Heidi Goëss-Horten, geborene Jelinek, verwitwete Horten, geschiedene Charmat (* 13. Februar 1941 in Wien; † 12. Juni 2022 in Klagenfurt am Wörthersee, Kärnten), war eine österreichische „Kaufhauserbin“, Milliardärin, Mäzenin und Kunstsammlerin.

Leben

Herkunft und Privatleben

Heidi Jelinek, Tochter eines Wiener Graveurs, damals Sekretärin von Beruf, lernte 1959 (nach anderer Quelle 1964) in einer Bar in Velden am Wörther See den 32 Jahre älteren deutschen Unternehmer Helmut Horten kennen, der es auf der Grundlage von „Arisierungen“ während der NS-Zeit nach dem Krieg zum „Kaufhaus-König“ gebracht hatte. 1966 heirateten die beiden. Horten schenkte seiner Braut den Blauen Wittelsbacher, einen 35-Karat-Diamanten aus dem Kronjuwelenschatz Bayerns. Als ihr Mann im November 1987 starb, erbte Heidi Horten das gesamte Vermögen aus dem Erlös des noch zu Lebzeiten von Helmut Horten veräußerten Kaufhauskonzerns in Höhe von rund 1 Mrd. US-Dollar.

1994 heiratete die verwitwete Horten im Millionärsclub Lyford Cay auf den Bahamas den französischen Blumengroßhändler Jean-Marc Charmat und nahm seinen Namen an. Die Ehe wurde 1998 geschieden. Heidi Charmat nahm wieder den Namen Horten an und konnte mit der Scheidung ihr Vermögen vermehren. Danach hatte sie eine Liaison mit einem britischen Exbanker, der als Finanzberater des Medientycoons Robert Maxwell vermögend geworden war.

Ende Juni 2015 heiratete sie in dritter Ehe Karl „Kari“ Anton Goëss, den sie bereits 20 Jahre kannte.

Goëss-Horten, die die mediale Öffentlichkeit mied und nur selten Interviews gab, lebte zuletzt in ihrer schlossartigen Villa am Kärntner Wörthersee. Sie hatte weitere Wohnsitze in Wien und auf den Bahamas. 2020 erwarb sie das Schloss Thürn. Goëss-Horten beauftragte 2020 den Würzburger Historiker Peter Hoeres mit dem Gutachten über den Vermögens- und Geschäftsaufbau von Helmut Horten im Kontext der „Arisierung“ in der Zeit des „Dritten Reiches“.

Sie starb am 12. Juni 2022 im Alter von 81 Jahren in ihrem Haus am Wörthersee.

Gesellschaftliches Engagement

Horten war ab 1971 Vizepräsidentin des Stiftungsrates der Helmut Horten Stiftung, die unter anderem mit Zuwendungen an medizinische Forschungseinrichtungen das Gesundheitswesen fördert. Sie galt als passionierter Eishockey-Fan und war Mäzenin sowie ab 2010 Ehrenpräsidentin des Klagenfurter Eishockeyvereins EC KAC.

Vermögen

Heidi Horten verkaufte im Jahr 2008 über Christie’s den Blauen Wittelsbacher, den sie von Helmut Horten als Hochzeitsgeschenk erhalten hatte, für 23,4 Millionen US-Dollar. Im Jahr 2011 lag sie mit einem geschätzten Vermögen von 3,2 Milliarden Dollar auf Rang 358 der Forbes-Liste. Auf der Liste der reichsten Österreicher nahm sie damit Platz 4 ein, im Jahr 2014 war sie mit 3,38 Mrd. Euro auf Platz 8 im Ranking der Zeitschrift trend. Im März 2017 wurde sie von Forbes mit 2,8 Milliarden Dollar (mehr als 3 Milliarden Anfang 2018) taxiert und rangierte auf Platz 717 der Forbes-Liste, in Österreich auf Platz 3; im Februar 2018 galt sie als reichste Österreicherin.

Kunstsammlung

Unter Beratung ihrer Freundin und künstlerischen Vertrauten Agnes Husslein, frühere Chefin von Sotheby’s in Österreich, erweiterte Heidi Horten nach dem Tod ihres ersten Mannes die noch zu seinen Lebzeiten begonnene Kunstsammlung im Laufe der folgenden Jahrzehnte aus dem ererbten und vermehrten Vermögen.

