Hans Wilhelm von Rochow (* 10. Januar 1824 auf Gut Plessow bei Potsdam; † 18. Januar 1891 ebenda) war ein preußischer Gutsbesitzer und Politiker. Gewisse Berühmtheit erlangte er durch ein Duell mit dem Berliner Polizeipräsidenten Ludwig von Hinckeldey, in dem letzterer tödlich verletzt wurde.

Familie

Hans Wilhelm von Rochow, Rufname Hans, entstammte einer der ältesten märkischen Adelsfamilien. Seine Eltern waren der königlich preußische Oberst und Hofmarschall Hans Karl Dietrich von Rochow (1791–1857) und Wilhelmine von Schack (1801–1848), der Tochter des Generalmajors Wilhelm Georg von Schack. Der Vater war auch Gutsherr auf Plessow, Burg Zolchow, Bliesendorf, Kammerode, Resau, Ferch, Wildenbruch, Klaistow, 1/2 Kanin und etwas später ebenfalls auf Krahne und Rotscherlinde; sämtlich südwestlich von Potsdam gelegen.

Hans Wilhelm von Rochow-Plessow heiratete am 15. Juli 1852 in Ankershagen Emmy Wilhelmine Karoline Davida von Gundlach (* 24. Juli 1830 auf Gut Möllenhagen; † 11. Februar 1879 in Menton, Côte d’Azur). Sie war die zweite Tochter des Rittmeisters Friedrich von Gundlach auf Möllenhagen und der Julie Henriette Leopoldine, geborene Freiin von Le-Fort, und Schwester des Rittergutsbesitzers und Kammerherrn Friedrich von Gundlach.

Aus der Ehe zwischen Hans Wilhelm und Emmy sind fünf Kinder hervorgegangen. Die einzige Tochter Anna (1855–1928) heiratete den mecklenburgischen Hofmarschall, Major Dietrich von der Schulenburg. Der älteste Sohn Hans Wichard (1853–1881) war wie sein Vater Leutnant im Thüringischen Husaren-Regiment Nr. 12 und starb bei einem Pferderennen in Weimar. Der zweite Sohn Rochus Friedrich Rudolf (1856–1901) brachte es bis zum Rittmeister, war Ehrenritter des Johanniterordens und erbte die große Herrschaft Stülpe. Der dritte Sohn und Erbe vom Fideikommiß Plessow, Dr. jur. Friedrich Ludwig VII., genannt Fritz (1858–1914), war u. a. Ritterschaftsrat der Kur- und Neumärkischen Ritterschaft. Er fiel als Reserveoffizier gleich zum Anfang des Ersten Weltkriegs. Der jüngste Sohn Gustav Hans (1864–1936) wurde Premierleutnant, lebte einige Jahre in Rio de Janeiro sowie Buenos Aires und publizierte sogar seine Reiseerinnerungen. Zuletzt war er Beamter der Deutsch-Südamerikanischen Bank in Berlin. Alle vier Söhne des Hans Wilhelm von Rochow waren im Übrigen Zöglinge an der Brandenburger Ritterakademie. Sein Enkel Hans von Rochow-Stülpe war nachfolgend auch Zögling und dann Kurator der Ritterakademie Brandenburg.

Leben

Hans Wilhelm war in seiner Jugendzeit kurzzeitig Zögling auf der Brandenburger Ritterakademie und ging anschließend zum Kadettenkorps nach Berlin. Die Militärzeit verbrachte er beim 12. Husaren-Regiment in Merseburg, Weißenfels und Eisleben. Dort diente Rochow sechs Jahre als Leutnant. Auf Wunsch seines Vaters übernahm er schon 1852 Plessow samt den direkt dazugehörigen Besitzungen, welches die Familie seit Mitte des 14. Jh. besaß. Rochow stiftete später den Fideikommiss Plessow. Die Nebengüter Krahne und Rotscherlinde dagegen erhielt sein nächst jüngerer Bruder Adolf Friedrich V. (1825–1864), der jüngste Bruder Rochus III. (1828–1896) konvertierte zeitgleich zum katholischen Glauben und blieb zunächst aktiver Offizier in Potsdam.

