Humanes Immundefizienz-Virus | ||||||||||||||||||||
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HI-Viren im TEM | ||||||||||||||||||||
Systematik | ||||||||||||||||||||
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Taxonomische Merkmale | ||||||||||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||||||||||
Human immunodeficiency virus 1, 2 | ||||||||||||||||||||
Kurzbezeichnung | ||||||||||||||||||||
HIV-1, HIV-2 | ||||||||||||||||||||
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Mit Humanes Immundefizienz-Virus (wissenschaftlich Human immunodeficiency virus), zumeist abgekürzt als HIV (auch HI-Virus) oder auch Menschliches Immunschwäche-Virus oder Menschliches Immundefekt-Virus, werden zwei Spezies (Arten) behüllter Viren aus der Gattung der Lentiviren in der Familie der Retroviren bezeichnet. Eine unbehandelte HIV-Infektion führt nach einer unterschiedlich langen, meist mehrjährigen symptomfreien Latenzphase in der Regel zu AIDS (englisch acquired immunodeficiency syndrome‚ 'erworbenes Immundefizienzsyndrom').
Die Verbreitung von HIV hat sich seit Anfang der 1980er Jahre zu einer Pandemie entwickelt, die nach Schätzungen des Gemeinsamen Programms der Vereinten Nationen für HIV/Aids (UNAIDS) bisher mindestens ca. 41 Millionen Menschenleben gefordert hat.
Ende 2021 waren geschätzt 38,4 Millionen Menschen weltweit mit HIV infiziert, bei etwa gleichmäßiger Verteilung auf beide Geschlechter. In Deutschland lebten Ende 2021 90.800 Menschen mit einer HIV-Infektion, in Österreich 2020 etwa 9.000 infizierte Menschen und in der Schweiz 2021 etwa 17.000 HIV-Infizierte.
Struktur und Aufbau des HI-Virus
Das Viruspartikel (Virion) hat einen Durchmesser von etwa 100 bis 120 Nanometer und ist damit für ein Virus überdurchschnittlich groß, jedoch deutlich kleiner als z. B. Erythrozyten (Durchmesser 7500 Nanometer). Umgeben ist HIV von einer Lipiddoppelschicht, die bei der Knospung von der menschlichen Wirtszelle abgetrennt wurde. Dementsprechend befinden sich verschiedene Membranproteine der Wirtszelle in der Virushülle, beispielsweise HLA-Klasse I- und II-Moleküle sowie Zelladhäsionsmoleküle.
Ebenfalls eingebettet in diese Hülle sind pro Virion etwa 12 bis 16 sogenannte Spikes (dt. ‚Dornen‘), ca. zehn Nanometer große virale Glykoproteinkomplexe (envelope, Env); die Dichte der Spikes ist somit recht niedrig, hätten doch 73 ±25 dieser Fortsätze auf der Oberfläche eines HIV-Partikels Platz. Ein HIV-Spike ist ein Heterodimer und besteht daher aus zwei Untereinheiten: Je drei Moleküle des externen Oberflächen-(englisch surface)-Glykoproteins gp120 sind nicht-kovalent an drei Moleküle des transmembranen Hüll-(englisch envelope)-Glykoproteins gp41 gebunden. Die Bezeichnungen spiegeln deren Molekülmasse in Kilodalton wider. Gp120 ist für die Bindung des Virus an die CD4-Rezeptoren der Zielzellen von entscheidender Bedeutung.
Mit der Innenseite der Membran sind die durch gag codierten Matrixproteine p17 assoziiert. Im Inneren des Virions findet sich das Viruskapsid, das aus den durch gag codierten Kapsidproteinen p24 aufgebaut ist, deren Struktur schrittweise 1996 und 1997 aufgeklärt wurde. Das Kapsid besteht aus etwa 1500 Kapsidproteinen und nimmt dabei eine Fulleren-ähnliche, konische Struktur ein, dieses Strukturmodell wurde erstmals 1999 vorgeschlagen. 2013 wurde mittels Kryoelektronenmikroskopie die dreidimensionale Struktur mit einer Auflösung von 8 Å abgebildet. p24 formen mit etwa 250 Hexameren und genau 12 Pentameren das Kapsid.
Im Kapsid findet sich, an die durch gag codierten Nukleokapsidproteine assoziiert, das virale Genom (9,2 kb) in Form zweier Kopien der einzelsträngigen RNA. Die Nukleokapsidproteine haben die Aufgabe, die RNA nach Eindringen in die Wirtszelle vor Degradierung zu schützen. Ebenso befinden sich im Kapsid die Enzyme reverse Transkriptase (RT), Integrase sowie einige der akzessorischen Proteine. Die Protease ist maßgeblich beteiligt an der Partikelbildung und findet sich daher im gesamten Viruspartikel. Das Kapsidprotein p24 kann als Antigen in HIV-Tests der vierten Generation nachgewiesen werden.
HIV gehört zu den komplexen Retroviren, das heißt, die Viren besitzen neben den kanonischen retroviralen Genen gag (gruppenspezifisches Antigen), pol (Polymerase) und env (envelope) weitere Leseraster, namentlich tat und rev (für regulatorische Prozesse) sowie vif, vpu, vpr und nef (für akzessorische Prozesse). Durch die teils überlappenden, offenen Leseraster können trotz der geringen Genomgröße (ca. 9.700 bp) neun verschiedene Proteine kodiert werden. Sogenannte LTR-Regionen (Long Terminal Repeat) befinden sich am 5'- und 3'-Ende, die u. a. die Transkription und Integration ins Wirtsgenom regulieren.
Das gag-Gen kodiert für die Strukturproteine p24, p17, p7 und p6, env für die Oberflächenproteine gp120 und gp41. Die Reverse Transkriptase, die HIV-Protease sowie die Integrase finden ihren Ursprung in pol.
Für die regulatorische Prozesse ist Tat für die Initiierung der Transkription und Rev neben der Bindung an das HIV Rev Response Element des Genoms (RRE) am Export viraler mRNA aus dem Zellkern in das Cytoplasma beteiligt.
Die Expression verschiedene Rezeptoren und Antigene (z. B. CD4, CD8, CD28, CD3, SERINC3/5, Tetherin und HLA-Klasse-I-Antigene) wird bei HIV-infizierter Zellen mittels Nef herunterreguliert. Dies hat zur Folge, dass das Immunsystem solche Zellen schlechter erkennen und damit bekämpfen kann. Außerdem erhöht es die Replikationsrate von HIV in diesen befallenen Zellen, was die Infektiosität steigert.
Die antivirale Aktivität von APOBEC3G (apolipoprotein B mRNA editing enzyme, catalytic subunit 3G) wird durch Vif beeinträchtigt; APOBEC3G verursacht Mutationen in der viralen RNA und schädigt diese. Vpr vermittelt den Transport des viralen Genoms in den Zellkern. Tetherin wird schließlich durch Vpu gehemmt, infolgedessen werden gereifte Viren besser freigesetzt. Außerdem baut Vpu CD4-gp120-Komplexe ab, wodurch Env-Proteine freigesetzt werden – diese werden für Virionen benötigt.
HIV-1 und HIV-2 haben eine RNA-Identität von 50 %.
Geschichte
HIV ist die vom International Committee on Taxonomy of Viruses (ICTV) 1986 empfohlene Bezeichnung. Es ersetzt die ehemaligen Benennungen wie Lymphadenopathie-assoziiertes Virus (LAV), humanes T-Zell-Leukämie-Virus III (HTLV-III) oder AIDS-assoziiertes Retrovirus (ARV).
