
M1M2M3
Januar 20001.9834.1384.715
Januar 20012.0844.3495.027
Januar 20022.2394.6565.428
Januar 20032.4414.9245.807
Januar 20042.7035.2716.164
Januar 20052.9665.6376.570
Januar 20063.4446.1347.100
Januar 20073.6866.7047.813
Januar 20083.8527.4498.768
Januar 20094.0968.1029.402
Januar 20104.5548.2359.326
Januar 20114.7098.4359.527
Januar 20124.7848.6209.759
Januar 20135.1139.0039.769
Januar 20145.4339.2489.898
Januar 20156.0429.74310.438
Januar 20166.66710.27210.909
Januar 20177.22910.73311.421
Januar 20187.79811.26111.905
Januar 20199.23411.63112.272

Geldmengen weltweit

Land Geldmenge in Milliarden

US-Dollar

Zeitpunkt
M1 M2
 Volksrepublik China 8.160 25.240 Oktober 2017
 Vereinigte Staaten 3.627 14.000 Dezember 2017
 Japan 6.426 8.917 Dezember 2017
 Deutschland 2.312 3.282 Dezember 2017
 Vereinigtes Königreich 104,8 3.066 Dezember 2017
 Frankreich 1.372 2.338 Dezember 2017
 Südkorea 742,5 2.167 Dezember 2017
 Indien 429,3 2.063 Dezember 2017
 Hongkong 310,3 1.736 Dezember 2017
 Italien 1.238 1.694 Dezember 2017
 Australien 271,9 1.586 Dezember 2017
 Kanada 715,3 1.554 Dezember 2017
 Taiwan 535,1 1.374 Dezember 2017
 Spanien 1.082 1.337 Dezember 2017
 Schweiz 619,4 1.335 Dezember 2017
 Niederlande 452,7 907,1 Dezember 2017
 Mexiko 235,5 772,5 Dezember 2017
 Brasilien 106,1 761,2 Dezember 2017
Russland 204,9 688,4 Dezember 2017

Geldmenge, Wachstum und Inflation

Die Reale Geldmenge bezeichnet die preisbereinigte nominale Geldmenge . Sie wird als Quotient von nominaler Geldmenge und Preisniveau dargestellt und ist eine variable Größe, solange die Zentralbank die nominale Geldmenge steuern kann:

Gemäß der Theorie der Zentralbanken zur Geldschöpfung wird die reale Geldmenge endogen aus der Geldnachfrage bei einem gesetzten Leitzins bestimmt. Zunächst führt ein Anstieg der nominalen Geldmenge zu einem Anstieg der realen Geldmenge. Dies bedinge eine höhere Nachfrage nach Gütern, woraus ein Anstieg des Preisniveaus resultiere. Durch die Inflation (Anstieg des Preisniveaus) werde die reale Geldmenge wieder abgesenkt. Dieser Zusammenhang wird als Realkasseneffekt bezeichnet. Der Zusammenhang zwischen Geldmenge und Inflation wird auch von der Quantitätstheorie postuliert, die unter anderem von der Denkschule des Monetarismus vertreten wird. Heutige volkswirtschaftliche Theorien betonen allerdings den schwachen Zusammenhang zwischen Geldmenge und Inflation und sehen die Quantitätstheorie als nicht mehr ausreichend an, um die Inflation in modernen Volkswirtschaften zu verstehen.

Demgegenüber hat die Höhe von Zentralbankgeld im Markt (auch Liquidität genannt), das u. a. für die Abwicklung von Transaktionen zwischen Zentralbank und Geschäftsbanken sowie Geschäftsbanken untereinander verwendet wird, zwar Einfluss auf das allgemeine Zinsniveau, aber nur indirekte Auswirkungen auf Geldmengenwachstum und realwirtschaftliche Größen.

