Die Heilquellen in St. Moritz sind sprudelnde, kohlensäure- und eisenhaltige Mineralquellen, die den Ruf von St. Moritz begründeten. Mit der bronzezeitlichen Quellfassung von St. Moritz liegt zudem einer der wichtigsten und berühmtesten Funde der Alpinen Archäologie vor.
Urgeschichte
Die bronzezeitliche Quellfassung von St. Moritz wurde 1853 entdeckt und 1907 geborgen. Anhand dendrochronologischer Untersuchungen wurde die Anlage auf das Endjahr 1411 v. Chr. datiert. Innerhalb des einen ausgehöhlten Baumstamms wurde bronzene Objekte (zwei Vollgriffschwerter, ein Schwertfragment, ein Dolch, eine Nadel) aufgefunden. Sie waren dort in der Bronzezeit als Weihegaben deponiert worden.
Paracelsus
Im 16. Jahrhundert erschienen die ersten wissenschaftlichen Abhandlungen über die St. Moritzer Heilquellen. Der Naturheilarzt Paracelsus weilte 1535 in St. Moritz. Tief beeindruckt von der Heilkraft der Quellen pries er sie in seinem Werk von den tartarischen Krankheiten mit folgenden Worten:
„Ein acetosum fontale (Sauerbrunnen), das ich für alle, so in Europa erfahren habe, preise, ist im Engadin zuo Sanct Mauritz; derselbige Brun laufft im Augusto am säuristen. Der desselbigen Trancks trinket wie einer Artzney gebührt, der kan von Gesundheit sagen; und weist von keinem Stein (noch Sand nicht), er weist kein Podagra; kein Artherica; denn also wird der Magen dadurch bestärcket, coroboriert, dass er den Tartarum verdäuet, als ein Straus ein Eysen; als ein Amsel ein Spinnen; und nicht allein den Tartarum, sondern auch andere Ding, so Krankckheiten im Manschen machen deren primae materia in der Speis und Tranck ligt …“
„Paracelsus“
Entwicklung
Viele bekannte Ärzte kamen in der Folge nach St. Moritz, erkannten die Heilwirkung der Quellen und stellten Kurverordnungen auf. Die Quellen waren weit über die Landesgrenzen hinaus berühmt und zogen viele Kurgäste an. 1566 wurde die Quelle durch Überschwemmungen verschüttet und blieb darauf lange Zeit vernachlässigt. Ende des 16. Jahrhunderts liess ein polnischer Edelmann aus Dankbarkeit für eine gelungene Kur eine einfache Hütte bei der Quelle errichten. Um 1667 bot Herzog Victor Amadeus von Savoyen an, bei der Quelle ein Gasthaus errichten zu lassen, was von der Gemeinde abgelehnt wurde, wohl aus Angst vor einer Konkurrenz für die Wirte im Dorf. So blieben die Verhältnisse um die Quelle kläglich und die St. Moritzer nützten die Gaben der Natur kaum für ihre Gäste.
Im Jahre 1815 nutzten jüngere Bürger von St. Moritz die Abwesenheit der konservativen, älteren Einwohner, die auf dem Viehmarkt in Tirano waren, um durch einen Gemeindebeschluss die Korrektion des Inns und die Entsumpfung des Quellenareals zu bewirken und eine neue Strasse vom Dorf ins Bad zu bauen. 1831 wurde auf Initiative einiger vermögender und kaufmännisch denkenden Männer eine Aktiengesellschaft gegründet und ein kleines Kurhaus gebaut. Dies brachte die positive Wende und die erste Blütezeit für St. Moritz.
Bald folgten weitere Bauten bis zur Errichtung eines Neubaus, dem später noch wiederholt umgebauten Kurhotel mit 129 Gästezimmern und einem Speisesaal mit 300 Plätzen. Die goldenen Jahre für St. Moritz dauerten von 1864 bis 1914 und fanden mit Beginn des Ersten Weltkrieges ein jähes Ende.
Weltkriege
Nach dem Ersten Weltkrieg erholte sich der Tourismus nur langsam. Die adeligen Gäste kamen nur noch kurz, an ihrer Stelle kamen Stars und Neureiche. Sie suchten statt Heilwasser Feste, Belustigung oder sportliche Betätigungen wie Skifahren, Curlen oder Eislaufen. Der Saisonschwerpunkt verlagerte sich vom Sommer auf den Winter und der Badegedanke trat in den Hintergrund. Fast nur die alten Kurgäste erinnerten sich an die Heilkraft der Quellen und nutzten dazu das neu zur Behandlung rheumatischer Krankheiten verwendete kräftige Alpenmoor von St. Moritz.
Ein touristischer und sportlicher Höhepunkt waren die ersten Olympischen Winterspiele 1928 in St. Moritz. Der Aufschwung nahm aber nach wenigen Jahren ein rasches Ende durch die Wirtschaftskrise und den Zweiten Weltkrieg.
Gegenwart
1976 wurde das jetzige Heilbadzentrum neu erbaut, um die traditionellen Badekuren zu retten. Dies war unter anderem dem Einsatz des damaligen Kurdirektors Peter Kasper zu verdanken.
Ausstellung
Die bisher im Untergeschoss (Cuort) des Engadiner Museum ausgestellte älteste Fassung der Mauritiusquelle befindet sich seit Juli 2014 im neugestalteten Forum Paracelsus in St. Moritz-Bad. Die dortige Ausstellung zeigt die Geschichte der St. Moritzer Bäderkultur anhand von interaktiven historischen Bildern und Hörstationen. Neben der bronzezeitlichen Quellfassung werden bronzezeitliche Schwerter und Trinkgläser des St. Morizer Heilbades präsentiert. An einem modernen Trinkbrunnen kann das St. Moritzer Sauerwasser degustiert werden.