HIV Typ 1 wurde 1983 zum ersten Mal von Luc Montagnier und Françoise Barré-Sinoussi vom Institut Pasteur in Paris beschrieben und bereits im Juni 1983 behandelte der Spiegel in seiner Titelgeschichte HIV („Die tödliche Seuche Aids“).
In derselben Ausgabe des Journals Science veröffentlichte Robert Gallo, der Leiter des Tumorvirus-Labors am NIH in Bethesda, ebenfalls die Entdeckung eines Virus, das seiner Meinung nach AIDS auslösen könnte. Er beschrieb in dieser Veröffentlichung jedoch die Isolierung von Humanen T-Zell-Leukämie-Viren Typ I (HTLV-1; kurze Zeit später auch von HTLV-2) bei AIDS-Patienten, die in seinen Proben zufällig neben dem HI-Virus vorlagen, und isolierte erst etwa ein Jahr später auch das HI-Virus. In einer Pressekonferenz mit der damaligen Gesundheitsministerin der Vereinigten Staaten, Margaret Heckler, gab er am 23. April 1984 öffentlich bekannt, dass AIDS durch ein Virus ausgelöst werde, das er entdeckt habe.
Sowohl Montagnier als auch Gallo beanspruchten jeweils die Erstentdeckung für sich. Daraufhin folgte ein jahrelanger Rechtsstreit, bei dem es auch um das Patent für den neu entwickelten HIV-Test ging. 1986 wurde HIV-2 entdeckt.
Die beiden Forscher Françoise Barré-Sinoussi und Luc Montagnier wurden 2008 für die Entdeckung des HI-Virus mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet. Die Tatsache, dass Gallo dabei nicht berücksichtigt wurde, stieß zum Teil auf Kritik in der Virologen-Gemeinde.
Im Mai 2005 gelang einem internationalen Forscherteam erstmals der Nachweis, dass der Ursprung von HIV beim Affen liegt. Das Forscherteam nahm dazu in der Wildnis des zentralafrikanischen Kamerun 446 Kotproben freilebender Schimpansen. Etliche Proben wiesen Antikörper gegen Simianes Immundefizienz-Virus (kurz SIV; englisch Simian Immunodeficiency Virus) auf, die Schimpansenversion des HI-Virus, wie das Team im US-Fachjournal Science veröffentlichte. Zwölf Proben waren fast identisch mit dem HIV-1 bei Menschen. Das Team betonte, dass die Antikörper zuvor nur bei Schimpansen in Gefangenschaft nachgewiesen wurden. Ursprüngliche Quelle des HI-Virus sind die Schimpansen jedoch nicht. Sie sollen sich im westlichen Zentralafrika mit SIV oder einem Vorläufer dieses Virus bei anderen Affenarten infiziert haben. Etwa zu Beginn des 20. Jahrhunderts infizierten sich erstmals Menschen mit dem SIV, das anschließend in deren Organismen zum AIDS verursachenden HIV mutierte. Damit hat das Virus bereits mindestens zweimal die Artengrenze übersprungen, nämlich vom Affen zum Menschenaffen und anschließend zum Menschen. Wie das Virus auf den Menschen übertragen wurde, ist unklar. Man geht davon aus, dass Jäger, die Affen gejagt und verspeist haben, mit dem Virus erstmals infiziert wurden, etwa durch kleinere offene Wunden.
Eine andere These war, dass ein Impfstoff gegen Poliomyelitis (Kinderlähmung) im Jahre 1959 durch Affen, die das Virus trugen, verunreinigt worden sei (siehe auch Kontroverse um die Entstehung von AIDS). Nach dieser These wurden im ehemaligen Belgisch-Kongo Schimpansennieren zur Vermehrung des Impfstoffes verwendet und anschließend hunderttausende Menschen durch eine Schluckimpfung geimpft, wodurch SIV auf den Menschen übertragen worden und zum HIV mutiert sei. Allerdings zeigte eine Analyse der Mutationen, dass mit 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit der Ursprung des Stammes HIV-1 vor das Jahr 1930 zu datieren ist. Im Februar 2000 wurde eine Probe der verteilten Schluckimpfungen gefunden und untersucht. Darin zeigten sich weder Spuren von HIV noch von SIV.
Der älteste Infizierte, dessen HIV-Infektion anhand von Blutproben gesichert nachgewiesen wurde, stammt aus Belgisch-Kongo und aus dem Jahr 1959. In der Erstveröffentlichung zu dieser Serumprobe wurde allerdings angegeben, dass die Herkunft der Probe nicht sicher geklärt sei, so ist es auch möglich, dass sich im damaligen Französisch-Äquatorialafrika erstmals ein Mensch infizierte. Eine fast gleich alte DNA-Paraffin-Probe aus dem Jahre 1960, die ebenfalls aus Belgisch-Kongo stammt, unterscheidet sich genetisch deutlich von der ersten Probe, was darauf hindeutet, dass HIV schon lange vor 1960 in Afrika präsent war. Mittels statistischer Analysen (sogenannte molekulare Uhr) lässt sich das Zeitfenster für das Erstauftreten mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die Jahre zwischen 1902 und 1921 eingrenzen. In der Zeit wurden die afrikanischen Ureinwohner, die u. a. als Arbeiter und Träger für Rohstoffe dienten, von den belgischen Kolonialherren im Kongo gegen die Schlafkrankheit behandelt. Dazu wurden nicht desinfizierte und daher mit HIV infizierte Spritzen für mehrere Personen verwendet. Darüber hinaus kamen zu eher schlechten medizinischen und hygienischen Verhältnissen neu eingeschleppte Krankheiten (u. a. Syphilis aus Europa), welche die Bevölkerung zusätzlich schwächten und anfällig machten. Die Trägerkolonnen könnten zudem dazu beigetragen haben, den HI-Virus aus dem Landesinneren an die Küste zu bringen, sodass er von dort weiter verbreitet werden konnte.
Wann HIV erstmals in den USA, also am Ausgangspunkt der AIDS-Pandemie auftrat, ist seit langem Forschungsgegenstand mit unterschiedlichen, teilweise kontroversen Resultaten. Bereits 1968 wurden an dem Patienten Robert Rayford AIDS-ähnliche Symptome beobachtet und später als HIV identifiziert. Es konnte jedoch nicht eindeutig nachgewiesen werden, dass es sich dabei um das heute zirkulierende HIV handelte. Einer aktuellen Arbeit von 2016 zufolge soll das Virus (HIV-1 Subtyp B) geschätzt 1967 von Afrika nach Haiti und von dort aus etwa um 1971 in die USA gelangt sein, wobei nachgewiesen wurde, dass der lange Zeit für Patient Zero gehaltene Gaëtan Dugas nicht der erste infizierte Mensch in Nordamerika gewesen sein kann. Die Angaben beziehen sich auf phylogenetische Extrapolationen. Die frühesten serologischen Nachweise finden sich in Proben aus San Francisco und New York City, jeweils ab dem Jahr 1978.
Die als Verschwörungstheorie eingestufte These einer Verursachung der AIDS-Pandemie durch einen US-amerikanischen Laborunfall wurde im Zuge der Operation Infektion durch den KGB kreiert. Jakob Segal entwickelte in den 1980er Jahren in Berlin eine Hypothese mit mutmaßlich wissenschaftlichem Hintergrund, die ebenfalls von einem Laborunfall in Fort Detrick als Auslöser der AIDS-Pandemie ausgeht, jedoch abweichend von den Darstellungen des KGB die gentechnische Rekombination aus einem Visna-Virus und HTLV-I als künstlichen Ursprung von HIV-1 annimmt.