Bereits seit 1854 war er Mitglied des Preußischen Herrenhauses als Vertreter der Ritterschaft für die Kreise Zauch-Belzig, Jüterbog-Luckenwalde und Teltow; zuletzt war er Vizepräsident des Herrenhauses.

Am 10. März 1856 duellierte sich Hans Wilhelm von Rochow mit dem Berliner Polizeipräsidenten Carl Ludwig Friedrich von Hinckeldey, wonach letzterer verstarb. Rochow wurde daraufhin zu vier Jahren Festungshaft verurteilt, musste aber nur ein Jahr auf der Festung Magdeburg verbringen. Voraus ging eine Begnadigungsbitte der Witwe Karoline von Hinckeldey an den König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen.

Das Duell und die Strafverfolgung haben Rochow allerdings weder in seiner politischen noch in der militärischen Laufbahn behindert. Er war mit seinen Brüdern auch Mitglied des Vereins für Pferdezucht zu Berlin. 1859 wurde Hans Wilhelm zum Rittmeister befördert. Seinen Abschied erhielt er 1871 als Major d. R.

1867 wurde er im damaligen Sonnenburg (heute Słońsk) in der dortigen Johanniterkirche zum Rechtsritter des Johanniterorden geschlagen. Aufnahme in den Johanniterorden fand Rochow nach den erhalten gebliebenen Ordensblättern dieser alten evangelischen Kongregation als Ehrenritter bereits 1863. Im Jahr 1883 wählte man Rochow zum Domherrn zu Brandenburg und zum Kurator der dortigen Ritterakademie.

Relativ unbekannt ist die Tatsache, dass Rochow Kunstinteresse zeigte. Auf seine Initiative hin wurden die Rochowschen Herrenhäuser Golzow (Mittelmark), Reckahn, Plessow und Stülpe in das große Tafelwerk Die ländlichen Wohnsitze, Schlösser und Residenzen der ritterschaftlichen Grundbesitzer in der preußischen Monarchie nebst den königlichen Familien-, Haus-, Fideikommiß- und Schatull-Gütern von Alexander Duncker aufgenommen. Die Texte schrieb auf seine Bitte der Chronist der Familie, Adolf Friedrich August von Rochow (1788–1869), selbst fast fünfzig Jahre Gutsherr auf Stülpe und u. a. Kommendator der Brandenburgischen Genossenschaft des Johanniterordens. Adolf Friedrich August war der Oheim des Hans Wilhelm. Als Bauherr und Kirchenpatron ließ Hans Wilhelm von Rochow Ende der 1860er Jahre noch die Plessower Kirche vollkommen umgestalten. Rochow empfing mit seiner Frau auch Wandergruppen, die damals noch die besser erhaltene Burg Zolchow besichtigten. Der vielseitige interessierte Politiker vertrat seine Familienlinie Plessow-Stülpe als Genealoge im Fachverband der Familiengeschichtsforscher, Genealogen und Heraldiker.

In den Jahren 1886/1887 wurde Hans Wilhelm von Rochow-Plessow auch Gutsherr auf Stülpe. Diese größere Gutsherrschaft gelangte durch Abkauf von seinem Cousin Adam Ernst III. von Rochow-Stülpe (dem Bruder des Generalmajors a. D. Wichard von Rochow auf Stülpe) in seine Hände und war immerhin seit dem Ende des Dreißigjährigen Krieges Familienbesitz.

Kaiser Wilhelm II. nannte Rochow: „einen alten märkischen Edelmann von treuem, festem Schrot und Korn, ein Vorbild alter ritterlichen Tugenden, der seinem Fürstenhaus treu ergeben war bis zum letzten Atemzuge seines Lebens.“ So geschehen in einer Festrede des Brandenburger Provinziallandtages.