Charakteristik des Quellwassers
Calcium-Natrium-Hydrogencarbonat-Säuerling, eisenhaltig
Wasseranalyse der Mauritiusquelle
Gemäss der Analyse vom 14. Dezember 1998 sind in der Mauritiusquelle in 1 Kilogramm des Wassers enthalten:
Kationen | mg/l | mval/l | mval% |
---|---|---|---|
Ammonium NH4+ | <0.03 | 0.00 | 0,00 |
Lithium Li+ | 0,19 | 0,03 | 0,10 |
Natrium Na+ | 147,0 | 6,39 | 24,59 |
Kalium K+ | 3,5 | 0,09 | 0.35 |
Magnesium Mg2+ | 36.4 | 3.00 | 11.52 |
Calcium Ca2+ | 317,0 | 15.82 | 60.83 |
Strontium Sr2+ | 2,5 | 0,06 | 0,22 |
Barium Ba2+ | 0,01 | 0,00 | 0,00 |
Aluminium Al3+ | 20 µg/l | 0,00 | 0,00 |
Cadmium Cd2+ | <0,2 µg/l | 0,00 | 0,00 |
Eisen Fe2+ | 15,8 | 0,57 | 2.18 |
Kupfer Cu2+ | 0,01 | 0.00 | 0.00 |
Mangan Mn2+ | 1,6 | 0,06 | 0,22 |
Anionen | mg/l | mval/l | mval% |
---|---|---|---|
Fluorid F− | 0.60 | 0,03 | 0,13 |
Chlorid Cl− | 20,0 | 0,58 | 2,26 |
Bromid Br− | 0,13 | 0,00 | 0.01 |
Iodid I− | <0,01 | 0,00 | 0,00 |
Nitrat NO3− | <0,1 | 0,00 | 0,00 |
Nitrit NO2− | 0,01 | 0,00 | 0,00 |
Hydrogencarbonat HCO3− | 1235 | 20,24 | 80,95 |
Sulfat SO42− | 200,0 | 4,16 | 16,65 |
Hydrogenphosphat HPO42− | <0, 03 | 0,00 | 0,00 |
Hydrogenarsenat HAsO42− | <1 µg/l | 0,00 | 0,00 |
Undissoziierte Stoffe
Metakieselsäure H2SiO3 44,5 mg/l
Gasförmige Stoffe als gelöstes Gas
Freies Kohlendioxid (CO2): 2500 mg/l
Schwefelwasserstoff (H2S): <0,1 mg/l
Analyse des Bademoores
Physikalische und physikalisch-chemische Untersuchungen
pH-Wert im naturfeuchten Torf | 5.87 |
Wasserkapazität bezogen auf 1 g Trockenmasse | 10,80 g |
Wassergehalt bei Normalkonsistenz = 100 % Wassersättigung | 91,53 % |
Sedimentvolumen des naturfeuchten Moores bezogen auf 1 g Trockenmasse | 22,02 ml |
Quellungsgrad | 3.74 |
Dichte c 20 °C bezogen auf Trockenmasse | 1.64 |
Dichte c 20 °C bezogen auf Normalkonsistenz | 1.04 |
Wärmehaltung bezogen auf 5 °C Durchschnittstemperatur | 752 sec/cm² |
Chemische Untersuchungen
Zusammensetzung der organischen Stoffe | % bezogen auf Trockenmasse | % bezogen auf Badebrei |
---|---|---|
Extraktbitumen | 5.11 | 0.43 |
Pektine | 2.01 | 0.17 |
Hemicellulosen | 18.86 | 1.60 |
Cellulose | 5.70 | 0.48 |
Huminsäuren | 27.01 | 2.29 |
Lignin, Humine | 24.84 | 2.10 |
Humussäuren (in Acetylbromid unlöslich) | 22.35 | 1.89 |
Organische Stoffe, gesamt (in Acetylbromid unlöslich) | 48.83 | 4.14 |
Stickstoffverbindungen (berechnet als Stickstoff) | 1.99 | 0.17 |
Summe | 83.53 | 7.07 |
Zusammensetzung der Mineralstoffe | % bezogen auf Trockenmasse | % bezogen auf Badebrei | % bezogen auf Mineralstoffgehalt |
---|---|---|---|
Natriumoxid | 0.27 | 0.02 | 1.66 |
Kaliumoxid | 0.29 | 0.03 | 1.77 |
Magnesiumoxid | 0.49 | 0.04 | 2.98 |
Calciumoxid | 3.83 | 0.33 | 23.26 |
Aluminiumoxid | 1.90 | 0.16 | 11.53 |
Eisen(III)-oxid | 0.75 | 0.06 | 4.51 |
Chlorid | 0.13 | 0.01 | 0.76 |
Schwefel(VI)-oxid | 2.11 | 0.18 | 12.79 |
Silicium(IV)-oxid | 6.70 | 0.57 | 40.68 |
Summe | 16.47 | 1.40 | 99.94 |
Literatur
- Monika Oberhänsli: St. Moritz, Mauritiusquelle. Die bronzezeitliche Quellfassung. Archäologie Graubünden, Sonderheft 7. Chur/Glarus 2017. doi:10.5169/seals-871059.
- Historische Chemische Untersuchung aus dem Jahr 1854
- Dokumentationsbibliothek von St. Moritz mit historischem Material
Weblinks
- Website des neuen Heilbades in St. Moritz
- Webseite der Tourismusorganisation St. Moritz
- Quellfassung St. Moritz Animation / Rekonstruktion als 3D-Scan, Ikonaut 2014
- Zurück zur Quelle. In: Archäologie Schweiz, 38/4, 2015, S. 16–23.