In Kamerun ist Homosexualität gesellschaftlich weitgehend tabuisiert, und homosexuelle Handlungen sind strafbar.
Rechtliche Situation: Illegalität
Homosexuelle Handlungen sind nach Paragraf 347 des Strafgesetzbuches mit fünf Jahren Höchststrafe und im Mindestmaß mit einer Geldstrafe bedroht. Es existiert kein Antidiskriminierungsgesetz in Kamerun.
Obwohl nach dem Gesetz nur Personen, die in flagranti erwischt werden, verhaftet werden dürfen, werden in der Praxis Personen, die der Homosexualität verdächtigt werden, üblicherweise in Untersuchungshaft genommen und angeklagt, bevor überhaupt nach Beweisen für homosexuelle Handlungen gesucht wird. So gab die kamerunische Menschenrechtsanwältin und Präsidentin der Association for the Defence of Homosexuals Alice Nkom in einer Auskunft an die Schweizerische Flüchtlingshilfe an, dass alle ihre Mandanten lediglich aufgrund von Verdachtsgründen festgenommen und in Untersuchungshaft gesetzt wurden. Auch Richter wenden das Gesetz falsch an, indem sie Personen wegen Homosexualität und nicht aufgrund einer homosexuellen Handlung, wie es wörtlich im Artikel 347 vorgesehen ist, verurteilen.
Anerkennung gleichgeschlechtlicher Paare
Eine staatliche Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Paaren besteht weder in der Form der Gleichgeschlechtlichen Ehe noch in einer Eingetragenen Partnerschaft.
Gesellschaftliche Situation
Aufgrund der Illegalität bestehen keine LGBT-Communitys in Kamerun. Homosexuelle Menschen werden dadurch in den gesellschaftlichen Untergrund gedrängt. 2009 verurteilte ein Gericht drei Männer wegen homosexueller Handlungen zu sechs Monaten Zwangsarbeit. 2007 wurde ein homosexueller Mann nach zwei Jahren ohne Prozess aus einem Gefängnis in Kamerun entlassen, nachdem sich eine US-amerikanische LGBT-Organisation für ihn eingesetzt hatte. 2006 veröffentlichte eine Zeitung in Kamerun die Namen von rund 50 landesweit prominenten Kamerunern, die angeblich homosexuell seien. Dies führte zu einer Debatte in den Medien und in der Gesellschaft Kameruns über die Rechte homosexueller Menschen im Lande. Der Journalist und LGBT-Aktivist Jean Pierre Amougou Belinga, der die Liste in der Zeitung veröffentlicht hatte, wurde für vier Monate inhaftiert, da auf der Liste auch das kamerunische Regierungsmitglied Gregoire Owona genannt wurde. 2011 veröffentlichte die Journalistin Anne Mireille Nzouankeu eine Reportage über das Leben homosexueller Menschen in Kamerun. Daraufhin erhielt sie Morddrohungen, die Zeitung musste den Artikel zurückziehen. Die Europäische Kommission zeichnete Anne Mireille Nzouankeu dafür mit dem Lorenzo-Natali-Preis aus. Im Februar 2012 wurden drei Frauen verhaftet und angeklagt.
Am 15. Juli 2013 wurde der Journalist und Schwulen-Aktivist Eric Ohena Lembembe ermordet in seiner Wohnung aufgefunden. Lembembe, der als einer der Wortführer und sichtbarsten Aktivisten Kameruns galt sowie Co-Autor des Buches From Wrongs to Gay Rights ist, hatte erst einige Wochen davor öffentlich vor Übergriffen durch schwulenfeindliche Schlägergruppen gewarnt. Laut Human Rights Watch, mit denen er in Kamerun eng zusammenarbeitete, gibt es Hinweise darauf, dass er gefoltert wurde.
Der 2013 veröffentlichte Dokumentarfilm Born This Way beleuchtet das alltägliche Leben in der illegalen LGBT-Szene Kameruns und dokumentiert die Arbeit der Anwältin Alice Nkom.
Im Februar 2021 wurden zwei trans Frauen, eine davon eine bekannte Internet-Aktivistin, verhaftet und zu fünf Jahren Haft verurteilt.
Siehe auch
Weblinks
- Reisehinweise der britischen Regierung für Kamerun (englisch)
- Amnesty International: Die Situation von Homosexuellen in Kamerun
- Tetu: Cameroun un homme en prison pour homosexualité présumée (französisch)
- Afrol: UN condemns anti-gay laws of Cameroon (englisch)
- Anne Mireille Nzouankeu: Cameroun : la double vie des homosexuels (französisch, PDF, 113 kB)
Einzelnachweise
- ↑ ILGA: State-sponsored Homophobia: A world survey of laws prohibiting same sex activity between consenting adults (Memento des vom 6. März 2009 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF-Dokument; 383 kB)
- ↑ Alexandra Geiser: Kamerun: Situation von Homosexuellen. (PDF) Schweizerische Flüchtlingshilfe, 6. Oktober 2009, abgerufen am 12. Oktober 2010.
- ↑ Queer.de: Kamerun: Zwangsarbeit für 3 Schwule, 17. Januar 2008
- ↑ Queer.de: Kamerun: Schwuler entlassen, 2. März 2007
- ↑ BBC News: Row over Cameroon ‘gay’ witchhunt, 6. Februar 2006
- ↑ 9News: Cameroon gay list publisher jailed (Memento des vom 12. März 2006 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , 4. März 2006
- ↑ The New York Times: ‘Gay List’ Publisher Jailed, 4. März 2006
- ↑ Website des Lorenzo-Natali-Preises (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven.) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis., abgerufen am 10. Juli 2012 (englisch)
- ↑ Anne Mireille Nzouankeu über ihren Artikel und die Reaktionen (Memento des vom 14. Oktober 2013 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , 2011, abgerufen am 10. Juli 2012 (französisch, englisch)
- ↑ Advocate:Three Lesbians on trial in Cameroon first (Memento des vom 1. März 2012 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Menschenrechte in Kamerun – Schwuler Aktivist ermordet, taz-Artikel vom 16. Juli 2013, abgerufen am 17. Juli 2013
- ↑ Cameroon: LGBTI Rights Activist Found Dead, Tortured, Bericht von Human Rights Watch, abgerufen am 17. Juli 2013
- ↑ Queer.de: „Zwei trans Frauen in Kamerun zu fünf Jahren Haft verurteilt“