Literatur

  • Adolf Friedrich August von Rochow,: Nachrichten zur Geschichte des Geschlechts derer von Rochow und ihrer Besitzungen Ernst und Korn, Berlin 1861, S. 181 ff., S. 204 ff. (WDB diglib.hab.de)
  • A. E. Brachvogel: Wochenblatt der Johanniter-Ordens Balley Brandenburg, No. 13, vom 25. März 1863, G. Hickethier, Commission Behr / E. Beck, Berlin 1863, S. 75. Digitalisat
  • C. Herrlich: Wochen-Blatt der Johanniter-Ordens Balley Brandenburg, No. 13, vom 27. März 1867, G. Hickethier, Commission Behr / E. Beck, Berlin 1867, S. 1. Digitalisat
  • Chronik des Preussischen Herrenhauses. Ein Gedenkbuch zur Erinnerung an das dreißigjährige Bestehen des Herrenhauses. Hrsg. Hermann Crüger, Selbstverlag, Berlin 1885, S. 198. Textarchiv – Internet Archive.
  • Dr. H. Pobolsky: Hans von Rochow. In: Der Bär – Illustrierte Wochenschrift für die Geschichte Berlins und der Mark, Nr. 24, 14. März 1891, Verlag der Buchhandlung der Deutschen Lehrer-Zeitung, Berlin 1891, S. 298; zlb.de
  • Walter von Leers: Die Zöglinge der Ritterakademie zu Brandenburg a. H. 1705–1913. Selbstverlag des Vereins ehemaliger Zöglinge der Ritterakademie zu Brandenburg a. H. Druck P. Riemann, Ludwigslust 1913, S. 211, 274, 284, 292 u. 318. Digitalisat
  • Walter von Hueck, Friedrich Wilhelm Euler, Hans Friedrich von Ehrenkrook: Genealogisches Handbuch des Adels, Adelige Häuser A Band VIII, Band 38 der Gesamtreihe GHdA. C. A. Starke Verlag, Limburg an der Lahn 1966, S. 404. ISSN 0435-2408