Einteilung und Systematik
Es sind bisher zwei verschiedene Arten von HI-Viren bekannt, die als HIV-1 und HIV-2 bezeichnet werden. Die Homologie zwischen HIV-1 und HIV-2 beträgt auf Aminosäuresequenzebene nur etwa 45 bis 50 Prozent. Sie können weiter in Subtypen unterteilt werden, die teilweise mit unterschiedlicher Häufigkeit in verschiedenen Regionen der Welt auftreten. In Mitteleuropa ist zum Beispiel der Subtyp B aus der Gruppe M von HIV-1 am häufigsten, besonders unter MSM und injizierenden Drogenkonsumenten. HIV-1, das insgesamt häufiger ist, und HIV-2 ähneln sich prinzipiell hinsichtlich des klinischen Infektionsverlaufs und der krankmachenden (pathogenen) Eigenschaften, auch wenn die Infektion mit HIV-2 wohl insgesamt langsamer verläuft. Die beiden Stämme sehen unter dem Elektronenmikroskop gleich aus, unterscheiden sich jedoch in der molaren Masse der Proteine und in der Anordnung und Nukleotidsequenz der Gene. HIV-1 und HIV-2 entstanden aus unterschiedlichen Typen der bei bestimmten Affenarten vorkommenden SI-Viren.
HIV-1 ist in vier Gruppen unterteilt, die mit M, N, O und P bezeichnet werden. M steht für engl. major group ‚Hauptgruppe‘ und ist am häufigsten, die O-Gruppe wurde nach outlier ‚Sonderfall‘ benannt und das N der Gruppe N steht für new ‚neu‘. In die Gruppe M von HIV-1 fallen mehr als 90 Prozent aller HIV-Infektionen. Sie ist verantwortlich für die Infektion von weltweit bisher rund 60 Millionen Menschen (Stand 2010). Diese Gruppe wird wiederum in neun Subtypen unterteilt, die mit A, B, C, D, F, G, H, J und K bezeichnet werden. Die häufigsten sind die Subtypen B (kommt vor allem in Nordamerika und Europa vor), A und D (vor allem in Afrika) und C (hauptsächlich in Afrika und Asien). Eine Koinfektion mit verschiedenen Subtypen kann dazu führen, dass rekombinante Formen entstehen, die circulating recombinant forms (CRFs) genannt werden. Die Klassifikation der HIV-Stämme ist entsprechend komplex und noch nicht abgeschlossen.
Die HIV-1-Gruppe O scheint bisher fast ausschließlich in Westafrika verbreitet zu sein, während die neu entdeckten Gruppen N- und P-Viren bislang nur bei einigen wenigen Menschen nachgewiesen werden konnten.
HIV-1 wurde ursprünglich von SIV-infizierten Schimpansen und Gorillas auf den Menschen übertragen. So konnte für die Gruppen M und N nachgewiesen werden, dass sie aus Schimpansen stammen, während HIV-1 P von Gorillas auf den Menschen übertragen wurde. Ob HIV-1 O ursprünglich aus SIV-infizierten Schimpansen oder Gorillas stammt, ist noch nicht abschließend geklärt. Alle vier HIV-1-Gruppen (M, N, O und P) sind auf vier unabhängige Zoonosen (d. h. Tier-zu-Mensch-Übertragungen) zurückzuführen, wobei bislang nur die Gruppe M die Ausmaße einer Pandemie angenommen hat. Der Grund für die höhere Infektiosität des HIV-1-M-Stammes beruht unter anderem auf spezifischen Eigenschaften des Virusproteins vpu der M-Gruppe, mit deren Hilfe gleich zwei Infektionsbarrieren überwunden werden: Zum einen wird der antivirale Faktor Tetherin auf humanen Zellen effektiv ausgeschaltet und zum anderen wird der CD4-Rezeptor abgebaut.
Epidemiologie
Weltweit
Die weltweite HIV-Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) bei Erwachsenen im Alter von 15 bis 49 Jahren lag 2010 bei 0,8 Prozent. Für Zentral- und Westeuropa lag sie bei 0,2 Prozent. Im subsaharischen Afrika (5,0 Prozent) und in der Karibik (0,9 Prozent) war sie überdurchschnittlich hoch. In einzelnen Staaten, wie zum Beispiel Eswatini, Botswana oder Lesotho sind etwa ein Viertel der 15- bis 49-Jährigen mit dem HI-Virus infiziert. Stark unterdurchschnittlich war die HIV-Prävalenz im Jahr 2010 in den Regionen Ostasien (0,1 Prozent) sowie in Nordafrika und dem Mittleren Osten (0,2 Prozent). In Russland hat sich die Zahl der HIV-Infizierten innerhalb von fünf Jahren verdoppelt, rund 1,2 Millionen Russen sind mit dem Virus infiziert. Dies entspricht in etwa einem Prozent der Einwohner.
Die Zahl der AIDS-Toten ist seit 2005 rückläufig: 2005 starben etwa zwei Millionen Menschen weltweit an den Folgen einer HIV-Infektion, im Jahr 2021 ungefähr 650.000 Menschen. Die Zahl der bekannten Neuinfektionen sinkt seit 1997 stetig und lag 2021 bei 1,5 Millionen Menschen. Gleichzeitig nimmt die Anzahl der Personen unter Therapie zu, sie lag 2011 bei etwa 29 Millionen.
In Deutschland
Für das Jahr 2018 wurde die Zahl der Neuinfektionen in Deutschland und bei Menschen deutscher Herkunft, die sich im Ausland infiziert haben, durch das Robert Koch-Institut auf 2.400 geschätzt. Bei den Neuinfektionszahlen zeigt sich seit etwa fünfzehn Jahren ein langsamer, stetiger Rückgang, so waren es 2015 noch 2.800 geschätzte Neuinfektionen. Von den neu Infizierten sind geschätzte 2.000 Männer, geschätzte 440 Frauen. Der Infektionsweg war in 1.600 Fällen Sex zwischen Männern, mit einem andauernden starken Rückgang (und noch 2.200 Neuinfektionen im Jahr 2013). Weitere 530 Neuinfektionen traten durch heterosexuelle Kontakte und 310-mal durch intravenösen Drogengebrauch sowie in weniger als zehn Fällen durch eine Übertragung von der Mutter auf das Kind auf.
Von den Menschen mit einer HIV-Erstdiagnose im Jahr 2018 (die nicht deckungsgleich zu einer Neuinfektion ist), lag bei geschätzten 1.000 Menschen bereits ein fortgeschrittener Immundefekt vor, bei 460 eine AIDS-Erkrankung.
Im Jahr 2018 starben geschätzte 440 Menschen an den Folgen einer HIV-Infektion, und seit Beginn der HIV-Epidemie starben daran geschätzte 29.200 Menschen in Deutschland.
Für Ende 2018 ging das Robert Koch-Institut davon aus, dass in Deutschland 87.900 Menschen mit einer HIV-Infektion lebten, davon allerdings 10.600 ohne dass die Infektion bekannt ist. Von den Infizierten waren geschätzte 70.600 Männer und 17.300 Frauen. Hierbei machen HIV-2-Infektionen 5 ‰ aller Neudiagnosen aus.