In der von Goëss-Horten zusammengetragenen Privatsammlung, die als „eine der beeindruckendsten europäischen Privatsammlungen“ bezeichnet wurde, finden sich unter anderen Werke aus dem Fin de Siècle wie Gustav Klimts Kirche in Unterach und Egon Schieles Rote Wally, französische Impressionisten wie Edgar Degas und Pierre-Auguste Renoir sowie Bilder der „Superstars“ des deutschen Expressionismus und von Klassikern der Moderne bis hin zur zeitgenössischen Kunst.

Bei einer Auktion im Jahr 1996 in London gelang es ihr, anonym rund 30 Gemälde auf einen Schlag zu ersteigern. Darunter waren „Säulenheilige der Kunst“ wie Pablo Picasso und Lucian Freud. In den Medien gab es lebhafte Spekulationen über die Identität des Käufers; Vermutungen reichten vom Drogenbaron bis zum Mafiaboss.

Während Horten zunächst nur im Verborgenen agierte, auch wenn sie einzelne Bilder ihrer Sammlung an Museen verlieh, wurde erstmals im Jahr 2018, einem lang gehegten Wunsch der Sammlerin folgend, ein mehr als 150 Werke umfassender Teil ihrer Sammlung unter dem Titel WOW! The Heidi Horten Collection im Wiener Leopold Museum gezeigt. Kuratiert wurde die Ausstellung von Agnes Husslein.

Am 3. Juni 2022, nur wenige Tage vor ihrem Tod, wurde im Hanuschhof in der Goethegasse im 1. Wiener Gemeindebezirk, der Inneren Stadt, die Heidi Horten Collection unter Direktorin Agnes Husslein eröffnet. Die Ausstellungsfläche beträgt auf drei Ebenen 1.500 Quadratmeter, für die Adaption des Hanuschhofs zum Museum war das Architekturbüro The Next Enterprise verantwortlich.

Bilder (Auswahl)

Quelle mit Abbildungen: Leopold Museum.

Luxusyachten

Horten war Eignerin der Carinthia VII. Das Schiff zählt mit einer Länge von knapp 100 Metern zu den größten und luxuriösesten Privatyachten der Welt. Am Entwurf und der Gestaltung der viergeschossigen Megayacht soll Heidi Horten selbst beteiligt gewesen sein. Die Umsetzung erfolgte durch den Londoner Designer Tim Heywood. Die Vorgängerin Carinthia VI mit klassischem atlantikblauem Rumpf und schneeweißen Aufbauten, wie die spätere Carinthia VII gebaut bei der Lürssen-Werft in Bremen, wurde noch von Helmut Horten in Auftrag gegeben.

Ibiza-Affäre

In einem im Juli 2017 heimlich gefilmten Video, das im Mai 2019 dem Spiegel und der Süddeutschen Zeitung zugespielt wurde, behauptet der damalige FPÖ-Parteivorsitzende Heinz-Christian Strache, dass Milliardäre wie René Benko, Gaston Glock und Heidi Horten sowie der Glücksspielkonzern Novomatic über einen Tarnverein der FPÖ unter Verletzung der Regelungen zur Parteienfinanzierung in Österreich für den Wahlkampf der FPÖ spenden würden. Alle im Video als Spender genannten Personen und Firmen bestritten noch am selben Tag die Vorgänge.

Hingegen spendete Horten im Jahr 2018 rund 588.000 Euro und im Jahr 2019 rund 343.000 Euro an die ÖVP. Da die Spenden auf mehrere Einzelbeträge von unter 50.000 Euro aufgeteilt wurden, mussten sie nicht sofort veröffentlicht werden.

Auszeichnungen

Literatur

  • Agnes Husslein-Arco (Hg.): Heidi Horten Collection. Das Haus und seine Geschichte, Hirmer Verlag, München 2022, ISBN 978-3-7774-3887-0.
  • Agnes Husslein-Arco (Hg.): Heidi Horten Collection. Open (Katalog anlässlich der Eröffnung des Museums der Heidi Horten Collection), artedition Verlag Bibliothek der Provinz, Weitra 2022, ISBN 978-3-99126-139-1.

