Die G20 (Abkürzung für Gruppe der Zwanzig) ist ein seit 1999 bestehender informeller Zusammenschluss aus 19 Staaten, der Europäischen Union und der Afrikanischen Union. Sie repräsentiert die wichtigsten Industrie- und Schwellenländer. Die G20 dient vor allem als Forum für den Austausch über Probleme des internationalen Wirtschafts- und Finanzsystems, aber auch zur Koordination bei weiteren globalen Themen wie Klimapolitik, Frauenrechte, Bildungschancen, Migration und Terrorismus.

Der Vorsitz der G20 wird von den Mitgliedsländern im Wechsel für jeweils ein Jahr übernommen. Das jeweils vorsitzende Land legt die Agenda fest und richtet als Höhepunkt das Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs aus, bei dem eine Abschlusserklärung (Kommuniqué) verabschiedet wird, welche zuvor über mehrere Monate in zahlreichen Vorabveranstaltungen und Arbeitsgruppen von den sogenannten Sherpas (den Chefunterhändlern der Mitgliedstaaten), sowie mittlerweile auch zunehmend unter Beteiligung der Zivilgesellschaft (siehe etwa W20), verhandelt wurde. Die darin beschlossenen Maßnahmen sind jedoch völkerrechtlich nicht verbindlich, sondern stellen vielmehr eine Selbstverpflichtung dar. Zielrichtung und Wirksamkeit ihrer Beschlüsse sind daher umstritten.

Mitglieder

Unter den 19 Mitgliedsstaaten befinden sich unter anderem die Industrieländer der G7 und die Schwellenländer der O5. Drei Mitglieder gehören der Europäischen Union an: Deutschland, Frankreich und Italien. Bis zum Brexit am 31. Januar 2020 war auch das Vereinigte Königreich EU-Mitglied. Zusätzlich ist die EU selbst Mitglied, die auch die anderen EU-Länder vertritt. Die Gruppe beschloss im Rahmen des Gipfels 2023 in Neu-Delhi, die Afrikanische Union (AU) als Mitglied aufzunehmen. Die Erweiterung der G-20 um die AU haben etwa Gipfel-Gastgeber Indien, Deutschland, Brasilien, Südafrika und Kanada unterstützt.

In den in der G20 direkt oder indirekt vertretenen Staaten leben knapp zwei Drittel der Weltbevölkerung. Sie erwirtschaften über 85 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP) und bestreiten rund drei Viertel des Welthandels (Stand Ende 2016). Des Weiteren sind sie für rund 80 % der globalen CO2-Emissionen verantwortlich. Das mit Abstand geringste Pro-Kopf-Einkommen der G20-Staaten hat Indien.

Land bzw.
Staatenverbund
Bevölkerung BIP (Nominal) BIP (Kaufkraftparität) Region G7 / BRICS
Mio. Prozent Mio. US$ Prozent Mio. US$ Prozent
 Argentinien 43,4 0,6 545.124 0,7 912.816 0,7 Südamerika BRICS (ab 2024)
 Australien 23,8 0,3 1.258.978 1,7 1.251.416 1,0 Ozeanien
 Brasilien 207,8 2,8 1.798.622 2,4 3.216.031 2,5 Südamerika BRICS
 Deutschland* 83,0 1,1 3.466.639 4,7 4.134.668 3,3 Europa G7
Europäische Union 447,1 6,1 13.889.535 18,72 17.839.909 14,1 Europa G7 (Beobachter)
 Frankreich* 66,5 0,9 2.463.222 3,3 2.833.064 2,2 Europa G7
 Indien 1.311,1 17,8 2.256.397 3,0 9.489.302 7,5 Südasien BRICS
 Indonesien 257,6 3,5 932.448 1,3 3.257.123 2,6 Südostasien
 Italien* 60,7 0,8 1.850.735 2,5 2.303.108 1,8 Europa G7
 Japan 127,0 1,7 4.938.644 6,6 5.420.228 4,3 Ostasien G7
 Kanada 35,8 0,5 1.529.224 2,1 1.752.910 1,4 Nordamerika G7
 Mexiko 127,0 1,7 1.046.002 1,4 2.406.199 1,9 Nordamerika
Russland 144,1 2,0 1.280.731 1,7 3.938.001 3,1 Europa/Asien BRICS; G8 (1998 bis 2014)
 Saudi-Arabien 31,5 0,4 639.617 0,9 1.796.205 1,4 Vorderasien BRICS (ab 2024)
 Südafrika 55,0 0,7 294.132 0,4 761.926 0,6 Afrika BRICS
 Südkorea 50,6 0,7 1.411.246 1,9 2.029.706 1,6 Ostasien
 Türkei 80,8 1,1 857.429 1,2 2.082.079 1,6 Europa/Asien
 Vereinigtes Königreich 65,1 0,9 2.629.188 3,5 2.905.392 2,3 Europa G7
 Vereinigte Staaten 321,4 4,4 18.569.100 25,0 19.417.144 15,3 Nordamerika G7
 Volksrepublik China 1.371,2 18,7 11.218.281 15,1 23.194.411 18,3 Ostasien BRICS
Summe 4.696,0 63,9 65.094.698 87,7 101.670.798 80,3
Welt 7.350,0 100,0 74.188.701 100,0 126.687.917 100,0