Eine antiretrovirale Therapie erhielten 2018 geschätzte 71.400 Menschen mit bekannter HIV-Infektion, was einer Therapieabdeckung von 92 % bedeutet. Davon war bei 95 % die Therapie so erfolgreich, dass sie nicht infektiös waren.
In Folge der COVID-19-Pandemie in Deutschland und der damit einhergehenden Hygienemaßnahmen lag die Zahl der in den Kalenderwochen 10 bis 32 registrierten Neuinfektionen im Jahr 2020 im Mittel rund 22 Prozent unter den Werten der Vorjahre.
Übertragung
Infektionsweg | Risiko pro 10.000 Kontakten mit infektiöser Quelle |
In Prozent |
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Parenteral | ||
Bluttransfusion | 9.250 | 92,50 % |
Drogeninjektion mit gebrauchter Nadel | 63 | 0,63 % |
Nadelstich durch die Haut | 23 | 0,23 % |
Sexuell (ungeschützter Verkehr) | ||
Analverkehr, empfangender Partner | 138 | 1,38 % |
Vaginalverkehr, empfangender Partner | 8 | 0,08 % |
Analverkehr, einführender Partner | 11 | 0,11 % |
Vaginalverkehr, einführender Partner | 4 | 0,04 % |
Oralverkehr | gering1 | - |
1 Fälle von HIV-Übertragung durch Oralsex wurden wissenschaftlich dokumentiert, sind jedoch selten. Eine präzise Schätzung des Risikos ist aufgrund der schlechten Datenlage nicht verfügbar. |
Das HI-Virus wird durch Kontakt mit den Körperflüssigkeiten Blut, Sperma, Vaginalsekret sowie Muttermilch und Liquor cerebrospinalis übertragen. Potenzielle Eintrittspforten sind frische, noch blutende Wunden und Schleimhäute (v. a. Bindehaut, Vaginal- und Analschleimhaut) bzw. nicht ausreichend verhornte, leicht verletzliche Stellen der Außenhaut (Eichel, Innenseite der Penisvorhaut, Anus). Der häufigste Infektionsweg ist Anal- oder Vaginalverkehr ohne Verwendung von Kondomen. Die Benutzung kontaminierter Spritzen beim intravenösen Drogenkonsum stellt einen weiteren gängigen Infektionsweg dar. Oralverkehr gilt als weit weniger infektiös, da die gesunde Mundschleimhaut sehr viel widerstandsfähiger ist als andere Schleimhäute. Eine Ansteckung ist bei Oralverkehr nur dann möglich, wenn Sperma oder Menstruationsblut auf die Mundschleimhaut gelangt. Bei der Aufnahme von Scheidenflüssigkeit ohne Blut reicht die Virenmenge für eine Ansteckung nicht aus. Auch die orale Aufnahme von Präejakulat stellt bei intakter Mundschleimhaut kein Risiko dar. Homosexuelle Männer gelten als Risikogruppe, da Analverkehr, welcher ein deutlich höheres Infektionsrisiko als Vaginalverkehr birgt, bei ihnen stärker verbreitet ist als in der Gruppe der Heterosexuellen. Wie hoch das Risiko beim Geschlechtsverkehr ist, hängt vor allem von der Viruskonzentration (Viruslast) in der übertragenden Körperflüssigkeit (z. B. Blut, Samenflüssigkeit oder Scheidensekret) ab. Die Viruslast ist in den ersten Wochen nach der Infektion, bevor sich ausreichend Antikörper gebildet haben, besonders hoch, nimmt dann aber zunächst ab und steigt in späten Stadien der Erkrankung wieder an.
Wie sich bei einer Studie gezeigt hat, ist das Infektionsrisiko für beschnittene Männer etwas geringer. Die Beschneidung hinterlässt, nach der gängigsten Annahme, durch die Entfernung der Vorhaut eine geringere Angriffsfläche für das Virus, wobei bereits im Originalartikel die Rede davon ist, dass es auch an einem weniger ausgeprägten Risikoverhalten der Zielgruppe liegen könnte. Aus diesem Grund empfahl die Weltgesundheitsorganisation (WHO) 2007 ihren Mitgliedsländern die Beschneidung als Präventivmaßnahme zur Eindämmung von HIV/AIDS, wofür sie allerdings von Experten kritisiert wurde. In der Tat gibt es bisher nur sehr wenige Studien, die die Vorteilhaftigkeit einer Beschneidung zeigen konnten. Diese Studien beruhen z. T. auf einer sehr kleinen Stichprobe. Die durch die Empfehlung der WHO mittlerweile weit verbreitete Ansicht, eine Beschneidung könne das Ansteckungsrisiko wirksam verringern, darf daher zumindest angezweifelt werden. Vielmehr wird befürchtet, dass sich beschnittene Männer in einer trügerischen Sicherheit wähnen und ein höheres Risiko eingehen.
Bluttransfusionen sind ebenfalls eine mögliche Infektionsquelle: Das Infektionsrisiko für den Empfänger bei einer Transfusion mit HIV-kontaminiertem Blut wird auf 90 % geschätzt. So kam es Anfang der 1980er Jahre in vielen Ländern zu verschiedenen Blutskandalen. Diese Ansteckungsmöglichkeit hat heute in Deutschland wegen der 1985 eingeführten Routine-Untersuchungen auf HIV-Antikörper der Blutspender allerdings kaum noch Bedeutung. Da zwischen der Ansteckung des Spenders und der Nachweisbarkeit von Antikörpern im HIV-Test in Einzelfällen bis zu drei Monate verstreichen können (diagnostische Lücke), werden seit Anfang 2002 zwingend alle deutschen Blutspenden auch mittels Polymerase-Kettenreaktion (PCR) auf die Anwesenheit des Virus getestet. Das Robert Koch-Institut schätzt das Risiko, sich in Deutschland bei einer Blutspende mit HIV zu infizieren, auf kleiner als 1:5 Millionen.
Das Risiko der Infektion eines Kindes durch eine HIV-infizierte Mutter während der Schwangerschaft oder Geburt ohne Behandlung wird auf 15 bis 30 % geschätzt. Eine Übertragung des Virus beim Stillen ist ebenfalls möglich. Bei bekannter HIV-Infektion der Mutter kann das Risiko einer Übertragung auf das Kind durch die Gabe antiretroviraler Medikamente (an die Mutter vor und das Kind nach der Geburt), die Geburt durch Kaiserschnitt und den Verzicht auf das Stillen des Kindes auf unter ein Prozent vermindert werden.
Die sogenannte CHAT-Survey-Studie des schweizerischen Bundesamtes für Gesundheitswesen (BAG) – eine Nachbefragung von Menschen, die im Verlauf eines Jahres positive HIV-Tests erhielten – ergab, dass 49 % aller Neuinfizierten die Infektion von ihrem festen Sexualpartner erhielten; 38 % wurden von einem zwar bekannten, aber nicht festen Gelegenheitspartner infiziert. Zehn Prozent der neuinfizierten Personen wussten schon vorher, dass ihr Partner HIV-positiv ist. Hat sich jemand von seinem bereits infizierten Partner absichtlich anstecken lassen, spricht man vom sogenannten Pozzen. Nur 13 % der Heterosexuellen steckten sich bei anonymen sexuellen Begegnungen an. Bei Homosexuellen spielten die Infektionen durch feste Partner eine geringere Rolle – anonyme Sexualkontakte machten 26 % der Infektionen aus.