Siehe auch

Wiktionary: Geldmenge – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Deutsche Bundesbank: Glossar: Geldmenge (Memento vom 19. September 2010 im Internet Archive). Ohne Datum. Abgerufen am 16. August 2011.
  2. Jürgen Pfannmöller, Kreative Volkswirtschaftslehre, 2018, S. 193
  3. Gabler Wirtschaftslexikon: Geldbasis. Ohne Datum. Abgerufen am 16. August 2011.
  4. Deutsche Bundesbank, Monatsbericht April 2017, Die Rolle von Banken, Nichtbanken und Zentralbank im Geldschöpfungsprozess, Seite 16
  5. Europäische Zentralbank: Monetary aggregates. Abgerufen am 16. August 2011.
  6. https://www.bundesbank.de, Glossar, Zentralbankgeld
  7. Definitionen auf den Seiten der SNB (Memento vom 17. Februar 2015 im Internet Archive). Abgerufen am 13. August 2013.
  8. Geldmengendefinitionen der Fed.
  9. Federal Reserve: Discontinuance of M3. 3. März 2006. Abgerufen am 13. Februar 2014.
  10. Die $ 1 Billion Lösung (Memento vom 14. Februar 2009 im Internet Archive). In: calesinvestments.com, 15. März 2008. Abgerufen am 16. August 2011.
  11. 1 2 3 4 5 6 7 8 EZB Statistik (Memento vom 3. März 2012 im Internet Archive) (zip; 305 kB), Februar, 2012.
  12. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Historical monetary statistics (Memento vom 6. Februar 2012 im Internet Archive) (PDF; 16 kB), Juli, 2012.
  13. MONETARY DEVELOPMENTS IN THE EURO AREA: JANUARY 2012 (PDF; 71 kB) 27. Februar 2012.
  14. 1 2
  15. The World Factbook — Central Intelligence Agency. (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom Original am 20. Juni 2018; abgerufen am 6. Juli 2018 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  16. The World Factbook — Central Intelligence Agency. (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom Original am 5. November 2020; abgerufen am 6. Juli 2018 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  17. Gustav Dieckmann: Makroökonomik: Theorie und Politik. 5. Auflage. Springer, 1992, ISBN 3-540-00564-1, S. 152 ff.
  18. Vgl. Wilhelm Lautenbach: Kapitalbildung und Kapitalverwendung, Berlin 1932: „[…] dass aber die gewünschte Belebung der Wirtschaft ausgeblieben ist. […] die unerhörten Anstrengungen und Vorkehrungen das Kreditangebot zu verbilligen und zu vermehren, waren ein Schlag ins Wasser, weil der Kreditnehmer ausblieb, auf den man gerechnet hatte. Es wurde nicht neuer, zusätzlicher Produktionskredit in Anspruch genommen, sondern nahezu ausschließlich Kredit zur Umschuldung, namentlich für Farmer, Eisenbahngesellschaften und illiquide Banken.“
    Vgl. Hans Gestrich: Neue Kreditpolitik, Stuttgart und Berlin 1936, S. 40: „Besteht eine starke eingefrorene Verschuldung der wirtschaftlichen Unternehmungen, so werden die neu entstehenden Girogelder in der ersten Periode einer Kreditausweitung zunächst von den Empfängern zum Abbau ihrer Schulden benutzt.“
    Vgl. Heinrich Rittershausen: Bankpolitik. Frankfurt 1956. S. 32: „Umgekehrt bedeutet die Tilgung einer Bankschuld eine Sterilisierung von Kredit. Auch hier liegt wieder einer der Fälle vor, auf welche die Banken und die staatliche Wirtschaftspolitik nur sehr wenig Einfluß nehmen können: so war die Stagnation der 30er Jahre in Deutschland und anderen Ländern besonders dadurch gekennzeichnet, daß die Versuche der Banken und der staatlichen Stellen, den Kredit auszudehnen, jahrelang an der Neigung der Kundschaft scheiterten, vorhandene Schulden zurückzuzahlen. Es kam immer wieder durch die deflationären Wirkungen von Tilgungen zu einer Kompensation und damit Vernichtung jener aktiven Effekte, welche eingeleitet worden waren.“
    Vgl. Bilanzrezession.
  19. Frank Decker, Charles A.E. Goodhart (2021): Wilhelm Lautenbach’s credit mechanics – a precursor to the current money supply debate, Taylor & Francis, p. 8, DOI: 10.1080/09672567.2021.1963796.
  20. Michael Heine, Hansjörg Herr: Volkswirtschaftslehre. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2002, ISBN 978-3-486-27293-2, S. 281 ff.
  21. Bernhard Beck: Makroökonomie. vdf Hochschulverlag AG, 2021, ISBN 978-3-7281-3367-0, S. 135 ff. (google.de [abgerufen am 21. Juli 2022]): „heute kaum mehr Zusammenhang sichtbar“
  22. Deutsche Bundesbank: Glossar - Liquidität. Abgerufen am 10. Juni 2018.
  23. Deutsche Bundesbank: Glossar - Zentralbankgeld. Abgerufen am 10. Juni 2018.
  24. Deutsche Bundesbank: Wie Geld entsteht. (Nicht mehr online verfügbar.) 25. April 2017, archiviert vom Original am 29. Oktober 2017; abgerufen am 10. Juni 2018.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
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