Bevölkerung nach den Daten der Weltbank von 2015, Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2016, BIP nach Kaufkraftparität sind Schätzungen für das Jahr 2017.

 * Die vier EU-Mitgliedsstaaten (das Vereinigte Königreich war zum Zeitpunkt der Datenerhebungen noch EU-Mitglied) werden bei der Summenbildung nicht berücksichtigt, weil ihre Werte in der Zeile der Europäischen Union enthalten sind.

Teilnehmer bei den Gipfeltreffen

An den Gipfeltreffen nehmen die Staats- und Regierungschefs, Finanzminister und Zentralbankchefs der 19 Mitgliedsstaaten teil sowie für die Europäische Union der Präsident des Europäischen Rates, der Präsident der Europäischen Kommission und der Präsident der Europäischen Zentralbank.

Darüber hinaus sind als ständige Gäste der Geschäftsführende Direktor des Internationalen Währungsfonds, der Präsident der Weltbank, der Vorsitzende des Internationalen Währungs- und Finanzausschusses (IMFC) und der Vorsitzende des Development Committees der OECD sowie weitere wechselnde Gaststaaten geladen.

Schweiz

Obwohl sich die G20 mit Fragen des internationalen Finanzsystems befasst, wurde die Schweiz, einer der wichtigsten Finanzplätze der Welt, nicht in die G20 aufgenommen. Auch nach der Größe der Volkswirtschaften, gemessen am BIP, würde die Schweiz zu den G20 gehören, ist doch das BIP der Schweiz größer als dasjenige Südafrikas, Saudi-Arabiens und Argentiniens. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, hat der damalige französische Präsident Nicolas Sarkozy im November 2010 die Schweiz für Vorbereitungsarbeiten zum Gipfel im November 2011 in Cannes eingeladen. Die Außenminister der Schweiz und Russlands vereinbarten am 25. Oktober 2012 in Moskau, dass Russland (das 2013 die Präsidentschaft innehatte) das Know-how der Schweiz in Finanzfragen für die Vorbereitungen zum G20-Gipfel von 2013 nutzen werde. Da die G20 die Agenden der Weltpolitik prägt, ist es Ziel des Schweizer Bundesrats, ein Dauergast der Vorbereitungstreffen der G20 zu werden. Über eine allfällige Einladung entscheidet jeweils das Vorsitzland der G20. Bisher wurde die Schweiz laut der Schweizerischen Nationalbank (SNB) von Russland (2013), China (2016), Deutschland (2017), Argentinien (2018) sowie Japan (2019) zur Teilnahme am sogenannten „Finance Track“ eingeladen. 2020 und 2021 nahm die Schweiz vollumfänglich teil.

Geschichte

Vorgeschichte und Gründung

In Reaktion auf die Asienkrise wurde auf dem Gipfel der APEC-Länder im November 1997 in Vancouver (Kanada) auf Initiative des damaligen US-Präsidenten Bill Clinton eine (auch als Willard Group bezeichnete) Gruppe der 22 beschlossen. Gegenüber der heutigen G20 gehörten zu den G-22-Staaten zusätzlich Hongkong, Malaysia, Polen, Singapur und Thailand; noch nicht vertreten waren die Europäische Union, die Türkei und Saudi-Arabien. Im April 1998 fand das erste Treffen der G22 in Washington, D.C. statt.

Im Jahr 1999 wurde die Gruppe kurzzeitig zur G33 erweitert; diese hatte eine Zusammenkunft im März in Bonn und eine im April 1999 in Washington, D.C. Im September 1999 wurde auf dem Treffen der G7-Finanzminister als Ersatz die G20 ins Leben gerufen. Das Gründungstreffen fand am 15./16. Dezember 1999 in Berlin statt. Diese G20 ist nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Zusammenschluss von Entwicklungsländern, der 2003 bei der Welthandelsorganisation entstand, dann aber an Bedeutung verlor.