Zungenküsse gelten nicht als HIV-Infektionsrisiko. Obwohl theoretisch die Möglichkeit einer Infektion denkbar erscheint, wenn blutende Wunden, beispielsweise Verletzungen des Zahnfleisches, im Mund vorhanden sind, gibt es weltweit keinen dokumentierten Fall dieses Übertragungsweges.
Die HIV-Konzentration in Tränen, Schweiß und Speichel reicht für eine Ansteckung nicht aus. Des Weiteren wird HIV nicht durch Tröpfcheninfektion oder über Nahrungsmittel oder Trinkwasser übertragen. Außerdem lässt die AIDS-Epidemiologie eine Infektion durch Insektenstiche äußerst unwahrscheinlich erscheinen.
Menschen, die einer akuten Ansteckungsgefahr ausgesetzt waren, sollten möglichst bald (idealerweise innerhalb von Stunden) einen Arzt aufsuchen, um sich beraten zu lassen und gegebenenfalls eine postexpositionelle Prophylaxe (PEP) durchzuführen. Nach Ablauf von 48 bzw. 72 Stunden wird eine medikamentöse Postexpositionsprophylaxe nicht mehr als sinnvoll erachtet.
Hinsichtlich der Infektionswahrscheinlichkeiten, der Behandlungsindikationen und Therapie siehe ausführlich unter AIDS.
Vermehrungszyklus des HIV
Follikuläre T-Helferzellen als HIV-Reservoir
Zur Vermehrung benötigt das Virus Wirtszellen, die den CD4-Rezeptor auf der Oberfläche tragen. Dies sind vor allem CD4-tragende T-Helferzellen (CD4+-Zellen). Als hauptsächliches Reservoir für die humanen Immundefizienz-Viren dienen die follikulären T-Helferzellen in den Lymphfollikeln des Körpers, die rund zwei Prozent der CD4+-Zellen ausmachen. T-Helferzellen unterstützen andere Weiße Blutzellen bei immunbiologischen Prozessen, wie der Reifung der B-Lymphozyten zu Plasma- und Gedächtniszellen oder der Aktivierung zytotoxischer T-Lymphozyten und Makrophagen. Neben T-Lymphozyten besitzen auch Monozyten, Makrophagen und dendritische Zellen CD4-Rezeptoren. Latent infizierte, ruhende CD4+-T-Zellen (T-Gedächtniszellen) stellen langlebige Reservoire für HIV dar und sind der Grund, dass HIV trotz wirksamer antiretroviraler Medikamente bisher nicht eradiziert werden kann und es nach Absetzen der Therapie immer wieder zu Rezidiven kommt.
Fusion mit der Wirtszelle
Um mit der Zellmembran der Wirtszelle verschmelzen zu können, binden die Oberflächenproteine gp120 an die CD4-Rezeptoren. Durch die Bindung kommt es zu einer Konformationsänderung im Transmembranprotein gp41, ein Mechanismus, der einer „Schnappfeder“ oder einer „Mausefalle“ ähnelt.
Neben den CD4-Rezeptoren sind weitere Co-Rezeptoren an der Bindung des HI-Virus an weiße Blutzellen beteiligt: Die Chemokin-Rezeptoren CCR5 an monozytären Zellen und CXCR4 an T-Zellen sind an der Bindung beteiligt. Die unterschiedliche Ausprägung dieser Rezeptoren beeinflusst die Ansteckungswahrscheinlichkeit und den Verlauf der HIV-Infektion. Moleküle, die die CCR5-Rezeptoren blockieren, gehören zur Wirkstoffgruppe der Entry-Inhibitoren, spielen in aktuellen HIV-Therapien jedoch eine untergeordnete Rolle.
Ebenso sind Menschen, die homozygot die sogenannte Delta-32-Mutation des CCR5-Co-Rezeptor-Gens aufweisen, schwerer mit HIV infizierbar. Dies trifft auf etwa ein Prozent der Bevölkerung in Europa zu. In geringerem Maße trifft dies auch auf Mutationen des CCR2-Gens zu. Menschen mit HLA-B27/B57 (siehe Human Leukocyte Antigen) zeigen einen langsameren Verlauf der Erkrankung.
Einbau des HI-Virus-Genoms in die Wirtszelle
Das HIV baut zur Vermehrung seine Erbsubstanz, die bei ihm in Form eines RNA-Genoms vorliegt, nach der sogenannten reversen Transkription in die doppelsträngige DNA des Genoms der Wirtszelle ein. Die Umwandlung von viraler RNA in provirale DNA im Cytoplasma der Wirtszelle durch das Enzym Reverse Transkriptase ist ein entscheidender Schritt im Reproduktionszyklus der Retroviren; beim HI-Virus ist dieser Prozess extrem fehlerbehaftet, was zu einer wiederholten Mutation des Virus' führt, welche wiederum einen Hauptgrund für die schwierige Bekämpfung darstellt. Da die Reverse Transkriptase von Retro- und Hepadnaviren sich stark von anderen reversen Transkriptasen wie der humanen Telomerase unterscheidet, stellt sie ein wichtiges Ziel therapeutischer Intervention dar und ist Ansatzpunkt zweier pharmakologischer Wirkstoffklassen.
Nach reverser Transkription und Transport in den Zellkern schließt sich die Integration des Virus-Genoms in das menschliche Erbgut durch ein weiteres virales Enzym an, die Integrase. Die virale DNA wird schon vor der Integration abgelesen, dabei werden auch bereits die viralen Proteine gebildet. Demnach liegt die HIV-DNA als integrierte und nicht-integrierte Form vor. Auch existieren zirkuläre Formen von HIV-DNA.
Das nun als integriertes Provirus vorliegende virale Genom zeigt einen charakteristischen Aufbau, wobei die codierenden Bereiche auf beiden Seiten von identischen regulatorischen Sequenzen, die im Verlauf der reversen Transkription generiert wurden, den sogenannten LTRs, flankiert sind. Der Promotor, unter dessen Kontrolle die Transkription der verschiedenen mRNAs erfolgt, liegt im Bereich des LTR und wird durch das virale Protein TAT aktiviert. Eine ungespleißte RNA dient als virales Genom für die nächste Generation von HI-Viren und als mRNA für die Translation eines Gag (Gruppenspezifisches Antigen) sowie mittels einer in einem von 20 Fällen vorkommenden Verschiebung des Leserasters eines Gag-Pro-Pol-Vorläuferproteins. Gespleißte RNAs codieren für das Hüllprotein Env sowie die ebenfalls im 3'-Bereich befindlichen weiteren Proteine. HIV codiert für 16 Proteine.
Im weiteren Verlauf folgt die Morphogenese, das heißt, über verschiedene Interaktionen finden die viralen Bestandteile wie Gag-, Pro-pol- und Env-Vorläuferproteine sowie die RNA zusammen und formen sich zu zunächst unreifen Virionen, die sich von der Plasmamembran abschnüren. Durch weitere Reifungsprozesse entsteht das reife Viruspartikel, bereit für die Infektion der nächsten Zelle. Zu den Reifungsprozessen gehört insbesondere die Spaltung der Vorläuferproteine – teils durch die virale Protease, teils durch zelluläre Enzyme – in ihre einzelnen Bestandteile, also von Gag in Matrix-, Kapsid- und Nukleokapsidprotein, Pol in Protease, Reverse Transkriptase mit RNase H und Integrase sowie Env in Oberflächen- und Transmembraneinheit. Die neugebildeten Tochtervirionen verlassen die Zelle durch Knospung. Beim Zusammenbau wird das HIV mit dem zellulären Protein Cyclophilin A bedeckt. Dabei bindet je ein Cyclophilin A an zwei Hexamere des Kapsidproteins, wodurch es das Kapsid stabilisiert und maskiert vor intrazellulären Mechanismen der angeborenen Immunantwort in Makrophagen und dendritischen Zellen.