Einzelnachweise

  1. Kunstsammlerin Heidi Goëss-Horten ist tot, apa.at, 12. Juni 2022
  2. 1 2 3 Heidi Horten traute sich wieder. In: kaernten.ORF.at, 2. Juli 2015, abgerufen am 13. Februar 2018.
  3. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Eine Star-Parade der Kunst. In: tv.ORF.at, Beitrag von Claudia Teissig in der Sendung Kulturmontag auf ORF 2, Ausgabe am 12. Februar 2018, abgerufen am 13. Februar 2018.
  4. 1 2 3 4 5 6 7 Heidi Horten. Profileintrag auf der Forbes-List, abgerufen am 13. Februar 2018.
  5. 1 2 3 4 5 Heidi Horten: Weiblich, ledig, reich. In: manager magazin, 30. Jänner 2004, abgerufen am 17. Oktober 2011.
  6. Heidi Goess-Horten kauft Schloss Thürn. In: ORF.at. 30. September 2020, abgerufen am 30. September 2020.
  7. Cathrin Kahlweit: Ein Leben für die Kunst, Süddeutsche Zeitung, 13. Juni 2022, S. 10
  8. Olga Kronsteiner: Der Fall Helmut Horten: Erbe mit Schattenseiten, Der Standard, 22. Januar 2022
  9. Heidi Goess-Horten gestorben, kaernten.orf.at, 12. Juni 2022
  10. Entscheidungsgremien: Stiftungsrat auf der Website der Helmut Horten Stiftung, abgerufen am 13. Februar 2018.
  11. Horten plädiert für Eishalle bei „Minimundus“. In: kaernten.ORF.at, 1. November 2010, abgerufen am 13. Februar 2018.
  12. Forbes-Liste, abgerufen 2011 oder 2012 (damalige Direktlink nicht mehr erreichbar, abgerufen am 13. Februar 2018.)
  13. Wer in Österreich am reichsten ist. In: oesterreich.ORF.at, 29. Juni 2014, abgerufen am 13. Februar 2018.
  14. 1 2 3 WOW! The Heidi Horten Collection. 16.02.2018 – 29.07.2018. Mit ausgewählten Abbildungen in: Website des Leopold Museum, ohne Datum, abgerufen am 13. Februar 2018.
  15. Horten-Museum eröffnet mit „OPEN“. In: ORF.at. 30. Mai 2022, abgerufen am 30. Mai 2022.
  16. SWR2, SWR2: Kaufhausmilliardärin Horten zeigt in Wien mit eigenem Sammlermuseum ihre Kunstschätze. Abgerufen am 13. Juni 2022.
  17. Deutsche Medien: Heimliche Aufnahmen belasten Strache. In: ORF.at. 17. Mai 2019, abgerufen am 27. Mai 2019.
  18. Enthüllungen von SPIEGEL und „Süddeutsche“: Bundeskanzler Kurz will sich zu Strache-Skandal äußern. In: Spiegel Online. 18. Mai 2019, abgerufen am 27. Mai 2019.
  19. ÖVP Bundesparteileitung: ÖVP veröffentlicht Summen und Namen der Spender 2018 und 2019. In: APA-OTS. 20. August 2019, abgerufen am 20. August 2019 (Presseaussendung).
  20. Fabian Schmid, Maria Sterkl, Markus Sulzbacher, Michael Völker: Parteispenden: Heidi Horten spendete in zwei Jahren knapp eine Million Euro an die ÖVP. In: Der Standard. 20. August 2019, abgerufen am 20. August 2019.
  21. Milliardärin Heidi Horten hat noch Überraschungen. In: Kurier, 24. November 2018, abgerufen am 24. November 2018.
  22. Politik: Milliardärin Horten als „Gräfin“ tituliert. In: kaernten.ORF.at. 21. August 2019, abgerufen am 23. August 2019.
  23. Heidi Horten erhielt Landesorden in Gold. In: kaernten.ORF.at. 30. August 2019, abgerufen am 30. August 2019.
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