Zusammenkünfte

Jahr Stadt Land Datum Bemerkungen
1999 Berlin  Deutschland 15./16. 12. Gründung; bis 2008 als Finanzministertreffen
2000 Montreal  Kanada 24./25. 10.
2001 Ottawa  Kanada 16./17. 11.
2002 Delhi  Indien 22./23. 11.
2003 Morelia  Mexiko 26./27. 10.
2004 Berlin  Deutschland 19./21. 11.
2005 Peking  Volksrepublik China 15./16. 10.
2006 Melbourne  Australien 18./19. 11.
2007 Kapstadt  Südafrika 17./18. 11.
2008 São Paulo  Brasilien 8./9. 11.
2008 Washington, D.C.  Vereinigte Staaten 15./16. 11. „Weltfinanzgipfel“: erstes Treffen auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs angesichts der Finanzkrise ab 2007, zusätzlich mit den Niederlanden, Spanien und Tschechien; siehe Gipfel in Washington
2009 London  Vereinigtes Königreich 1./2. 4. Nachfolgetreffen des Gipfels von Washington, zusätzlich mit Spanien, Tschechien (EU-Ratsvorsitz), den Niederlanden, Äthiopien (NEPAD-Vertreter) und Thailand (ASEAN-Vorsitz)
2009 Pittsburgh  Vereinigte Staaten 24./25. 9. zusätzlich mit Spanien, den Niederlanden, Schweden (EU-Ratsvorsitz)
2010 Toronto  Kanada 26./27. 6. zusätzlich mit Äthiopien (NEPAD-Vertreter), Malawi (AU-Vorsitz), den Niederlanden, Spanien (EU-Ratsvorsitz) und Vietnam (ASEAN-Vorsitz); siehe Gipfel in Toronto
2010 Seoul  Südkorea 11./12. 11. zusätzlich mit Äthiopien (NEPAD-Vertreter), Malawi (AU-Vorsitz), Singapur, Spanien und Vietnam (ASEAN-Vorsitz)
2011 Cannes  Frankreich 3./4. 11. zusätzlich mit Äthiopien (NEPAD-Vertreter), Äquatorialguinea (AU-Vorsitz), Singapur, Spanien und den Vereinigten Arabischen Emiraten (Golf-Kooperationsrat)
2012 Los Cabos  Mexiko 18./19. 6. zusätzlich mit Äthiopien (NEPAD-Vertreter), Benin (AU-Vorsitz), Chile, Kambodscha, Kolumbien und Spanien
2013 Sankt Petersburg Russland 5./6. 9.
2014 Brisbane  Australien 15./16. 11. Gründung der Women20 (W20)
2015 Antalya  Türkei 15./16. 11. zusätzlich mit Aserbaidschan, Malaysia (ASEAN-Vorsitz), Senegal (NEPAD-Vertreter), Singapur, Spanien und Simbabwe (AU-Vorsitz)
2016 Hangzhou  Volksrepublik China 4./5. 9. Die VR China und die USA gaben bekannt, das Pariser Abkommen zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen zu ratifizieren; siehe Gipfel in Hangzhou
2017 Hamburg  Deutschland 7./8. 7. siehe Gipfel in Hamburg
2018 Buenos Aires  Argentinien 30. 11./1. 12. siehe Gipfel in Buenos Aires
2019 Osaka  Japan 28./29. 6. siehe Gipfel in Osaka
2020 Riad  Saudi-Arabien 21./22. 11. siehe Gipfel in Riad
2021 Rom  Italien 30./31. 10. siehe Gipfel in Rom
2022 Bali  Indonesien 16./17. 11. siehe Gipfel auf Bali
2023 Neu-Delhi  Indien 9./10. 9. siehe G20-Gipfel in Neu-Delhi 2023
2024  Brasilien
2025  Südafrika

Bewertung

Erfolge

Obwohl ihre Resolutionen nicht verbindlich sind, werden laut einer Studie der University of Toronto 60–80 % der Maßnahmen von den Mitgliedstaaten auch tatsächlich umgesetzt. Da die G20 selbst keine Organisation ist, ergeben sich hieraus oft auch Handlungsaufträge an andere Akteure, wie etwa den Internationalen Währungsfonds oder den Basler Ausschuss für Bankenaufsicht.

Konkrete Erfolge waren etwa nach der weltweiten Finanzkrise die Stabilisierung der Finanzmärkte durch verbindliche Eigenkapitalquoten und strengere Regeln zur internationalen Bankenregulierung. Darüber hinaus wurden Maßnahmen gegen Steuervermeidung (wie etwa die globale Mindeststeuer) vereinbart, der Informationsaustausch zur Terrorabwehr verbessert, die Covax-Initiative vorbereitet und Maßnahmen zum Kampf gegen den Klimawandel auf den Weg gebracht.