Das Virus in infizierten und ruhenden CD4+-T-Zellen entzieht sich dem Angriff seitens antiviraler Medikamente und des Immunsystems. Zu einer Aktivierung dieser „Immunzellen“ kommt es nach Antigenkontakt, zum Beispiel im Rahmen gewöhnlicher oder einer opportunistischen Infektion. Während die Zelle eigentlich gegen einen anderen Krankheitserreger vorgehen will, beginnt sie stattdessen Virusproteine zu produzieren und neue Viren freizusetzen. Diese infizieren dann wiederum andere Zellen.
Was das HI-Virus so außergewöhnlich überlebensfähig macht, ist seine Wandlungsfähigkeit oder, besser gesagt, seine hohe Mutationsrate. Von den Influenza-Viren (Grippe) zum Beispiel entwickeln sich in derselben Zeit auf der ganzen Welt nicht einmal halb so viele neue Varianten wie vom HI-Virus in einem einzelnen infizierten Menschen.
Verlauf der HIV-Infektion
Eine unbehandelte HIV-Infektion verläuft in der Regel in mehreren Stadien. Nach einer Inkubationszeit von etwa drei bis sechs Wochen kommt es nach der Ansteckung meist zu einer akuten HIV-Infektion. Diese ist durch Fieber, starken Nachtschweiß, Abgeschlagenheit, Hautausschläge, orale Ulzerationen oder Arthralgie (Gelenkschmerzen) gekennzeichnet. Wegen der Ähnlichkeit mit grippalen Infektionen bleibt die akute HIV-Infektion meistens unerkannt. Eine frühe Diagnose ist jedoch wichtig: Durch sie können nicht nur weitere Infektionen von Sexualpartnern verhindert werden. Erste Studien an Patienten, die während der akuten HIV-Infektion antiviral behandelt wurden und nach einiger Zeit die Therapie absetzten, zeigten, dass die HIV-spezifische Immunantwort der Patienten gestärkt werden konnte. Die akute Infektion dauert selten mehr als vier Wochen an.
In der folgenden, meist mehrjährigen Latenzphase treten keine gravierenden körperlichen Symptome auf. Veränderte Blutwerte und eine schleichende Lipodystrophie bleiben von den HIV-Infizierten oftmals unbemerkt. Danach kommt es vielfach zu ersten Erkrankungen, die auf ein mittelschwer geschwächtes Immunsystem zurückzuführen sind, jedoch noch nicht als AIDS-definierend gelten (CDC Klassifikation B, siehe AIDS).
Neben den Symptomen durch die Schwächung des Immunsystems gibt es auch weitere Symptome, wie zum Beispiel Veränderungen in der Struktur des Herzmuskels. Zur Strukturveränderung am Herzen kommt es vor allem dann, wenn es nicht gelingt, die Viruslast adäquat zu senken.
Zerstörung von CD4-Helferzellen
Im Verlauf einer HIV-Infektion werden unter anderem CD4+-Helferzellen kontinuierlich auf verschiedenen Wegen zerstört, was eine Schwächung des Immunsystems bewirkt. Zum einen können infizierte Wirtszellen auf direktem Wege eliminiert werden. Dies geschieht entweder durch Membranschäden an der Zelle, welche durch Ein-/Austritte der Viren verursacht werden, oder durch proapoptotische Eiweiße der HI-Viren sowie zerstörerische Informationshybride aus RNA und DNA. Zum anderen findet eine indirekte Zerstörung infizierter Zellen statt, die durch gesunde Zellen des Immunsystems als gefährlich erkannt und von ihnen anschließend ausgeschaltet werden. Außerdem werden auch nichtinfizierte T-Helferzellen als Kollateralschäden durch einen Kontakt mit Proteinen wie p120 zerstört. Diese Proteine entstehen bei der Vermehrung des HI-Virus in der Blutbahn. Im Anschluss an eine akute HIV-Infektion und nach erfolgter virusspezifischer Immunantwort ist der Körper in der Regel über einige Jahre in der Lage, die Menge der zerstörten Zellen durch die Produktion neuer Zellen zum größten Teil zu ersetzen.
Ausbildung eines Immundefektes
Bleibt die HIV-Infektion unbehandelt, sinkt die Zahl der CD4+Helferzellen kontinuierlich ab, und es kommt im Median neun bis elf Jahre nach der Erstinfektion zu einem schweren Immundefekt (< 200 CD4+-Zellen/Mikroliter). Dieser führt in der Regel zu AIDS-definierenden Erkrankungen (CDC Klassifikation 3). Zu diesen zählen opportunistische Infektionen, die durch Viren, Bakterien, Pilze oder Parasiten bedingt sind. Aus diesem Grund gehören HIV-positive Menschen zu den Hochrisikopatienten für viele impfpräventable Infektionskrankheiten, wie Pneumonie (ausgelöst z. B. durch Pneumokokken) oder Meningitis (ausgelöst z. B. durch Meningokokken). Hinzu kommen andere Erkrankungen, wie Kaposi-Sarkom, malignes Lymphom, HIV-Enzephalopathie und das Wasting-Syndrom. Nach individuell unterschiedlicher Zeit führen diese unbehandelt meist zum Tod. Ein schwerer Immundefekt bedeutet jedoch nicht, dass sofort AIDS auftritt. Je länger ein schwerer Immundefekt vorliegt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, AIDS zu bekommen.
Genetische Faktoren und Resistenz
Die Tatsache, dass Individuen trotz gleicher Infektionsquelle oft sehr unterschiedliche Krankheitsverläufe haben, deutet auf einen starken Einfluss von Wirtsfaktoren auf den Verlauf der Infektion hin. Neben der Ausbildung der Immunantwort scheinen auch einige genetische Faktoren eine Rolle zu spielen. Verschiedene Gruppen erkranken nicht an AIDS, z. B. die Long-term non-progressors (LTNPs, darunter auch die elite controllers) und die Highly exposed persistently seronegative (HEPS). Die LTNP entwickeln keine fortschreitende Erkrankung, während die HEPS nicht mit HIV infiziert werden.
Homozygote Individuen mit einem genetischen Defekt am CCR5-Rezeptor (CCR5delta32) sind weitgehend resistent gegen HIV-Infektionen.
Dieser Rezeptor dient als Korezeptor bei der Fusion des Virus mit der Wirtszelle. Es wurden nur wenige Individuen gefunden, die eine Infektion trotz dieses Rezeptordefektes haben. Sie infizierten sich mit HI-Viren, die andere Co-Rezeptoren benutzen, wie etwa den CXCR4-Rezeptor auf T-Zellen. Homozygote Genträger dieser Deletion machen etwa ein Prozent der Bevölkerung aus, heterozygote Genträger etwa 20 Prozent. Heterozygote haben zwar deutlich weniger CCR5-Rezeptoren, können sich aber auch mit HIV infizieren und scheinen nach einer Infektion kaum eine längere mittlere Überlebenszeit zu haben.
