Der Begriff Gläserne Rolltreppe (engl. glass escalator) bezeichnet eine Metapher für das Phänomen, dass viele Männer, die in klassischen Frauenberufen (Krankenpfleger, Lehrer, Bibliothekare, Sozialarbeiter) arbeiten, gegenüber Frauen beim objektiven Karriereerfolg Vorteile haben – also schneller in der Hierarchie aufsteigen, oder rascher mehr Geld verdienen.

Er ist deswegen „gläsern“, weil er – genau wie die „gläserne Decke“ oder die „gläserne Klippe“ – auch für die Beteiligten nicht sichtbar ist. Die „Rolltreppe“ soll bezeichnen, dass Männer hinaufbefördert werden, ob sie es wollen oder nicht.

Das Phänomen legt zwei Dinge nahe: einerseits, dass in „Pink Collar Jobs“ Frauen benachteiligt werden. Sie werden bei Beförderungen öfters übergangen und verdienen weniger Geld. Andererseits werden Männer gleichzeitig bevorteilt als auch benachteiligt. Sie verdienen zwar (schneller) mehr und werden schneller befördert, allerdings nimmt man ihnen damit auch die Möglichkeit das, was sie eigentlich machen wollen, auch machen zu können. Als Beispiel dient hier der Kindergartenpädagoge, dem immer mehr Managementaufgaben übertragen werden, bis er seiner eigentlichen Berufung – sich um Kinder zu kümmern – nicht mehr nachkommen kann.

Obwohl die „Entdeckerin“ der gläsernen Rolltreppe selbst dazu aufgerufen hat, das Phänomen zu überdenken, weil sowohl neoliberale Veränderungen in der Arbeitswelt als auch neue berufsspezifische Präferenzen die Vorzeichen geändert hätten, gibt es Indizien, dass es immer noch existiert. Der hinter der Metapher steckende Ansatz wurde wegen der mangelnden Berücksichtigung von Intersektionalität kritisiert.

Mögliche Gründe

Die wichtigste Erklärung sind wohl Geschlechtsrollenstereotype. Während „Management“ und „Führung“ als „typisch männlich“ gesehen wird, gelten die Tätigkeiten in Frauenberufen als "typisch weiblich". Also passen Männer in weiblichen Professionen vermeintlich besser in Führungspositionen. Darüber hinaus legt die „spillover theory“ nahe, dass die grundsätzliche Aufteilung des sozialen Raumes in eine „öffentliche Sphäre“, die männlich besetzt ist, und eine „private“ Sphäre, die „weiblich“ besetzt ist, dazu führt, dass Frauen entweder Durchsetzungsfähigkeit abgesprochen wird, oder dass sie Frauen als negativ ausgelegt werden (double-bind).

Dazu kommen Selbstselektionen am Arbeitsmarkt, denen Bildungsentscheidungen und Karriereaspirationen vorangehen: Frauen, die in Männerberufen arbeiten, sind empirisch stärker karriereorientiert, während weniger ambitionierte Frauen von Berufen angezogen werden, die Teilzeit oder flexible Arbeitsformen ermöglichen. Darüber hinaus wird vermutet, dass Männer, die in Frauenberufen arbeiten, Angst vor einer weiteren kulturellen Abwertung hegen und sich daher besonders stark anstrengen um nicht als „unmännlich“ zu gelten. Da es meistens überhaupt weniger Managementpositionen in Frauenberufen gibt bleiben Frauen leichter im Kampf um die knappen Plätze zurück.

Wichtig ist, dass nicht nur Männer Männer hinaufbefördern: Auch Frauen bevorteilen Männer in Frauenberufen. Der Status als Token, der bei Frauen in Männerberufen einen Nachteil darstellt, funktioniert bei Männern in Frauenberufen also als Vorteil.

Einzelnachweise

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  2. Bruckmüller, S.; Ryan, M.K.; Haslam, S.A.; Peters, K.: Ceilings, cliffs, and labyrinths: exploring metaphors for workplace gender discrimination. In: Ryan, M.K.; Branscombe, N.R. (Hrsg.): The Sage Handbook of Gender and Psychology. Sage, London, S. 450464.
  3. Michelle K. Ryan, S. Alexander Haslam, Tom Postmes: Reactions to the glass cliff: Gender differences in the explanations for the precariousness of women's leadership positions. In: Journal of Organizational Change Management. Band 20, Nr. 2, 10. April 2007, ISSN 0953-4814, S. 182–197, doi:10.1108/09534810710724748 (emerald.com [abgerufen am 4. Mai 2020]).
  4. Christine L. Williams: The Glass Escalator, Revisited: Gender Inequality in Neoliberal Times, SWS Feminist Lecturer. In: Gender & Society. Band 27, Nr. 5, Oktober 2013, ISSN 0891-2432, S. 609–629, doi:10.1177/0891243213490232 (sagepub.com [abgerufen am 4. Mai 2020]).
  5. Elise K. Kalokerinos, Kathleen Kjelsaas, Steven Bennetts, Courtney von Hippel: Men in pink collars: Stereotype threat and disengagement among male teachers and child protection workers: Men in Pink Collars. In: European Journal of Social Psychology. Band 47, Nr. 5, August 2017, S. 553–565, doi:10.1002/ejsp.2246 (wiley.com [abgerufen am 4. Mai 2020]).
  6. Mia Hultin: Some Take the Glass Escalator, Some Hit the Glass Ceiling?: Career Consequences of Occupational Sex Segregation. In: Work and Occupations. Band 30, Nr. 1, Februar 2003, ISSN 0730-8884, S. 30–61, doi:10.1177/0730888402239326 (sagepub.com [abgerufen am 7. Mai 2020]).
  7. Christine L. Williams: The Glass Escalator, Revisited: Gender Inequality in Neoliberal Times, SWS Feminist Lecturer. In: Gender & Society. Band 27, Nr. 5, Oktober 2013, ISSN 0891-2432, S. 609–629, doi:10.1177/0891243213490232 (sagepub.com [abgerufen am 4. Mai 2020]).
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  9. Adia Harvey Wingfield: Racializing the Glass Escalator: Reconsidering Men's Experiences with Women's Work. In: Gender & Society. Band 23, Nr. 1, Februar 2009, ISSN 0891-2432, S. 5–26, doi:10.1177/0891243208323054 (sagepub.com [abgerufen am 4. Mai 2020]).
  10. Andrea Fischbach, Philipp W. Lichtenthaler, Nina Horstmann: Leadership and Gender Stereotyping of Emotions: Think Manager – Think Male? In: Journal of Personnel Psychology. Band 14, Nr. 3, Juli 2015, ISSN 1866-5888, S. 153–162, doi:10.1027/1866-5888/a000136 (hogrefe.com [abgerufen am 4. Mai 2020]).
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  18. Michael J. Villeneuve: Recruiting and retaining men in nursing: A review of the literature. In: Journal of Professional Nursing. Band 10, Nr. 4, Juli 1994, S. 217–228, doi:10.1016/8755-7223(94)90023-X (elsevier.com [abgerufen am 4. Mai 2020]).
  19. Joan Acker: HIERARCHIES, JOBS, BODIES:: A Theory of Gendered Organizations. In: Gender & Society. Band 4, Nr. 2, Juni 1990, ISSN 0891-2432, S. 139–158, doi:10.1177/089124390004002002 (sagepub.com [abgerufen am 4. Mai 2020]).
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