Einzelnachweise

  1. Adolf Friedrich August von Rochow: Nachrichten zur Geschichte derer von Rochow und ihrer Besitzungen. Ernst und Korn, Berlin 1861, S. 204. (diglib.hab.de)
  2. Christa Kostolnik: Die Geschichte des „Glasdorfes“ Rumpshagen. Vom stolzen Aufstieg und tragischen Untergang der adligen Gläsnerfamilie von Gundlach. 2. Auflage. Edition Lesezeichen, Friedland 2020, ISBN 978-3-941681-83-5, S. 81 f. (edition-lesezeichen.de [abgerufen am 14. April 2021]).
  3. Ernst Köpke: Bericht über das Jahr von Ostern 1881 bis Ostern 1882. Hrsg.: Ritter-Akademie zu Brandenburg. Nr. 62. Gustav Matthes, Brandenburg an der Havel 1882, S. 16 (uni-duesseldorf.de).
  4. Johanniterorden (Hrsg.): Liste der Mitglieder der Balley Brandenburg des Ritterlichen Ordens St. Johannis vom Spital zu Jerusalem 1898. Ehrenritter 1893, Nr. 1153. Julius Sittenfeld, Berlin 1898, S. 105 (google.de).
  5. Andreas Kitzing: Rochus von Rochow. Hrsg.: Veikkos. 1. Auflage. Veikkos, Eichwalde 2020, S. 1 (veikkos-archiv.com [abgerufen am 10. April 2021]).
  6. Familie von Rochow: Gutsarchiv von Rochow-Stülpe-Plessow. In: Familie von Rochow (Hrsg.): Familienarchiv. Selbstverlag, Plessow, Stülpe 1891 (brandenburg.de [abgerufen am 19. März 2021]).
  7. Gustav von Rochow: Momentaufnahmen eines Dilettanten: Reise-Erinnerungen von Gustav v. Rochow. Lippert, Naumburg / Plessow 1896, S. 11 f. (stabikat.de).
  8. Johann-Matthias von der Schulenburg: Zöglinge der Ritterakademie zu Brandenburg a. H. mit herausragenden Leistungen im Beruf. In: Domstift Brandenburg (Hrsg.): Berichte und Forschungen aus dem Domstift. Band 4. ZIPS, Berlin 2009, S. 15 f. (de.item).
  9. Herrschaftliches Gutsarchiv von Rochow-Stülpe-Plessow. In: BLHA Rep. 37 XII 764 (Hrsg.): Testamentsabschrift des Hans von Rochow auf Plessow (Fragment). Plessow 1887, S. 124 (brandenburg.de [abgerufen am 2. Mai 2021]).
  10. K. Fr. Rauer (Hrsg.): Alphabetischer Nachweis (Adressbuch) des in den Preussischen Staaten mit Rittergütern angesessenen Adels. Gewerbebuchhandlung von Reinhold Kühn, Berlin 1857, S. 189 (uni-duesseldorf.de).
  11. David August Rosenthal (Hrsg.): Convertitenbilder aus dem neunzehnten Jahrhundert. 2. Auflage. 1, III. Fr. Hurter’sche Buchhandlung, Schaffhausen 1872, S. 24 (Textarchiv – Internet Archive).
  12. Otto Heine: Ritter-Akademie zu Brandenburg a. H. m. Vita d. Hans von Rochow Auflage. Nr. 68. Gustav Matthes, Brandenburg a. d. Havel 1891, S. 16 f. (uni-duesseldorf.de).
  13. Markus Vette: Der vergessene Landtag. Weitere Personalien des Provinziallandtages. Klaus Becker, Potsdam 2015, ISBN 978-3-88372-129-3, S. 313 (google.de).
  14. Karl Wippermann (Hrsg.): Deutscher Geschichtskalender für 1887. Band I., Erstes Halbjahr. Fr. Wilh. Grunow, Leipzig 1887, S. 172 (google.de).
  15. Verzeichniss der Mitglieder des Vereins für Pferdezucht und Pferdedressur zu Berlin im Jahre 1858. Gebr. Unger Hofbuchdruckerei, Berlin 1858, S. 13 (google.de).
  16. Otto Heine: Bericht über das Schuljahr. Zu der am … im Festsaale der Ritter-Akademie stattfindenden Feier des Allerhöchsten Geburtstages Seiner Majestät des Königs ladet … ein ... Hrsg.: Ritter-Akademie Brandenburg. XXVIII. Auflage. Gustav Matthes, Brandenburg 1884, S. 9 f. und 12 (uni-duesseldorf.de).
  17. A. v. Winterfeld: Geschichte des Ritterlichen Ordens St. Johannis vom Spital zu Jerusalem. Martin Berendt, Berlin 1859, S. 850 (uni-duesseldorf.de).
  18. Peter-Michael Hahn, Hellmut Lorenz (Hrsg.): Herrenhäuser in Brandenburg und der Niederlausitz. Band 2. Nicolai, Berlin 2000, ISBN 3-87584-024-0.
  19. L.Schneider (Hrsg.): Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Potsdams. Band 2. Gropiusche Buch-und Kunsthandlung (A. Krausnick), Potsdam 1866, S. 35 f. (digitale-sammlungen.de).
  20. Alfred von Eberstein: Hand-und Adressbuch der Genealogen und Heraldiker unter besonderer Berücksichtigung der Familiengeschichtsforscher. I. Abtheilung des Handbuch für den deutschen Adel. Mitscher & Röstell, Berlin 1889, S. 128 (google.de).
  21. H. Pobolsky: Hans von Rochow. In: Friedrich Zillesen, Richard George (Hrsg.): Der Bär – Illustrierte Wochenschrift. XVII. Auflage. Nr. 24. Eigenverlag, Berlin 14. März 1891, S. 298 (zlb.de).
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