Abgesehen von Mutationen, die eine vollständige Resistenz gegen HIV verleihen, gibt es auch eine Reihe von Genotypen, die zwar nicht vor einer HIV-Infektion schützen, aber mit einem langsameren Voranschreiten der Krankheit und geringerer Viruslast assoziiert sind. Dabei sind zwei unterschiedliche Mechanismen identifiziert worden:
- Träger gewisser Allele der MHC-I-Proteine, insbesondere HLA-B*5705 und/oder HLA-B*2705, weisen gegenüber anderen Menschen ein langsameres Voranschreiten der Infektion auf. Da MHC-I-Proteine virale Proteine aus dem Zellinneren binden und so die Infektion einer Zelle anzeigen, wird davon ausgegangen, dass die genannten Varianten in der Lage sind, die Proteine des HIV besonders effizient zu binden. Daher werden HIV-infizierte T-Helferzellen in diesen Individuen besonders schnell von cytotoxischen T-Zellen erkannt und vernichtet.
- Nach einer HIV-Infektion beginnt das Immunsystem mit der Produktion von Antikörpern gegen HIV; aufgrund der hohen Mutationsrate des HIV bleiben diese aber weitgehend wirkungslos. Einige Menschen produzieren jedoch Antikörper, die sich gegen eine konstante Region des gp120 richten, was die Infektion verlangsamt. Warum diese Antikörper nur von gewissen Menschen produziert werden, ist unbekannt.
Tests auf eine HIV-Infektion
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Blut, Sperma, Urin oder auch Gewebe auf eine mögliche Infektion mit HIV zu prüfen. Dabei kann das Virus entweder direkt durch die virale RNA bzw. das Antigen p24 (ein Protein des HIV-Kapsids) oder indirekt durch die vom Körper gebildeten Antikörper gegen HIV nachgewiesen werden.
Immunologische Testverfahren
Die umgangssprachlich oft fälschlich als „Aidstest“ bezeichneten serologischen Testverfahren detektieren die vom Immunsystem des Menschen gebildeten Antikörper gegen das Virus. Moderne Suchtests der vierten Generation (HIV-1/2-Antikörper & p24-Antigen Kombi-Tests) erfassen zusätzlich das p24-Antigen des HIV-1-Virus. Da p24 bereits in der Frühphase der Infektion nachweisbar ist, wenn noch keine Antikörper gebildet worden sind, verkürzt sich dadurch das diagnostische Fenster und ermöglicht ein früheres aussagekräftiges Testergebnis. Ab dem 11. Tag der Infektion ist ein positives Ergebnis möglich. Ein negatives Ergebnis schließt eine Infektion nur sicher aus, wenn 6 Wochen vor dem Test keine Infektionsmöglichkeit bestanden hat. HIV Tests der dritten Generation, welche nur auf Antikörper Testen, können eine Infektion erst nach 3 Monaten mit Sicherheit ausschließen.
Als Suchtests werden in den meisten Routinelaboratorien automatisierte Immunassays und nur noch vereinzelt der klassische ELISA-Test auf Mikrotiterplatten eingesetzt. Bei einem positiven oder grenzwertigen Ergebnis im Immunassay folgt als Bestätigungstest ein Immunoblot nach dem Western-Blot-Prinzip. Diese zwei Methoden werden stets nacheinander verwendet: Der Immunassay ist hochsensitiv und somit geeignet, falsch negative Resultate zu vermeiden. Die geringere Spezifität des Suchtests wird in Kauf genommen, um in dieser Stufe der Diagnostik keine positiven Proben zu übersehen. Der zur Bestätigung eingesetzte, spezifischere Immunoblot dient dem Ausschluss falsch positiver Resultate. Immunassays wie Western Blot sind günstige Tests und sie sind ca. drei Monate nach einer möglichen Infektion von hoher Genauigkeit, können aber nach einer vermuteten Ansteckung schon früher eingesetzt werden, denn die Zeit zur Bildung von HIV-Antikörpern beträgt durchschnittlich etwa 22 Tage. Für ein abschließendes Testergebnis eines Immunassays empfehlen AIDS-Hilfe und das Robert Koch-Institut jedoch eine Wartezeit von zwölf Wochen. Dies gilt nicht für die Tests der vierten Generation, die zusätzlich zu den Antikörpern das p24-Antigen detektieren. Diese kombinierten Antikörper-Antigen-Suchtests liefern bereits nach sechs Wochen ein aussagekräftiges Ergebnis.
Ein positives Ergebnis im Screeningtest allein ist kein sicherer Befund für eine HIV-Infektion, deshalb wird er immer zusammen mit Immunoblot angewendet. Kann ein positives Ergebnis im Immunassay mittels Immunoblot (der nur Antikörper nachweisen kann) nicht bestätigt werden, muss eine HIV-PCR zum direkten Erregernachweis durchgeführt werden, weil es sein kann, dass der Immunassay nur auf das p24-Antigen des Virus reagiert, während noch keine Antikörper vorhanden sind. Ist der Immunassay weder durch Blot noch durch PCR zu bestätigen, kann angenommen werden, dass der Immunassay „unspezifisch“ reagiert hat, d. h. durch eine andere Ursache als eine HIV-Infektion positiv wurde. Antikörpertests können in seltenen Fällen nach kurz zurückliegenden akuten Erkrankungen, Grippeimpfungen und Allergien falsch positive Befunde liefern.
PCR
Der direkte Nachweis von viralen Nukleinsäuren (Ribonukleinsäure (RNA)) durch Polymerase-Kettenreaktion (PCR) ist das schnellste, jedoch auch das teuerste Verfahren, das schon 15 Tage nach einer Ansteckung verlässliche Resultate liefert. Abgesehen von der qualitativen PCR, wie sie zur Diagnose einer akuten HIV-Infektion und im Blutspendewesen verwendet wird, sind quantitative PCR-Verfahren ein wichtiges Werkzeug, um bei HIV-positiven Patienten die Viruslast (Anzahl der viralen RNAs pro Milliliter Blutplasma) zu bestimmen, um z. B. den Erfolg der antiretroviralen Therapie zu überwachen.
Behandlung
Mit einer Antiretroviralen Therapie (ART), auch hochaktiven antiretroviralen Therapie (HAART), kann die Virusvermehrung im Körper verlangsamt und der Ausbruch einer AIDS-Erkrankung hinausgezögert werden. Ab 1996 kamen immer besser wirksame antiretrovirale Medikamente auf den Markt, die anfangs als Dreierkombination, später auch als Zweierkombination zur Behandlung einer HIV-1-Infektion eingesetzt wurden. Die Tablettenlast und die damit verbundene mehrfach tägliche Einnahme wurden erheblich reduziert, mittlerweile gibt es sogenannte Single-Tablet-Regimes, bei der in einer Tablette drei bzw. zwei Wirkstoffe kombiniert sind. Dies erleichtert die tägliche Einnahme.
Durch die lebenslang notwendige Therapiestrategie kann AIDS fast vollständig verhindert werden. Ziel ist die Absenkung der Viruslast des zu behandelnden Patienten auf weniger als 50 Viruskopien pro Milliliter Blut; dies gilt als virologischer Therapieerfolg. Fällt diese unter die Nachweisgrenze der verfügbaren Testverfahren (20–50 Kopien/ml Blut), sind HIV-Infizierte nicht mehr infektiös bzw. die Ansteckungsfähigkeit wird praktisch aufgehoben (N=N; nicht-nachweisbar=nicht übertragbar).
Daher gilt die Behandlungsrichtlinie, jede diagnostizierte HIV-Infektion zeitnah antiretroviral zu behandeln. 2021 standen in Deutschland etwa 79.100 von 82.100 HIV-positiv getesteten Personen unter einer ART (96 %), weltweit etwa 28,7 Millionen.