Überwachung von Politikern

Nach Dokumenten, die von Edward Snowden an die britische Zeitung The Guardian weitergegeben wurden, hat der britische Nachrichten- und Sicherheitsdienst (Government Communications Headquarters) beim G20-Treffen 2009 in London systematisch Politiker anderer Staaten ausspioniert und abgehört und plant dies für zukünftige G20- und G7-Treffen. So wurden unter anderem Mobilfunkverbindungen, E-Mails und Computer ausspioniert, mittels Keyloggern Daten teilweise auch nach dem G20-Gipfel noch weiter gewonnen und an britische Politiker weitergegeben. Die Teilnehmer wurden zu diesem Zweck unter anderem in kostenlose Internetcafés gelockt.

Siehe auch

Commons: G20 – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Geschichte der G20-Gipfel. In: g20.org; siehe dort auch die Zusammenstellung wichtiger Gipfeldokumente
  2. Von Klimaschutz über Afrika bis zur Digitalisierung. Themen des Hamburger G20-Gipfels. bundesregierung.de, abgerufen am 28. Juli 2017
  3. Vgl. Ingo Arzt: G20 und die Banken: Godzilla lebt! taz.de, 7. Juli 2017
  4. ORF at/Agenturen red: Afrikanische Union wird Mitglied der G-20. 9. September 2023, abgerufen am 9. September 2023.
  5. publisher: Bundesfinanzministerium - G20 - Gruppe der Zwanzig (G20). Archiviert vom Original am 17. März 2013; abgerufen am 30. Oktober 2021.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  6. G20 responsible for approximately 80% of global CO2--Carbon dioxide emissions. Abgerufen am 30. Oktober 2021 (englisch).
  7. Bevölkerungsdaten der Weltbank. 2017, abgerufen am 27. Juni 2017 (englisch).
  8. IWF-Liste von Ländern mit ihrem nominalen BIP 2015/16. Abgerufen am 28. Juni 2017 (englisch).
  9. BIP nach Kaufkraftparität nach Schätzungen des IWF für das Jahr 2017. Abgerufen am 1. Juli 2017 (englisch).
  10. Schätzungen des IWF für das BIP der EU. Abgerufen am 1. Juli 2017 (englisch).
  11. Meldung von Radio DRS
  12. Moskau will die Schweiz in die G20-Vorbereitung einbeziehen. In: NZZ.ch
  13. G20-Treffen – Schweiz hat kräftig für eine Teilnahme geweibelt. In: srf.ch, abgerufen am 5. September 2016
  14. Multilaterale Kooperation: G20. In: snb.ch. 22. Juni 2023, abgerufen am 23. Juni 2023.
  15. Bundesrat beschliesst Prioritäten für die G20-Teilnahme der Schweiz 2020. In: seco.admin.ch. 20. Dezember 2019, abgerufen am 14. Januar 2020.
  16. The Korean Financial Crisis of 1997. In: worldbank.org, 2011, S. 310 (PDF)
  17. Gruppe der Zwanzig (G20). (Memento vom 16. Februar 2016 im Internet Archive) In: bundesfinanzministerium.de
  18. Videokonferenz auf höchster Ebene. In: welt.de, 1. Juni 2012, abgerufen am 3. Juni 2012
  19. 20 Dinge, die man über den G20-Gipfel in der Türkei wissen sollte. In: dtj-online.de. Abgerufen am 11. November 2015.
  20. Al via la Presidenza italiana del G20 In: governo.it, 1. Dezember 2020 (italienisch) 
  21. Italiens und Indiens G20-Ausrichtung
  22. https://g20.org/bali-summit//
  23. India's 2023 G20 Presidency: What to Expect?, abgerufen am 16. Februar 2023
  24. https://www.dfat.gov.au/trade/organisations/g20
  25. https://www.dfat.gov.au/trade/organisations/g20
  26. Marina Larionova, John Kirton: Mapping G20 Decisions Implementation. How G20 is delivering on the decisions made. 13. Dezember 2012, abgerufen am 11. November 2021 (englisch).
  27. GCHQ intercepted foreign politicians’ communications at G20 summits (16 June 2013). In: The Guardian, abgerufen am 16. Juni 2013.
  28. Datenspionage: Britischer Geheimdienst spionierte G20-Teilnehmer aus. In: Zeit Online, 17. Juni 2013
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