Prophylaxe
Um eine HIV-Infektion zu verhindern, wurde anfangs vor allem auf einen Schutz bei den drei üblichen Übertragungswegen Geschlechtsverkehr, Übertragung durch Blutprodukte und intravenöser Drogenkonsum gesetzt.
Für den Geschlechtsverkehr wird weiterhin „als Grundpfeiler“ der Prävention von HIV und anderen sexuell übertragbare Erkrankungen die Verwendung von Kondomen empfohlen, eingegangene Risiken sollten zeitnah durch einen Test abgeklärt werden. Gelegentlich wird auch Enthaltsamkeit postuliert oder zumindest das Vermeiden von Hochrisikoverhalten.
In den 1980er Jahren bestand auch ein Problem in der HIV-Übertragung durch Blutprodukte wie Plasma- oder Bluttransfusionen; dies galt ebenso für die Übertragung von Virushepatitiden. Daher wurden jahrelang Männer, die Sex mit Männern haben, von Blut- und Plasmaspenden ausgeschlossen. Inzwischen erfolgen direkte Viruskontrollen, die das Übertragungsrisiko sehr stark reduziert haben.
In der Europäischen Union wurde 2016 ein Kombinationspräparat zweier moderner antiretroviraler Wirkstoffe (Emtricitabin und Tenofovir) unter dem Namen Truvada zugelassen, das ebenso wie Generika zur anlassbezogenen sporadischen Einnahme bei Nicht-Infizierten indiziert ist und die Ansteckungsgefahr bei Geschlechtsverkehr mit einem HIV-Infizierten (dessen Viruslast nicht sowieso bereits durch eine antiretrovirale Therapie reduziert ist) um weitere 92 % reduzieren kann. Seit dem 1. September 2019 übernehmen in Deutschland die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für diese Präexpositionsprophylaxe. Jedoch ist diese „PrEP“-Behandlung noch nicht ausreichend bekannt und laut Deutscher Aidshilfe „das Potenzial […] bei Weitem noch nicht erschöpft“, zumal in Deutschland geschätzte 10.600 Menschen mit HIV leben, bei denen diese Infektion nicht bekannt ist.
Aktuell werden 2019 zur weiteren Unterbindung der Virusübertragung vor allem die folgenden Punkte von Robert Koch-Institut und Deutscher Aidshilfe genannt:
- Steigerung der Bereitschaft zum HIV-Test mit niederschwelligen Angeboten und freiem Zugang für jeden („Ausweitung des Testangebots“)
- Vergabe sauberer Einmalspritzen und freier Zugang zu einer Drogen-Substitutionstherapie auch in Haftanstalten
- Zugang zur HIV-Therapie für alle Infizierten, auch für jene ohne gültige Aufenthaltspapiere und für HIV-positive Drogenkonsumenten, von denen 2016 nur 55 % eine antiretrovirale Therapie erhalten haben (entgegen 93 % aller HIV-Infizierten)
- Vermehrter Einsatz von PrEP und freier Zugang hierzu für alle
Meldepflicht
In Deutschland ist der direkte oder indirekte Nachweis von HIV nichtnamentlich meldepflichtig nach § 7 Absatz 3 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG).
In der Schweiz ist der positive laboranalytische Befund zum HI-Virus meldepflichtig, und zwar nach dem Epidemiengesetz (EpG) in Verbindung mit der Epidemienverordnung und Anhang 3 der Verordnung des EDI über die Meldung von Beobachtungen übertragbarer Krankheiten des Menschen.
Impfempfehlungen
Während des Krankheitsverlaufes HIV-positiver Menschen nimmt mit der Anzahl an CD4+-T-Zellen im Blut auch die Abwehrleistung des Immunsystems ab. Die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut (RKI) kategorisiert Menschen mit HI-Virus-verursachter Immunschwäche deshalb als Risikogruppe für verschiedene opportunistische Infektionskrankheiten. Immungeschwächte Personen erkranken nicht nur häufiger an solchen Infektionen als immungesunde Personen, sondern erleiden auch öfter schwere Verläufe. Beispielsweise haben HIV-infizierte Personen einer amerikanischen Studie zufolge ein zehnmal höheres Risiko an einer invasiven Meningokokken-Infektion zu erkranken als die Allgemeinbevölkerung.
Die STIKO rät Betroffenen, die altersentsprechenden Standardimpfungen zu vervollständigen und zu aktualisieren. Zusätzlich gibt die STIKO in Zusammenarbeit mit verschiedenen medizinischen Fachgesellschaften eine Reihe von Anwendungshinweisen für Indikationsimpfungen bei HIV-Positiven: Insbesondere Totimpfstoffe gelten als gut verträglich für immungeschwächte Patienten, da hierbei in der Regel kein erhöhtes Risiko für unerwünschte Wirkungen besteht. Hierzu gehören z. B. Impfstoffe gegen Influenza, Herpes Zoster, Meningokokken der Serogruppen ACWY und B sowie Pneumokokken. Lebendimpfstoffe, z. B. gegen Mumps-Masern-Röteln, Varizellen oder Rotaviren, sind bei immundefizienten Patienten häufig kontraindiziert und sollten HIV-positiven Personen dagegen aufgrund möglicher Komplikationen nur nach individueller Risiko-Nutzen-Abschätzung des behandelnden Arztes gegeben werden. Zu typischen Reiseimpfungen gehören oft Lebendimpfstoffe, z. B. gegen Gelbfieber. In solchen Fällen empfiehlt sich die frühzeitige Kontaktaufnahme zu einem Reisemediziner.
Die Immunantwort auf eine Impfung fällt bei Erwachsenen mit HI-Virus-bedingter Immundefizienz teilweise schwächer aus oder hält kürzer an als bei immungesunden Personen. Für eine optimale Immunantwort sollten Impfungen deshalb möglichst vorgenommen werden, während das Immunsystem unter ART stabil gehalten wird. Zusätzlich bietet es sich an, die Immunantwort nach einer Impfung mit einer Blutanalyse zu überprüfen und gegebenenfalls mit einer Auffrischungsimpfung zu unterstützen.
Als Infektionsprävention gegen Erkrankungen, deren Impfung für HIV-Positive nicht möglich ist, gilt außerdem der vollständige Impfschutz direkter Kontaktpersonen.
Siehe auch
Literatur
Leitlinien
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- S2k-Leitlinie HIV-Therapie in der Schwangerschaft und bei HIV-exponierten Neugeborenen der Deutschen AIDS-Gesellschaft e.V. (DAIG). In: AWMF online (Stand 2020)
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- Die wissenschaftliche Fachzeitschrift AIDS Reviews erscheint vierteljährlich und veröffentlicht Übersichtsarbeiten, die sich mit den verschiedenen Aspekten von HIV und AIDS beschäftigen.
Weblinks
Deutsch
- Informationen zu HIV/AIDS. Robert Koch-Institut
- Detaillierte und aktuelle Informationen zum Thema HIV auf hivbuch.de
- HIV-Diagnostik auf laborlexikon.de
- Infektionsrisiko bei Oralverkehr
- Stellungnahme zur Aids-Kritik. Robert Koch-Institut
- DAGNÄ e. V. (Leitlinien und Stellungnahmen der Deutschen Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Ärzte in der Versorgung HIV-Infizierter)
- Spektrum.de: Natürlich immun gegen HIV 1. Dezember 2022
Andere Sprachen
- HIV-Datenbank (englisch)
- HIV InSite (englisch)
- Audio
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Einzelnachweise
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